Wissenschaft oder Kriegspropaganda? – Vorwort

Ende August erscheint im Mehring Verlag das Buch „Wissenschaft oder Kriegspropaganda?“. Wir dokumentieren hier das Vorwort.

Das Thema dieses Buches geht weit über die Auseinandersetzung an der Berliner Humboldt-Universität (HU) hinaus. Es handelt von der Beziehung zwischen Wissenschaft und Politik in Zeiten des Militarismus, internationaler Konflikte und scharfer sozialen Spannungen. Es dreht sich um die Frage: Bleiben die Universitäten Zentren der Wissenschaft und der freien Auseinandersetzung? Oder werden sie wieder, wie schon früher in der deutschen Geschichte, zu staatlich gelenkten Kaderschmieden für rechte und militaristische Ideologien?

Die Geschichte, und insbesondere die deutsche Geschichte, kennt zahlreiche Beispiele für die Prostitution der Wissenschaft für reaktionäre politische Zwecke. Berüchtigt ist die Rede, mit der Martin Heidegger am 27. Mai 1933 das Rektorat der Universität Freiburg antrat. Unter dem zynischen Titel „Die Selbstbehauptung der deutschen Universität“ setzte sich der bekannte Philosoph für die Unterordnung der Universität unter das Führerprinzip ein. Ein halbes Jahr später legten dann nicht nur Heidegger, sondern hunderte weitere Gelehrte ein schriftliches „Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat“ ab.

An der Friedrich-Wilhelms-Universität, wie die Humboldt-Universität damals hieß, machte sich der Staatsrechtler Carl Schmitt als „Kronjurist des Dritten Reiches“ einen Namen. Das Institut für Agrarwesen und Agrarpolitik der Universität war maßgeblich an der Ausarbeitung des „Generalplans Ost“ beteiligt, der Blaupause für den Vernichtungskrieg im Osten.

Die Gleichschaltung lief nicht nur in Freiburg und Berlin, sondern auch an allen anderen Universitäten weitgehend reibungslos ab. Der Publizist Sebastian Haffner, damals Referendar am Berliner Kammergericht, hat in einem autobiografischen Buch anschaulich geschildert, wie die Anpassung, insbesondere der gebildeten Stände, vonstatten ging: „Der Verrat war durchgehend, allgemein und ausnahmslos, von links bis rechts.“ (1)

Leo Trotzki beschrieb die Gleichschaltung der Universitäten in seinem meisterhaften „Porträt des Nationalsozialismus“: „Die Armseligkeit der nationalsozialistischen Philosophie hat die Universitätsprofessoren selbstverständlich nicht gehindert, mit vollen Segeln in Hitlers Fahrwasser einzulenken – als sein Sieg außer Frage stand. Die Jahre der Weimarer Ordnung waren für die Mehrheit des Professorenpöbels eine Zeit der Verwirrung und Unruhe. Die Historiker, Ökonomen, Juristen und Philosophen ergingen sich in Vermutungen darüber, welches der einander bekämpfenden Wahrheitskriterien das echte sei, das heißt, welches Lager sich zu guter Letzt als Sieger erweisen werde. Die faschistische Diktatur beseitigt die Zweifel der Fauste und das Schwanken der Hamlets vom Universitätskatheder. Aus der Dämmerung der parlamentarischen Relativität tritt die Wissenschaft wiederum in das Reich des Absoluten ein. Einstein musste Deutschland verlassen.“ (2)

Diese Fragen, so schien es, waren lange Zeit Geschichte. Garantierte nicht das Grundgesetz die Freiheit der Meinung und der Lehre? Hatte nicht die 68er Studentenrevolte den „Muff von tausend Jahren unter den Talaren“ gründlich ausgelüftet? Doch nun hat die Bundesregierung verkündet, die Zeit der militärischen Zurückhaltung sei vorbei, Deutschland müsse in Europa und in der Welt wieder eine Rolle spielen, die seiner Größe und seinem Einfluss tatsächlich entspreche, und die Fragen werden wieder aktuell.

