Sri Lanka

Rede zum "Heldentag" Symptom des politischen Bankrotts der LTTE

Die jährliche "Heldentag"-Rede von Velupillai Prabakaran, dem Führer der Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE), am 27. November verriet eine tiefe politische Krise der Organisation. Die LTTE wird von der srilankischen Armee belagert, bettelt mit pathetischen Gesten bei den Großmächten um Unterstützung und hat keinerlei Lösung für die Bedürfnisse und Hoffnungen der tamilischen Massen, die sie zu vertreten vorgibt.

Das ganze vergangene Jahr über hat die srilankische Regierung die Armee auf die LTTE angesetzt - zuerst mit einem verdeckten schmutzigen Krieg mit "Verschleppungen" und Mordanschlägen und seit Juli mit militärischen Offensiven unter offenem Bruch des Waffenstillstands von 2002. Die "internationale Gemeinschaft" dachte nicht daran, den "Friedensprozess" zu retten, im Gegenteil, sie machte die LTTE für den Konflikt verantwortlich, und setzte sie unter Druck, in den Gesprächen weitere Zugeständnissen zu machen.

Prabakarans Reden "zum Heldentag" hatten immer das Ziel, die Unterstützung für die LTTE zu aktivieren und die politischen Perspektiven für das kommende Jahr darzulegen. Seit dem Waffenstillstand wurde dieses Ereignis immer mehr zu einem pompösen Festakt, der von der wachsenden Feindschaft der Tamilen gegen die unterdrückerischen Methoden der LTTE und ihrem Versagen, sich um dringende soziale Probleme zu kümmern, ablenken sollte. Die diesjährige Rede, die live im LTTE-Fernsehen ausgestrahlt wurde - inmitten der umfangreichen Feierlichkeiten - bildete dabei keine Ausnahme.

Der in die Defensive gedrängte Prabakaran versuchte mit aller Macht in seiner Militäruniform eine herausfordernde Pose einzunehmen. Er machte die Rajapakse-Regierung für den eskalierenden Krieg verantwortlich und erklärte in dramatischen Worten, der Waffenstillstand sei jetzt "tot". Obwohl diese Erklärung kaum mehr als eine Tatsachenfeststellung ist, stürzte sich die Rajapakse-Regierung sofort auf sie, um zu "beweisen", dass die LTTE nicht vertrauenswürdig sei. Drei Tage später machte die LTTE Prabakarans Standpunkt deutlich, als sie Verteidigungsminister Gotabaya Rajapakse, den Bruder des Präsidenten, zu töten versuchte. Die Regierung nutzte den Attentatsversuch, um drakonische Antiterrorgesetze durchzusetzen und die militärischen Aktionen gegen die LTTE zu verstärken.

Der Bombenanschlag und Prabakarans Pose sind nicht ein Zeichen von Stärke, sondern Ausdruck des Bankrotts des politischen Programms der LTTE. Mit dem Rücken an der Wand, haben die LTTE-Führer die Forderung nach einem unabhängigen Ministaat Tamil Eelam im Norden und Osten der Insel wieder aus der Schublade gekramt. "Die kompromisslose Haltung des singhalesischen Chauvinismus lässt uns keine andere Möglichkeit als einen unabhängigen Staat für das Volk von Tamil Eelam", sagte er. Die LTTE hatte diese Forderung 2002 auf beträchtlichen internationalen Druck hin bei den Friedensgesprächen formal fallengelassen. Aller Wahrscheinlichkeit nach sieht ihre eigene Führung sie inzwischen nicht mehr als praktikabel an.

Die LTTE und ihre Forderung nach einem unabhängigen Tamil Eelam waren immer Ausdruck des Klasseninteresses der tamilischen Bourgeoisie und nicht der tamilischen Arbeiter und unterdrückten Massen. Ähnlich wie andere radikale tamilische kleinbürgerliche Gruppen entstand die LTTE in den 1970er Jahren als Reaktion auf die immer stärker werdende systematische Diskriminierung der tamilischen Minderheit des Landes durch die Regierung und den Staat Sri Lankas. Die Reaktion der LTTE auf den singhalesischen Chauvinismus war ihre eigene Version von reaktionärer ethnischer Politik, die die singhalesischen Arbeiter und Bauern für die Verbrechen der srilankischen Regierung verantwortlich machte. Sie gewann, besonders nach dem Ausbruch des Kriegs 1983, durch ihre entschlossene Guerillataktik Unterstützung und unterdrückte rücksichtslos ihre politischen Rivalen innerhalb der tamilischen Minderheit.

