Amerikanisch-israelisches Kriegsziel ist die Vernichtung des Libanon

Das scharf eskalierende Vorgehen gegen den Libanon hat zu genüge klar gemacht, dass das Ziel dieses amerikanisch-israelischen Angriffskriegs darin besteht, den Libanon als unabhängiges und souveränes Land zu zerstören.

Der Krieg zielt darauf, das Land in ein besetztes Territorium zu verwandeln, das von den Vereinigten Staaten und Israel kontrolliert wird - eventuell mit Hilfe einer "Friedenstruppe" der NATO. Die Zerstörung des Libanon wird ziemlich offen und mit klarer Absicht durchgeführt. Für Israel geht es um die Annektierung weiterer Gebiete. Und Washington bereitet sich damit auf neue und noch blutigere Kriege vor, die sich zunächst gegen Syrien und den Iran richten werden.

Die Behauptung, dieser Krieg werde geführt, um Israel gegen den Terrorismus zu verteidigen oder auch die schiitische Hisbollah-Bewegung zu zerstören, wird durch die Tatsache widerlegt, dass die israelischen Bomben nun auf Ziele niedergehen, die weit von den schiitischen Zentren im Südlibanon und den südlichen Stadtteilen Beiruts entfernt sind.

Bei einer der schlimmsten Gräueltaten seit Kriegsbeginn tötete ein israelischer Luftangriff 33 Landarbeiter, die in Stücke gerissen wurden, als sie im Bekaa-Tal, nahe der syrischen Grenze Pflaumen und Pfirsiche auf Lastwagen luden. Mindestens weitere 20 Menschen wurden bei dem Angriff verletzt. Die meisten Opfer waren syrische Kurden. Sie wurden über die Grenze in syrische Krankenhäuser gebracht, da durch vorausgegangene Bombardements die Straßen unpassierbar sind und libanesische Krankenhäuser nicht mehr zu erreichen waren.

Dieses Massaker an Landarbeitern erfolgte nach Luftangriffen, bei denen systematisch die Brücken der Hauptküstenstraße zerstört wurden, die Beirut und den Südlibanon mit der nördlichen Hälfte des Landes verbindet. Diese ersten Angriffe auf den vorwiegend von Christen bewohnten Norden teilten das Land entzwei und schnitten die letzte Route ab, auf der noch Hilfsgüter von außerhalb in den Libanon gebracht werden konnten. Mindestens fünf Menschen starben bei diesen Bombardements, die zur morgendlichen Hauptverkehrszeit stattfanden. Unter den Opfern waren Autofahrer, die zusammen mit den Brücken in die Luft gejagt wurden.

Aus dem Südlibanon nahe der israelischen Grenze traf am Freitag eine weitere Schreckensmeldung ein, dass israelische Kampfflugzeuge zwei Häuser zerstörten, in denen offenbar Zivilisten vor der Militäroffensive Schutz gesucht hatten. Nach libanesischen Angaben waren etwa 57 Menschen unter den Trümmern der Gebäude verschüttet, wobei zunächst unbekannt bleib, wie viele ihr Leben gelassen und wie viele überlebt hatten.

Unterdessen nahmen israelische Flugzeuge die Bombardierung der dicht besiedelten Stadtteile im Süden von Beirut wieder auf und zerstörten dabei Wohnblöcke, Straßen und andere Infrastruktur. Die israelische Luftwaffe warf Flugblätter ab, auf denen alle Bewohner dieser Viertel aufgefordert wurden, um ihr Leben zu rennen.

Nach beinahe vier Wochen israelischer Angriffe erklärte der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora in einer Rede, die auf einer außerordentlichen Sitzung von der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) in Malaysia übertragen wurde, dass im Libanon bislang 900 Zivilisten getötet und 3.000 verwundet wurden und sich mehr als eine Million Menschen, das ist ein Viertel der libanesischen Bevölkerung, auf der Flucht befinden. Ein Drittel der Toten, sagte er, seien Kinder unter 12 Jahren.

Das israelische Bestreben, den Libanon vom Rest der Welt abzuschneiden und einzelne Teile des Landes voneinander abzurennen, droht eine humanitäre Katastrophe auszulösen, die mehr Todesopfer fordern könnte als die Bomben und Granaten, die auf die libanesische Zivilbevölkerung niedergehen.