Militarismus und Freiheit vertragen sich nicht – nicht in der Politik, nicht in der Wissenschaft und schon gar nicht in den Geisteswissenschaften. Das lehren die Erfahrungen des Kaiserreichs und der Weimarer Republik. Der Militarismus findet in der Gesellschaft kaum Unterstützung, umso mehr dafür bei den Eliten in Wirtschaft, Politik und Medien und einem kleinen, privilegierten Teil der Mittelschichten.

Der Widerwille gegen Militäreinsätze hat tiefe Wurzeln. Es gibt kaum eine Familie, die von den traumatischen Erlebnissen des Zweiten Weltkriegs verschont geblieben ist. Und im Schulunterricht haben mehrere Generationen gelernt, welch grauenhafte Verbrechen SS und Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg verübt hatten. Um diese Wurzeln auszurotten, genügen die Werbekampagnen des Verteidigungsministeriums und die Propaganda der Medien nicht. Erforderlich ist ein neues Narrativ des zwanzigsten Jahrhunderts, eine Verfälschung der Geschichte, die die Verbrechen des deutschen Imperialismus verniedlicht und rechtfertigt. Bei diesem Unterfangen spielen die Humboldt-Universität – und hier vor allem der Politikwissenschaftler Herfried Münkler und der Historiker Jörg Baberowski – eine führende Rolle.

Münkler, der sich permanent in Interviews, Artikeln, Vorträgen, Debatten und Büchern zu Wort meldet, zählt zu den lautstärksten Befürwortern einer aggressiveren deutschen Außenpolitik. Er setzt sich offen dafür ein, dass Deutschland die Rolle des Hegemons in Europa übernimmt und sich vom „Zahlmeister“ zum „Zuchtmeister“ aufschwingt. (3) Er berät in dieser Frage die Bundeswehr, die Bundesregierung und politische Parteien. Gleichzeitig betätigt er sich als Historiker. Obwohl nicht vom Fach, hat Münkler einen 900-seitigen Wälzer über den Ersten Weltkrieg verfasst und den Historiker Fritz Fischer (1908–1999) denunziert, dessen Standardwerk „Griff nach der Weltmacht“ (1961) belegt, dass Deutschland eine Hauptverantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs trägt.

Baberowski hat die wesentlich schwierigere Aufgabe übernommen, die Kriegsverbrechen der Nazis zu verharmlosen. Er stützt sich dabei auf Ernst Nolte, der 1986 den Historikerstreit ausgelöst hatte, den bekanntesten Nazi-Apologeten unter den deutschen Historikern. In Baberowskis Arbeiten zum Stalinismus findet sich eine Kernthese Noltes wieder: Die Behauptung, Hitlers Verbrechen seien vom Bolschewismus provoziert worden und hätten der Selbstverteidigung gedient.

Im Februar 2014 veröffentlichte „Der Spiegel“ einen Artikel, der im „Geschichtsjahr 2014: 100 Jahre Ausbruch Erster Weltkrieg, 75 Jahre Ausbruch Zweiter Weltkrieg, 25 Jahre Fall der Mauer“ die Frage „nach der deutschen Schuld“ neu stellte. Er führte Münkler, Baberowski und Nolte als Kronzeugen für einen „Wandel“ der Geschichte an. Münkler nannte Fritz Fischers Forschung „im Prinzip hanebüchen“. Baberowski bescheinigte Nolte, er habe recht gehabt, und Hitler, er sei nicht grausam gewesen. Nolte selbst verkündete, England und Polen hätten eine Mitschuld am deutschen Überfall auf Polen, und die Juden hätten einen „eigenen Anteil am ‚GULag‘“ gehabt, weil einige Bolschewisten Juden waren. (4)

Solche historische Fälschungen kannte man bisher nur aus ultrarechten und faschistischen Kreisen. Sie stehen in engem Zusammenhang mit den Bemühungen der Bundesregierung, den deutschen Militarismus wieder zu beleben. Der „Spiegel“-Artikel erschien zehn Tage nach der Münchener Sicherheitskonferenz, auf der Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen verkündet hatten, Deutschland sei „zu groß und zu wichtig“, als dass es sich noch länger aus den Krisengebieten und Brennpunkten der Welt heraushalten könne. Und er erschien zehn Tage vor dem Umsturz in Kiew, der mit massiver Unterstützung Berlins und Washingtons ein rechtes, antirussisches Regime an die Macht brachte.

