Perspektive

Drohnenangriffe auf russische Luftwaffenstützpunkte provozieren Eskalation des Ukrainekriegs

Der ukrainische Drohnenangriff auf einen Flugplatz in Kursk am Montag stellt eine erhebliche Eskalation im Nato-Krieg gegen Russland dar. Nur einen Tag zuvor hatte Russland der Kiewer Regierung vorgeworfen, Drohnenangriffe auf zwei Militärflugplätze auf russischem Territorium durchgeführt zu haben.

Bei dem letzten Angriff, 100 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt, gab es keine Todesopfer. Aber ein großes Feuer brach aus, das sich über mehr als 500 Quadratmeter erstreckte und von Öltanks ausging, die vermutlich getroffen worden waren und zehn Stunden lang brannten.

Rauch über der Gegend um den Flughafen der russischen Stadt Kursk nach dem Drohnenangriff an der Grenze zur Ukraine. Das Foto wurde von den Behörden der Region Kursk veröffentlicht, 6. Dezember 2022 [AP Photo/Administration of the Kursk region of Russia via AP]

Der Ort der Anschläge und ihre Durchführung weisen erneut auf eine direkte Beteiligung der Vereinigten Staaten hin.

Russische Vertreter hatten Kiew bereits für die Angriffe vom Montag auf zwei Luftwaffenstützpunkte bei Rjasan (Zentralrussland) und Saratow (Wolgaregion) verantwortlich gemacht. Dabei handelte es sich vermutlich um modifizierte sowjetische Drohnen vom Typ Tupolew M-141 (auch Strizh-Drohnen), die von der Ukraine gestartet wurden. Drei Soldaten wurden getötet und vier verwundet, zwei Flugzeuge wurden beschädigt. Die auf dem Flugplatz Engels-2 und dem Luftwaffenstützpunkt Djagiljewo getroffenen Bomber waren beide nuklearfähig. Bilder aus Djagiljewo zeigen einen nuklearfähigen Tu-22M3-Bomber mit beschädigtem Heck und einer Kh-22-Rakete unter der Tragfläche.

Das russische Verteidigungsministerium bezeichnete die Angriffe vom Montag als terroristischen Akt und begann als Reaktion darauf mit der Bombardierung wichtiger Infrastrukturziele der Ukraine.

Mutmaßlich ukrainische Drohnen griffen auch den Militärflughafen Belbek in Sewastopol an, wurden aber von der Luftabwehr abgeschossen. Nach russischen Angaben soll auch ein Treibstofflager in der Region Brjansk erfolglos von Drohnen angegriffen worden sein.

Brjansk, Kursk und Belgorod, die unmittelbar an die Ukraine grenzen, wurden alle mehrfach angegriffen. Für die jüngsten Angriffe und die ausgewählten Ziele waren jedoch eindeutig umfangreiche nachrichtendienstliche Ermittlungen und Absprachen auf höchster Ebene erforderlich.

Der ukrainische Militäranalyst Serhiy Zgurets stellte auf der Website des Fernsehsenders Espreso TV fest, dass die getroffenen Luftwaffenstützpunkte die einzigen Orte in Russland sind, wo die Bomber vollständig gewartet werden, die für Angriffe auf die Ukraine eingesetzt werden. Die ukrainische Regierung lehnte es ab, die Angriffe öffentlich zu bestätigen, aber ein hochrangiger ukrainischer Vertreter erklärte gegenüber der New York Times, dass mindestens eine der Drohnen von der Ukraine aus gestartet wurde und dass einer der Angriffe mit Hilfe von Spezialkräften in der Nähe des russischen Stützpunkts erfolgte.

