Die CIA-Demokraten – Teil 2

Agenten und Kommandeure

Die World Socialist Web Site veröffentlicht hier den zweiten Teil einer dreiteiligen Serie, die die engen Verbindungen zwischen der Demokratischen Partei und dem Militär- und Geheimdienstapparat in den USA untersucht und im März 2018 auf Englisch erschien. Am 6. März begannen in den USA die Vorwahlen der Demokraten, die bis zum September laufen und darüber entscheiden, welche Kandidaten für die Demokratische Partei in den Zwischenwahlen am 6. November antreten. Die WSWS wertet die Biografien zahlreicher Demokraten aus, die sich für die Nominierung aufgestellt haben. Informationen, die erst nach dem März bekannt wurden, sind hier nicht berücksichtigt. Der erste Teil wurde in deutscher Übersetzung am 27. Juli veröffentlicht. Siehe außerdem: „CIA übernimmt die Demokratische Partei“ [14. März 2018].

57 Demokraten, die sich derzeit in den US-Vorwahlen für die Kandidatur ihrer Partei bewerben, geben als Hauptreferenz ihre Dienstjahre im Geheimdienst, im Außenministerium, in den Kriegen im Irak oder Afghanistan oder einer Kombination der drei an. Sie stellen damit die größte Berufsgruppe aller Bewerber der Demokraten in 44 Kongresswahlbezirken dar.

Bemerkenswert ist nicht nur die enorme Anzahl dieser ehemaligen Agenten, von denen über 40 Prozent – 24 von 57 – Frauen sind. Es gibt weitere Aspekte, die hier relevant sind:

Agenten – aber nicht mehr geheim

Zahlreiche Kandidaten legen ihre Rolle in der CIA oder dem Militärgeheimdienst offen dar. In vergangenen Jahren wären solche Aktivitäten für eine Person, die ein öffentliches Amt anstrebt, als vertraulich, wenn nicht sogar als skandalös betrachtet worden. Nicht nur die Kandidaten hätten versucht, ihre Verknüpfung mit dem Geheimdienst zu verbergen, auch die CIA selbst hätte darauf bestanden – insbesondere bei denjenigen, die an Operationen und nicht nur an der Analyse beteiligt waren, da ihre Enttarnung auch lange nach ihrem Austritt als Gefährdung der „Quellen und Methoden“ der CIA gelten könnte.

Dies ist jedoch nicht mehr der Fall. Die Kandidaten von 2018, die aus der Schattenwelt der Spionage, Drohnen-Attentate und anderer Hinrichtungsmethoden rekrutiert wurden, prahlen heute förmlich mit ihrer Vergangenheit. Und weder CIA noch Pentagon hindern sie daran.

Zu den bereits untersuchten Fällen zählen Elissa Slotkin, die in Michigans achtem Wahlbezirk antritt und bei drei CIA-Einsätzen in Bagdad gedient hat, sowie Gina Ortiz Jones, einer Air Force-Geheimdienstoffizierin, die sich im 23. Bezirk von Texas für die Nominierung der Demokraten aufstellt. Es gibt noch viele weitere:

Abigail Spanberger, die sich im Wahlbezirk eines Vororts von Richmond, Virginia, um die Nominierung der Demokraten bewirbt, hat folgende Erklärung auf ihrer Kampagnen-Website veröffentlicht: „Nach fast einem Jahrzehnt im Dienste der CIA trete ich in Virginias siebtem Wahlbezirk zu den Kongresswahlen an, um für mehr Chancen, Gleichheit und Sicherheit für alle Amerikaner zu kämpfen. Meine bisherige Erfahrung als Strafverfolgungsbeamtin, CIA-Offizierin und mein ehrenamtliches Engagement in der Gemeinde haben mich gelehrt, wie wichtig es ist, zuzuhören.“ In der Tat!

Abigail Spanbergers Kampagnen-Website

Spanberger arbeitete als „Operations officer“ für die CIA: „Sie reiste und lebte im Ausland, wo sie Nachrichtengewinnung betrieb, Informanten betreute und hochrangige Programme im Dienste der Vereinigten Staaten leitete.“ Ihr Gegner in den Vorwahlen der Demokraten ist ein ehemaliger Pilot bei den Marinekorps, Dan Ward. Das ist nur ein Beispiel für fast ein Dutzend Rennen, bei denen Demokraten mit einem militärischen und/oder geheimdienstlichen Hintergrund gegeneinander antreten.

