David North
Die Russische Revolution und das unvollendete Zwanzigste Jahrhundert

Weshalb lehnen die Gewerkschaften den Sozialismus ab?

Vortrag auf der internationalen Schulung über Marxismus und die Grundprobleme des 20. Jahrhunderts in Sydney, Australien, am 10. Januar 1998.

Zwei schwierige Fragen

Zwei politische »Fragen« boten in der Geschichte der marxistischen Bewegung über mehr als hundert Jahre Anlass zu außerordentlich hartnäckigen Auseinandersetzungen: die »nationale Frage« und die »Gewerkschaftsfrage«.

Warum sind diese Fragen so hartnäckig? Besteht ein Zusammenhang zwischen ihnen und wenn ja, welcher? Die Antwort erfordert meiner Meinung nach ein Studium der historischen Umstände, unter denen die moderne Arbeiterbewegung entstand. Der bürgerliche Nationalstaat, wie er aus den revolutionären demokratischen Kämpfen des 18. und 19. Jahrhunderts hervorging, lieferte den ökonomischen Anstoß und den politischen Rahmen für die Entwicklung der europäischen und amerikanischen Arbeiterklasse. Die Festigung der Nationalstaaten war, wenn auch in verschiedenen Formen und in unterschiedlichem Maße, mit allgemeinen Fragen der Demokratie verbunden, die für die Arbeiterklasse sehr wichtig waren.

Die Haltung der Arbeiterklasse gegenüber der Nation musste zwangsläufig einen höchst komplexen, widersprüchlichen und ambivalenten Charakter annehmen. Auf der einen Seite hingen das zahlen- und kräftemäßige Wachstum der Arbeiterklasse sowie die Erhöhung ihres Lebensstandards allgemein mit der Konsolidierung des Nationalstaats und mit seiner wirtschaftlichen und industriellen Stärkung zusammen. Gleichzeitig geriet die Arbeiterklasse mit der Entwicklung ihrer ökonomischen und gesellschaftlichen Kämpfe in Widerspruch zum Nationalstaat, der letztlich den Klasseninteressen der Bourgeoisie diente.

Die Schwierigkeit der nationalen Frage innerhalb der marxistischen Bewegung ergab sich aus dieser komplexen Beziehung der Arbeiter zum bürgerlichen Nationalstaat. Nirgends auf der Welt war ein schmerzloser und organischer Übergang der Massen vom nationalen zum internationalen, sozialistischen Bewusstsein zu beobachten. Die Erfahrungen der Jugendzeit prägen einen Menschen für sein ganzes Leben. Eine ähnliche Erscheinung zeigt sich bei der historischen Entwicklung des gesellschaftlichen Bewusstseins von Klassen. Die historische Bindung der Arbeiterklasse an den Nationalismus erklärt sich aus den Umständen ihrer Entstehung und aus den Kämpfen ihrer prägenden Jahre. Das gesellschaftliche Bewusstsein bleibt hinter dem gesellschaftlichen Sein zurück oder genauer: Es spiegelt ein hochkomplexes und widersprüchliches gesellschaftliches Sein nicht direkt und unmittelbar in wissenschaftlicher Form wider. In gleicher Weise geht der Einfluss des Nationalismus auf die Arbeiterbewegung nicht direkt im Verhältnis und im entsprechenden Tempo zurück, mit dem das Übergewicht der Weltwirtschaft über den Nationalstaat wächst und der Klassenkampf einen internationalen Charakter annimmt.

Darüber hinaus hat die andauernde nationale Unterdrückung im 20. Jahrhundert – auch wenn sie vorwiegend sozioökonomische Ursachen hat – Formen nationalen Bewusstseins bestärkt. Doch ungeachtet der Stärke nationaler Einflüsse haben Marxisten die Verantwortung, ihr Programm nicht auf alte Vorurteile und überholte Vorstellungen, sondern auf eine wissenschaftliche Analyse der gesellschaftlichen Wirklichkeit zu stützen. Die Anpassung des politischen Programms an verbreitete Vorurteile, um kurzfristige taktische Vorteile zu erlangen, zählt zu den gängigsten Merkmalen des Opportunismus. Dieser geht von praktischen und konjunkturellen Einschätzungen, nicht von grundsätzlichen historischen und wissenschaftlichen Überlegungen aus.

Weil sie die politischen und ökonomischen Folgen der Globalisierung der Produktion für den Nationalstaat leugnen, schreiben die Opportunisten dieser historisch überholten politischen Form in der Regel ein progressives Potenzial zu, das ihr völlig abgeht. Sie halten beharrlich an der Forderung nach nationaler Selbstbestimmung fest, obwohl sie zur Losung jeder reaktionären chauvinistischen Bewegung auf der Welt geworden ist.

Marxisten halten den Nationalstaat nicht für bedeutungslos. Obwohl die nationalstaatliche Form unter dem Gesichtspunkt der globalen Entwicklung und Integration der Produktivkräfte dem Fortschritt der Menschheit im Wege steht, bleibt sie ein mächtiger Faktor in der Weltpolitik. Die sozialistische Bewegung geht, wenn sie ihre Taktik erarbeitet, nicht über diese politische Realität hinweg. Soweit der Nationalstaat als politische und ökonomische Grundeinheit der bürgerlichen Gesellschaft bestehen bleibt, bleibt auch die nationale Frage – zum jetzigen historischen Zeitpunkt spräche man besser vom »nationalen Problem« – bestehen. Doch die marxistische Taktik leitet sich aus einem wissenschaftlichen Verständnis der historischen Überholtheit des Nationalstaats ab. Die trotzkistische Bewegung bemüht sich, vermittels ihrer Taktik die Grundstrategie der Vierten Internationale als Weltpartei der sozialistischen Revolution zu verwirklichen. Gerade dieses Beharren auf dem Vorrang der internationalen Strategie unterscheidet das Internationale Komitee der Vierten Internationale von jeder national-reformistischen und opportunistischen Gruppierung.

Solch grundsätzliche Überlegungen stellen sich nicht weniger dringend in der Gewerkschaftsfrage. Es geht dabei um die Rolle, die diese sehr alten proletarischen Organisationsformen in der Entwicklung der revolutionären Kämpfe der Arbeiterklasse für den Sozialismus spielen. Das moderne Proletariat entstand im Kontext der historischen Entwicklung des Nationalstaats. Seine Organisationen und deren Tätigkeit formten sich im Rahmen des Nationalstaats. Dies gilt ganz besonders für die Gewerkschaften, deren Fortschritte und Blüte in hohem Maße von den industriellen und wirtschaftlichen Erfolgen »ihres« Nationalstaates abhingen. Ebenso wie es historische Ursachen für die ambivalente Haltung der Arbeiterklasse zum Nationalstaat gibt, bestehen auch tief verwurzelte objektive Ursachen für die ambivalente oder sogar feindliche Haltung der Gewerkschaften gegenüber dem Sozialismus. Dieses Problem macht der sozialistischen Bewegung seit mehr als hundert Jahren schwer zu schaffen.

In den Anfangsjahren der Gewerkschaften konnte man natürlich das volle Ausmaß der Probleme nicht voraussehen, die ihre Beziehung zu den revolutionären marxistischen Parteien in der Folgezeit belasten sollten. Die Haltung der Marxisten gegenüber den Gewerkschaften widerspiegelte unweigerlich die Umstände und Bedingungen der jeweiligen Zeit. Die Gewerkschaftsfrage stellt sich 1998 nicht in derselben Weise wie 1847. In den letzten 151 Jahren ist eine Menge passiert, und die sozialistische Bewegung hatte hinreichend Gelegenheit, mit der Gewerkschaftsbewegung Bekanntschaft zu machen. Sie hat viel über den Charakter der Gewerkschaften gelernt, auch wenn man auf den Seiten der »linken« radikalen Presse keine Spur dieses angehäuften Wissens finden kann.

Während eines großen Teils ihrer Geschichte hat die sozialistische Bewegung die Gewerkschaften heiß umworben. Doch obwohl sie ihnen eifrig den Hof machte, blieb die Romanze recht einseitig. Trotz unzähliger Bekenntnisse der Zuneigung und Hingabe sind die sozialistischen Werber vom Objekt ihrer Begierde immer wieder ins Gesicht geschlagen oder sogar meuchlings erdolcht worden. Selbst wenn die Sozialisten eigene Gewerkschaften ins Leben riefen und ihnen eine einwandfreie marxistische Erziehung angedeihen ließen, lohnten es ihnen die Sprösslinge mit schnödem Undank. Bei der erstbesten Gelegenheit verschmähten sie die hohen Ideale ihrer sozialistischen Erzeuger, um sich an den Fleischtrögen des Kapitalismus zu laben.

Müssen sich Sozialisten der Autorität der Gewerkschaften unterwerfen?

Man sollte meinen, dass es aus so vielen schlechten Erfahrungen etwas zu lernen gäbe. Aber wie die alten Narren in Boccaccios Erzählungen brennen die ergrauten, zahnlosen Radikalen heute darauf, sich immer neue Hörner aufsetzen zu lassen. Die »linken« Organisationen beteuern weiterhin, es sei die Pflicht der sozialistischen Bewegung, sich treu um alle Launen und Wehwehchen der Gewerkschaften zu kümmern. Sie bestehen darauf, dass Sozialisten die Gewerkschaften als Arbeiterorganisationen schlechthin anerkennen müssten, als Organisationsform, die den gesellschaftlichen Interessen der Arbeiterklasse am meisten entspreche. Die Gewerkschaften, argumentieren sie, seien die authentische und unangreifbare Führung der Arbeiterklasse und hätten bei der Entscheidung über ihr historisches Schicksal das letzte Wort. Es sei ein politisches Sakrileg, die Autorität der Gewerkschaften über die Arbeiterklasse und ihr angeblich »natürliches« Recht, diese zu vertreten, in Frage zu stellen. Die Radikalen erklären die bloße Vorstellung einer echten Arbeiterbewegung, die nicht von den Gewerkschaften dominiert oder formal geführt werde, für ausgeschlossen. Nur gestützt auf die Gewerkschaften sei ein erfolgreicher Klassenkampf möglich. Und schließlich hänge die Entwicklung einer sozialistischen Massenbewegung, sofern es überhaupt eine Hoffnung darauf gebe, davon ab, dass die Gewerkschaften, oder zumindest ein bedeutender Teil von ihnen, für eine sozialistische Perspektive »gewonnen« würden.

