Opel-Kollegen unterstützen inhaftierte Maruti-Suzuki-Arbeiter

Während sich Betriebsräte und IG Metall-Führer im Berliner Wirtschaftsministerium zu Geheimgesprächen mit dem Chef des neuen Opel-Eigentümers Peugeot trafen, lasen viele Arbeiter im Werk Rüsselsheim beim Schichtwechsel das Autoarbeiter-Info über den Fall Maruti Suzuki. Sie unterstützten ihre Kollegen in Indien, die Opfer eines Justizkomplotts geworden und zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden sind.

Schichtwechsel bei Opel-Rüsselsheim

Im nordindischen Bundesstaat Haryana hat ein Gericht dreizehn Arbeiter von Maruti Suzuki zu Unrecht wegen „Totschlags“ zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Weitere achtzehn Kollegen sollen wegen minder schwerer Delikte jahrelang im Gefängnis sitzen. In seinem Statement weist das Internationale Komitee der Vierten Internationale diese juristische Verschwörung zurück und ruft zur Verteidigung der Maruti-Suzuki-Arbeiter auf.

Die Arbeiter in Rüsselsheim verstanden, dass die Autobauer weltweit unter Angriff stehen und gemeinsam kämpfen müssen. Im Gespräch mit den Reportern der World Socialist Web Site zeigten viele Opel-Arbeiter großes Interesse für das Schicksal ihrer Kollegen von Maruti Suzuki und versprachen, die Online-Petition zu unterzeichnen. Einige sahen sofort Parallelen zu ihrer eigenen Lage.

Ein Arbeiter informiert sich über den Fall Maruti Suzuki

Tobias H., ein Opel-Arbeiter, der seit 27 Jahren in Rüsselsheim am Band steht, bezeichnete es als „Skandal“, wie man mit den indischen Kollegen umgeht. „Ja ich habe es gelesen“, sagte Tobias. „Es ist ein Komplott, bei dem die Justiz mit dem Unternehmer zusammenarbeitet. Man muss sie verteidigen. Im Grunde müsste es heißen: Einer für alle und alle für einen.“

Über den Betriebsrat von Opel sagte Tobias: „Der Betriebsrat und die IG Metall sind auch nicht mehr das Gelbe vom Ei. Damit haben wir in den letzten Jahren schon eine ganze Menge erlebt. Zum Beispiel bekommen wir einfach keine vernünftigen Informationen, immer erst hinterher, wenn aller beschlossen und abgekaspert ist. Ich habe nichts davon gewusst, dass sie sich heute in Berlin mit [Peugeot-Chef] Tavares treffen.“

„Dieses Treffen in Berlin kommt mir vor wie eine große Verschwörung der IG Metall mit den Unternehmern“, ergänzte Giovanni, der seit vierzig Jahren bei Opel arbeitet. „Warum haben sie uns auf der letzten Betriebsversammlung darüber nichts gesagt? Am Freitag hatten wir Versammlung, und sie wurde unterbrochen, ohne dass uns erklärt wurde, warum.“

Ein polnischer Kollege sagte, er sei froh, in Rüsselsheim zu arbeiten und nicht in Gliwice oder Tychy, wo die Arbeiter sehr viel weniger Lohn bekommen. „Sie spielen uns gegeneinander aus. Das führt dazu, dass wir gar nichts mehr machen können.“

Zwei marokkanische Arbeiter sagten, sie hätten gelesen, dass die Maruti-Suzuki-Arbeiter zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden seien. „Das ist eine schlimme Sache“, sagte der eine von ihnen. „Unterschreiben werden wir auf jeden Fall.“ Sie wollten jedoch ihre Namen nicht nennen und sagten: „Wenn man sich hier als einzelner auflehnt, dann ist man sofort dran. Wir haben ja alle Familie. Man muss nur hoffen, dass hier nicht auch solche Methoden angewandt werden.“

Auf den Betriebsrat und die Gewerkschaft könne man sich nicht verlassen. Einer berichtete: „In unsrer Abteilung hat ein Vertrauensmann Probleme bekommen, bloß weil er uns erzählt hat, was auf der Sitzung besprochen worden war. Keiner hat ihn verteidigt. Ich bin nicht in der Gewerkschaft, denn es bringt überhaupt nichts.“

Heiner K., ein Arbeiter mit fast zwanzigjähriger Erfahrung am Band in Rüsselsheim, erklärte, er habe „kein Vertrauen mehr in die IG Metall“, obwohl er noch Mitglied sei. Aber in den letzten Jahren sei einfach zu viel gelaufen. „Der Druck nimmt ständig zu, und es gibt Mobbing im Betrieb. Wir haben alle die Nase voll. Der Betriebsrat sitzt in einem Boot mit dem Vorstand.“

Über die Inhaftierung der Maruti-Suzuki-Arbeiter sagte Heiner: „Das ist eine Schweinerei, ein richtiges Komplott gegen diese Kollegen. Mein Computer hat zwar gerade den Geist aufgegeben, aber ich werde die Online-Petition auf dem Gerät meines Freundes unterschreiben.“

Ein Arbeiter nahm den Handzettel mit und versprach, zu unterschreiben. Dann fragte er: „Was denkt ihr über den Boykott gegen Russland? Die bereiten doch Krieg vor; Deutschland will einen neuen Krieg.“ Zu den Gesprächen in Berlin meinte er: „Das ist alles eine große Show. Sie wollen uns nur verdummen.“

René

Sein Kollege meinte: „Die Petition ist genau richtig. Die sind ja nicht ganz sauber, was sie mit diesen indischen Arbeitern machen.“ Auch Fatih, ein etwa 40-jähriger Opel-Arbeiter türkischer Herkunft, sagte: „Die Petition möchte ich auf jeden Fall unterschreiben. Ich finde es gut, dass ihr diese Kampagne macht.“

René arbeitet in der Produktion, wo er Teile an die Bänder heranfährt. Er hat den Handzettel zu Maruti Suzuki ebenfalls gelesen und sagt: „Ich finde das nicht normal. Es kommt mir vor wie eine richtige Justizverschwörung. Ich finde, jeder Arbeiter muss für seine Rechte kämpfen können, ohne dass er gleich ins Gefängnis gesteckt wird.“ Er versprach, die Petition zu unterschreiben.

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