Jesse Colvin, der im ersten Wahlbezirk Marylands kandidiert, hat sechs Jahre im Militärgeheimdienst gedient und in dem Zeitraum vier Kampfeinsätze in Afghanistan und ein Jahr in der entmilitarisierten Zone zwischen Nordkorea und Südkorea verbracht. Seiner Wahlkampf-Biografie zufolge ist er „ein stolzer Absolvent des ‚US Army Ranger Course‘, der angesehensten Führungsschulung im Militär. Ich fühle mich noch mehr geehrt, dass ich im 75. Ranger-Regiment, den ‚Army Rangers‘, gedient habe. Die Rangers übernehmen viele Schlüsselpositionen bei den Spezialeinsatzkräften [Special Operations Forces – SOF] und ich schätze mich glücklich, mit Frauen und Männern dieses Kalibers gedient und diese geführt zu haben“.

In der Biografie heißt es weiter: „Als Ranger fanden meine vier Kampfeinsätze in Afghanistan im Rahmen einer ‚Joint Special Operations Task Force‘ statt. Ich leitete Teams zur Informationsgewinnung, deren Arbeit die Festnahme/Tötung von Taliban, al-Qaida und anderen terroristischen Anführern erleichterte. Ich leitete ein tödliches Drohnen-Programm und arbeitete mit Geheimdienstinformanten. Jeden Tag haben ich und mein Team zahlreiche Entscheidungen getroffen, die für meine Ranger-Kollegen, unsere afghanischen Partner und afghanische Zivilisten Folgen von Leben und Tod haben konnten.“

Jesse Colvin (vorne rechts) mit seiner Einheit in Afghanistan

Jeffrey Beals, der im 19. Wahlbezirk New Yorks für die Demokraten antritt, ist gegenwärtig Lehrer, doch er schreibt auf seiner Website: „Nachdem ich meine Karriere als CIA-Geheimdienstoffizier begonnen hatte, trat ich dem Außenministerium bei. […] Ich folgte 2004 dem Aufruf, unserem Land im Irak zu helfen und wurde zu einem der am längsten dienenden Diplomaten des Irak-Krieges. Da ich fließend arabisch konnte, habe ich die Rebellen konfrontiert, um die ersten diplomatischen Gespräche zwischen unserem Botschafter, unseren Generälen und der Aufstandsbewegung in die Wege zu leiten. Ich half die Konfliktparteien zusammen zu bringen, um eine Verfassung für den Irak zu erstellen und wurde sowohl vom US-Militär als auch vom Außenministerium ausgezeichnet.“

Zu Beals’ Unglück wird sein Wahlkampffonds, der bis zum 31. Dezember 2017 bereits 174.000 Dollar erreichte, von einem anderen Kandidaten aus dem Militärgeheimdienst übertroffen: Patrick Ryan, ein West-Point-Absolvent, der laut seiner Website zwei Diensteinsätze im Irak absolviert hat, darunter einer als „führender Geheimdienstoffizier eines Infanteriebataillons von 1000 Soldaten und Offizieren, die für Bodeneinsätze in Mossul zuständig waren“. Ryan konnte bis zum 31. Dezember letzten Jahres schon 906.000 Dollar an Spenden sammeln. Zwei weitere Kandidaten der Demokraten in diesem Wahlbezirk, ein politisch gut vernetzter Anwalt und ein Hersteller von Medizinprodukten, haben jeweils mehr als eine Million Dollar zusammengebracht – alle mit dem Ziel, den seit zwei Amtsperioden dienenden Republikaner John Faso im Bezirk Hudson Valley herauszufordern.

Jonathan Ebel, der sich im 13. Wahlbezirk von Illinois aufstellt, war vier Jahre lang Geheimdienstoffizier bei der Marine und während der Invasion des Iraks 2003 Teil des Europäischen Kommandos der Vereinigten Staaten mit Sitz in Stuttgart. Er unterrichtet gegenwärtig Religion an der Universität von Illinois, Urbana-Champaign.