Das Internationale Komitee weist jede einzelne dieser Behauptungen zurück. Sie werden sowohl von der theoretischen Analyse wie von der historischen Erfahrung widerlegt. Unsere politischen Gegner betrachten unsere Weigerung, die Autorität der Gewerkschaften anzuerkennen, als Majestätsbeleidigung. Das kümmert uns wenig, haben wir uns doch seit Jahrzehnten daran gewöhnt, im Gegensatz zur »linken« oder, genauer, kleinbürgerlichen öffentlichen Meinung zu stehen. Ihre erbitterte Abneigung ist das sicherste Anzeichen dafür, dass sich das Internationale Komitee auf dem richtigen Weg befindet.

Der Standpunkt der Radikalen stützt sich auf eine Grundvoraussetzung: die Gewerkschaften seien »Arbeiterorganisationen«, weil sie eine Massenmitgliedschaft hätten. Wer also die Autorität der Gewerkschaften herausfordere, stelle sich per definitionem in Gegensatz zur Arbeiterklasse. Der Fehler besteht darin, dass die Gewerkschaften mit dieser Grundvoraussetzung auf leere, ahistorische Abstraktionen reduziert werden. Es trifft zweifellos zu, dass die Gewerkschaften über viele Mitglieder aus der Arbeiterklasse verfügen. Aber das gilt auch für viele andere Organisationen, in den Vereinigten Staaten etwa für den Sozialverein der Elks, die Freimaurer, die Kriegsveteranen und die katholische Kirche.

Der Hinweis auf die vielen Arbeiter, die Mitglieder der Gewerkschaften sind, ist darüber hinaus kein Ersatz für eine sorgfältigere Analyse ihrer sozialen Zusammensetzung, insbesondere ihrer Führungsschicht, d.h. der herrschenden Bürokratien. Aus der massenhaften Mitgliedschaft von Arbeitern folgt nicht automatisch, dass die Gewerkschaften auch in deren Interesse handeln. Man muss vielmehr untersuchen, ob es innerhalb der Gewerkschaften einen objektiven Gegensatz zwischen den Interessen der Mitgliedermassen und der leitenden Bürokratie gibt, und in welchem Maße die Politik der Gewerkschaften nicht die Interessen der ersteren, sondern der letzteren vertritt.

Selbst wenn man einräumt, dass die Gewerkschaften »Arbeiterorganisationen« seien, fügt diese Definition dem politischen Wissensschatz wenig hinzu. Man könnte das Definitionsspiel weitertreiben und fragen: »Und was genau ist eine Arbeiterorganisation?« Die Antwort »Eine Organisation von Arbeitern« dürfte kaum befriedigen. Um das Wesen der Gewerkschaften zu verstehen, muss man die Frage stellen: »In welcher Beziehung stehen diese Organisationen zum Klassenkampf im Allgemeinen und zur Befreiung der Arbeiter von kapitalistischer Ausbeutung im Besonderen?«

Hier muss man über eine inhaltsleere Terminologie hinaus eine gründlichere Definition erarbeiten, die auf einer sorgfältigen historischen Analyse der Rolle beruht, welche die Gewerkschaften in den Kämpfen der Arbeiterklasse und der sozialistischen Bewegung gespielt haben. Der Zweck einer solchen Analyse besteht nicht einfach darin, Beispiele für ihre Verbrechen oder Errungenschaften zu sammeln, je nachdem wonach man sucht. Sondern es geht darum, das Wesen dieser gesellschaftlichen Erscheinung, d.h. die Gesetze, die im Handeln und in der Politik der Gewerkschaften ihren praktischen Ausdruck finden, aufzudecken.

Weshalb verraten die Gewerkschaften die Arbeiterklasse?

Unsere radikalen Gegner haben nie auch nur den Versuch einer solchen Analyse unternommen. Deshalb können sie die grundlegendste und offenkundigste Frage nicht einmal ansatzweise ernsthaft beantworten: »Weshalb sind die Gewerkschaften so jämmerlich dabei gescheitert, den Lebensstandard der Arbeiterklasse zu verteidigen, von einer Erhöhung ganz zu schweigen?« In den Vereinigten Staaten und weltweit ist die soziale Stellung der Arbeiterklasse im letzten Vierteljahrhundert steil abgesunken. Die Gewerkschaften waren nicht fähig, die Arbeiterklasse gegen die Angriffe des Kapitals zu verteidigen. Dieses Versagen, das jahrzehntelang auf internationaler Ebene zu beobachten war, zwingt dazu, nach den tieferliegenden Ursachen zu suchen – sowohl im sozioökonomischen Umfeld, in dem die Gewerkschaften heute existieren, wie grundsätzlicher im Charakter der Gewerkschaften selbst. Anders gesagt, wenn sich das Umfeld nach 1973 plötzlich sehr feindlich entwickelte, was machte die Gewerkschaften dann derart verwundbar für diese Veränderungen und derart unfähig, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen?

Betrachten wir die Antwort der Spartacist League auf dieses Problem. Im Laufe einer wütenden Verurteilung der Socialist Equality Party, die sich über vier Ausgaben ihrer Zeitung erstreckt und viele tausend Wörter – mit einem hohen Anteil an Schimpfwörtern – umfasst, bestreiten die Spartacist-Leute heftig, dass es objektive Gründe für das Scheitern der Gewerkschaften gebe. Alles wird mit »der defätistischen und verräterischen Politik der AFL-CIO-Irreführer« erklärt. Eine banalere Erklärung könnte man sich kaum vorstellen. Ein Paläontologe könnte genauso gut behaupten, die Dinosaurier seien ausgestorben, weil sie des Lebens überdrüssig waren! Die Spartacist-Leute erklären nicht, weshalb sich die Dinosaurier in der Führung des AFL-CIO für eine »defätistische und verräterische Politik« entschieden haben. Taten sie das einfach deshalb, weil sie schlechte Menschen sind? Und wenn es tatsächlich schlechte Menschen sind, weshalb häufen sie sich dann derart in der Führung der amerikanischen und internationalen Gewerkschaften? Gibt es etwas am Charakter der Gewerkschaften, das so viele schlechte Menschen anlockt, die eine »defätistische und verräterische Politik« betreiben? Wir können noch eine weitere Frage stellen: »Was veranlasst die Spartacist League, begeistert Organisationen zu unterstützen, die so viele schlechte Menschen anziehen, die vorgeben, die Arbeiter zu vertreten, und sie stattdessen verraten?«

Das Problem mit dieser subjektiven Herangehensweise ist nicht nur, dass sie allen wirklich schwierigen Fragen ausweicht. Sie ermöglicht es der Spartacist League und den anderen radikalen Gruppen auch, trotz ihrer verbalen Attacken auf die »Irreführer« die Möglichkeit offenzulassen, dass sich diese schließlich bekehren. Auf dieser Grundlage treten sie für die fortdauernde Unterordnung der Arbeiterklasse unter die Gewerkschaften ein, und damit letztlich unter dieselben »Irreführer«.

Offen ausgesprochen wird diese Perspektive in einem Artikel von Peter Taaffe, dem wichtigsten Führer der britischen Socialist Party, der früheren Militant-Tendenz.[1] Herrn Taaffes Versuch, seine Unterwürfigkeit gegenüber der Gewerkschaftsbürokratie mit radikalen Phrasen zu bemänteln, wirkt eher belustigend als überzeugend. Er führt anfangs eine kurze Liste von Ländern an, in denen die Gewerkschaftsfunktionäre die Arbeiterklasse besonders übel verraten haben. Wie Polizeichef Louis in »Casablanca« zeigt sich Taaffe zutiefst erschüttert über die allgegenwärtige Korruption, während die politischen Bestechungsgelder der Bürokratie in seine Taschen wandern. Die Rolle der schwedischen Gewerkschaftsfunktionäre, sagt uns Taaffe, war »skandalös«. Das Verhalten der belgischen Bürokraten ist »schamlos und offen«. Auch die irischen Führer bieten ein »skandalöses Schauspiel« des Verrats. In Großbritannien, so Taaffe, haben die Arbeiter »die Ohnmacht ihrer rechten Führer teuer bezahlt«. Mit Bedauern vermerkt er außerdem die Kapitulation der Gewerkschaftsführer in Brasilien, Griechenland und den Vereinigten Staaten.