Mit den jüngsten Anschlägen wurden erstmals Ziele weit im Innern Russlands beschossen. Einer der Luftwaffenstützpunkte, Rjasan, liegt nur 185 Kilometer südwestlich von Moskau, während Saratow sogar rund 644 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt ist. Russische Militärkommentatoren betonten, dass die Ukraine, wenn sie so weit innerhalb Russlands zuschlagen kann, auch in der Lage sein könnte, Moskau zu treffen. Die Moskauer Korrespondentin des Nachrichtensenders Sky News, Diana Magnay, sagte, es gebe „viele Fragen darüber, wie genau die Ukraine das geschafft hat“. Sie vermutet ein „Versagen der russischen Spionageabwehr, das den Einsatz einer Drohne aus dem Innern Russlands ermöglichte, vielleicht mit Hilfe ukrainischer Kollaborateure“.

Der Sender berichtete über inoffizielle Äußerungen hochrangiger westlicher Beamter, die sich damit brüsteten, dass solche Angriffe innerhalb Russlands einen starken psychologischen Schlag versetzt hätten. Das zeige, dass die ukrainischen Streitkräfte „in Russland nach Belieben operieren können“. Das britische Verteidigungsministerium erklärte, von Moskau würden die Angriffe wahrscheinlich zu den „größten strategisch relevanten Versäumnissen beim Schutz der Streitkräfte seit der Invasion in der Ukraine“ gezählt werden.

Die New York Times schrieb hämisch, dass die Anschläge ein „weiteres Anzeichen dafür sind, dass Kiew bereit ist, den Krieg näher an Moskau und Präsident Wladimir W. Putin zu führen“. Sie hätten „die Geographie des Kriegs verändert, das Versagen von Moskaus Luftabwehrsysteme gezeigt und die Entschlossenheit Kiews demonstriert, Russland einen höheren Preis für seine unerbittlichen Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur zahlen zu lassen“.

Dass die Ukraine in der Lage ist, solche Angriffe durchzuführen, erscheint nicht als Rätsel, wenn sie sich dabei auf das Spionagenetz Washingtons und dessen umfangreiche, über Jahrzehnte aufgebaute Verbindungen innerhalb Russlands stützen konnte. Dann würden sich die jüngsten Angriffe in die anderen ukrainischen „Erfolge“ und verdeckten Provokationen einreihen, die allesamt darauf abzielen, den Krieg zu verlängern und zu eskalieren.

Dazu gehören:

  • die Bombardierung der Pipelines Nord Stream 1 und 2, womit der Transit von russischem Erdgas durch die Ostsee nach Deutschland beendet wurde;
  • die Explosionen im Marinehafen von Sewastopol am 29. Oktober, bei denen offenbar auch Drohnen eingesetzt und eine strategisch wichtige Brücke teilweise zerstört wurde;
  • die Explosionen vom 15. November in einem polnischen Bauerndorf, bei denen zwei Zivilisten getötet wurden.

Alle diese Aktionen – die eine rücksichtsloser und gefährlicher als die andere – riechen nach einer verdeckten Beteiligung der USA und der Nato.

Mit der Bombardierung von Nord Stream hat Russland wichtige Einnahmequellen verloren und wurde noch stärker vom europäischen Markt isoliert. Zuvor hatte das Weiße Haus monatelang Deutschlands Wirtschaftsbeziehungen zu Moskau angeprangert. Nach dem ukrainischen Raketenangriff auf Polen versuchte Kiew, Russland selbst dafür verantwortlich zu machen und forderte von der Nato die Aktivierung von Artikel 5, der die Mitgliedstaaten zur gegenseitigen Verteidigung verpflichtet. Diese Provokation war so gravierend, dass US-Präsident Joe Biden intervenierte, um einen direkten Krieg mit Russland zu verhindern, auf den die USA noch nicht vorbereitet waren.

Die jüngsten Angriffe auf russischem Territorium könnten von Teilen des US-Militärs, der US-Geheimdienste und der politischen Elite orchestriert worden sein, die auf einen direkten Krieg drängen – ganz gleich, wie katastrophal die Folgen eines solchen Alleingangs wären.

