Britischer Außenminister gibt grünes Licht für ukrainische Angriffe auf Russland mit britischen Raketen

Der britische Außenminister David Cameron erklärte am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, die Ukraine dürfe die vom Vereinigten Königreich gelieferten Langstreckenraketen für Angriffe auf russisches Territorium benutzen. Diese Verlautbarung zeugt von einer bedeutenden Eskalation des Nato-Stellvertreterkriegs gegen Russland.

Nach Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Außenminister Dmytro Kuleba erklärte Cameron gegenüber Journalisten in Kiew hinsichtlich der vom Vereinigten Königreich gelieferten militärischen Ausrüstung: „Unserer Ansicht nach ist es die Entscheidung der Ukrainer, wie sie diese Waffen einsetzen, sie verteidigen ihr Land. Sie wurden von Putin rechtswidrig überfallen und müssen diese Schritte unternehmen.“

Außenminister David Cameron auf dem Kiewer Michaelplatz während seines Besuchs in der Ukraine am 3. Mai 2024 [Photo by British Embassy Kyiv/Flickr / CC BY-NC-ND 4.0]

„Wir diskutieren nicht über Vorbehalte, die wir an diese Dinge knüpfen. Wir sollten da absolut klar sein, Russland hat die Ukraine angegriffen und die Ukraine hat absolut das Recht, gegen Russland zurückzuschlagen.“

Auf die Frage, ob dies auch den Einsatz von britischen Waffen für Angriffe auf Russland umfasst, antwortete Cameron: „Die Entscheidung liegt bei der Ukraine, und sie hat dieses Recht.

So wie Russland Angriffe im Inneren der Ukraine durchführt, kann man durchaus verstehen, warum die Ukraine das Bedürfnis hat, dafür zu sorgen, dass sie sich verteidigt, die Russen aus ihrem Land vertreibt und die Fähigkeit zu Gegenangriffen hat.“

Die Washington Post schrieb dazu später: „Die Äußerungen signalisierten eine scharfe Kehrtwende in der britischen Position. Bisher hatte das Land nicht erlaubt, dass Russland mit Waffen aus dem Vereinigten Königreich angegriffen wird.“

Weiter schrieb die Zeitung, die westlichen Verbündeten „haben den ukrainischen Streitkräften bisher verboten, vom Westen gelieferte Waffen für Angriffe auf Ziele in Russland zu benutzen. Sie befürchteten eine Eskalation, und dass sie möglicherweise weiter in den Konflikt hineingezogen würden.“

Zu den Waffen, die das Vereinigte Königreich der Ukraine geliefert hat, gehören auch Marschflugkörper des Typs Storm Shadow, die eine Reichweite von über 250 Kilometern haben. Damit kann die Ukraine eine Vielzahl von Zielen auf russischem Gebiet angreifen. Es ist bekannt, dass die Raketen bereits im letzten September für einen Großangriff auf den Hafen von Sewastopol auf der von Russland 2014 annektierten Halbinsel Krim benutzt wurden.

Als der damalige Verteidigungsminister Ben Wallace im letzten Mai die Lieferung von Storm Shadows ankündigte, betonte er, sie würden nur „innerhalb des souveränen Staatsgebiets der Ukraine“ zum Einsatz kommen. Damit ließ er zwar Angriffe auf Ziele auf der Krim offen –deren Kontrolle durch Russland von der Ukraine und ihren Verbündeten nicht anerkannt wird –, schloss aber Angriffe auf Ziele in der Russischen Föderation aus.

Diese Einschränkung wurde jetzt aufgehoben. Die Konsequenzen sind so weitreichend, dass sich Vertreter der britischen Regierung und Reuters-Mitarbeiter offenbar zweimal überlegt haben, ob sie die Erklärung veröffentlichen sollen. Die Nachrichtenagentur zog ihren Artikel kurz nach der Veröffentlichung zurück und teilte mit: „Eine Reuters-Meldung, laut welcher der britische Außenminister David Cameron der Ukraine Hilfe versprochen hat, wurde bis zur Klärung bestimmter Details zurückgezogen. Eine korrigierte Version des Artikels wird zu gegebener Zeit erscheinen.“

Allerdings hatten bereits andere Organisationen ausführlich über die Einzelheiten berichtet, und der Artikel wurde ohne Änderungen erneut veröffentlicht.

Camerons Ankündigung ist nur das jüngste Beispiel einer Liste von zuvor geleugneten, aber später zugegebenen Ebenen der Nato-Beteiligung am Ukraine-Krieg. Dazu gehören die Lieferung von Langstreckenraketen und Artillerie sowie von schweren Panzern und F-16-Kampfflugzeugen.