Nach Taaffes Ansicht besteht das Problem der Gewerkschaften lediglich in ihren unzulänglichen Führern, die an einer falschen Ideologie leiden: der Anerkennung des kapitalistischen Marktes. Die Organisationen selbst sind im Grunde gesund. Gestützt auf diese subjektive Einschätzung kritisiert Taaffe »kleine linke Gruppen« – gemeint sind die Sektionen des Internationalen Komitees –, die gestützt auf Trotzki darauf beharren, dass die Verrätereien der Gewerkschaften Ausdruck einer grundlegenden Entwicklungstendenz sind. Diese »einseitige« Sichtweise verkennt laut Taaffe die Möglichkeit, dass rechte Gewerkschaftsführer »unter dem Druck der Basis, einer aufrührerischen und kämpfenden Arbeiterklasse«, gezwungen werden können, »sich vom Staat zu lösen und eine Oppositionsbewegung der Arbeiterklasse anzuführen«.[2]

Daher, so Taaffe, bestehe die »Haupttendenz der kommenden Periode« in Großbritannien und anderswo darin, dass Arbeiter »die Gewerkschaften zwingen werden, in ihrem Sinne zu kämpfen«. Das Schicksal der Arbeiterklasse hänge von der »Regeneration der Gewerkschaften« ab.[3]

Ähnlich argumentiert eine Splittergruppe der heute nicht mehr bestehenden Workers Revolutionary Party. Sie wendet sich strikt gegen jede Form neuer Arbeiterorganisationen, die sich der Vorherrschaft der Gewerkschaften entgegenstellen. »Eine vereinfachende Politik, die sich auf die Basis beruft und von der abstrakten These ausgeht, die Gewerkschaftsführer steckten mit dem Staat unter einer Decke und es müssten alternative Organisationen aufgebaut und vernetzt werden, wird der neuen Lage absolut nicht gerecht.«[4]

Ich weiß zwar nicht, mit wem sich die Gewerkschaftsfunktionäre in Großbritannien oder anderswo nachts heimlich treffen, aber ihr Opportunismus ist alles andere als »abstrakt«. Die Unternehmer und der Staat nehmen die verräterischen Dienste der Gewerkschaftsfunktionäre täglich in Anspruch, und sie werden dabei selten enttäuscht.

Die Aussicht, dass sich die Gewerkschaften schließlich bekehren, erscheint viel geringer, wenn man versteht, dass die Merkmale der vorherrschenden Bürokratien ein subjektiver Ausdruck objektiver gesellschaftlicher Eigenschaften und Prozesse sind. Man soll und muss die Gewerkschaftsführer anprangern, aber das darf nicht zum Ersatz für eine Analyse des Charakters der Gewerkschaftsbewegung werden.

Wir wollen deshalb mit einer Analyse der Gewerkschaftsbewegung beginnen und uns dabei auf eine geschichtliche Bilanz der kritischen Entwicklungsstadien dieser besonderen Form der Arbeiterbewegung basieren. Die sozialistische Bewegung hat über einen Zeitraum von mehr als 150 Jahren enorme historische Erfahrungen gesammelt. Auf dieser Grundlage darf sie sich mit Recht als bester und leidgeprüftester Kenner der Gewerkschaften weltweit bezeichnen.

Wir behaupten nicht, die Gewerkschaften seien eine historische Fehlentwicklung, die nicht hätte stattfinden dürfen. Es wäre lächerlich, wollte man einer derart allgemeinen Erscheinung wie den Gewerkschaften tiefe Wurzeln in der sozioökonomischen Struktur der kapitalistischen Gesellschaft absprechen. Natürlich besteht ein unverkennbarer Zusammenhang zwischen der Gewerkschaftsbewegung und dem Klassenkampf, aber nur in dem Sinne, dass der Konflikt zwischen den materiellen Interessen der Unternehmer und Arbeiter den Anstoß für die Organisation von Arbeitern in Gewerkschaften gibt. Aus dieser objektiven Gegebenheit folgt keineswegs, dass sich die Gewerkschaften als besondere, gesellschaftlich bestimmte Organisationsform mit dem Klassenkampf (dem sie historisch gesprochen ihre Existenz verdanken) identifizieren oder diesen führen wollen. Die Geschichte liefert vielmehr überwältigendes Beweismaterial dafür, dass sie sich eher seiner Unterdrückung widmen.

Die Neigung der Gewerkschaften zur Unterdrückung des Klassenkampfs zeigt sich besonders stark und ausgeprägt an ihrer Haltung zur sozialistischen Bewegung. Es gibt, insbesondere für Sozialisten, keine tragischere Illusion als die Vorstellung, die Gewerkschaften seien verlässliche oder gar unumgängliche Verbündete im Kampf gegen den Kapitalismus. Die organische Entwicklung der Gewerkschaften geht nicht in Richtung Sozialismus, sondern läuft ihm zuwider. Ungeachtet der Umstände ihrer Entstehung – d.h. selbst in Ländern, in denen sie auf Initiative und unter der Führung revolutionärer Sozialisten entstanden sind – widersetzen sie sich mit fortschreitender Entwicklung und Festigung der sozialistischen Vormundschaft und versuchen entschieden, diese abzuschütteln. Nur die Erklärung dieser Neigung ermöglicht ein wissenschaftliches Verständnis der Gewerkschaftsbewegung.

Die Gewerkschaften als gesellschaftliche Form

Wenn wir die Gewerkschaftsbewegung studieren, dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass wir es mit einer bestimmten gesellschaftlichen Form zu tun haben. Es handelt sich nicht um eine flüchtige, zufällige und formlose Ansammlung von Individuen, sondern um einen historisch entstandenen Zusammenschluss von Menschen, die in Klassen gegliedert und in bestimmten Produktionsverhältnissen verwurzelt sind. Man muss sich auch der Bedeutung der Form selbst bewusst sein. Wir wissen alle, dass es einen Zusammenhang zwischen Form und Inhalt gibt, aber dieser wird gewöhnlich so aufgefasst, als sei die Form ein bloßer Ausdruck des Inhalts. Aus dieser Sicht könnte man die gesellschaftliche Form als einen rein äußerlichen, biegsamen und unbegrenzt wandelbaren Ausdruck der Beziehungen auffassen, auf denen sie beruht. Aber ein tieferes Verständnis zeigt, dass gesellschaftliche Formen dynamische Elemente des historischen Prozesses sind. »Der Inhalt nimmt Form an« bedeutet, dass die Form dem Inhalt, den sie zum Ausdruck bringt, bestimmte Eigenschaften und Merkmale verleiht. Der Inhalt existiert und entwickelt sich durch die Form.

Vielleicht wird dieser Ausflug in das Reich philosophischer Kategorien und Abstraktionen verständlicher, wenn man den berühmten Absatz aus dem ersten Kapitel des »Kapitals« zitiert, in dem Marx sagt: »Woher entspringt also der rätselhafte Charakter des Arbeitsprodukts, sobald es Warenform annimmt? Offenbar aus dieser Form selbst.«[5] Wenn also ein Arbeitsprodukt die Form einer Ware annimmt – eine Verwandlung, die nur auf einer bestimmten Entwicklungsstufe der Gesellschaft stattfindet –, erhält sie eine besondere Eigenschaft, einen Fetischcharakter, den sie vorher nicht besaß. Sobald Produkte auf dem Markt ausgetauscht werden, nehmen die gesellschaftlichen Beziehungen zwischen Menschen, unter denen diese Waren hergestellt wurden, notwendigerweise die Erscheinung einer Beziehung zwischen Dingen an. Ein Arbeitsprodukt ist ein Arbeitsprodukt, und doch erwirbt es neue gesellschaftliche Eigenschaften, wenn es im Rahmen neuer Produktionsverhältnisse Warenform annimmt.

Entsprechend ist eine Gruppe von Arbeitern eben dies: eine Gruppe von Arbeitern. Doch wenn diese Gruppe die Form einer Gewerkschaft annimmt, erwirbt sie durch die Form neue, deutlich umrissene gesellschaftliche Eigenschaften, denen die Arbeiter unweigerlich unterworfen sind. Was genau bedeutet das? Die Gewerkschaften vertreten die Arbeiterklasse in einer ganz bestimmten sozioökonomischen Rolle: als Verkäufer einer Ware, der Arbeitskraft. Entstanden auf Grundlage kapitalistischer Produktionsverhältnisse und Eigentumsformen bemühen sich die Gewerkschaften, den besten Preis für diese Ware zu erzielen, der unter den gegebenen Marktbedingungen möglich ist.

Natürlich besteht ein großer Unterschied zwischen dem, was ich theoretisch zur »wesentlichen Aufgabe« der Gewerkschaften erklärt habe, und ihren Aktivitäten im wirklichen Leben. Die reale Praxis – der tägliche Ausverkauf der unmittelbarsten Interessen der Arbeiterklasse – entspricht kaum der theoretischen »Norm«. Diese Abweichung widerspricht der theoretischen Auffassung nicht, sondern ist ein Ergebnis der sozioökonomischen Funktion der Gewerkschaft. Weil sie auf dem Boden der kapitalistischen Produktionsverhältnisse stehen, sind die Gewerkschaften naturgemäß gezwungen, den Klassenkampf abzulehnen. Und da sie bemüht sind, mit den Arbeitgebern Vereinbarungen über den Preis der Arbeitskraft und die allgemeinen Bedingungen der Mehrwerterzeugung zu treffen, müssen die Gewerkschaften auch sicherstellen, dass ihre Mitglieder ihre Arbeitskraft entsprechend der ausgehandelten Verträge zur Verfügung stellen. Wie Gramsci bemerkte: »Die Gewerkschaft ist ein Element der Legalität und muss sich vornehmen, dass diese von ihren Mitgliedern respektiert wird.«

Verteidigung der Legalität bedeutet Unterdrückung des Klassenkampfs. Aus diesem Grund untergraben die Gewerkschaften letzten Endes ihre Fähigkeit, selbst jene beschränkten Ziele zu erreichen, die sie offiziell anstreben. Das ist der Widerspruch, an dem das Gewerkschaftswesen krankt. Der Konflikt zwischen den Gewerkschaften und der revolutionären Bewegung ergibt sich, im grundlegenden Sinne, nicht aus den Fehlern und Schwächen der Gewerkschaftsführer – obwohl an beidem kein Mangel herrscht –, sondern aus dem Charakter der Gewerkschaften selbst. Kern dieses Konflikts ist die organische Feindschaft der Gewerkschaften gegen die Entfaltung und Ausweitung des Klassenkampfs. Je mehr sich der Klassenkampf zu einer Bedrohung für die Produktionsverhältnisse des Kapitalismus, d.h. für die sozioökonomische Grundlage der Gewerkschaften, auswächst, desto entschiedener, erbitterter und tödlicher wird diese Feindschaft.

