David North
Gerry Healy und sein Platz in der Geschichte der Vierten Internationale

Von der SLL zur WRP: Die Krise vertieft sich

Healys Rückzug vom Kampf gegen den Revisionismus hatte gefährliche Folgen, die besonders scharf in der Art und Weise zum Ausdruck kamen, wie innerhalb der Socialist Labour League und dem Internationalen Komitee mit politischen Fragen umgegangen wurde. Das Problem des pablistischen Revisionismus war durch die Spaltung mit der SWP nicht endgültig gelöst und konnte es auch gar nicht sein. Die Ablehnung der Wiedervereinigung machte die SLL und das IKVI nicht immun gegen den anhaltenden Druck feindlicher Klassenkräfte. In dem Maße, wie die Implikationen und Lehren aus der Spaltung von 1963 nicht ständig studiert und vertieft wurden, hatte die politische Radikalisierung der Mittelklasse Mitte der sechziger Jahre, obwohl sie im Wesentlichen eine Vorwegnahme der revolutionären Bewegung des internationalen Proletariats war, weitgehende Auswirkungen auf die SLL und das IKVI. Der wachsende Druck des kleinbürgerlichen Radikalismus fand seinen Ausdruck sowohl in der SLL als auch in der Organisation Communiste Internationaliste (so hatte sich die PCI umbenannt), wenn auch in etwas verschiedenen Formen.

Während die OCI ihre Orientierung auf die zentristischen Organisationen mit der Behauptung rechtfertigte, der Pablismus habe die trotzkistische Bewegung zerstört und die Vierte Internationale müsse „wieder aufgebaut“ werden, tauchten auch in der Führung der SLL eindeutig pablistische Positionen auf. Michael Banda, der engste Mitarbeiter Gerry Healys praktisch seit er 1950 aus Ceylon nach Großbritannien gekommen war, improvisierte immer zügelloser in Fragen der internationalen Perspektiven. In der Führung der SLL riefen Bandas peinliche Schwärmereien für Mao Tse Tung, Ho Chi Minh und sogar Abdel Nasser höchstens gequältes Lächeln oder hochgezogene Augenbrauen hervor. „Nun ja“, würde Healy sagen, „typisch Mike!“ Als die OCI gegen einen Kommentar in der Fourth International, der offiziellen Zeitschrift des IKVI protestierte, in dem Banda die Vietnamesische Nationale Befreiungsfront buchstäblich als Wiedergeburt der Bolschewistischen Partei gefeiert hatte, versuchte Healy den Skandal einzudämmen, indem er einfach anordnete, in der nächsten Ausgabe der Fourth International solle in einer kurzen Erklärung vermerkt werden, dass der Kommentar in der letzten Nummer lediglich die Meinung des Autors wiedergegeben habe!

Politische Krisen in der Socialist Labour League wurden nach Möglichkeit so behandelt, als seien sie lediglich ein Ausdruck persönlicher Probleme. Zum Beispiel war in großer Aufmachung angekündigt worden, dass Cliff Slaughter die Herausgabe des Newsletter übernehmen werde. Aber als er diesen Posten innerhalb weniger Wochen verließ und nach Leeds zurückkehrte, gab es keinen Versuch, die politischen Beweggründe dafür herauszufinden. Welche Erklärungen Healy auch parat haben mochte, in Wirklichkeit degenerierte die SLL-Führung unter ihm zu einer Clique – d.h. einer Gruppe, die sich auf prinzipienlose Beziehungen statt auf Übereinstimmung in einem revolutionären Programm gründete.

Innerhalb des Internationalen Komitees wurden die Differenzen zwischen der OCI und der SLL vertuscht. Gelegentlich wurden Dokumente ausgetauscht und auf beiden Seiten Kritik vorgebracht, die aber nur minimale Auswirkungen auf das interne Leben der beiden Sektionen hatte. Die SLL wies auf die Anpassung der OCI an die Zentristen hin; die OCI vermerkte Bandas Vernarrtheit in den Maoismus. Aber die Diskussion verlief ziellos. Von 1966 bis zum abrupten Abbruch der politischen Beziehungen zwischen der SLL und der OCI im Herbst 1971 fand kein internationaler Kongress des IKVI statt.