Die Vierte Internationale verstand den Zusammenhang zwischen den historischen Lügen über das zwanzigste Jahrhundert und dem Bemühen, Deutschland wieder zu einer militärischen Großmacht zu machen, die ihre eigenen globalen und geopolitischen Interessen verfolgt. „Man kann sagen, dass die Entlarvung und Widerlegung von Lügen die wichtigste Form war, in der die trotzkistische Bewegung jahrzehntelang gegen den stalinistischen Verrat an der Oktoberrevolution kämpfte“, heißt es in einem Beitrag in diesem Buch. „Die Lüge, schrieb Trotzki einst, dient als ideologischer Kitt für das Fundament der bürgerlichen Gesellschaft. Sie füllt die Lücken zwischen den öffentlich verkündeten Idealen von Freiheit und Gleichheit und der sozialen Wirklichkeit von Unterdrückung und Ungleichheit. Je tiefer die Widersprüche, desto größer die Lügen.“ (5)

Die Partei für Soziale Gleichheit (PSG) und ihre Jugend- und Studentenorganisation International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) organisierten eine Gegenoffensive. Es handelte sich nicht um eine persönliche Kampagne gegen Münkler und Baberowski, wie diese selbst, die Universitätsleitung und die Medien unterstellten. Die PSG und die IYSSE vertrauten auf die Kraft der historischen Wahrheit. Im Unterschied zu den Vertretern der Postmoderne, für die Geschichte lediglich aus subjektiven Interpretationen, Narrativen und Repräsentationen besteht, waren sie überzeugt, dass eine objektive Auseinandersetzung mit der Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts, die Entlarvung historischer Lügen und eine sorgfältige Analyse der Ursachen des deutschen Militarismus unter Studierenden Resonanz finden würden. Eine sozialistische Antikriegsbewegung – die einzige Möglichkeit, die Gefahr eines Dritten Weltkriegs zu bannen – kann nicht auf der Grundlage von oberflächlicher Demagogie und Lügen, sondern nur auf der Grundlage der historischen Wahrheit entwickelt werden.

Die Ereignisse an der Humboldt-Universität haben diese marxistische Auffassung bestätigt. Die IYSSE organisierten eine intensive Kampagne. Sie führten öffentliche Veranstaltungen durch, die auf großes Interesse stießen, informierten die Studierenden mit Infoständen und Flugblättern und kandidierten erfolgreich zum Studierendenparlament. Je mehr Resonanz sie fanden, desto heftiger war die Reaktion von Münkler, Baberowski und der Universitätsleitung. Sie antworteten mit Zensur, Einschüchterung, Verleumdung und der Mobilisierung der bürgerlichen Presse. Als Studierende der Sozialwissenschaften im Frühjahr 2015 begannen, auf dem Blog „Münkler-Watch“ die Vorlesungen Münklers zu dokumentieren und kritisch zu kommentieren, erreichte der Sturm in den Medien Orkanstärke.