Diese Feindschaft konzentriert sich auf die sozialistische Bewegung, denn diese vertritt die Arbeiterklasse nicht in ihrer beschränkten Rolle als Verkäuferin der Arbeitskraft, sondern in ihrer historischen Eigenschaft als revolutionäre Antithese zu den kapitalistischen Produktionsverhältnissen.

Diese beiden entscheidenden Aspekte der Gewerkschaftsbewegung, ihre Neigung zur Unterdrückung des Klassenkampfs und ihre Feindschaft gegen die sozialistische Bewegung, werden von der Geschichte nachhaltig bestätigt. In dieser Hinsicht bietet die Gewerkschaftsbewegung zweier Länder, Englands und Deutschlands, wichtige Lehren und Einsichten.

Die Gewerkschaftsbewegung in England

England gilt allgemein als Heimat der modernen Gewerkschaftsbewegung, als Land, in dem die Arbeiterklasse mit dieser Organisationsform beachtliche Errungenschaften erzielt hat. Eben diesen Eindruck hinterließen die Gewerkschaften bei Eduard Bernstein während seines ausgedehnten England-Aufenthalts in den späten 1880er und den 1890er Jahren. Die augenscheinlichen Erfolge der britischen Gewerkschaften überzeugten Bernstein, dass die ökonomischen Kämpfe dieser Organisationen, und nicht die politischen Bestrebungen der revolutionären Bewegung, der ausschlaggebende Faktor für Fortschritte der Arbeiterklasse und für die allmähliche sozialistische Umwandlung der Gesellschaft seien.

Alles, was die kleinbürgerlichen Radikalen heute sagen, wurde vor hundert Jahren vom Gründer des modernen Revisionismus vorweggenommen. Die Tatsache, dass ihre Argumente hundert Jahre alt sind, entwertet sie an sich noch nicht. Ich gebe gerne zu, dass auch ich einige Argumente benutze, die hundert Jahre alt sind – zum Beispiel Rosa Luxemburgs Einwände gegen Bernstein. Für letztere spricht aber, dass sie im Verlauf des letzten Jahrhunderts bestätigt worden sind, während die der Neo-Bernsteinianer restlos widerlegt wurden. Tatsächlich stellten bereits zeitgenössische Kritiker Bernsteins fest, dass seine Bewertung der ökonomischen Errungenschaften der britischen Gewerkschaften stark übertrieben war. Die Vormachtstellung der Gewerkschaftsbewegung, deren Aufstieg zur dominierenden Rolle in der Arbeiterbewegung Mitte der 1850er Jahre begann, war in Wirklichkeit ein Ausdruck des politischen Niedergangs und der geistigen Stagnation, die nach der Niederlage des Chartismus, der großen revolutionären politischen Bewegung der britischen Arbeiterklasse, eingesetzt hatte.

Die Chartisten-Bewegung war der Höhepunkt eines politischen, kulturellen und geistigen Gärungsprozesses, der in den Jahrzehnten nach der Französischen Revolution breite Schichten der Arbeiterklasse erfasst hatte. Jahre nach der endgültigen Niederlage des Chartismus in den Jahren 1848–1849 verglich Thomas Cooper, einer seiner angesehensten Führer, den revolutionären Geist der alten Bewegung mit der dumpfen, kleinbürgerlichen Einstellung, die von den Gewerkschaften kultiviert wurde. In seiner Autobiographie schrieb er:

In unseren alten chartistischen Zeiten gingen die Arbeiter Lancashires zwar oft in zerlumpten Kleidern, auch hatten viele nicht einmal Brot, dafür konnte man aber auf Schritt und Tritt den Beweisen ihres hochentwickelten Bewusstseins begegnen. Oft konnte man sehen, wie sie in Gruppen auf den Straßen herumstanden und die großen Prinzipien der politischen Gleichberechtigung besprachen; sie bewiesen immer wieder, dass jeder erwachsene Mensch, der bei klarem Verstand ist, das Stimmrecht besitzen müsse für die Wahl von Personen, die Gesetze erlassen, nach welchen alle regiert werden. Oder sie stritten ernst und leidenschaftlich über die Vorzüge der einen oder der anderen sozialistischen Lehre. Heute stößt man in demselben Lancashire nirgends auf solche Gruppen, dagegen aber auf gutgekleidete Arbeiter, die – die Hände in den Hosentaschen – sich über ihren Genossenschaftsladen oder ihren Aktienanteil an dem einen oder anderen Genossenschaftsunternehmen unterhalten.[6]

Mit den Gewerkschaften entstand ein neuer Typus von Arbeiterführern: ängstliche Gentlemen, die sich nach einer ehrbaren gesellschaftlichen Stellung in der Mittelklasse sehnten und das neue Hohelied des Klassenkompromisses sangen, rückten an die Stelle der alten revolutionären Chartisten. Theodore Rothstein, ein sozialistischer Historiker des Chartismus, schrieb:

Männer von ausgeprägtem Talent, von gewaltigem Temperament, mit umfassenden, tiefen Kenntnissen, die erst wenige Jahre vorher die Grundfesten der kapitalistischen Gesellschaft erschüttert und hunderttausende Fabrikproletarier mitgerissen hatten, bewegten sich jetzt irgendwo im Halbdunkel, der Mehrheit fremd, nur einer Handvoll auserlesener Menschen verständlich. Statt ihrer traten in das helle Licht des Vordergrunds neue Männer, die sich an Klugheit, Charakter und Talent mit ihren Vorgängern nicht im entferntesten messen konnten, die aber mit vulgärer Propaganda über Alltagsdinge, über das »Ehren jeden Pfennigs« Lohnerhöhung und über die Notwendigkeit, sich in dieser Hinsicht mit den Unternehmern – sei es auch unter Preisgabe der Klassenselbständigkeit – zu verständigen, ebenfalls hunderttausende Proletarier um sich gruppierten.[7]

Das Gewerkschaftertum schätzt Rothstein folgendermaßen ein:

Der charakteristische Zug dieser Ideologie war eben die Aussöhnung mit der kapitalistischen Gesellschaft, die in dem Verzicht auf den politischen Kampf und in der Anerkennung der Theorien der vulgären politischen Ökonomie von der Harmonie der Interessen der Unternehmer- und der Arbeiterklasse ihren Ausdruck fand.[8]

Die Verteidiger der Gewerkschaftsbewegung argumentieren, der Rückzug der britischen Arbeiter vom politischen Kampf sei notwendig gewesen, damit die Klasse ihre Energie auf die aussichtsreicheren Möglichkeiten konzentrieren konnte, die der ökonomische Kampf bot. Diese Theorie wird durch den Umstand widerlegt, dass der Aufstieg der Gewerkschaften nicht mit intensiveren wirtschaftlichen Kämpfen einherging, sondern mit deren generellen Ablehnung durch die neuen Führer der Arbeiterklasse. Von den frühen 1870er bis Mitte der 1890er Jahre, der Blütezeit der Gewerkschaftsbewegung in England, stagnierten die Löhne der Arbeiter. Die Gewerkschaften büßten in dieser Zeitspanne ihr Ansehen nur deshalb nicht ein, weil auch die Preise für Grundnahrungsmittel wie Mehl, Kartoffeln, Brot, Fleisch, Tee, Zucker und Butter stark fielen.

In den frühen Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, als unter den Arbeitern revolutionäre Stimmungen weit verbreitet waren, war die englische Bourgeoisie allen Organisationsversuchen scharf entgegengetreten. Doch am Ende des Jahrhunderts hatte die Bourgeoisie den Beitrag schätzen gelernt, den die Gewerkschaften zur Stabilität des Kapitalismus leisteten – insbesondere als Bollwerk gegen die Wiederbelebung sozialistischer Strömungen in der Arbeiterklasse. Der deutsche bürgerliche Ökonom Brentano schrieb, der Zerfall der Gewerkschaften in England würde

auch für die Unternehmer keinen Sieg bedeuten. Ein solches Ereignis würde die revolutionären Tendenzen in der ganzen Welt stärken, und England, das sich bis jetzt gerühmt hat, keine ernstzunehmende Arbeiterpartei extremer Richtung zu besitzen, könnte in dieser Hinsicht die Konkurrenz mit dem Festland aufnehmen.[9]

In der Aufstiegsperiode der Gewerkschaften lebten Marx und Engels im englischen Exil. Bereits bevor sie dort eintrafen, hatten sie die Bedeutung der Gewerkschaften als Antwort der Arbeiterklasse auf die Bemühungen der Unternehmer, die Löhne zu senken, erkannt. Im Gegensatz zum kleinbürgerlichen Theoretiker Pierre-Joseph Proudhon, der mit der Begründung, Lohnerhöhungen führten lediglich zu Preissteigerungen, sowohl den Nutzen von Gewerkschaften wie von Streiks bestritt, betonte Marx, dass beide notwendigerweise zum Kampf der Arbeiterklasse um ihren Lebensstandard gehörten.