Israel hat seit Mitte Juli eine umfassende Luft- und Seeblockade gegen den Libanon durchgesetzt. Infolgedessen gehen die Treibstoffvorräte zu Neige und drohen, das Land in Dunkelheit versinken zu lassen. Öltanker wurden von israelischen Kriegsschiffen zum Abdrehen gezwungen. Eine unmittelbare katastrophale Folge ist, dass große Krankenhäuser - selbst solche, die während des Bürgerkriegs in den 1970-er Jahren geöffnet blieben - schließen müssen, weil es an Treibstoff und Medizin fehlt und das Personal nicht länger zur Arbeit kommen kann. Mediziner und Krankenhausangestellte warnen davor, dass die Blockade gefährdeten Patienten das Leben kosten kann.

In ganz Beirut wie im Rest des Landes kommt es nun regelmäßig zu Stromausfällen, wobei einige Gebiete nur noch an zwei Stunden pro Tag mit Elektrizität versorgt werden können. Gleichzeitig werden auch die Lebensmittel in den Läden knapp.

Der libanesische Präsident Emile Lahud gab eine Stellungnahme ab, in der er Israel vorwirft, die libanesische Bevölkerung "aushungern" zu wollen. "Es handelt sich um eine Aggression, die die von Israel erklärten Ziele längst überschritten hat. Israel hat nun beschlossen, den Libanon zu zerstören", sagte er.

Das Bombardement von Freitag und die Zerstörung von zentralen Brücken, die den Norden und Süden des Landes miteinander verbinden, beschleunigen dieses Werk der Zerstörung, indem die letzte Route für die Lieferung von Hilfsgütern ins Land vernichtet wurde.

Die absichtliche Sabotage jeglicher Versuche, das Leiden der libanesischen Bevölkerung zu lindern, könnte sich als katastrophal erweisen. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) warnte, dass die Verseuchung des Trinkwassers durch die Zerstörung von Infrastruktur und die ausbleibenden Treibstofflieferungen insbesondere den Südlibanon und seine vertriebene Bevölkerung mit dem Ausbruch tödlicher Seuchen bedrohe.

Lahuds Stellungnahme ist nicht nur eine emotionale Verurteilung der wüsten israelischen Angriffe auf den Libanon sondern vielmehr eine treffende Einschätzung der tatsächlichen Ziele dieses Krieges.

Die Bush-Regierung in Washington und die Regierung von Ministerpräsident Ehud Olmert in Israel haben einen Krieg begonnen, dessen Ziel darin besteht, den Libanon als Land zu zerschlagen. Dabei greifen sie auf massiven Terror zurück, um ganze Bevölkerungsgruppen zu vertreiben und die Nation als Ganze auf den Status eines halbkolonialen Protektorats zu reduzieren, das gänzlich den Interessen der Vereinigten Staaten und des zionistischen Regimes untergeordnet ist.

Annektion und "Regimewechsel"

Die Kriegsziele zeigen sich an den barbarischen Methoden, die gegen die Bevölkerung des Libanons zum Einsatz kommen. Was Israel betrifft, so scheint das Ziel darin zu bestehen, einen bedeutenden Teil des libanesischen Territoriums zu annektieren, das zuvor durch Massaker und Terror entvölkert worden ist. Der israelische Verteidigungsminister Amir Peretz hat das Militär angehalten, sich auf einen Vorstoß bis zu Fluss Litani vorzubereiten, der rund 25km nördlich der Grenze fließt. Die Kontrolle über diesen Fluss war bereits vor der Gründung des Staates Israel ein strategisches Ziel der Zionisten.

Die Erfahrungen der letzten 40 Jahre haben gezeigt, dass Israel ein Staat ohne feste Grenzen ist. Mit jedem neuen Krieg dehnt Israel seine Kontrolle über neue Gebiete aus, um angeblich die eigene Sicherheit zu stärken. Im Libanon entspricht die israelische Politik dem, was in Hitlers Dritten Reich als Eroberung von "Lebensraum" galt - dem Töten oder der Vertreibung von Bevölkerungsgruppen, die als minderwertig betrachtet werden, um danach ihr Land neu zu besiedeln.

Für Washington hat die israelische Offensive noch eine weitaus größere Bedeutung. Die Zerstörung des Libanon wird als Schritt gesehen, um neue Angriffskriege zu beginnen, die "Regimewechsel" in Syrien und im Iran durchsetzen sollen. Die bedingungslose Unterstützung der Vereinigten Staaten für Israels verbrecherischen Krieg gegen die libanesische Bevölkerung ergibt sich im Grunde aus dem strategischen Ziel des US-Imperialismus, eine unangefochtene amerikanische Beherrschung des Nahen Ostens und seines Ölreichtums durchzusetzen.