Healy wich den politischen Fragen aus, mit denen das IKVI und die SLL konfrontiert waren, weil er fürchtete, dass ein neuerlicher Kampf gegen den Pablismus in der britischen Sektion und dem IKVI die „erfolgreiche“ praktische Arbeit der SLL in Großbritannien stören könnte. Wenn es um organisatorische Probleme ging – d.h. um die oberflächlichen Formen, in denen die tiefer gehenden politischen Fragen ihren alltäglichen Ausdruck finden – zögerte Healy nicht, rücksichtslos gegen jeden anzugehen, der die praktische Arbeit der Partei untergrub. Aber wenn es um Fragen des Programms ging, wich er direkten Zusammenstößen aus; und dadurch dienten Healys heftige Ausbrüche oft nur zur Ablenkung von der Quelle der Probleme in der SLL.

Denn trotz all seiner wutschnaubenden Tobsuchtsanfälle gegen die Mittelklasse – „immer zerschlägt sie die Partei!“ – passte sich Healy auf der grundlegenden Ebene des Programms immer mehr an den Radikalismus der kleinbürgerlichen Studenten und Intellektuellen an, die in den späten sechziger Jahren in die Partei kamen. Das Ausweichen vor den politischen Fragen verhinderte nicht nur die Ausbildung neuer Kräfte in der Geschichte und den Perspektiven des Trotzkismus, sondern unterband auch die notwendige Aussonderung und Auswahl, die Aufnahme oder Abweisung der Mitgliedskandidaten. Während die Partei also auf einer immer labileren politischen Grundlage wuchs, nahmen ihre inneren Widersprüche ständig zu. In dem Maße, wie sie nicht mehr durch politische Diskussionen innerhalb der Partei gelöst werden konnten, mussten sie mit organisatorischen Mitteln im Griff gehalten werden; und dadurch verwandelte sich schließlich Healys eigene Rolle in der SLL (und später der WRP). Der einstmalige politische Führer wurde zum Chefregulierer der politischen Differenzen, d.h. zu einer Art organisatorischem Bonaparte.

Da er weder in der Lage noch Willens war, die entscheidenden Fragen von Programm und Perspektiven auf der Grundlage einer ehrlichen politischen Diskussion anzugehen, kam Healy zu der Überzeugung, dass er alle Probleme durch rechtzeitige sogenannte „neue Praktiken“ entweder unterdrücken oder aus der Welt schaffen könne. Die wichtigste dieser Praktiken sollte die Herausgabe der Tageszeitung ab Herbst 1969 sein. Eine Tageszeitung, betonte Healy, werde die Vierte Internationale ein für alle Mal aus den engen Grenzen der „Propagandaexistenz“ befreien, die er als Grund für die Degeneration aller anderen Sektionen der trotzkistischen Bewegung ansah. Die hauptsächliche und, wie es scheint, einzige Lehre, die Healy aus den Ereignissen von Mai-Juni 1968 in Frankreich zog, war – wie er unermüdlich wiederholte – dass die SLL für „ihren Mai-Juni in Großbritannien“ vorbereitet sein müsse, indem sie sich eine Tageszeitung schaffe.

Healy kam zu der Überzeugung, dass er mit dem Projekt der Tageszeitung eine Art Talisman entdeckt habe, mit dem er irgendwie alle politischen Probleme in der Entwicklung der Socialist Labour League und der britischen Arbeiterklasse überwinden werde. Mit diesem kühnen Streich, glaubte Healy, werde er nicht nur das Problem des Revisionismus erledigen – den man fortan als bedeutungslose „Propagandagruppen“ lächerlich machen könnte, die nur zur Herausgabe wöchentlicher oder vierzehntägiger Zeitungen in der Lage seien – sondern auch mit der britischen Kommunistischen Partei abrechnen. Als ob man das Problem des Stalinismus dadurch lösen könnte, dass man die trotzkistische Presse genau so häufig herausbringt wie den Morning Star der KP.

Während Healy den Plan zur Herausgabe der Tageszeitung vorantrieb, war er sich durchaus darüber bewusst, dass die Socialist Labour League bestenfalls zwischen zwei- und dreihundert Mitglieder hatte; und dass der Einfluss der SLL in den Betrieben zwar Fortschritte gemacht hatte, aber immer noch sehr begrenzt war. Die finanzielle Basis der Partei war nach wie vor zerbrechlich. Wie also sollte mit einer so kleinen Organisation eine Tageszeitung aufrechterhalten werden? Einen wichtigen Teil der Antwort auf diese Frage finden wir ausnahmsweise in Torrances Nachruf, der mehr aussagt, als von ihr beabsichtigt:

Eine Tageszeitung muss Journalisten und einen Kader haben, um sie aufrecht zu erhalten. Und Healy brachte einen solchen Kader zusammen. Im Jahr 1968 radikalisierten die Ereignisse vom Mai-Juni in Frankreich und ihre Fortsetzung in der Tschechoslowakei große Teile der Mittelklasse und oberen Mittelklasse. Die Intelligenz, Künstler, Dramatiker, Techniker, Schauspieler und Schauspielerinnen. Sie trafen sich in Salons im Zentrum Londons, um über die Ideen des Sozialismus zu diskutieren.