Marx’ Kritik an Proudhon war sicherlich zutreffend, man muss aber auch berücksichtigen, dass diese frühen Schriften zu einer Zeit entstanden, in der die Gewerkschaften gewissermaßen noch in den Windeln lagen. Die Erfahrung der Arbeiterklasse mit dieser neuen Organisationsform war noch sehr beschränkt. Man konnte damals die Möglichkeit nicht ausschließen, dass sich die Gewerkschaften noch zu machtvollen Werkzeugen des revolutionären Kampfes entwickeln würden oder zumindest direkte Vorläufer solcher Werkzeuge waren. Dieser Hoffnung verlieh Marx Ausdruck, als er 1866 schrieb, die Gewerkschaften seien zu »Organisationszentren« für die Arbeiterklasse geworden, »wie es die mittelalterlichen Munizipalitäten und Gemeinden für das Bürgertum waren«.[10]

Aber schon zu dieser Zeit meinte Marx, die Gewerkschaften hätten »noch nicht völlig begriffen, welche Kraft sie im Kampf gegen das System der Lohnsklaverei selbst darstellen«. In eben diese Richtung müssten sie sich entwickeln:

Abgesehen von ihren ursprünglichen Zwecken müssen sie jetzt lernen, bewusst als organisierende Zentren der Arbeiterklasse zu handeln, im großen Interesse ihrer vollständigen Emanzipation. Sie müssen jede soziale und politische Bewegung unterstützen, die diese Richtung einschlägt. Wenn sie sich selbst als Vorkämpfer und Vertreter der ganzen Arbeiterklasse betrachten und danach handeln, muss es ihnen gelingen, die Außenstehenden in ihre Reihen zu ziehen. Sie müssen sich sorgfältig um die Interessen der am schlechtesten bezahlten Gewerbe kümmern, z.B. der Landarbeiter, die durch besonders ungünstige Umstände ohnmächtig sind. Sie müssen die ganze Welt zur Überzeugung bringen, dass ihre Bestrebungen, weit entfernt, begrenzte und selbstsüchtige zu sein, auf die Emanzipation der unterdrückten Millionen gerichtet sind.[11]

Marx versuchte, den Gewerkschaften eine sozialistische Orientierung zu geben. Er warnte die Arbeiterklasse, die Bedeutung der Kämpfe, die die Gewerkschaften führten, nicht zu überschätzen: »Sie sollte nicht vergessen, dass sie gegen Wirkungen kämpft, nicht aber gegen die Ursachen dieser Wirkungen; dass sie zwar die Abwärtsbewegung verlangsamt, nicht aber ihre Richtung ändert; dass sie Palliativmittel anwendet, die das Übel nicht kurieren.« Die Gewerkschaften sollten den Kampf gegen das System aufnehmen, das die Ursache für das Arbeiterelend war, und darum schlug Marx den Gewerkschaften vor, dass sie statt des konservativen Mottos »Ein gerechter Tagelohn für ein gerechtes Tagewerk!« die revolutionäre Losung »Nieder mit dem Lohnsystem!« auf ihr Banner schreiben sollten.[12]

Aber Marx’ Ratschläge hinterließen wenig Eindruck, und in den späten siebziger Jahren klangen die Bemerkungen von Marx und Engels zum Thema Gewerkschaften schon weitaus kritischer. Nun, da die bürgerlichen Ökonomen den Gewerkschaften immer aufgeschlossener begegneten, legten Marx und Engels großen Wert darauf, ihre frühere Unterstützung für sie zu relativieren. Sie grenzten sich von bürgerlichen Denkern wie Lujo Brentano ab, dessen Begeisterung für die Gewerkschaften sie auf seinen Wunsch zurückführten, dass er »den Lohnsklaven gern zum zufriednen Lohnsklaven machen möchte«.[13]

Bereits 1879 konnte man in Engels’ Schriften zum Thema Gewerkschaften einen unverkennbaren Ton des Widerwillens spüren. Er stellte fest, die »Trades Unions schließen sogar prinzipiell und statutenmäßig jede politische Aktion aus und damit die Teilnahme an jeder allgemeinen Tätigkeit der Arbeiterklasse als Klasse«. In einem Brief an Bernstein vom 17. Juni 1879 beschwerte sich Engels, dass die Gewerkschaften die Arbeiterklasse in eine Sackgasse geführt hätten:

Es darf nicht verschwiegen werden, dass in diesem Augenblick eine eigentliche Arbeiterbewegung, im kontinentalen Sinn, hier nicht besteht, und daher glaube ich nicht, dass Sie viel verlieren, wenn Sie vorläufig keine Berichte über das Treiben der hiesigen Trades Unions erhalten.[14]

In einem Artikel, in dem er sechs Jahre später das England von 1885 mit jenem von 1845 verglich, äußerte Engels unverhüllt seine Verachtung für die konservative Rolle der Gewerkschaften. Als eine Aristokratie innerhalb der Arbeiterklasse unterhielten sie die freundlichsten Beziehungen zu den Unternehmern, um für sich selbst ein warmes Plätzchen zu ergattern. Die Gewerkschafter, schrieb Engels mit schneidendem Sarkasmus, »sind in der Tat sehr nette, traktable Leute für jeden verständigen Kapitalisten im besonderen und für die Kapitalistenklasse im allgemeinen«.[15]

Doch die große Masse der Arbeiterklasse hätten die Gewerkschaften fast völlig übergangen. Für sie

steht das Niveau des Elends und der Existenzunsicherheit … heute ebenso niedrig, wenn nicht niedriger als je. Das Ostende von London ist ein stets sich ausdehnender Sumpf von stockendem Elend und Verzweiflung, von Hungersnot, wenn unbeschäftigt, von physischer und moralischer Erniedrigung, wenn beschäftigt.[16]

Als Ende der 1880er Jahre eine neue, kämpferische Gewerkschaftsbewegung unter den stärker ausgebeuteten Schichten der Arbeiterklasse entstand, fasste Engels neue Hoffnung. An dieser neuen Bewegung waren auch Sozialisten, darunter Eleanor Marx, aktiv beteiligt. Engels reagierte begeistert auf diese Entwicklungen und schrieb mit großer Befriedigung:

Diese neuen Trade-Unions ungelernter Arbeiter und Arbeiterinnen unterscheiden sich völlig von den alten Organisationen der Arbeiter­aristokratie und können nicht auf dieselben konservativen Wege geraten … Und sie sind unter ganz anderen Voraussetzungen organisiert – alle führenden Männer und Frauen sind Sozialisten und noch dazu sozialistische Agitatoren. In ihnen sehe ich hier den wirklichen Anfang der Bewegung.[17]

Aber es dauerte nicht lange, bis diese »neuen« Gewerkschaften dieselben konservativen Neigungen an den Tag legten wie die alten. Damit wurde früh die theoretische Ansicht bestätigt, die in unseren Augen für eine Analyse der Gewerkschaften von zentraler Bedeutung ist – dass das Wesen dieser Organisationen nicht durch die gesellschaftliche Stellung und den Status der besonderen Arbeiterschicht bestimmt wird, die in ihnen organisiert ist. Diese Faktoren beeinflussen bestenfalls gewisse zweitrangige Aspekte der Gewerkschaftspolitik; so treten einige Gewerkschaften deshalb vielleicht mehr oder weniger kämpferisch auf als andere. Geht man der Sache aber auf den Grund, dann wird die Orientierung des »Inhalts« der Gewerkschaften, nämlich ihrer Mitglieder aus der Arbeiterklasse, maßgeblich durch die gewerkschaftliche Form geprägt, die sich aus den gesellschaftlichen und den Produktionsverhältnissen des Kapitalismus mitsamt seinem nationalstaatlichen Rahmen herleitet und darin eingebettet ist.

Die deutsche Sozialdemokratie und die Gewerkschaften

Auf dem europäischen Kontinent, besonders in Deutschland, wurden aus diesen frühen Erfahrungen mit den Gewerkschaften theoretische Lehren gezogen. Die deutschen Sozialisten sahen in den englischen Gewerkschaften nicht Vorläufer des Sozialismus, sondern einen organisatorischen Ausdruck der politischen und ideologischen Vorherrschaft der Bourgeoisie über die Arbeiterklasse. Diese kritische Haltung leiteten sie nicht nur aus theoretischen Einsichten ab. Sie widerspiegelte auch ein ganz anderes Kräfteverhältnis zwischen der marxistischen Partei und den Gewerkschaften in der Arbeiterbewegung. In Deutschland war der Anstoß zur Entwicklung einer Massenbewegung der Arbeiter nicht von den Gewerkschaften, sondern von der Sozialdemokratischen Partei ausgegangen, der es zwischen 1878 und 1890, unter Bismarcks Sozialistengesetzen, gelungen war, zur anerkannten politischen Führung der Arbeiterklasse zu werden. Die sogenannten »freien« Gewerkschaften wurden auf Initiative der SPD gegründet. Im Wesentlichen sollten sie der sozialistischen Bewegung neue Mitglieder zuführen.

Der Einfluss der Gewerkschaften begann in den 1890er Jahren zu wachsen. Unterstützt wurden sie von der SPD, die ihnen den Führungskader und die politische Orientierung gab. Doch die fortdauernden Folgen der langen industriellen Depression setzten der Mitgliederzahl der Gewerkschaften Grenzen; noch 1893 betrug das Verhältnis zwischen der Zahl der sozialdemokratischen Wähler und der Gewerkschaftsmitglieder acht zu eins. Dennoch wurden in der SPD Befürchtungen laut, die Gewerkschaften könnten mit der Partei um den Einfluss in der Arbeiterklasse konkurrieren. Die Gewerkschaften bestritten ein solches Ansinnen energisch. Auf dem Kölner Parteitag von 1893 bezeichnete ihr Vorsitzender Carl Legien die Gewerkschaften als »Vorschule« und »bestes Agitationsmittel« für die Partei.