Dann ist da noch Shelly Chauncey, die die demokratische Nominierung im fünften Bezirk Pennsylvanias, dem Vorort des Bundesstaates, anstrebt. Auf ihrer Website heißt es: „Shelly diente ihrer Nation über ein Jahrzehnt lang in der Central Intelligence Agency. Sie begann ihre Karriere als Sekretärin und arbeitete sich hoch, um Offizierin für Spionageabwehr zu werden. Sie diente als Geheimagentin der CIA in Lateinamerika, Ostasien und in den ganzen Vereinigten Staaten, wobei sie Geheimdienstoperationen im Ausland mit logistischen Informationen und Gegenspionage unterstützte.“

Der Verweis auf verdeckte Operationen „in den ganzen Vereinigten Staaten“ offenbart die Rolle des Geheimdienstapparats bei der Überwachung der amerikanischen Bevölkerung, obwohl es der CIA per Gesetz verboten ist, solche Aktivitäten zu betreiben.

Eine andere Kampagnen-Website erwähnt die inländischen Operationen der amerikanischen Spionagemaschinerie. Omar Siddiqui, der im 48. Wahlbezirk Kaliforniens antritt, beschreibt seinen Hintergrund folgendermaßen: „An vorderster Front der nationalen Verteidigung hat Mr. Siddiqui dem Federal Bureau of Investigation (FBI) als persönlicher Berater zu den Themen nationale Sicherheit und Terrorbekämpfung gedient und war davor Berater und Partner der Central Intelligence Agency (CIA). Mr. Siddiqui ist gegenwärtig Leiter von Sonderprojekten der FBI National Citizens Academy Alumni Association […].“

Kommandeure und Strategen des Irak-Krieges

Barack Obama gewann 2008 die Vorwahlen der Demokraten für den US-Präsidentschaftskandidaten und schließlich die Präsidentschaftswahlen vor allem, weil er sich als Gegner des von George W. Bush begonnenen Irak-Krieges präsentierte. Nach seiner Amtsübernahme behielt er den Verteidigungsminister der Bush-Regierung und ehemaligen CIA-Direktor Robert Gates jedoch im Kabinett, führte den Irak-Krieg drei Jahre lang fort und eskalierte den langjährigen US-Krieg in Afghanistan.

Vor diesem Hintergrund ist es bezeichnend, dass heute so viele Bewerber der Demokraten, die eine Militär- oder Geheimdienstkarriere hinter sich haben, mit ihrer Beteiligung am Irak-Krieg prahlen und diese in manchen Fällen sogar als Höhepunkt ihres professionellen oder gar ihres persönlichen Lebens ansehen.

So traf die bereits oben erwähnte Elissa Slotkin ihren zukünftigen Ehemann, den Piloten eines Apache-Kampfhubschraubers, als sie als CIA-Agentin in Bagdad arbeitete. Der Bewerber Dan McCready, ein Marinekorps-Veteran, Multi-Millionär und Unternehmer im Bereich der erneuerbaren Energien, behauptet sogar, er habe im Irak zu Jesus gefunden – dort wurde er mit Wasser aus dem Euphrat getauft. McCready wird vom Democratic Congessional Campaign Committee (DCCC) als Kandidat im neunten Wahlbezirk von North Carolina unterstützt.

Die Irak-Kriegsveteranen sind entweder Offiziere und zählen somit zu den Hauptverantwortlichen eines der großen Verbrechen des 21. Jahrhunderts, oder waren bei Spezialeinsatzkräften wie den Army Rangers oder den Navy SEALs tätig, wo sie an verdeckten Operationen teilnahmen, die zu den blutigsten und brutalsten Einsätzen des Kriegs gehören. Andere übernahmen hohe Posten im Pentagon oder dem nationalen Sicherheitsrat.

Daniel Helmer tritt im zehnten Wahlbezirk Kaliforniens gegen weitere fünf Kandidaten mit hohen Kampagnengeldern an, darunter Alison Friedman, die früher im Außenministerium gearbeitet und schon über 1 Million Dollar für ihre Kampagne gesammelt hat. Helmer äußert sich auffallend wenig über seine Tätigkeit in Afghanistan und im Irak, obwohl ein Foto von ihm in Uniform auf seiner Startseite prangt. Allerdings kann er sich mit der bei weitem längsten Unterstützerliste an ehemaligen nationalen Sicherheitsbeamten brüsten, darunter acht Generäle und vier Admirale, zwei ehemalige stellvertretende Direktoren der CIA, Avril Haines und David Cohen, sowie Michèle Flournoy, ehemalige Staatssekretärin für Verteidigungspolitik. Wie er sich ihre Gunst erworben hat, bleibt der Phantasie überlassen.