Es war fraglos das gleiche Ziel, das die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr antrieb, die so genannte "Zedernrevolution" im Libanon zu unterstützen. Dass dieses Ereignis und die nachfolgenden Wahlen nur den politischen Einfluss der Hisbollah stärkten, wurde von Washington als eine nicht hinnehmbare Behinderung ihrer Pläne betrachtet, die am besten durch den Einsatz brutaler Militärgewalt zu beseitigen sei.

Unverhohlen zeigen sich die Ziele des US-Imperialismus in einem Kommentar von Charles Krauthammer, der am Freitag in der Washington Post erschien. Krauthammer, einer der nachdrücklichsten Befürworter jener Politik, die die Bush-Regierung im Nahen Osten verfolgt, schreibt: "Amerikas grünes Licht für Israels Selbstverteidigung wurde als Gefallen gegenüber Israel betrachtet. Doch dies ist eine tendenziöse, irreführende Analyse, die nur einen Teilaspekt berücksichtigt. Das grüne Licht - tatsächliche eine Ermunterung - ist auch ein Akt, der deutlich einem Eigeninteresse dient. Amerika will, Amerika braucht eine entscheidende Niederlage der Hisbollah."

Krauthammer kritisiert die israelische Regierung nicht, weil sie einen derart grausamen Krieg gegen die libanesische Bevölkerung führt, sondern weil sie in seinen Augen nicht genug Gewalt einsetzt. Die Vereinigten Staaten, so schreibt er, hatten "auf Israels Fähigkeit gesetzt, den Job erledigen zu können. Sie wurden enttäuscht. Ministerpräsident Ehud Olmert erweist sich als schwankende und unsichere Führungsfigur. Es war dumm von ihm, dass er sich allein auf Luftangriffe verließ und seinen Generälen die von ihnen gewünschte Bodenoffensive versagte, nur um dann später sich selbst zu korrigieren."

Dies ist die Stimmung, die tatsächlich in der Bush-Regierung herrscht. Sie will, dass Israel möglichst bald das Massentöten im Libanon erledigt und die Opfer in den fünf- wenn nicht gar sechsstelligen Bereich hochtreibt, um die amerikanischen Ziele zu erreichen.

Dass die Brutalität dieser Strategie im gesamten Nahen Osten massive Unruhe hervorruft, steht außer Frage. Ein Großteil des Aufruhrs richtet sich gegen die offene Heuchelei der Vereinigten Staaten und die verbrecherische Rolle Amerikas bei der Planung und Unterstützung dieses blutigen Unterfangens. Es sollte nicht in Vergessenheit geraten, dass das offizielle Washington und die amerikanischen Massenmedien noch vor nicht allzu langer Zeit eine massive Kampagne geführt hatten, in der "ethnische Säuberungen" im Kosovo den Vorwand für einen Krieg auf dem Balkan lieferten. Jetzt können die Vereinigten Staaten nicht schnell genug Bomben und Raketen nach Israel schaffen, um die baldige Säuberung des Südlibanon von seiner gesamten schiitischen Bevölkerung durch das unterschiedslose Bombardement ziviler Ziele zu erreichen.

Über 100.000 Menschen gingen am Freitag im überwiegend von Schiiten bewohnten Bagdader Stadtteil Sadr City auf die Straße, um Israel und die Vereinigten Staaten wegen des Kriegs im Libanon zu verurteilen und die Fortsetzung des Kampfes gegen die US-Besatzung im Irak anzukündigen. Rechte arabische Regimes wie in Jordanien oder Ägypten sahen sich gezwungen, sich von Washington zu distanzieren.

Und die Beiruter Tageszeitung Daily Star warnte in einem Leitartikel am Freitag, der Krieg vergrößere "die auffallende Enttäuschung großer Teile - vielleicht der Mehrheit - der arabischen Öffentlichkeit über die Politik ihrer eigenen Regierungen." Weiter heißt es in dem Artikel: "Dies hat üble Folgen in einer Region mit einem so großen Teil der Weltenergiereserven und so vielen Staaten und gewöhnlichen Bürgern, die bereit sind, brutalste Formen der Gewalt einzusetzen, um ihre Ziele zu errechen. Die Zeichen der Radikalisierung, die als Konsequenz des Kriegs zwischen dem Libanon und Israel in verschiedenen arabischen Ländern sichtbar werden, sind nicht zu ignorieren."