Von Anfang an bestand die Perspektive der LTTE darin, die Unterstützung der einen oder anderen Großmacht für die Bildung eines Staates Tamil Eelam zu gewinnen. Und als Folge führte sie die tamilischen Massen in eine Sackgasse nach der anderen. 1987 unterstützte die LTTE das indo-srilankische Abkommen und ermunterte damit die Tamilen, Vertrauen in die indische Regierung unter Premierminister Rajiv Ghandi zu setzen. Sehr bald brachen Kämpfe aus, als die indischen "Friedenstruppen" im Norden Sri Lankas versuchten, die LTTE gewaltsam zu entwaffnen und den Widerstand gegen das Abkommen zu unterdrücken.

In seiner Rede vergangene Woche prahlte Prabakaran damit, dass die LTTE 2002 "von einer Position der Stärke" aus in den Friedensprozess gegangen sei. Er konnte jedoch überhaupt nicht erklären, warum sich die LTTE jetzt in der Defensive befindet. In den 1990er Jahren nahm die Entwicklung der LTTE den gleichen Weg wie andere bewaffnete bürgerlich-nationalistische Bewegungen wie die PLO im Nahen Osten und der ANC in Südafrika. Das Ende des kalten Kriegs beraubte sie der Möglichkeit, zwischen den Großmächten zu manövrieren, und die zunehmende Globalisierung der Produktion untergrub ihre Pläne, neue Staaten auf der Grundlage einer nationalen Wirtschaftssteuerung zu bilden. Diese Organisationen gaben eine nach der anderen ihre "anti-imperialistische" Phraseologie auf, begaben sich an die Verhandlungstische unter internationaler Aufsicht und tauschten ihre Gewehre gegen einen Platz im politischen Establishment.

Es stimmt, dass die LTTE an den Verhandlungstisch kam, nachdem sie der srilankischen Armee 2000 eine Reihe militärischer Niederlagen bereitet hatte. Ihre Eroberung des Armeestützpunkts am Elefantenpass und beträchtlicher Teile der Halbinsel Jaffna riefen in Colombo Panik hervor. Die Verhandlungen über den Waffenstillstand und den Frieden begannen aber nicht 2000, sondern 2002, nach den Terroranschlägen in den USA. Maßgebliche Teile der herrschenden Elite Sri Lankas nutzten die Gelegenheit, die LTTE zu ihren Bedingungen an den Verhandlungstisch zu zwingen, oder ansonsten ins Visier des verlogenen "Kriegs gegen den Terror" der Bush-Regierung zu geraten.

Die militärischen Erfolge der LTTE änderten nichts an der Tatsache, dass die Organisation von einer Position der politischen Schwäche in den "Friedensprozess" ging. Im Dezember 2001 erkannte der Chefunterhändler der LTTE, Anton Balasingham, die Situation an, als erbittert verkündete: "[Ein] Verrückter namens bin Laden ist mit Amerika aneinander geraten und jetzt haben einige Länder uns auf ihre Liste von Terroristen gesetzt." Bezeichnenderweise hatte Prabakaran in seiner letzten Rede nichts zu Entwicklungen außerhalb Sri Lankas zu sagen, speziell zu dem kriminellen Vorgehen der Bush-Regierung in Afghanistan und im Irak. Die LTTE hat sich nie gegen Bushs "Krieg gegen den Terror" ausgesprochen, sondern nur darum gebettelt, von Washingtons Liste der Terroristenorganisationen gestrichen zu werden.

Nachdem sie sich auf den Friedensprozess eingelassen hatte, ließ die LTTE ihre Forderung nach einem eigenen Staat Tamil Eelam sehr bald fallen und strebte eine Rolle in einem Arrangement der Machtteilung zwischen der singhalesischen und der tamilischen Elite an, um gemeinsam die Arbeiterklasse auszubeuten. Balasingham erklärte offen die Bereitschaft der LTTE, zusammen mit der Regierung in Colombo an der Schaffung einer "Tiger-Wirtschaft" zu arbeiten, d. h. an der Verwandlung Sri Lankas in ein Billiglohnland und ein regionales Investitionsparadies.