Doch mit dem Ende der Depression im Jahr 1895 begannen die deutschen Gewerkschaften schnell zu wachsen, und das veränderte Kräfteverhältnis verstärkte die Spannungen zwischen der Partei und den Gewerkschaften. Bis zum Jahr 1900 war die Mitgliederzahl der Gewerkschaften auf 600000 angewachsen. Vier Jahre später betrug sie eine Million. Je mehr das Verhältnis der SPD-Wähler zu den Gewerkschaftsmitgliedern abnahm, desto stärker erhöhte sich die Abhängigkeit der SPD von den Stimmen der Gewerkschafter.

Die Führer der Gewerkschaften gaben Bernstein anfangs zwar keine politische Unterstützung, als er das Banner des Revisionismus entfaltete, doch in der Partei war man sich weitgehend darüber im Klaren, dass seine Theorien zu einer Umorientierung der deutschen sozialistischen Bewegung nach englischem Muster führen mussten, bei der die reformistischen Gewerkschaften die revolutionäre politische Partei als Schwerpunkt der Arbeiterbewegung verdrängen würden.

In ihren Polemiken gegen Bernstein widmeten die wichtigsten Theoretiker der Sozialdemokratie seinem Versuch, die Gewerkschaften als unerlässliche Bastion der sozialistischen Bewegung darzustellen, große Aufmerksamkeit. Rosa Luxemburg spielte in dieser Auseinandersetzung die führende Rolle. Ihre wichtigste Schrift in dieser Hinsicht ist »Sozialreform oder Revolution«. Darin zerpflückt sie Bernsteins Behauptung, die Gewerkschaften wirkten den Ausbeutungsmechanismen des Kapitalismus effektiv entgegen und führten, wenn auch nur allmählich, zur Vergesellschaftung. Luxemburg betonte, dies sei schlicht nicht wahr: die Tätigkeit der Gewerkschaften führe nicht zur Abschaffung der Klassenausbeutung. Diese seien lediglich darum bemüht, dass das Proletariat im Rahmen der kapitalistischen Ausbeutung den besten Preis, d.h. Lohn, erhalte, den der Markt hergebe.

Was die Gewerkschaften bei Lohnerhöhungen erreichen konnten, fand seine Schranken in den Schwankungen des Markts und der allgemeinen Dynamik der kapitalistischen Expansion. Die kapitalistische Gesellschaft, warnte Luxemburg, gehe »nicht Zeiten einer siegreichen Machtentfaltung, sondern wachsenden Schwierigkeiten der gewerkschaftlichen Bewegung« entgegen.[18] Ungeachtet der zeitweiligen Errungenschaften der Gewerkschaften hätten sie sich, soweit ihre Arbeit in den vom Kapitalismus gesetzten Grenzen verblieb, einer »Sisyphusarbeit« verschrieben. Diese geflügelte Metapher, die eine vernichtend treffende und vorausschauende Bewertung der gewerkschaftlichen Tätigkeit gab, verziehen die Gewerkschaftsführer Rosa Luxemburg nie.

Luxemburg legte im Einzelnen dar, weshalb die Gewerkschaften bestenfalls in der Lage sind, die Ausbeutung der Arbeiterklasse im Kapitalismus zu lindern – und auch das nur vorübergehend. Ihre Analyse kann an dieser Stelle notgedrungen nur kurz zusammengefasst werden. Ein Aspekt ihrer Kritik am Bernsteinianertum verdient jedoch besondere Beachtung: Sie bestritt, dass die Tätigkeit der Gewerkschaften implizit sozialistisch sei oder notwendigerweise zum Sieg der sozialistischen Sache beitrage. Luxemburg leugnete nicht, dass die Gewerkschaften, sofern sie von Sozialisten geführt wurden, der revolutionären Bewegung wichtige Dienste leisten könnten. Ja, sie hoffte, durch ihre Kritik eben dazu beizutragen. (Ob dieses Ziel erreichbar war, ist eine andere Frage, auf die wir später eingehen werden.) Aber sie warnte vor jeglicher Illusion, dass die Gewerkschaftsbewegung von sich aus dem Sozialismus zuneige. Sie schrieb:

Gerade der englische Trade-Unionismus, als dessen klassischer Vertreter der satte, korrekte, engherzige, beschränkte, bürgerlich denkende und empfindende Arbeiter-Gentleman erscheint, beweist also, dass die gewerkschaftliche Bewegung an und für sich noch gar nichts Sozialistisches ist, ja dass sie unter Umständen ein direktes Hindernis für die Verbreitung des sozialistischen Bewusstseins sein kann, sowie auch umgekehrt das sozialistische Bewusstsein unter Umständen ein Hindernis für rein gewerkschaftliche Erfolge sein kann.[19]

Dieser Absatz ist bis heute eine schlagende Replik auf alle, die sich sklavisch an die Gewerkschaften und deren Bürokratien anpassen und die sich die Arbeiterbewegung in keiner anderen als einer gewerkschaftlichen Form vorstellen können. Wie dieser Absatz deutlich macht, gibt es keine organischen und unverbrüchlichen Bande zwischen der Gewerkschaftsbewegung und dem Sozialismus. Sie bewegen sich nicht gezwungenermaßen auf parallelen Geleisen auf dasselbe allgemeine Ziel zu. Die gewerkschaftliche Bewegung, die, wie Luxemburg sagt, »an und für sich noch gar nichts Sozialistisches« ist, unterhöhlt die Entwicklung von sozialistischem Bewusstsein. Und die politischen Grundsätze der Sozialisten, die ihre Tätigkeit auf die historischen Interessen der Arbeiterklasse gründen, stehen darüber hinaus den praktischen Zielen der Gewerkschaften entgegen.

In England entstanden die Gewerkschaften auf den Trümmern des Chartismus und unabhängig von der sozialistischen Bewegung. In Deutschland dagegen entstanden die Gewerkschaften direkt unter den Fittichen der sozialistischen Bewegung. Ihre Führer hatten die Lehren von Marx und Engels sorgfältig studiert. Und doch erwiesen sich die deutschen Gewerkschaften am Ende dem Sozialismus nicht geneigter als die englischen. Zur Jahrhundertwende, nachdem der Zustrom Hunderttausender neuer Mitglieder ihr Selbstvertrauen gesteigert hatte, äußerten die Gewerkschaften ihr Unbehagen über den politischen Einfluss der Partei und über ihre Unterordnung unter deren politische Ziele. Dieses Unbehagen schlug sich in einer neuen Plattform nieder: der Plattform der politischen Neutralität. Ein zunehmender Teil der Gewerkschaftsführer begann zu argumentieren, es gebe keinen Grund, weshalb ihre Organisationen den Kampagnen der SPD besondere Loyalität schulden sollten. Die Vorherrschaft der SPD, sagten sie, raube den Gewerkschaften die Möglichkeit, auch unter jenen Arbeitern Mitglieder zu werben, die sich nicht für sozialistische Politik interessierten oder sie ablehnten. Zu den führenden Vertretern dieser Strömung gehörte Otto Hue, der darauf bestand, dass die Gewerkschaften dem beruflichen Interesse (nicht dem Klasseninteresse) ihrer Mitglieder nur dienen könnten, wenn sie sich politisch neutral verhielten. »Wohin die gewerkschaftliche Neutralität die Arbeiter politisch führt, das kann und muss dem Gewerkschaftsführer gleichgültig sein!«, erklärte Hue.

Gewerkschaften und »Massenstreik«

Zwischen 1900 und 1905 wuchsen die Spannungen zwischen der Partei und den Gewerkschaften. In ihrer Eigenschaft als Delegierte auf den Parteitagen der SPD stimmten die Gewerkschaftsführer weiterhin im Sinne der sozialistischen Orthodoxie. Ihre innerliche Feindschaft gegen den Sozialismus als revolutionäre Bewegung war noch nicht so weit gediehen, dass sie bereit gewesen wären, die politische Festlegung der SPD auf den Kampf um die Staatsmacht offen anzugreifen. Dies änderte sich mit den Ereignissen, die 1905 sowohl innerhalb als auch außerhalb Deutschlands stattfanden.

Der Ausbruch der Revolution in Russland hinterließ in der deutschen Arbeiterklasse einen tiefen Eindruck. Mit gespanntem Interesse verfolgten die Arbeiter die detaillierte Berichterstattung über die revolutionären Kämpfe in der sozialistischen Presse. Parallel dazu und inspiriert von den russischen Ereignissen brach zudem eine erbitterte Streikwelle in Deutschland aus, besonders unter den Bergarbeitern des Ruhrgebiets. Trotz ihrer Kampfbereitschaft stießen die Streikenden auf harten Widerstand der Zechenbesitzer. Die Gewerkschaften waren über die unversöhnliche Haltung der Unternehmer schockiert und hatten keine wirksame Antwort darauf. Die Streiks wurden abgebrochen, was das Vertrauen der Arbeiter in die Wirksamkeit der traditionellen Gewerkschaftstaktik erschütterte.