Er blieb ohne Wirkung. Am 11. Juni 2015 verabschiedete das Studierendenparlament auf Initiative der IYSSE mit großer Mehrheit eine Resolution, die das Vorgehen der Universitätsleitung missbilligt, sich von den Lehrinhalten Münklers und Baberowskis distanziert und die Studierenden auffordert, „sich politisch zu äußern, Herrschaft zu hinterfragen und vor allem in Bezug auf die Lehrinhalte an einer Universität Tendenzen der Verharmlosung der menschenverachtenden deutschen Geschichte entgegenzutreten“. (6)

Die Auseinandersetzung ist allerdings nicht beendet. Und sie betrifft nicht nur die Humboldt-Universität. Die Fragen, die dort aufgekommen sind und die in diesem Band dokumentiert werden, sind für Jugendliche, Studierende und auch für breite Bevölkerungsschichten in ganz Deutschland und weltweit von brennender Bedeutung. Auf die tiefe Krise des Weltfinanzsystems, die Desintegration der Europäischen Union und wachsende globale Konflikte reagieren die herrschenden Eliten überall mit Militarismus und verschärften sozialen Angriffen.

Dieser Band dokumentiert die Auseinandersetzung an der Humboldt-Universität seit Anfang 2014. Wir haben die Beiträge nicht chronologisch, sondern thematisch ausgewählt und angeordnet. Das soll unnötige Wiederholungen vermeiden, die bei einer Sammlung von Artikeln, Briefen, Vorträgen und Erklärungen, entstanden als Reaktion auf aktuelle Ereignisse, unvermeidlich sind, und es dem Leser erleichtern, sich auf die inhaltlichen Fragen zu konzentrieren.

Die ersten beiden Beiträge gehen auf den politischen und historischen Hintergrund der Auseinandersetzung an der Humboldt-Universität ein. Der Vortrag „Warum wollen die deutschen Eliten wieder Krieg?“ gibt einen guten Überblick über die Fragen, um die es in diesem Buch geht. Peter Schwarz hielt ihn am 23. Oktober 2014 auf Einladung der IYSSE an der Humboldt-Universität.

Dem Vortrag war eine heftige Auseinandersetzung mit der Universitätsleitung vorausgegangen. Nach einer Intervention Baberowskis genehmigte sie den Vorlesungsraum nur unter der Voraussetzung, „dass im Vorfeld, während und nach der Veranstaltung nicht erneut Mitglieder der Universität geschmäht bzw. auf Flyern, Plakaten, im Internet oder sonst irgendwie als Militaristen und Kriegstreiber beschimpft werden“. (7)

Die IYSSE lehnten diese Bedingung als Zensurversuch ab. In einem Schreiben an die Universitätsleitung erklärten sie: „Wir erachten es als Studierendengruppe an der Humboldt-Universität nicht nur als unser Recht, sondern als unsere Pflicht, solchen Anschauungen entgegenzutreten und sie zu verurteilen … Während Prof. Baberowski jede Gelegenheit innerhalb und außerhalb des akademischen Betriebs nutzt, um seine rechten Ansichten zu verbreiten, will er Widerspruch dagegen mit administrativen Maßnahmen unterdrücken. Das erinnert an die dunkelsten Tage der deutschen Geschichte, als Kriegsgegner verfolgt und kriminalisiert wurden.“ (8)

Die Universitätsleitung gab schließlich nach, und die Veranstaltung wurde ein großer Erfolg. Etwa 200 Besucher, darunter viele Studierende der HU, aber auch Gruppen von Studierenden der anderen Berliner Universitäten sowie Auszubildende und Arbeiter drängten in den viel zu kleinen Hörsaal, der aus allen Nähten platzte.

Der Vortrag „Die Universitäten als ideologische Zentren des Militarismus“ von Ulrich Rippert gibt einen historischen Überblick über die Gleichschaltung der Universitäten im Dritten Reich und ihre seitherige Entwicklung.

Die folgenden vier Beiträge befassen sich mit Herfried Münkler: mit seinen Attacken auf Fritz Fischer, mit seinem Buch „Macht in der Mitte“, mit seiner Forderung, der „lahmen Dame Demokratie“ einen „jungen und kraftvollen Neffen“ zur Seite zu stellen, der „mitunter diktatorische Neigungen hat“, und mit seinem Einsatz für Kampfdrohnen und Giftgas.