Aber von Anfang an waren weder die srilankische Regierung noch die Großmächte bereit, der LTTE eine wichtige politische Rolle zuzugestehen. Die Regierung unter der Führung der United National Party (UNP) stand ständig unter dem Druck von Präsidentin Chandrika Kumaratunga, der Armee und extremistischer singhalesischer Parteien wie der JVP (Janatha Vimukthi Peramuna), die den Waffenstillstand und die Gespräche als Verrat betrachteten. Die Verhandlungen brachen 2003 nach mehreren militärischen und politischen Provokationen gegen die LTTE ab, ohne dass die Bestimmungen eines endgültigen Friedensabkommens je konkret diskutiert worden wären.

In den vergangenen drei Jahren hat die LTTE wiederholt an die "internationale Gemeinschaft" appelliert, Druck auf die Regierung in Colombo auszuüben, damit sie sich zu einem Abkommen bereit erklärt - ohne den geringsten Erfolg. Prabakaran betonte in seiner Rede, dass die LTTE sich trotz ständiger Provokationen die allergrößte Mühe gegeben habe, den Waffenstillstand zu retten und ein Verhandlungsergebnis zu erzielen. "Wir haben unseren Plan, unseren Freiheitskampf weiter zu führen, zurückgestellt, um den Friedensbemühungen eine noch größere Chance einzuräumen, das erste Mal, als die Tsunami-Katastrophe hereinbrach, und dann noch einmal, als Rajapakse zum Präsidenten gewählt wurde", erklärte er.

Als im Dezember 2004 der Tsunami weite Küstenstriche Sri Lankas verwüstete, half sich die einfache arbeitende Bevölkerung - Tamilen, Singhalesen und Moslems - spontan gegenseitig. Organisch unfähig, sich politisch an dieses Klassengefühl zu wenden, versuchte die LTTE stattdessen die Gelegenheit zu nutzen, auf eine Wieseraufnahme des Friedensprozesses zu drängen. Mit Präsidentin Kumaratunga wurde vereinbart, eine zeitweilige gemeinsame Tsunami-Hilfsorganisation (PTOMS) zu schaffen, um die Tsunami-Hilfe zu organisieren. Aber die PTOMS trat nie in Aktion, weil die JVP eine ethnisch-rassistische Kampagne vom Zaun brach, die nach der Ermordung von Außenminister Lakshman Kadirgamar im August 2005 noch eskalierte.

Für November 2005 wurden Präsidentschaftswahlen anberaumt, die Rajapakse mit Unterstützung der JVP knapp gewann. Obwohl Rajapakses Wahlprogramm sich offen gegen den Waffenstillstand aussprach, reagierte die LTTE lediglich mit einem zahnlosen Wahlboykott, die sie mit Schlägerbanden durchsetzte, um ihre Unterstützung unter den Tamilen zu demonstrieren. Ihre antidemokratischen Methoden wurden drastisch bloß gestellt, als sie eine Wahlversammlung der Socialist Equality Party (SEP) in Jaffna mit der Androhung von Gewalt verhinderten. Nach der Wahl erklärte Prabakaran in seiner "Heldenrede" im letzten Jahr, dass die LTTE "abwarten und beobachten" werde, ob Rajapakse "den Friedensprozess weiter verfolgt und unserem Volk Gerechtigkeit bieten wird".

Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Unbekannte Heckenschützen metzelten während eines Gottesdienstes am Heiligabend in Batticaloa den prominenten Pro-LTTE-Abgeordneten Joseph Pararajasingham nieder. Höchstwahrscheinlich waren es Armeeangehörige oder mit ihr verbündete paramilitärische Milizen. Prabakaran widmete dieses Jahr einen guten Teil seiner "Heldentags"-Rede einer Aufzählung des Leidens der Tamilen im Norden und Osten. Die LTTE habe "sich verpflichtet, eine Lösung des ethnischen Konflikts in Friedensgesprächen zu finden", erklärte er, habe aber im Gegenzug nichts dafür bekommen. "Stattdessen wurden die Tamilen, die auf Gerechtigkeit gehofft hatten, mit Tod und Zerstörung überzogen", sagte er.