Healy legte gegenüber diesem Milieu keinen umgekehrten Snobismus an den Tag, er hatte keinen groben, anti-intellektuellen Arbeiterfetischismus an sich. Er spottete zwar über die ,West End Revolutionary Party‘, stürzte sich aber in den Kampf, sie zu gewinnen. Er brachte eine Schicht von talentierten Schriftstellern, Schauspielern und Künstlern in die Partei. Sobald sie begannen, sich ihr unterzuordnen, machten sie große Beiträge zu ihrer Presse, ihrer Propaganda und auch ihrer Führung.

In ihrem fortgeschrittenen und unheilbaren Stadium der politischen Degeneration merkt Torrance nicht einmal, welches vernichtende Urteil über Healy in diesen zwei Absätzen enthalten ist. Healy war so besessen von seiner Tageszeitung, dass es ihm im Grunde egal war, welche Klasse sie ihm beschaffen würde. Um die Mittel für die Tageszeitung zu bekommen, wendete Healy seine Partei der Mittelklasse zu, und noch dazu ihren unstabilsten Elementen. Die abenteuerlichen Neuzugänge aus der West-End-Schickeria brachten nicht nur ihre Talente, Launen, Neurosen und Spinnereien mit in die Partei, sondern auch die tief verwurzelten Instinkte und Vorurteile ihrer Klasse. Was Torrances Behauptung angeht, sie hätten sich der Partei untergeordnet, so ist es eine Tatsache, dass die Berühmtheiten aus dem West End immer ein eigenes und, sollte man hinzufügen, zum Himmel stinkendes soziales Milieu bildeten, das organisch unfähig war, sich in der allgemeinen Parteimitgliedschaft aufzulösen.

Wenn sie sich „unterordneten“, dann nicht dem Programm des Trotzkismus, sondern Healys Persönlichkeit. Sie faszinierte die Größen aus dem West End so, dass sie ihm ein eigenes Schauspiel mit dem Titel „Die Partei“ widmeten. Dieses von der Kritik wohlwollend aufgenommene Stück war dem Gedenken an Healys Besuche in den Intellektuellensalons von London gewidmet. Kein geringerer als Sir Laurence Olivier wurde auserwählt, Healy auf der Bühne darzustellen. Healy war sich durchaus bewusst über die Wirkung seiner Persönlichkeit und seines Auftretens auf die Schauspieler, Schauspielerinnen, Theaterdirektoren und Schriftsteller, und zu seiner Schande als Arbeiterführer und zum Schaden der Partei nutzte er sie aus, um eine seltsame Schar von politisch unerfahrenen und schwankenden Anhängern um sich zu sammeln. Es war schon fragwürdig genug, einige dieser Individuen überhaupt in die Partei zu lassen. Dass viele von ihnen – wie Roy Battersby, Vanessa und Corin Redgrave und Alex Mitchell, um nur die Bekanntesten zu nennen – in die Parteiführung geholt wurden, war politisch kriminell.

Healy ignorierte vollständig eine der wichtigsten Lehren, die Trotzki aus dem Kampf gegen die kleinbürgerliche Minderheit in der Socialist Workers Party gezogen hatte:

Mitglieder der Partei, die sich im Klassenkampf noch nicht bewährt haben, dürfen nicht in verantwortungsvolle Positionen gebracht werden. Wie begabt und dem Sozialismus ergeben ein Emigrant aus dem bürgerlichen Milieu auch sein mag, bevor er Lehrer wird, muss er erst in die Schule der Arbeiterklasse gehen.

Aber Alex Mitchell wurde vom Redaktionsstab der Sunday Times direkt in die Redaktion der täglichen Workers Press geholt, bevor er auch nur Mitglied der Socialist Labour League geworden war! Und nachdem er beschlossen hatte, Mitglied zu werden, saß er nach wenig mehr als einem Jahr bereits im Politischen Komitee.

All dies geschah im Namen des „Kampfs für die Tageszeitung“, in der Healy das Mittel zur Verwandlung der Socialist Labour League in eine revolutionäre Massenpartei sah. Statt dessen wurde sie zu einem der wichtigsten Instrumente, um die soziale Zusammensetzung der SLL zu verderben und sie schließlich politisch zu zerstören.