Die Bush-Regierung lässt sich von diesem scheinbar vernünftigen Vorschlag nicht weiter beirren. Nachdem sie Amerika in die katastrophale Situation im Irak geführt hat, begrüßt sie nun die Aussicht auf neue Kriege und neue Terroranschläge als Mittel, um ihrem abgeflauten "globalen Krieg gegen den Terrorismus" neuen Schwung zu verleihen.

Das Heranwachsen einer Massenopposition gegen die israelische und amerikanische Politik wird dem "Terrorismus" zugeschrieben und dient als Vorwand für neue und noch entsetzlichere Kriege.

Die angebliche Oppositionspartei in Washington, die Demokratische Partei, macht unterdessen der Bush-Regierung Konkurrenz in der Frage, wer mehr Begeisterung für den israelischen Krieg im Libanon zeigt.

Einer der Vertreterinnen dieser Partei ist Hillary Clinton, die Senatorin der Demokraten aus dem Bundesstaat New York und die aussichtsreichste Anwärterin in der Partei für die Nominierung des kommenden Präsidentschaftskandidaten.

Bei einer Rede in Buffalo, New York am vergangenen Dienstag - nur wenige Tage, nachdem Dutzende Menschen, darunter zahlreiche Kinder, im libanesischen Dorf Kana massakriert worden waren - bekräftigte Clinton ihre bedingungslose Unterstützung für den Staat Israel. Die Vereinigten Staaten, sagte sie, "müssen an der Spitze stehen, wenn es um den Schutz Israels geht. Sie müssen die Sicherheit Israels garantieren. [...] Ob dies bedeutet, Truppen dorthin zu entsenden, weiß ich nicht."

Nicht ein Wort des Mitleids oder Bedauerns für die blutende libanesische Bevölkerung kam über Clintons Lippen. Diese Haltung ist keine Ausnahme sondern die Regel, was das gesamte politische Establishment und die Massenmedien in Amerika betrifft. Gräueltaten, die an die Verbrechen des deutschen und italienischen Faschismus in den 1930-er Jahren erinnern - Äthiopien, Guernica, der Blitzkrieg gegen Polen - werden als absolut akzeptable und verständliche Akte der "Selbstverteidigung" Israels behandelt.

Hinter diesem vollkommenen Fehlen an Moral stehen die Klasseninteressen der herrschenden Oligarchie Amerikas, die entschieden hat, dass ihre globalen Interessen am besten durch den Einsatz von uneingeschränktem Militarismus durchzusetzen sind.

Letztlich wird die arbeitende Bevölkerung Amerikas gezwungen sein, den Preis für diese offenbar kranke Politik zu bezahlen. Die Kosten des US-Militarismus zeigen sich in den USA selbst zunehmend in der Zerstörung des Lebensstandards und der ohnehin geringen Überbleibsel an Sozialleistungen für arbeitende Menschen.

Darüber hinaus kann der immer umfassendere Krieg in Nahost nicht viel länger weitergeführt werden, ohne den Kriegsdienst wieder einzuführen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es nach den Kongresswahlen im November 2006 einen Vorstoß von beiden Parteien gibt - wobei die Demokraten sich zweifellos an die Spitze stellen werden -die amerikanische Jugend in die Expeditionskorps zu zwingen, die zusammengestellt werden, um den so genannten "langen Krieg" für die imperialistische Vorherrschaft der Vereinigten Staaten zu führen.

Der Kampf gegen den Krieg kann nur durch die unabhängige politische Mobilisierung der arbeitenden Menschen geführt werden. Diese muss auf der Grundlage eines sozialistischen Programms geschehen, das die der Arbeiter aller Länder in einem gemeinsamen Kampf gegen die globalen Finanz- und Unternehmensinteressen vereint, die den Erdball beherrschen. Die Socialist Equality Party tritt bei den Kongresswahlen in den Vereinigten Staaten an, um eine solche Alternative zu vertreten und bekannt zu machen.

Siehe auch:
Wie weiter im Kampf gegen den Krieg?
(3. August 2006)
Das Massaker von Kana: Im Libanon werden völlig Unbeteiligte abgeschlachtet
( 1. August 2006)
Appeasement 2006: Europa kapituliert vor amerikanisch-israelischer Aggression
( 28. Juli 2006)

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