Der Aufsatz „Jörg Baberowskis Geschichtsfälschung“ gibt eine Übersicht über Baberowskis theoretische und historische Auffassungen und seinen politischen Werdegang. Er arbeitet die Verbindungen zwischen seiner politischen Vergangenheit im maoistischen Kommunistischen Bund Westdeutschland (KBW), seiner irrationalistischen Geschichts- und Gewalttheorie, seiner Verachtung für Objektivität und Quellenstudium und seiner Verfälschung der Oktoberrevolution heraus und weist nach, wie er die Verbrechen des Nationalsozialismus relativiert. Der sorgfältig dokumentierte Aufsatz widerlegt den immer wieder erhobenen Vorwurf, die IYSSE rissen Baberowskis Äußerungen aus dem Zusammenhang.

Den Abschluss des Hauptteils des Bandes bildet der Vortrag „Sozialismus und historische Wahrheit“, mit dem David North am 13. März 2015 im Rahmen der Leipziger Buchmesse sein neues Buch „Die Russische Revolution und das unvollendete Zwanzigste Jahrhundert“ vorstellte. Der Vortrag stieß auf außerordentliches Interesse. Mit 450 Zuhörern zählte die Veranstaltung zu den bestbesuchten der gesamten Buchmesse.

In diesem Vortrag stellt der Chefredakteur der „World Socialist Web Site“ (WSWS) und Vorsitzende der Socialist Equality Party in den USA die Auseinandersetzung an der Humboldt-Universität in einen größeren historischen und internationalen Zusammenhang. Sein Buch, dessen fünfzehn Kapitel im Laufe von zwanzig Jahren entstanden sind, bezeichnet er als „Reaktion auf die historischen, theoretischen und politischen Probleme, die sich stellten, nachdem in den Jahren 1989 bis 1991 die stalinistischen Regime in Osteuropa zusammengebrochen waren und die Sowjetunion aufgelöst worden war“. (9)

Es ist kein Zufall, dass sich die Auseinandersetzung mit Baberowski an der Humboldt-Universität an der Frage Leo Trotzkis entzündete. Trotzki, der bedeutendste marxistische Gegner Stalins, war seit langem Gegenstand heftiger Verleumdungen und historischer Fälschungen. Die Verteufelung der russischen Oktoberrevolution, die Behauptung, es habe keine sozialistische Alternative zum Stalinismus gegeben, und Stalins Gewaltherrschaft sei die unausweichliche Folge der Machteroberung der Bolschewiki gewesen, steht und fällt mit der Diffamierung Trotzkis. David North‘ vorangegangenes Buch, „Verteidigung Leo Trotzkis“, befasst sich mit diesem Thema. Es hat die Trotzki-Biografie des Briten Robert Service als „zusammengeschustertes Machwerk“ mit unzähligen faktischen Fehlern, gezielten Fälschungen und grotesken Fehlurteilen entlarvt. Die renommierte Fachzeitschrift „American Historical Review“ sowie vierzehn anerkannte Historiker aus dem deutschsprachigen Raum haben sich diesem Urteil angeschlossen.

Im Februar 2014 lud Baberowski Service zu einem öffentlichen Kolloquium seines Lehrstuhls ein, um seine Trotzki-Biografie vorzustellen. Als die PSG Baberowski informierte, dass sie an dem Kolloquium teilnehmen werde, und schriftliche Fragen an Service einreichte, reagierte dieser mit autoritären Maßnahmen, die grundlegende demokratische Rechte und akademische Freiheiten in Frage stellten. Er verlegte das Kolloquium an einen geheimen Ort und hinderte mit Hilfe eines Sicherheitsdienstes jeden an der Teilnahme, der im Verdacht stand, er könnte kritische Fragen stellen. Anhang I dokumentiert diese Ereignisse.