* * *

Die ganzen sechziger Jahre hindurch hatte Healy die zunehmende finanzielle Instabilität des kapitalistischen Weltsystems verfolgt und erwartet, dass sie zu einer Explosion von Kämpfen der Arbeiterklasse führen werde. In den Ereignissen vom Mai-Juni sah er die Bestätigung dieser Perspektive. Healy rechtfertigte die Herausgabe der Tageszeitung mit der Überzeugung, dass sich rasch eine Massenbewegung der britischen Arbeiterklasse entwickeln werde. Die Massenbewegung, die Healy vorausgesehen hatte, entstand nach der Wahl von Edward Heath im Jahr 1970 und der Verabschiedung von Anti-Gewerkschaftsgesetzen durch die neue Tory-Regierung. Aber die Reaktion der Socialist Labour League darauf war gezeichnet von ihrem zentristischen Abgleiten über die vorangegangenen Jahre hinweg: Ihre Anpassung an den kleinbürgerlichen Radikalismus der sechziger Jahre wurde nun ergänzt durch eine Anpassung an die spontane Militanz der Bewegung gegen die Tories.

Anstatt dafür zu kämpfen, die fortgeschrittensten Teile der Arbeiterklasse auf der Grundlage einer revolutionären sozialistischen Politik für die Partei zu gewinnen, verwässerte die SLL ihr Programm, um es der elementaren Feindschaft der Arbeiterklasse gegen die Heath-Regierung anzupassen. Und auf der Grundlage eines Programms, das sich auf die Verteidigung der „Grundrechte“ und die Wahl einer neuen Labour-Regierung beschränkte, schlug Healy die „Praxis der Verwandlung der SLL in eine revolutionäre Massenpartei“ vor.

Für die Entscheidung zur Gründung der Workers Revolutionary Party wurde niemals eine klare politische Begründung gegeben. Healy definierte nicht, worin im Zusammenhang mit der politischen Situation der grundlegende Unterschied zwischen der League (Bund) und der Partei bestehen sollte; auch erklärte er nicht, was die „Verwandlung“ der Ersteren in die Letztere vom Standpunkt des Marxismus und der strategischen Aufgaben der Vierten Internationale her zu bedeuten hatte. Wenn es nicht einfach nur ein neuer Name war, in welcher Weise sollte dann die Umwandlung die Arbeit der Organisation und ihre Beziehung zur Arbeiterklasse verändern? Auf diese Fragen gab Healy keine Antwort. Er analysierte auch nicht, wie diese neue politische Form mit früheren Entwicklungsstadien in der Geschichte der trotzkistischen Bewegung zusammenhing oder aus ihnen hervorgegangen war.

Es wurde zwar nicht ausgesprochen, aber der wesentliche Inhalt dieser Umwandlung war die Verwandlung der Socialist Labour League in eine zentristische Organisation. Ihr Zweck bestand darin, die SLL an den spontanen Aufschwung der Arbeiterklasse anzupassen. Was die praktischen Aktivitäten betraf, so bestand die wichtigste Veränderung im Zuge der Umwandlung in der „Praxis der Massenrekrutierung“, d.h. der unterschiedslosen Aushändigung von Mitgliedsausweisen an praktisch jeden, der eine allgemeine Übereinstimmung mit den vage definierten Zielen der Organisation äußerte. Die Ansammlung einer großen Mitgliedschaft auf dem Papier und der gleichzeitige Aufbau eines umfangreichen Apparats traten an die Stelle der Ausbildung eines revolutionären Kaders auf der Grundlage der Geschichte, der Prinzipien und des Programms des Trotzkismus.

Die Vorbereitung für die „Verwandlung“ der League in die „Workers Revolutionary Party“ – dieser Name, „Revolutionäre Arbeiterpartei“, wurde in letzter Minute gewählt, nachdem Healy einige Zeit mit dem Gedanken gespielt hatte, das neue Unterfangen „Partei für Grundrechte“ zu nennen – bestand in Massenversammlungen und farbenfrohen historischen Festzügen, statt in der Klärung des Programms des Internationalen Komitees und der Socialist Labour League. Die Art und Weise, wie der Gründungskongress organisiert war, zeigte den durch und durch opportunistischen Charakter dieses Unterfangens. Es war eine öffentliche Versammlung, der jeder beiwohnen konnte, der sich eine Eintrittskarte besorgt hatte. Die offizielle Mitgliederzahl der neuen Partei – in der Workers Press mit 3000 angegeben – bestand einfach aus denjenigen, die zur Eröffnungsveranstaltung der Gründungskonferenz gekommen waren. Es erübrigt sich zu sagen, dass von diesen Sonntagnachmittags-Delegierten nur wenige zur Fortsetzung der „Gründungskonferenz“ am Montagmorgen erschienen.