Prabakaran machte die einfachen Singhalesen für diese Situation verantwortlich, statt der srilankische Regierung, mit der die LTTE verhandelt hatte. Die LTTE hatte die arbeitende Bevölkerung ermutigt, ihr Vertrauen in diese Regierung zu setzen. "Die singhalesische Nation wird von der mythischen Ideologie des Mahavamsa [historischer Mythos] fehlgeleitet und bleibt in den chauvinistischen Gefühlen, die dadurch geschaffen werden, gefangen ... Das hindert die singhalesische Nation leider, einen wirklichen Versuch zu unternehmen, die nationale Tamilenfrage auf zivilisierte Weise zu lösen", erklärte er.

Das sagte er alles in einem Ton des Bedauerns. Zweifellos wären Prabakaran und die LTTE lieber in einer Position wie die nepalesischen Maoisten, die im vergangenen Monat ein Abkommen mit der Regierung geschlossen, ihre Waffen niedergelegt und für Sitze im Parlament und Posten in einer Interimsregierung eingetauscht haben. Prabakarans Erklärung, dass der Waffenstillstand "tot" sei, und der Bombenanschlag in Colombo in der vergangenen Woche sind kaum mehr als eine verzweifelte Aufforderung an die Großmächte, die Regierung in Colombo wieder zu ernst gemeinten Verhandlungen zu drängen. Diese Drohungen bestätigen aber nur, dass die LTTE in einer völligen politischen Sackgasse gelandet ist - nicht als Ergebnis individueller Dummheit oder Verrats, sondern weil das Programms des tamilischen Separatismus am Ende ist.

Die Arbeiterklasse in Sri Lanka darf kein Vertrauen in einen "internationalen Friedensprozess" setzen, der in erster Linie von den Kriegsverbrechern der Bush-Regierung kontrolliert wird. Jedes Abkommen, das aus solchen Verhandlungen entsteht, wird nur den Interessen der Großmächte dienen, die den indischen Subkontinent in wachsendem Maße als ein großes Reservoir billiger Arbeitskräfte betrachten. Ohne jeden Zweifel wünscht sich die große Mehrheit der tamilischen, muslimischen und singhalesischen Arbeiter ein Ende des Krieges. Das kann aber nicht durch die Parteien und Organisationen der herrschenden Eliten erreicht werden, die LTTE eingeschlossen.

Unabhängig von allen Fraktionen der Kapitalistenklasse muss eine politische Bewegung aufgebaut werden, um die Arbeiter und unterdrückten Massen auf der Grundlage eines sozialistischen Programms zu vereinen. Der Ausgangspunkt einer solchen Perspektive ist die Ablehnung jeglicher Form von Nationalismus und Chauvinismus - das betrifft die Ideologie der singhalesischen Vorherrschaft genauso wie den tamilischen Separatismus. Die natürlichen Verbündeten der tamilischen Arbeiter sind nicht die LTTE und ihr bürgerliches Sprachrohr, die Tamil National Alliance, sondern die Arbeiter auf der ganzen Insel und international. Dazu gehört auch die amerikanische Arbeiterklasse, die ihre überwältigende Ablehnung des Kriegs der Bush-Regierung im Irak bei den jüngsten Kongresswahlen gezeigt hat.

Die Socialist Equality Party ruft alle Arbeiter auf, den sofortigen und bedingungslosen Rückzug aller srilankischen Sicherheitskräfte aus den nördlichen und östlichen Teilen der Insel zu fordern, die seit mehr als zwei Jahrzehnten faktisch unter militärischer Besatzung stehen. Die SEP kämpft für eine sozialistische Republik Sri Lanka und Eelam, um die Arbeiter und unterdrückten Massen für einen politischen Kampf gegen die bestehende Gesellschaftsordnung zu mobilisieren - einer Gesellschaftsordnung, die auf der Verteidigung der Profite und Privilegien einiger weniger Reichen auf Kosten der Bedürfnisse und Interessen der großen Mehrheit beruht. Dieser Kampf ist notwendiger Weise mit dem breiteren Kampf für den Sozialismus in ganz Südasien und weltweit verbunden. Wir fordern alle Arbeiter auf, sich ernsthaft mit dem Programm und den Perspektiven der SEP zu auseinanderzusetzen, ihr beizutreten und sie als neue Massenpartei der Arbeiterklasse aufzubauen.

Siehe auch:
Ein Zeichen politischer Krise: Parteien in Sri Lanka bilden Koalition
(14. November 2006)
Ein sozialistisches Programm zur Beendigung des Krieges in Sri Lanka
( 9. November 2006)
Sri-Lanka: Friedensgespräche gescheitert - Bürgerkrieg verschärft sich
( 4. November 2006)
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