In dieser neuen Situation argumentierte Luxemburg mit Unterstützung Kautskys, die Ereignisse in Russland seien für ganz Europa von großer Bedeutung. Sie hätten den deutschen Arbeitern die Macht einer neuen Form des Massenkampfes vor Augen geführt: des politischen Streiks. Die Idee des politischen Massenstreiks stieß in der Arbeiterklasse auf breite Unterstützung. Doch die Gewerkschaftsführer waren über Luxemburgs Argumente entsetzt: Wenn sich die Arbeiter nach Luxemburgs Theorien richten würden, dann würden die Gewerkschaften in »revolutionäre Abenteuer« verwickelt, die den Funktionären gänzlich fern lagen. Massenstreiks würden die Gewerkschaften riesige Summen kosten und ihre Bankkonten, den Stolz ihrer Führer, rasch leeren.

Um eine solche Katastrophe zu verhindern, entschlossen sich die Gewerkschaftsführer zu einem Präventivschlag gegen Luxemburg und die anderen Radikalen in der SPD. Auf dem Gewerkschaftskongress, der im Mai 1905 in Köln stattfand, wurde eine Sonderkommission gebildet, die eine Resolution zur Haltung der Gewerkschaften in der Frage des Massenstreiks ausarbeiten sollte. Der Sprecher dieses Ausschusses, Theodor Bömelburg, erklärte:

Um aber unsere Organisation aufzubauen, dazu brauchen wir in der Arbeiterbewegung Ruhe. In der deutschen Gewerkschaftsbewegung haben wir dafür zu sorgen, dass die Diskussion verschwindet und dass man die Lösung der Zukunft dem gegebenen Augenblick überlässt.[20]

Der Gewerkschaftskongress verabschiedete schließlich eine Resolution, die einer Kriegserklärung an den linken Flügel der SPD gleichkam. Sie brandmarkte die Idee des Generalstreiks als »undiskutabel« und warnte die Arbeiter davor, »sich durch die Verbreitung solcher Ideen von der täglichen Kleinarbeit zur Stärkung der Arbeiterorganisationen abhalten zu lassen«.[21]

Diese Rebellion der Gewerkschaftsführer gegen die Partei erschütterte die SPD zutiefst. Kautsky erklärte, der Kongress habe das Ausmaß der Entfremdung der Gewerkschaften von der Partei ans Tageslicht gebracht, und meinte: »Es bildet eine seltsame Ironie des Schicksals, dass auf dem Gewerkschaftskongress das Bedürfnis der Gewerkschaften nach Ruhe in einem Jahr proklamiert wird, das revolutionärer ist als irgendeines seit einem Menschenalter.« Für Kautsky lag auf der Hand, dass »die Gewerkschafter anfangen, mehr Gewicht auf die Fülle der Kassen als auf die moralische Qualität der Massen zu legen«.

Der Hass der Gewerkschaftsführer auf den linken Flügel der SPD nahm krankhafte Formen an. Besonders Rosa Luxemburg war unaufhörlich giftigen Verleumdungen ausgesetzt. Otto Hue, der Herausgeber der Zeitschrift der Bergarbeitergewerkschaft, riet allen, die »ein solches Übermaß von ›revolutionärer‹ Energie« bieten, nach Russland zu gehen, »statt aus der Sommerfrische Generalstreikdiskussionen zu betreiben«.[22] Selbst als Luxemburg aufgrund ihrer revolutionären Tätigkeit in Polen im Gefängnis saß, verschärften sich die Angriffe auf sie. Angewidert von den gemeinen persönlichen Attacken auf Luxemburg, mit der er damals noch befreundet und verbündet war, verwahrte sich Kautsky gegen die Hetzjagd auf eine Vorkämpferin »des proletarischen Klassenkampfes«. Nicht Luxemburg, schrieb er, gefährde die Beziehungen zwischen der Partei und den Gewerkschaften, sondern »der bornierte Hass dieser Elemente gegen jede Form der Arbeiterbewegung, die sich ein höheres Ziel setzt als fünf Pfennig mehr Stundenlohn …«[23]

Eine Zeitlang setzte sich die SPD-Führung gegen die Gewerkschaftsfunktionäre zur Wehr, wenn auch so vorsichtig wie möglich. Auf dem Parteitag in Jena im September 1905 brachte Bebel eine sorgfältig formulierte Resolution ein, die den Wert des Massenstreiks teilweise anerkannte – aber nur als Defensivwaffe. Im Gegenzug fanden sich die Gewerkschaften mit Bebels Formulierung ab, aber nur kurzfristig. Auf dem Parteikongress in Mannheim im September 1906 forderten und erreichten die Gewerkschaftsführer von der SPD die Verabschiedung einer Resolution, die das Prinzip der »Gleichberechtigung« zwischen den Gewerkschaften und der Partei festschrieb. Das bedeutete, dass die Partei zu allen Fragen, die die Gewerkschaften direkt betrafen, eine für diese annehmbare Position ausarbeiten musste. Gegen heftigen Widerstand würgten die Parteiführer in enger Zusammenarbeit mit den Gewerkschaftsvertretern die Diskussion in bürokratischer Weise ab und peitschten die Resolution durch.

Von diesem Moment an wurde die SPD praktisch von der Generalkommission der Gewerkschaften beherrscht. Die Beziehung der Gewerkschaften zur Partei entsprach, wie Luxemburg bemerkte, jenem bäuerlichen Ehevertrag, wo die Frau dem Manne vorschlug: »Wenn wir in einer Frage einverstanden sind, so soll dein Wille geschehen; wenn wir auseinander gehen, soll nach meinem Sinne gehandelt werden.«[24]

In ihren Auseinandersetzungen mit Luxemburg und den revolutionären Kräften in der SPD behaupteten die Gewerkschaftsfunktionäre gern, dass sie weitaus besser als die revolutionären Theoretiker wüssten, was der Durchschnittsarbeiter wolle. In ihrer Voreingenommenheit für Abstraktionen und utopische Visionen hätten Luxemburg und ihresgleichen keine wirklich praktischen Antworten auf die Probleme der Arbeiter in den Zechen und Fabrikhallen. Es sei ja schön, wenn die Theoretiker von kommenden revolutionären Erschütterungen und dem dann folgenden sozialistischen Utopia träumten, aber im Hier und Jetzt liege den Arbeitern viel mehr an ein paar zusätzlichen Mark in der Lohntüte.

Es mag sein, dass die Argumente der Gewerkschaftsführer in den Jahren, in denen die Debatte über den Massenstreik begann, die Haltung beträchtlicher Teile der Arbeiterklasse widerspiegelten. Möglicherweise hätten, wäre die Angelegenheit 1905 oder 1906 zur Abstimmung gestellt worden, tatsächlich mehr Arbeiter für den Standpunkt Legiens als für den Luxemburgs gestimmt. Wenn man die Haltung der Arbeiter zur Auseinandersetzung zwischen den Marxisten und den reformistischen Gewerkschaftsspitzen betrachtet, muss man sich jedoch über eines klar sein: Die Gewerkschaften waren sozusagen institutionell und konstitutionell auf eine Politik festgelegt, die auf der organischen Abhängigkeit der Gewerkschaften von den kapitalistischen Produktionsverhältnissen und vom nationalstaatlichen Rahmen beruhte. Die Arbeiterklasse war als revolutionäre gesellschaftliche Kraft nicht in gleicher Weise auf das Programm der allmählichen reformistischen Anpassung festgelegt.

Die Entfaltung der inneren Widersprüche des kapitalistischen Systems zersetzte das Gewebe des sozialen Kompromisses in Deutschland. Mit der Verschärfung der Spannungen zwischen den Klassen entwickelten die Arbeiter eine aggressivere und feindlichere Haltung gegenüber den Arbeitgebern und dem Staat. In den Jahren 1910–1911 gab es deutliche Anzeichen, dass Luxemburgs Argumente mittlerweile unter breiteren Schichten der Arbeiterklasse Unterstützung fanden. Insbesondere im Gefolge der Streiks von 1912–1913, die am erbitterten Widerstand der Unternehmer scheiterten, nahm die Unzufriedenheit der Arbeiter mit den offiziellen Gewerkschaften merklich zu.

Der Ausbruch des Weltkriegs im August 1914 unterbrach den Radikalisierungsprozess vorübergehend. Doch schon 1915–1916 durchbrach der soziale Unmut der Arbeiter, verschärft durch den Krieg, die von den offiziellen Gewerkschaften errichteten Dämme. Die endgültige Antwort auf die alten bürokratischen Argumente gegen den politischen Massenstreik gab schließlich im Oktober-November 1918 der Ausbruch der deutschen Revolution. Der revolutionäre Charakter der Massenbewegung schlug sich, wie von Luxemburg theoretisch und in der Russischen Revolution praktisch vorweggenommen, in neuen Organisationsformen nieder, den revolutionären Obleuten und insbesondere den Arbeiterräten, die aus der Opposition gegen die offiziellen Gewerkschaften hervorgegangen waren.

Die Erfahrungen der deutschen und der englischen Arbeiterklasse sind die größte historische Prüfung der Gewerkschaftsbewegung. Hätten wir genügend Zeit, könnten wir unsere Analyse des Konflikts zwischen Sozialismus und Gewerkschaftertum noch mit unzähligen weiteren Beispielen aus zahlreichen Ländern und sämtlichen Jahrzehnten bis in unsere Tage ergänzen und untermauern.

Die Notwendigkeit von sozialistischem Bewusstsein

Die Aufgabe dieses Vortrags besteht nicht darin, so viele Beispiele wie möglich für den Verrat der Gewerkschaften anzuführen, sondern die Notwendigkeit von sozialistischem Bewusstsein und seiner Entwicklung in der Arbeiterklasse zu begründen. Darin liegt die Bedeutung der revolutionären marxistischen Partei. Selbst wenn es zu einer Wiedergeburt spontaner syndikalistischer Militanz kommen sollte – und eine solche Entwicklung wäre undenkbar ohne explosive Aufstände der Basis gegen die alten bürokratischen Organisationen –, wäre die weitere, revolutionäre Entwicklung einer solch vielversprechenden Bewegung von der unabhängigen Tätigkeit der marxistischen Partei und ihrem Kampf abhängig, sozialistisches Bewusstsein in die Arbeiterklasse zu tragen.