Die folgenschwerste Erklärung kam im Februar vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron mit seinem Vorschlag, Nato-Truppen direkt im Krieg gegen Russland einzusetzen. In einem Interview mit dem Economist sprach er dieses Thema am Donnerstag erneut an und erklärte: „Ich schließe nichts aus... wenn Russland beschließt, weiter zu gehen, werden wir uns alle diese Frage auf jeden Fall stellen müssen.“

Welche Bedeutung Russland Macrons und Camerons Äußerungen beimisst, machte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bei einer Pressekonferenz deutlich. Er erklärte, dass ihre Äußerungen „potenziell eine Gefahr für die europäische Sicherheit, für die gesamte europäische Sicherheitsarchitektur darstellen... Wir sehen bei den offiziellen Erklärungen eine gefährliche Tendenz zur Eskalation. Das gibt uns Anlass zur Sorge.“

Es werden immer mehr Ressourcen für den De-facto-Krieg der Nato gegen Russland bereitgestellt. Camerons Äußerungen fielen im Rahmen eines Besuchs, bei dem das Vereinigte Königreich stolz ankündigte, dass es der Ukraine jedes Jahr mindestens 3,5 Milliarden Euro Militärhilfe zusagt. Der Außenminister erklärte vor der Presse: „Die Ukraine verteidigt sich erbittert gegen Russlands illegale Invasion. Der Krieg, von dem Putin annahm, er werde wenige Tage dauern, zieht sich seit Jahren hin. Aber dieser Krieg ist die Herausforderung für unsere Generation, und die Ukraine kann ihn nicht alleine führen.

Wir alle müssen dafür sorgen, dass die Ukraine das hat, was sie für den Sieg braucht. Mit unserer mehrjährigen Finanzierung des Militärs, Waffenlieferungen und lebenswichtigen Unterstützung beim Schutz und der Reparatur der ukrainischen Energieinfrastruktur steht das Vereinigte Königreich an der Seite der Ukraine und wird solange an ihrer Seite stehen, wie es nötig ist.“

Diese Äußerung kommt der Zusage gleich, auf unbefristete Zeit den Reichtum, der aus der Arbeiterklasse herausgepresst wird, zu benutzen, um das endlose Gemetzel zu finanzieren. Dabei werden die ukrainischen Arbeiter als Kanonenfutter benutzt, um ein überdehntes russisches Regime zum Zusammenbruch zu bringen und so einen Regimewechsel herbeizuführen.

Die Zusage von 3,5 Milliarden Euro pro Jahr wurde letzte Woche von Premierminister Rishi Sunak zeitgleich mit einem Hilfspaket im Wert von 580 Millionen Euro verkündet. Die Downing Street erklärte dazu, das Geld werde für die „schnelle Lieferung dringend benötigter Munition, Luftabwehrwaffen, Drohnen und technischer Unterstützung“ verwendet. Dies wurde kombiniert mit der bisher größten britischen Lieferung von Kriegsgerät, unter anderem:

• 60 Boote, darunter Offshore-Angriffsboote, starre Angriffsboote und Tauchboote sowie Seegeschütze.

• Mehr als 1.600 Angriffs- und Luftabwehrraketen sowie zusätzliche präzisionsgelenkte Langstreckenraketen des Typs Storm Shadow.

• Mehr als 400 Fahrzeuge, darunter 160 geschützte Patrouillenfahrzeuge des Typs Husky, 162 Panzerfahrzeuge und 78 Geländefahrzeuge

• Fast vier Millionen Schuss Handfeuerwaffen-Munition

London will durch die weitere Eskalation des Kriegs in der Ukraine seinen Platz als zweitgrößter Unterstützer der Ukraine nach den USA behaupten.

Dies machte Sunak letzte Woche unmissverständlich deutlich: „Das Vereinigte Königreich wird immer an vorderster Stelle seinen Beitrag zur europäischen Sicherheit leisten.“ Sein Verteidigungsminister Grant Shapps erklärte: „Das Vereinigte Königreich hat als erstes NLAW-Panzerabwehrraketen geliefert, als erstes Land moderne Panzer und als erstes Land Langstreckenraketen geschickt. Jetzt gehen wir sogar noch weiter.“

Sämtliche imperialistischen Mächte stehen jedoch hinter dem Stellvertreterkrieg gegen Russland und der dafür notwendigen Erhöhung der Militärausgaben und der Rüstungsproduktion. Camerons Ankündigung ist der jüngste Schritt einer gemeinsamen Offensive der Nato-Mächte, die immer weiter in Richtung eines direkten Zusammenstoßes zwischen atomar bewaffneten Mächten eskaliert.

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