Richard Ojeda, der 2016 bereits zum Senator im Bundesstaat West Virginia gewählt wurde, strebt dort nun eine Kandidatur im dritten Wahlbezirk an, der sich über das südliche Drittel West Virginias erstreckt. Wie die englische WSWS bereits berichtete, gründet Ojeda seine politische Laufbahn auf über zwanzig Jahren bei den United States Army Special Forces (Airborne, Luftlande-Sondereinsatzkommando), in denen er mehrmals im Irak und in Afghanistan eingesetzt wurde, wo er den Rang des Majors erlangte. Zum Schluss leitete er die Rekrutierungsarbeit in Beckley und versuchte, Jugendliche in West Virginia und Virginia zu überzeugen, als Kanonenfutter für das Pentagon herzuhalten.

Josh Butner, der im 50. Wahlbezirk Kaliforniens gegen den Republikaner Duncan Hunter Jr. antritt, „diente 23 Jahre lang in der US-Navy, bei der er mehrere Kampfeinsätze leitete, zuletzt im Irak und in Afghanistan“. Der Navy-SEAL-Veteran geht in seiner Biografie fast gar nicht darauf ein, was er bei dem hochrangigen militärischen Tötungskommando eigentlich gemacht hat – was zu erwarten ist. Auf seiner Kampagnenwebsite wird lediglich der Slogan „Service, Country, Leadership“ nebst einem Foto von Butner in Tarnuniform präsentiert.

Dan Feehan tritt als Nachfolger des amtierenden Demokraten Tim Walz im ersten Wahlbezirk von Minnesota an. Walz hatte angekündigt, dass er als Gouverneur kandidieren wird. Von 2005 bis 2009 war Feehan seiner Kampagnen-Biografie zufolge „Soldat im aktiven Dienst und nahm an drei Kampfeinsätzen im Rahmen der Operation ‚Iraqi Freedom‘ teil“. Er trat dann der Obama-Regierung bei, zuerst als Berater im Weißen Haus und anschließend als Assistant Secretary of Defense im Pentagon.

Andy Kim, der im dritten Wahlbezirk New Jerseys antritt, konnte mehr Geld sammeln als der amtierende Republikaner Tom MacArthur. Kim hat im Pentagon gearbeitet und war strategischer Berater der Generäle David Petraeus und John Allen, als diese noch das Kommando über die US-Streitkräfte in Afghanistan innehatten. Er wechselte anschließend zum nationalen Sicherheitsrat wo er zwei Jahre lang als Direktor für den Irak unter Obama tätig war.

Maura Sullivan, die eine Nominierung der Demokraten im zweiten Wahlbezirk von New Hampshire anstrebt, weil dort die amtierende Demokratin Carol Shea-Porter zurücktritt, war Offizierin beim Marinekorps. Sie erhielt den Rang eines Hauptmanns und wurde im irakischen Fallujah stationiert, dem Schauplatz einiger der blutigsten Schlachten und brutalsten Kriegsverbrechen der USA im Irakkrieg. Sie trat ebenfalls der Obama-Regierung als zivile Verwaltungsbeamtin im Pentagon und im Kriegsveteranenministerium bei.

Jason Crow tritt im sechsten Wahlbezirk von Colorado gegen den amtierenden Republikaner Mike Coffman an. Das DCCC hat Crow als einen der Top-Kandidaten der Demokraten für das „Red-to-Blue“-Programm ausgewählt. Crow ist Veteran der 82. Airborne Division, der während des Einmarschs in den Irak eine Fallschirmjäger-Einheit leitete. Danach schoss er sich den Army Rangers an und diente als Mitglied der „Joint Special Operations Task Force“ in zwei Einsätzen in Afghanistan, wo er zum Hauptmann aufstieg.

Matthew Morgan schildert auf seiner Kampagnen-Seite seine „zwanzigjährige Karriere bei den US Marine-Korps, in deren Rahmen ich routinemäßig im Ausland stationiert war. Aus diesem Grund hatte ich mehrere leitende Positionen inne, bei denen ich zahlreiche militärische Führungspersonen beriet, darunter auch den Verteidigungsminister“. Morgan nahm an zwei Einsätzen im Irak teil und war an der Terrorismusbekämpfung am Horn von Afrika beteiligt. Jetzt ist er unangefochtener Kandidat für die Nominierung der Demokraten im ersten Wahlbezirk Michigans. Dort wechselte das Amt immer wieder zwischen den beiden „Big-Business“-Parteien hin und her und wird gegenwärtig von dem Republikaner Jack Bergman in der ersten Amtsperiode gehalten.

Fortsetzung folgt

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