Opels Betriebsrentner kämpfen für Rentenanpassung

Am Mittwoch versammelten sich einige Hundert ehemalige Opelarbeiter in Bochum vor dem Werkstor 4 und forderten die ihnen zustehenden Anpassungen ihrer Betriebsrenten an die Inflationsrate.

Die Demonstranten vor Tor 1

Sie marschierten von Tor 4 in einem Demonstrationszug über die Wittener und die Dannenbaumstraße zum Tor 1, das sich auf dem Werksgelände befindet. Die zwischen 30.000 und 40.000 Betriebsrentner von Opel haben bis auf wenige Ausnahmen, seit sie im Ruhestand sind, keine Anpassung ihrer Renten erhalten. Viele hatten immer wieder bei Opel nachgefragt, warum ihre Renten nicht angepasst würden. Jahrelang wurden sie mit dem Argument abgespeist, dafür sei kein Geld da, weil es dem Unternehmen wirtschaftlich schlecht gehe.

In der Regel müssen Unternehmen ihre Versorgungsleistungen mindestens in Höhe des Anstiegs der Inflationsrate anpassen. Es sei denn, die Nettoeinkommen der aktiven Mitarbeiter im Unternehmen liegen unterhalb der Teuerungsrate. In diesem Fall kann die Anpassung auch entsprechend geringer ausfallen. Der regelmäßigen Anpassungspflicht kann der Arbeitgeber nur entgehen, wenn er sich dazu verpflichtet, die laufenden Betriebsrenten, die nach dem 31.12.1998 erteilt wurden, jährlich um mindestens 1 Prozent zu erhöhen.

Der Presse gegenüber hatte die Adam Opel AG erklärt, eine Erhöhung der Betriebsrenten habe die wirtschaftliche Lage des Unternehmens „in den vergangenen Jahren nicht erlaubt“, und bestätigt, dass es Null-Runden für die Rentner gegeben habe.

Weiter hieß es in der Stellungnahme des Konzerns: „Unabhängig von der gesetzlichen Pflicht zur Überprüfung und Anpassung der Betriebsrenten hatte sich die Adam Opel AG jedoch gegenüber bestimmten Personenkreisen verpflichtet, deren Betriebsrenten um einen bestimmten individualisierten Mindestbetrag zu erhöhen.“ Über den Personenkreis, für den dies zutrifft, schweigt sich das Unternehmen beharrlich aus.

Am Opel Tor 4 - Es spricht Werner Günther

Zur Demonstration aufgerufen hatten die ehemaligen Opelaner Norbert Spittka und Werner Günther. An der Organisation von Demonstration und Kundgebung waren weder Betriebsrat noch Gewerkschaft beteiligt. In der Presse hatte Spittka erklärt: „Wir gehen davon aus, dass von den ca. 10.000 Betriebsrentnern in und um Bochum mehr als 1.000 mitmachen werden. Vor dem Werk werden wir Zelte aufstellen und dort solange ausharren, bis jeder von uns die Rentenerhöhung schriftlich in der Tasche hat!“

Ganz so viele sind dann zwar nicht gekommen, aber die Wut der Betroffenen war einhellig, und es könnte durchaus sein, dass sich an den nächsten angekündigten Aktionen noch mehr beteiligen werden.

Empört reagierten die Rentner auch auf die jüngst bekannt gewordenen Werbeverträge von GM und Opel. Die Billigmarke von General Motors Chevrolet sponsert den Fußballklub Manchester United mit einem fetten Werbevertrag über mehrere Hundert Millionen Euro. Der Vertrag soll über sieben Jahre laufen. Opel selbst hat Werbe-Partnerschaften mit Borussia Dortmund, Mainz 05 und weiteren Bundesligaclubs abgeschlossen.

Der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel hatte für den Zeitpunkt der Kundgebung zu einer Sitzung geladen und ließ sich nicht bei den Rentnern sehen.

Die Betriebsrentner reagierten wütend, als sie erfuhren, dass sich Opel 1991 dem Betriebsrat gegenüber in einer schriftlichen Zusage verpflichtet habe, unabhängig von der wirtschaftlichen Lage die Betriebsrenten jährlich um ein Prozent zu erhöhen. Auch das „bestimmte Personenkreise“, die offenbar strengster Geheimhaltung unterliegen, jährliche Erhöhungen erhalten, stieß auf Empörung.

Werner Skrotzki erklärte, er habe sogar gerichtlich erkämpfen müssen, dass er die Betriebsrente zusammen mit der gesetzlichen Rente zum Monatsanfang erhalte, und nicht erst einen Monat später. Er ärgerte sich auch darüber, dass Opel und der Mutterkonzern General Motors Millionen an Fußballklubs für Werbung zahlen, aber für die Rentner angeblich kein Geld da sei.