Anhang II enthält Erklärungen und Briefe, mit denen die IYSSE gegen die Unterdrückung der Meinungsfreiheit durch die Universitätsleitung kämpften, sowie den Aufruf der IYSSE zur Wahl des Studierendenparlaments. Es handelt sich um eine kleine Auswahl. Eine vollständige Sammlung befindet sich auf der Website der IYSSE. (10)

Die Universitätsleitung tat alles, um den IYSSE Steine in den Weg zu legen und sie einzuschüchtern. Sowohl das Institut für Geschichtswissenschaften wie die Universitätsleitung selbst veröffentlichten auf ihrer offiziellen Website Angriffe auf die IYSSE. Das Institut für Geschichtswissenschaften rief dazu auf, Kritik an Baberowski „in Räumen der Humboldt-Universität“ nicht mehr zu dulden, und forderte „Lehrende und Studierende der Humboldt-Universität auf, der Kampagne gegen Professor Baberowski entgegenzutreten“. (11)

Auch die Presse wurde mobilisiert. Am 1. Dezember 2014 veröffentlichte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (F.A.Z.) unter der Überschrift „Mobbing, trotzkistisch“ (12) eine herabsetzende, entstellende und fehlerhafte Attacke auf die Partei für Soziale Gleichheit. Der Artikel stammte von Jürgen Kaube, dem Ressortleiter für Geisteswissenschaften. Inzwischen firmiert Kaube, der Baberowski persönlich kennt, als Herausgeber der F.A.Z. Trotz dieser Hetze gelang es den IYSSE, im Rahmen ihrer Wahlkampagne mehrere gutbesuchte Vorträge durchzuführen und einen Sitz im Studierendenparlament zu gewinnen.

Anhang III dokumentiert die Auseinandersetzung um „Münkler-Watch“. Die „World Socialist Web Site“ und die IYSSE verteidigten die Blogger in zahlreichen Artikeln und Stellungnahmen gegen die Angriffe der Universität und der Medien. Die Beiträge in diesem Anhang sprechen für sich.

Wir hoffen, dass dieses Buch Studierende an der HU und an anderen Universitäten ermutigt, deren Verwandlung in Werkzeuge der Kriegspropaganda entgegenzutreten und sich mit den historischen Fragen auseinanderzusetzen, die darin erläutert werden. Es ist aber auch für Arbeiterinnen und Arbeiter von großem Interesse. Sie müssen im Kampf gegen Militarismus und Krieg eine führende Rolle übernehmen und sich für die Meinungsfreiheit der Studierenden einsetzen. Schon die Verteidigung von elementaren sozialen Errungenschaften, von Arbeitsplätzen und Löhnen stellt sie heute vor politische Aufgaben, die nur mit einer historisch fundierten Perspektive zu lösen sind.

Peter Schwarz

Berlin, 18. Juni 2015

Anmerkungen

1) Sebastian Haffner, Geschichte eines Deutschen, Stuttgart/München 2000, S. 126.

2) Leo Trotzki, Porträt des Nationalsozialismus, Essen 1999, S. 305.

3) Herfried Münkler, Macht in der Mitte, Hamburg 2015.

4) Dirk Kurbjuweit, „Der Wandel der Vergangenheit“, in: Der Spiegel 7/2014, 10.2.2014,S. 112, 114, 116–117.

5) David North, „Sozialismus und historische Wahrheit“.

6) „Resolution des StuPa“.

7) Schreiben des Sprechers der Humboldt-Universität, Hans-Christoph Keller, an die IYSSE, 7.10.2014.

8) „IYSSE protestieren gegen Zensur an der Humboldt-Universität“.

9) David North, „Sozialismus und historische Wahrheit“.

10) http://iysse.gleichheit.de/dokumente/.

11) Prof. Dr. Peter Burschel, „Stellungnahme zu den Angriffen auf Prof. Dr. Jörg Baberowski“.

12) Jürgen Kaube: „Mobbing, trotzkistisch“, auf: Frankfurter Allgemeine Feuilleton.

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