Alle, die die Autorität der Gewerkschaften für unantastbar erklären, lehnen gleichzeitig den Kampf für Marxismus in der Arbeiterklasse ab. So verurteilt Cliff Slaughter die Marxisten (d.h. das Internationale Komitee), »die daran festhalten, sie hätten die Aufgabe, in den spontan entstehenden Kämpfen der Arbeiterklasse ›das Bewusstsein zu heben‹, ›politisch einzugreifen‹ und sie zu ›politisieren‹«.[25]

Diese Aussage bestätigt, dass Slaughter dem Marxismus den Rücken gekehrt und sich dem kleinbürgerlichen Anarchismus zugewandt hat. Wir nähern uns dem Ende eines Jahrhunderts, das furchtbare historische Tragödien erlebt hat. Es lässt sich gar nicht ermessen, mit wie viel Blut die Menschheit das Scheitern und den Verrat der zahlreichen revolutionären Kämpfe dieses Jahrhunderts bezahlt hat. Die politischen Folgen verratener Revolutionen haben Hunderte Millionen Opfer gefordert. In diesem Jahrzehnt haben wir erlebt, wohin die Desorientierung der Arbeiterklasse in der ehemaligen Sowjetunion geführt hat. Und inmitten dieser allgegenwärtigen politischen Desorientierung prangert Slaughter jene an, die sich bemühen, mithilfe der sozialistischen Wissenschaft Klarheit zu schaffen.

Die Verherrlichung ihrer Spontaneität – d.h. des vorherrschenden Bewusstseinsniveaus und der gegebenen Organisationsformen – erweist der Arbeiterklasse keinen Dienst. Im Falle Slaughters und ähnlicher Ex-Marxisten dienen solche Bekenntnisse zur Spontaneität ohnehin nur als Deckmantel für ihre eigene Zusammenarbeit mit den Partei- und Gewerkschaftsbürokratien. Wir halten daran fest, dass die Zukunft der Arbeiterklasse von der Stärke unseres politischen Eingreifens und vom Erfolg unserer Bemühungen um eine Hebung ihres Bewusstseins abhängt, und sehen keinen Grund, uns dafür zu entschuldigen.

Wir stehen auf dem Fundament, das die großen Gründer und Vertreter des wissenschaftlichen Sozialismus gelegt haben. Wir lehnen Slaughters Aussage ab. Sie weist die elementaren Grundsätze zurück, die seit den Anfangstagen der marxistischen Bewegung deren Daseinsberechtigung bildeten. Das Proletariat ist das aktive historische Subjekt des sozialistischen Projekts. Aber der Sozialismus entwickelte sich nicht direkt aus der Arbeiterklasse heraus und konnte es auch nicht. Er hat seine eigene geistige Entwicklungsgeschichte. Marx hat niemals behauptet, seine Auffassung über die historischen Aufgaben der Arbeiterklasse stimme mit der allgemeinen »öffentlichen Meinung« überein, die eine breite Mehrheit von Arbeitern zu einem gegebenen Entwicklungszeitpunkt vielleicht vertrat. Die Vorstellung, Marx habe sein ganzes Leben der Ausarbeitung von Ideen gewidmet, die lediglich wiedergaben, was der Durchschnittsarbeiter ohnehin dachte, ist absurd.

Wenn die spontane Entwicklung des Klassenkampfs sozialistisches Bewusstsein hervorbringen würde, hätte es keinen Grund für diese internationale Schulung gegeben. Wozu bräuchte man Vorträge über Geschichte, Philosophie, politische Ökonomie, revolutionäre Strategie und Kultur, wenn sich die Arbeiterklasse mit ihren bestehenden Massenorganisationen und ihrem gegebenen politischen und historischen Bewusstseinsstand automatisch auf die Höhe der Aufgaben erheben könnte, die ihr von der Weltkrise des Kapitalismus gestellt werden?

Werfen wir einen Blick auf den politischen Hintergrund, vor dem diese Schulung stattfindet. Die Volkswirtschaften Südostasiens befinden sich im Aufruhr. Beinahe über Nacht ist die Existenz Hunderter Millionen Menschen in Gefahr geraten. In Indonesien ist vorgestern der Wert der Landeswährung um 22 Prozent gefallen. Im Verlauf von sechs Monaten hat die indonesische Rupie beinahe achtzig Prozent ihres Werts eingebüßt. Der Internationale Währungsfond (IWF) fordert ein brutales Kürzungs­regime, was den Ausbruch massiver sozialer Kämpfe unvermeidlich macht.

Doch hängt der Ausgang solcher Kämpfe nicht davon ab, dass die indonesische Arbeiterklasse die Lehren aus ihrer eigenen Geschichte zieht, einem weiteren alptraumartigen Kapitel der Geschichte des 20. Jahrhunderts? Ist es nicht nötig, mit den indonesischen Arbeitern, Studenten und Intellektuellen die Ereignisse von 1965–1966 zu studieren – als sich die weltweit größte Kommunistische Partei außerhalb der UdSSR und Chinas mit mehr als einer Million Mitgliedern gegenüber Suhartos Staatsstreich als ohnmächtig erwies? Mehr als eine halbe Million Menschen wurden damals von der Konterrevolution abgeschlachtet. Die Leichen der Ermordeten verstopften die Flüsse von Sumatra und Bali. Die Hinrichtung der Gefangenen, die nach Suhartos Staatsstreich verhaftet worden waren, zog sich bis in die neunziger Jahre hin. Doch wie viele Fragen und Probleme bleiben unbeantwortet und ungeklärt! Die strategischen Lehren aus dieser Periode bilden die Grundlage für die historische Vergeltung der indonesischen Arbeiter für die Verbrechen, die die indonesische Bourgeoisie mit Unterstützung des amerikanischen und auch des australischen Imperialismus begangen hat.

Es geht hier nicht nur um ein indonesisches Problem, sondern um eine welthistorische Aufgabe. Wir betonen deshalb am Ende dieser Schulung, was wir zu ihrem Beginn gesagt haben: Die Zukunft der Menschheit im 21. Jahrhundert hängt davon ab, dass sie sich die Lehren aus den strategischen historischen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts aneignet. Müsste ich in wenigen Worten die wichtigste Schlussfolgerung zusammenfassen, zu der wir am Ende unseres Rückblicks auf dieses bewegte Jahrhundert gelangt sind, dann lautet sie: Das Schicksal der Menschheit ist unauflöslich mit dem Kampf für sozialistisches Bewusstsein und sozialistische Kultur in der internationalen Arbeiterklasse verknüpft. Dieser Kampf findet seinen politischen Ausdruck im Aufbau der Weltpartei der sozialistischen Revolution.


[1]

Peter Taaffe, »Trade Unions in the Epoch of Neo-Liberalism«, in: Socialism Today (aus dem Englischen).

[2]

Ebd.

[3]

Ebd.

[4]

Workers International Press, Nr. 1, Februar 1997, S. 21 (aus dem Englischen).

[5]

Karl Marx, »Das Kapital«, in: MEW, Bd. 23, S. 86.

[6]

Zitiert in: Theodore Rothstein, Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung in England, Wien/Berlin 1929, S. 232.

[7]

Ebd., S. 248f.

[8]

Ebd., S. 251.

[9]

Ebd., S. 358.

[10]

Karl Marx, »Instruktionen für die Delegierten des Zentralrats«, in: MEW, Bd. 16, S. 197.

[11]

Ebd., S. 197f.

[12]

Karl Marx, »Lohn, Preis, Profit«, in: MEW, Bd. 16, S. 152.

[13]

Friedrich Engels, »In Sachen Brentano contra Marx wegen angeblicher Zitatsfälschung«, in: MEW, Bd. 22, S. 96.

[14]

»Engels an Eduard Bernstein, 17. Juni 1879«, in: MEW, Bd. 34, S. 378.

[15]

Friedrich Engels, »England 1845 und 1885«, in: MEW, Bd. 21, S. 194.

[16]

Ebd., S. 195

[17]

»Engels an Laura Lafargue, 17. Oktober 1889«, in: MEW, Bd. 37, S. 288.

[18]

Rosa Luxemburg, »Sozialreform oder Revolution«, in: Gesammelte Werke, Bd. 1.1, Berlin 1990, S. 391.

[19]

Rosa Luxemburg, »Die englische Brille«, ebd., Bd. 1.1, S. 481.

[20]

Carl E. Schorske, Die große Spaltung: Die deutsche Sozialdemokratie 1905–1917, Berlin 1981, S. 64.

[21]

Ebd.

[22]

Ebd., S. 66.

[23]

Karl Kautsky, »Genossin Luxemburg über die Gewerkschaften«, Vorwärts, Nr. 89, 18.4.1906, in: Leo Stern (Hrsg.), Die Russische Revolution von 1905–1907 im Spiegel der deutschen Presse, Berlin 1961, S. 1549.

[24]

Rosa Luxemburg, »Rede zum Verhältnis von Partei und Gewerkschaft«, ebd., Bd. 2, S. 174.

[25]

Cliff Slaughter, »Review of Istvan Mezsaros’ ›Beyond Capital‹«, Workers International Press, No. 3, London, Juni 1997 (aus dem Englischen). Cliff Slaughter, ein ehemaliger Führer der britischen Workers Revolutionary Party, brach 1986 mit dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale.