Pandemie außer Kontrolle: RKI rechnet mit „einer weiteren Zunahme schwerer Erkrankungen und Todesfälle“

Mit einem Wert von 263,7 hat die bundesweite 7-Tages-Inzidenz am fünften Tag in Folge einen neuen Höchstwert erreicht. Innerhalb eines Tages haben sich 48.600 Menschen infiziert und 191 sind verstorben. Besonders hoch sind die Inzidenzen in Sachsen (569), Thüringen (491) und Bayern (455). Allein Schleswig-Holstein hat mit einer Inzidenz von 94 noch keine dreistellige Inzidenz erreicht. Vier Landkreise weisen bereits eine Inzidenz von über 1.000 auf.

Mit den Infektionszahlen steigt auch die Zahl der Krankenhauseinweisungen und Todesfälle. Am Freitag meldete das Robert Koch-Institut (RKI) 191 weitere Corona-Tote. Die Hospitalisierungsinzidenz beträgt mittlerweile 4,70 und liegt bei den über 80-Jährigen bereits bei 26 hospitalisierten Fällen pro 100.000 Einwohner. Aktuell werden 2.828 Corona Patienten intensiv behandelt – eine Zunahme um 89 Personen im Vergleich zum Vortag.

Die Situation wird immer dramatischer. Der wöchentliche RKI-Bericht rechnet damit „dass es zu einer weiteren Zunahme schwerer Erkrankungen und Todesfälle kommen wird und die verfügbaren intensiv-medizinischen Behandlungskapazitäten überschritten werden.“

Lothar H. Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, hält eine Deutschlandkarte, während er und Bundesgesundheitsminister, Jens Spahn, am 12. November an einer Pressekonferenz zur Coronavirus-Pandemie in Berlin teilnehmen (AP Photo/Michael Sohn)

RKI-Chef Lothar Wieler warnte auf einer Pressekonferenz am Freitag vor den gefährlichen Auswirkungen der aktuellen Pandemielage. Von 50.000 Neuinfizierten jeden Tag würden etwa 3.000 ins Krankenhaus kommen, 350 auf einer Intensivstation landen und 200 sterben, rechnete er vor. Es sei „fünf nach Zwölf“.

Wie schon bei den vorherigen Pandemie-Wellen mehren sich die Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen, sowie in den Krankenhäusern. Vergangene Woche kam es zu 119 neuen Ausbrüchen in medizinischen Behandlungseinrichtungen und 161 in Alten- und Pflegeheimen. Nicht selten enden diese Ausbrüche tödlich. Vergangene Woche starben vier Bewohner in einem Pflegeheim in Überlingen (Baden-Württemberg) und 16 in einem Seniorenheim in Brandenburg.

Auch unter Kindern und Jugendlichen steigt die Zahl der Fälle und Ausbrüche kontinuierlich. Die Altersgruppe der 5- bis 14-Jährigen ist mit 545 weiterhin die Altersgruppe mit der höchsten Inzidenz, gefolgt von den 15- bis 34-Jährigen mit einer Inzidenz von 302. An Kitas kommt es im Schnitt zu 70 Ausbrüchen pro Woche. An Schulen gab in den letzten vier Wochen 693 Ausbrüche, wobei die letzten beiden Wochen wegen Nachmeldungen noch nicht vollständig erfasst sind.

Trotz der drohenden tödlichen Katastrophen unternimmt die herrschende Klasse nichts, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Im Gegenteil: die Ampel-Parteien halten daran fest, die „epidemische Lage“ am 25. November auslaufen zu lassen und damit die rechtliche Grundlage für dringend notwendige Schutzmaßnahmen – allen voran die Schließung der Schulen und nicht lebensnotwendigen Betriebe – zu beseitigen.

Am Donnerstag debattierte der Bundestag über einen gemeinsamem Gesetzesentwurf von SPD, FDP und Grünen, der die bisherigen Bestimmungen ersetzen soll. Die darin beschriebenen Maßnahmen – wie Abstandsregeln, Maskenpflicht und 3G- oder 2G-Regelungen – reichen nicht ansatzweise aus, um das völlig außer Kontrolle geratene Infektionsgeschehen einzudämmen. Die Ampel-Koalitionäre sind sich dessen bewusst.

Mit zynischem Unterton erklärte der designierte nächste Bundeskanzler und amtierende Finanzminister Olaf Scholz (SPD) in seiner Rede vor dem Bundestag: „Wir wissen, was die Konsequenz sein wird: Sehr, sehr viele von denen, die nicht geimpft sind, werden sich infizieren, und viele von denen, die sich infizieren werden, werden krank werden, und von denen, die krank werden, werden einige auf den Intensivstationen unserer Krankenhäuser um ihr Leben ringen.“

Tatsächlich geht es um Hunderttausende Menschenleben. Der Chef-Virologe der Berliner Charité, Christian Drosten, bezeichnete in dieser Woche 100.000 weitere Corona-Tote allein in Deutschland als „konservative Schätzung“. Und der Direktor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Europa, Hans Kluge, warnte, dass in den nächsten drei Monaten 500.000 Menschen in Europa an Covid-19 sterben könnten.

Der Kurs der Ampel-Parteien ist so rechts, dass selbst konservative CDU Politiker wie Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus ihre Pandemiepolitik als unzureichend kritisieren und eine Fortsetzung der „epidemischen Lage“ fordern.

Diese „Kritik“ ist in mehrfacher Hinsicht verlogen. Erstens wurde der Plan, die „epidemische Lage“ zu beenden, vom Gesundheitsminister der Großen Koalition, Jens Spahn (CDU), entwickelt. Zweitens hat die unionsgeführte Große Koalition genauso aggressiv durchseucht und fast 100.000 Corona-Tote allein in Deutschland zu verantworten. Und drittens sind auch die bundesweiten 2G-Regelungen, die Vertreter von Union und Linkspartei fordern, völlig unzureichend.

Die „Profite vor Leben“-Politik aller bürgerlichen Parteien stößt in der Bevölkerung auf immer größere Opposition. Vor allem die Ampel-Parteien sind bereits vor der Bildung einer neuen Bundesregierung diskreditiert und verhasst. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar für FOCUS sind 59 Prozent der Deutschen mit Scholz’ Rolle bei der Pandemiebekämpfung unzufrieden.

Das ZDF-„Politbarometer“ zeigte in einer am Freitag veröffentlichten Umfrage, dass lediglich 13 Prozent die SPD im Bereich der Pandemiepolitik für kompetent halten. Grüne und FDP schneiden mit Werten von sechs und fünf Prozent sogar noch schlechter ab. 49 Prozent aller Befragten fordern striktere Schutzmaßnahmen. 32 Prozent bezeichnen die bestehenden Maßnahmen als „gerade richtig“ und nur 16 Prozent finden sie „übertrieben“. 67 Prozent der Befragten unterstützen eine bundesweite 2G-Regelung und 71 Prozent eine Impfpflicht im Gesundheitswesen.

Die entscheidende Aufgabe ist es, die wachsende Opposition mit einer klaren Perspektive und Strategie auszustatten. Nur eine unabhängige Bewegung der internationalen Arbeiterklasse kann und wird die wissenschaftlich notwendigen Maßnahmen zur Eliminierung von Covid-19 durchsetzen. Dazu gehören umfassende Lockdowns für Schulen, Universitäten und nicht lebensnotwendige Betriebe in Verbindung mit einer aggressiven Impfkampagne, Massentests und der Isolierung aller Infizierten und Kontakte.

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