Mit der Gründung der Workers Revolutionary Party änderte sich die Beziehung zwischen der britischen Sektion und dem Internationalen Komitee von Grund auf. Die Sektionen des IKVI verfolgten die „Verwandlung“ in den Seiten der Workers Press, d.h. als unbeteiligte Beobachter. Healy hielt es nicht länger für notwendig, die politischen Angelegenheiten der SLL mit dem Internationalen Komitee zu diskutieren. Das Programm der WRP erwähnte das Internationale Komitee und den langen Kampf der britischen trotzkistischen Bewegung gegen den Opportunismus in der Vierten Internationale so gut wie gar nicht. Viele der neuen Mitglieder der WRP waren der Ansicht, sie träten einer nationalen, nicht einer internationalen Partei bei. Selbst wenn sie wussten, dass die WRP dem Internationalen Komitee angeschlossen war, verstanden viele dieser neuen Mitglieder die politische Bedeutung dieser Beziehung nicht. In der Tat wurde im Jahr 1985 sichtbar, dass ein großer Anteil dieser Neuzugänge der WRP gar nicht beigetreten wären, wenn man ihnen gesagt hätte, dass diese Organisation der Autorität einer nicht-britischen politischen Partei untersteht!

In der Periode vor der Gründung der Workers Revolutionary Party erfanden die Führer der SLL theoretische Formulierungen, die eine ausgefeilte Rechtfertigung ihrer zentristischen Politik darstellten. In gewandten Worten wurde der opportunistische Verrat am trotzkistischen Programm gerechtfertigt, und die Führungsrolle dabei spielte wie üblich Cliff Slaughter. Die verfrühte Spaltung mit der OCI im Herbst 1971 nahm Slaughter zum Anlass für das Argument, die „Erfahrung im Aufbau der revolutionären Partei in Großbritannien“ habe gezeigt, dass „ein tief gehender und schwieriger Kampf gegen idealistische Denkweisen notwendig war, der weit tiefer ging als Fragen der Übereinstimmung in Programm und Politik.“ (Trotskyism Versus Revisionism, Bd. 6, S. 83)

Trotzki hatte stets darauf bestanden, dass das Programm, in dem die marxistische Theorie ihren Ausdruck findet, die Partei aufbaut. Aber Slaughter wendete die Theorie gegen das Programm und stellte den Wert und die Lebensfähigkeit von Parteien in Frage, die durch den Kampf für das trotzkistische Programm aufgebaut wurden. „Werden revolutionäre Parteien“, fragte er, „die in der Lage sind, die Arbeiterklasse an die Macht zu führen und den Sozialismus aufzubauen, einfach aufgebaut, indem das Programm des Trotzkismus und die bestehenden Kräfte des Trotzkismus auf die Bühne der politischen Entwicklungen gebracht werden, wie sie die Krise erzeugt? Oder wird es nicht notwendig sein, einen bewussten Kampf für die ,Theorie‘ zu führen, damit die gesamte vergangene Erfahrung und Theorie der Bewegung in die veränderte Realität des Klassenkampfs negiert werden kann?“ (ebd. S. 226)

Diese Zeilen von Slaughter waren der ausgefeilteste Ausdruck des politischen Skeptizismus, der der opportunistischen Degeneration der Socialist Labour League zu Grunde lag. Die Führung der britischen Sektion war zu der Schlussfolgerung gekommen, dass die SLL und das IKVI, also die „bestehenden Kräfte des Trotzkismus“, nicht in der Lage sein würden, die Arbeiterklasse an die Macht zu führen, indem sie für „das Programm des Trotzkismus“ kämpften. Deshalb mussten andere Kräfte und andere Mittel beschafft werden, und zwar mittels einer Abstraktion namens „bewusster Kampf für die Theorie“, die in keinem Zusammenhang zum trotzkistischen Programm stand und irgendwie die Taktik hervorbrachte, die von der „veränderten Realität des Klassenkampfs“ verlangt wurde. Wenn man das pseudophilosophische Wortgeklingel streicht, sieht man, dass Slaughter einfach die alten opportunistischen Formulierungen aufpolierte, die Pablo schon 20 Jahre vorher vertreten hatte. Im Moment möchte er die Ehre für seinen originellen Beitrag zur ideologischen Degeneration der SLL zwar nicht annehmen, aber Slaughter ebnete den Weg für die pragmatischen, zügellosen opportunistischen Improvisationen, von denen sich Healy später leiten ließ und die unter dem Namen „Praxis der Erkenntnis“ bekannt wurden.