Erich Stöhr meinte, seine letzte Betriebsrentenerhöhung habe er 2004 bekommen. „So schlecht kann es Opel nicht gehen, wenn sie so viel Geld für Fußballwerbung ausgeben können.“

Seine Kollegen Walter und Dieter ergänzten: „Dafür werden sie keinen einzigen zusätzlichen Opel verkaufen. Sie setzen darauf, dass wir immer weniger werden mit der Zeit. Viele sterben, bevor sie einen Cent von der ihnen zustehenden Erhöhung bekommen.“

Walter hat seit 2001 keine Erhöhung bekommen. „Wer was erhalten hat? Das müssen höhere Leute gewesen sein, wir nicht. Wir warten höchstens noch ein Vierteljahr, spätestens dann nehmen wir uns einen Rechtsbeistand.“

Aribert Günther

Der ehemalige Betriebsrat Aribert Günther erklärte, er habe seit Juni regelmäßig Anfragen und zahlreiche E-Mails an die Betriebsrentenabteilung in Rüsselsheim geschickt, aber bis heute keine Antwort erhalten. Auf die Frage, ob er wisse, ob zu den Ausgewählten die einen Zuschuss erhielten, ehemalige Betriebsräte gehörten, meinte er: „Die einfachen Betriebsräte, die nicht im Ausschuss sitzen, haben jedenfalls nichts bekommen, die andern wohl schon.“

Werner Günther sagte auf der Kundgebung vor Tor 1: „Von der Vereinbarung von 1991 wussten selbst einige Betriebsräte nichts. Wer weiß, wann und welchem erlauchten Kreis die bekanntgegeben wurde. Nach welchen Kriterien wurden die ausgewählt, die was bekommen haben?“

Die Sprecher forderten Werksleiter Manfred Gellrich auf, herauszukommen und ihnen die schriftliche Zusage zu geben, dass die Rentner bis Ende September die ihnen zustehenden Erhöhungen auf dem Konto hätten. Aber Gellrich erschien nicht. Der Pressesprecher Alexander Bazio versicherte der Versammlung lediglich, dass in jedem Einzelfall geprüft werde, ob ein Anspruch bestehe. Dies werde natürlich dauern.

Spittka wandte ein, es sei nicht einzusehen, weshalb die Prüfung solange dauern müsse. Schließlich habe er selbst bei Opel mit der SAP-Informationstechnik gearbeitet. Wenn man die einsetze, könnten die Betroffenen alle Ende September das ihnen zustehende Geld auf dem Konto haben.

Mit Beifall wurde seine Ankündigung aufgenommen, wenn sich in einem Monat nichts getan habe, werde man erneut demonstrieren und dann würden viel mehr kommen. „Es ist eine Riesensauerei, dass man uns Rentner so kämpfen lässt.“

Das WSWS-Team verteilte Flugblätter mit der Überschrift: „Opel Bochum: Der Kampf gegen die Werksschließung erfordert eine internationale sozialistische Perspektive“. Sie enthalten eine Erklärung des Bundestagskandidaten der Partei für Soziale Gleichheit Dietmar Gaisenkersting, der das üble Zusammenspiel von IG-Metall und Betriebsrat bei der geplanten Werksstillegung beschreibt und die Opelaner auffordert, im Kampf gegen die Stilllegung unabhängig von Gewerkschaft und Betriebsrat einen Besetzungsstreik zu organisieren und sich dem Kampf der PSG für ein sozialistisches Programm anzuschließen.

Spittka, wollte das Verteilen der PSG-Flugblätter zunächst mit der Bemerkung verhindern, es solle „hier kein Wahlkampf gemacht werden“. Er ließ aber nur wenig später eine Kreiskandidatin der maoistischen MLPD offen Wahlpropaganda machen. Andreas Kunstmann von der PSG ergriff daraufhin das Wort. Er verwies auf das Flugblatt und forderte die Arbeiter auf, es zu nehmen und zu lesen und sich damit auseinanderzusetzen: „Vertraut nicht auf den Betriebsrat und die Gewerkschaft. So wie sie jetzt gegen die Rentner handeln, so haben sie in den letzten Jahren den Arbeitsplatzabbau bei Opel organisiert. Und jetzt organisieren sie die Stilllegung.“

Nahezu jeder Demonstrationsteilnehmer nahm ein Flugblatt. Ein Arbeiter schlug ihm zustimmend auf die Schulter. Ein anderer erklärte einem Mitglied der PSG: „Unsere Stimme habt ihr.“

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