In einem Kommentar zu den Drohnenangriffen schrieb die New York Times, es gebe „wenig Spielraum für eine Eskalation“ in der Reaktion Russlands. Sie zitierte Mick Ryan, einen pensionierten australischen Armeeoffizier, der zu den ukrainischen Angriffen sagte: „Es handelt sich nicht, wie einige sicher behaupten, um eine Eskalation. Aber es ist eine notwendige politische und militärische Maßnahme für die Ukraine, um den humanitären Schaden durch Russlands brutale Drohnen- und Raketenangriffe zu begrenzen.“

Diese Aussage ist absurd. Die mit den Vereinigten Staaten koordinierten Angriffe der Ukraine sind eine erhebliche Eskalation des Kriegs. Die USA haben den Ukrainekrieg nicht nur angezettelt und provoziert und dabei Zehntausende Opfer in Kauf genommen, sondern auch die „roten Linien“ Russlands ebenso überschritten wie ihre eigenen.

Jedes Mal, wenn die Vereinigten Staaten behauptet haben, sie würden in der Ukraine nichts unternehmen, war das Gegenteil der Fall.

Im Mai veröffentlichte Biden in der New York Times einen Meinungsartikel mit dem Titel „Was Amerika in der Ukraine tun und was es unterlassen wird“. Darin erklärte er: „Weder ermutigen noch befähigen wir die Ukraine zu Schlägen außerhalb ihrer Landesgrenzen.“ Doch genau das hat Washington getan, indem es der Ukraine gezielte Informationen, Waffen und logistische Unterstützung zur Verfügung gestellt hat, die es ihr ermöglichen, weit im russischen Hoheitsgebiet anzugreifen.

Es zeichnet sich ein Muster ab: Die USA und Nato verstärken ihre Attacken gegen Russland, um zu testen, wie weit sie gehen können, ohne eine Reaktion des Putin-Regimes zu provozieren.

Dahinter steht das Kalkül, durch immer größeren wirtschaftlichen, militärischen und politischen Druck auf Russland die Spaltung der Oligarchen zu verschärfen und in einer Art Palastputsch einen Regimewechsel zu ermöglichen. Die Ermordung der faschistischen Ideologin Daria Dugina war eine deutliche Warnung an Russlands Oligarchen, dass die Strafe für die Unterstützung Putins möglicherweise über Sanktionen und die Beschlagnahme von Vermögen hinausgeht. Die Geheimdienstinformationen, die die Ukraine für ihre jüngste Offensive nutzte, könnten von hochrangigen russischen Unterstützern mit bereits bestehenden Verbindungen nach Washington stammen, die auf eine Beilegung des Konflikts um jeden Preis drängen.

Gleichzeitig gibt es innerhalb der russischen Oligarchie Kräfte, die auf eine viel aggressivere Reaktion des russischen Militärs drängen.

Die unerbittliche und rücksichtslose Kriegseskalation der USA birgt das Risiko, dass die russische Regierung selbst mit einer großen Eskalation reagiert, die katastrophale Folgen haben könnte.

Diesen Samstag, den 10. Dezember, veranstalten die International Youth and Students for Social Equality das Online-Treffen „Für eine Massenbewegung von Jugendlichen und Studierenden, um den Krieg in der Ukraine zu beenden!

In dem Aufruf dazu heißt es:

Das Aufeinandertreffen des imperialistischen Militarismus der Nato, die ihre globale geopolitische Agenda ohne Rücksicht auf Verluste vorantreibt, und der zunehmenden Verzweiflung des kapitalistischen Oligarchenregimes in Russland droht zu einem nuklearen Weltenbrand zu eskalieren.

Wer darauf hofft, dass „die Vernunft siegen wird“ und der Krieg bald auf dem Verhandlungswege beendet wird, gibt sich einer politisch lähmenden und gefährlichen Illusion hin. Die Nato will keinen „Frieden“. Sie will Krieg...

Der Krieg kann nicht durch Proteste und Appelle an die herrschende Klasse und ihre Regierungen gestoppt werden, sondern nur durch die politische Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse.

Wir rufen alle Leser der World Socialist Web Site auf, an der Online-Kundgebung am 10. Dezember teilzunehmen.

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