Bochum: Johnson Controls von Schließung bedroht

Das Werk des Autozulieferers Johnson-Controls in Bochum verliert Anfang 2017 auch seinen zweiten großen Auftraggeber, Ford. Sollten bis dahin keine neuen Aufträge gewonnen werden, steht das Werk mit seinen 660 Beschäftigten vor dem Aus.

Die Bochumer Johnson-Controls-Belegschaft stellt derzeit täglich etwa 450 Sitze für den Opel Zafira und etwa 1.800 für den Ford Fiesta her. Durch die Schließung des Opel-Werks Ende des Jahres sollten ursprünglich 220 Arbeitsplätze abgebaut werden.

Kurz vor den Betriebsferien, die in dieser Woche beginnen, wurde die Belegschaft vom Management darüber informiert, dass Ford den Nachfolge-Auftrag für die Fiesta-Sitze des neuen Modells an einen Mitbewerber vergeben hat. Der Modellwechsel beim Fiesta steht voraussichtlich im April 2017 an. Für die Suche nach Ersatzaufträgen gebe es verschiedene Szenarien, erklärte ein Unternehmenssprecher in der Europa-Zentrale in Burscheid, einer nordrhein-westfälischen Kleinstadt. „Zur Zukunft des Standorts kann ich jetzt keine Aussage machen.“ Bochum ist eines von sieben Autositz-Werken des internationalen Autozulieferers in Deutschland.

Die Verhandlungen zwischen der örtlichen Geschäftsführung und dem Betriebsrat über den Arbeitsplatzabbau durch die Opel-Schließung sind derweil gescheitert. Mehrfach hatten Johnson-Controls-Beschäftigte gegen den bevorstehenden Arbeitsplatzabbau protestiert. Nachdem mehrere Hundert Beschäftigte erneut am 3. Juni aus Protest die Arbeit niederlegten, war die Geschäftsführung wie schon in Auseinandersetzungen in der Vergangenheit mit Abmahnungen gegen die Belegschaft vorgegangen. 70 Beschäftigte sind wegen ihrer Beteiligung an der letzten Protestaktion abgemahnt worden.

Die Verhandlungen über den Arbeitsplatzabbau aufgrund der Opel-Werksschließung gehen nun vor die Einigungsstelle, die voraussichtlich nach den Ferien zusammentreffen wird.

Nur wenige Kilometer weiter im Opel-Werk, beginnen ebenfalls Werksferien. Es dürften die letzten für die gut 3.000 Opel-Produktionsarbeiter sein. Schon in wenigen Monaten wird der letzte in Bochum hergestellte Wagen vom Band laufen.

Die Gewerkschaft IG Metall unterstützte den Stillegungsbeschluss, isolierte die Bochumer Opelarbeiter und setzte die Schließung durch. Der Betriebsrat unter Rainer Einenkel vertröstet immer wieder die Beschäftigten und unterdrückte jeden ernsthaften Widerstand. Am Ende dieser Zermürbungstaktik stand das Angebot einer Transfergesellschaft, die die Opel-Arbeiter in Ersatzarbeitsplätze vermitteln soll. Bislang ist daraus nichts geworden.

Bis jetzt haben nur 202 der rund 3.300 Arbeiter einen neuen Job gefunden. Das berichtete das Magazin Focus unter Berufung auf „Mitarbeiterkreise“ Mitte Juli.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass für die 265 zusätzlichen Arbeitsplätze im Warenverteilzentrum rund 1.100 Bewerbungen von Opel-Beschäftigten eingegangen sind. Der Opel-Konzern hatte angekündigt, bis 2020 das Lager mit derzeit etwas über 400 Arbeitsplätzen aufrechtzuerhalten und zusätzliche Arbeitsplätze dort einzurichten. Obwohl es sich nicht um Arbeitsplätze als Lagerarbeiter, Kommissionierer, Staplerfahrer, Werkschutz, Verkäufer usw. bei Opel, sondern bei Neovia Logistics handelt,, sind sie heiß begehrt.

Laut dem Sozialtarifvertrag, den Opel und IG Metall ausgearbeitet haben, bleiben die Opel-Konditionen erhalten, wie etwa die Betriebszugehörigkeit und die Altersvorsorge. Die Löhne werden aber nach und nach den niedrigeren Neovia-Tarifen angeglichen.

Opel-Betriebsratschef Einenkel wiegelte ab. Zu den außergewöhnlich vielen Bewerbungen, die bei Opel für die Neovia-Jobs eingegangen sind und die die Verzweiflung der Beschäftigten widerspiegeln, erklärte er in der Regionalpresse lapidar: „Wir haben 1100 Bewerbungen. Manche haben sich aber auf drei, vier oder auch fünf Stellen beworben.“ Die Zahl der Bewerbungen spiegle daher nicht die Zahl der Bewerber wider.

Die aktuelle Entwicklung und Situation in Bochum ist eine Anklage an die IG Metall und die Betriebsräte. Sie haben seit 2012 mit ihrem Deutschlandplan auf die Schließung des Bochumer Opelwerks hingearbeitet.

Nun verlieren nicht nur die Opel-Arbeiter ihre Jobs, sondern auch die in den Zulieferbetrieben. Bei Continental im benachbarten Dortmund steht genauso wie bei Hella in Recklinghausen Arbeitsplatzabbau bevor. Zudem wird der finnische Stahlproduzent Outokumpu sein Edelstahlwerk in Bochum mit rund 450 Beschäftigten 2015 schließen.

Während die Betriebsräte der Zulieferer mit den Geschäftsleitungen über den Arbeitsplatzabbau verhandeln, vertrösten sie die Arbeiter auf die IG Metall – ganz so wie dies auch immer alle Opel-Betriebsräte taten. Der Betriebsrat von Johnson Controls Dietmar Kupfer fordert einen regionalen Aktionstag der IG Metall. Die Gewerkschaft hat dies bislang abgelehnt.

Sollte sich die IGM aufgrund des wachsenden Unmuts in den Betrieben doch noch gezwungen sehen, einen solchen Aktionstag zu veranstalten, wird er nicht die gemeinsame Verteidigung der Arbeitsplätze forcieren, sondern nur dazu dienen, Dampf abzulassen, um die Gewerkschaftsmanöver mit den Geschäftsleitungen zu stärken. Dies war auch der Inhalt des angeblichen Solidaritätsfest, das die IG Metall für die Opel-Arbeiter am 1. März 2013 organisierte. Es half Einenkel und der IGM dabei, die Kontrolle über die Arbeiter aufrechtzuerhalten und das Werk abzuwickeln.

Die wichtigste Lehre für alle Arbeiter aus der Schließung des Bochumer Opel-Werks ist folgende: Für die Verteidigung von Arbeitsplätzen, Löhnen und Arbeitsbedingungen ist eine internationale sozialistische Perspektive notwendig, die sich bewusst gegen die IG Metall und all ihre Verteidiger richtet. In Deutschland und weltweit vertreten nur die Vierte Internationale und ihre Parteien diese Strategie. Der Aufbau der Partei für Soziale Gleichheit gewinnt große Bedeutung, um für die kommenden Angriffe gerüstet zu sein.

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