Briefe an die World Socialist Web Site

Zum Artikel: "Rechte US-Politiker und Medien verbreiten antifranzösisches Gift" vom 25. Februar 2003

Vielen Dank für diese interessante Zusammenstellung + Analyse!

Das ist der Unterschied, den die verbrecherische USA-Regierung NOCH zwischen Frankreich und Irak macht: Die einen werden NOCH beschimpft, die anderen BEREITS bombardiert.

Da braucht man nicht mehr nachdenken, wer der eigentliche Schurkenstaat ist!

Macht weiter so!

M.S. 26. Februar 03

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Zum Antisemitismus

Hi!

Euren Artikel fand ich richtig, wenngleich sich die Frage stellt, ob sich Israel den Interessen der USA unterordnen muss, oder ob es sich hier nicht um eine Allianz handelt, die von beiden Seiten als profitabel angesehen wird.

Bemerkt werden muss zu dem Artikel, dass es durchaus nicht so war, dass die zionistischen Organisationen vor dem Holocaust einen besonderen Zulauf in der Arbeiterbewegung hatten, vielmehr wurde ihr Standpunkt innerhalb der Internationale von allen Parteien abgelehnt. Auch jüdische Führungspersönlichkeiten der Arbeiterbewegung, wie Trotzki oder Rosa Luxemburg, standen dem zionistischen Projekt ablehnend gegenüber. Schon damals aber wurde deutlich, dass auch die sozialistische Strömung innerhalb des Zionismus nicht davon ausging, dass die Araber friedlich ihr Land räumen würden, d. h. die Vertreibungsaktionen gegenüber den Palästinensern wurden von ihnen gedeckt.

Wie aber den "Antideutschen", die hinter allem die Neuaufrichtung von Auschwitz vermuten, begegnen? Sie spielen mit der Angst der Menschen und schüren die Hysterie. Jeder kann potentiell ein Antisemit sein. Jeder ist schuldig und über allen hängt das Gericht desjenigen, der über die moralisch richtige Einstellung verfügt. Diese Raserei kann wohl nur durchbrochen werden, wenn es zum einen gelingt, die gesellschaftlichen Grundlagen dieser Praxis, die nicht zum ersten Mal funktioniert, aufzudecken, zum anderen muss es auch darum gehen eine andere Lebenseinstellung zu vermitteln. Sozialismus als Zustand allgemeiner Paranoia funktioniert nicht, es ist vielmehr die Funktionsweise des Stalinismus.

"Die ‚Moderne’ erweist sich als ‚Zeitalter des Argwohns’ (Nathalie Sarraute), der eine erschreckende Dynamik entwickelt, die z.T. bereits Machiavelli bewusst war. Das Denken im ‚Extrem’ oder im ‚Notstand’ trägt mit dazu bei, die gefürchteten Zustände herbeizuführen. Der Gedanke, jeder verfolge stets nur seinen eigenen Vorteil und warte nur darauf, notfalls auch mit Gewalt seine eigenen Ziele durchzusetzen, wird zur Rechtfertigung und zum Auslöser des eigenen Egoismus und der eigenen Aggressivität. Die ‚Moderne’ ist das Zeitalter des Präventivkriegs oder allgemeiner: der Präventivmaßnahme, deren Wesen darin besteht, die noch gar nicht eingetretene, nur eben mögliche Aktivität des ‚Gegners’ in Gedanken und in der Tat vorwegzunehmen." (Helmut Hein, 1986)

Gruß,

E.S. 26. Februar 03

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Bürgerliche Ideologie

Liebe Mitarbeiter des wsws,

in einem der letzten Leserbriefe zum Krieg in Irak an euch wurde angesprochen, dass sich eine Haltung des ‚Sich-Durchwurstelns’, ‚jeder für sich’, unter dem Druck der Verhältnisse offensichtlich weiter vertieft.

Diese Beobachtung möchte ich bestätigen, und ich sehe hier eine Verbindung zur bürgerlichen Ideologie im allgemeinen. Eine deren zentralen Voraussetzungen lautet, dass der Mensch grundsätzlich ein privates Wesen und für sein Geschick selbst verantwortlich ist. Privates Wohlergehen also eine Folge von persönlicher Tüchtigkeit und Ausdruck individueller Leistung. Übermäßiger Reichtum sei eben auf Erbschaft oder Spekulation zurückzuführen, und nicht etwa auf systematische Aneignung anderer Leute Arbeit über die Verteilung des Mehrwerts, wie es tatsächlich ist. Wem es materiell und nervlich immer schlechter geht, beißt eben einfach die Zähne nicht genug zusammen, ist "zu schwach" für 'das Leben'. Keine Rede davon, dass es keine private Perspektive gibt, die sich sozusagen innerhalb eines gesellschaftlichen Vakuums vollzieht.

So manches Sprichwort geht auch in diese Richtung, wie etwa "Jeder ist seines Glückes Schmied" oder "Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott", "Jeder soll vor seiner eigenen Haustür kehren" usw.. Ich habe den Eindruck, dass solche Ansichten umso markanter sind, je kleinbürgerlicher eine Gegend geprägt ist, je rückständiger also das wirtschaftliche Gefüge ist. Lebt man in einer solchen Gegend, kann man an diesem Aroma richtig krank werden, je bewusster man sich der Überkommenheit ist.

Sehr interessant ist in diesem Zusammenhang eine Aussage im Buch "Kommunismus heute" des DKP-Ideologen Hans-Heinz Holz. Schon auf den ersten Seiten steht da: "Der Mensch ist grundsätzlich ein privates Wesen, so sehr er auch von den Inhalten der Politik ergriffen sein mag." Auf solche ‚Kommunisten’ kann man verzichten.

Die grundsätzliche Auffassung eines Menschen als soziales Molekül, und der Gesellschaft als rein rechnerische Summe ihrer privaten Einzelteile, steckt meiner Ansicht nach auch hinter einem Demokratieverständnis, wie es in der FAZ mit Bezug auf Karl Popper anklang: nicht etwa die Herrschaft der Bevölkerung, sondern einer ‚durchblickenden’ Elite, die die privaten Einzelteile wirtschaftlich und politisch führen muss, weil sie selbst dazu nicht in der Lage, zu unwissend wären.

Letztlich heißt das meiner Meinung nach, dass die bürgerliche Ideologie, letztendlich, nicht auf demokratischen Grundsätzen basiert. Dieser Schein wird gewahrt, solange diese einer Aufrechterhaltung der Eigentumsverhältnisse nicht ernsthaft im Weg stehen. Die mechanistische Auffassung einer Summe wiederholt sich denke ich auch in der Deutung der Weltwirtschaft als Summe ihrer nationalen Bestandteile. Man kann wohl mit recht sagen, dass dies mithin die bürgerliche Wurzel des Stalinismus, und auch die stalinistische Wurzel der PDS verdeutlicht. Auch nicht ansatzweise ein Gedankengang zum Umschlag von Quantität in Qualität.

Eine systematische und in sich geschlossene Ausarbeitung zum Thema bürgerliche Ideologie fehlt meiner Ansicht nach noch. Bei den Klassikern wird es oft polemisch angerissen, aber selten in alle Tiefe weiter verfolgt.

Grüße,

M. 25. Februar 03

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Medizin als Kriegsgrund?

Ich habe mir gerade Michael Moores "Stupid White Men" zu Gemüte geführt. Ein recht zynisches Werk, das aber auf Tatsachen beruht. Es ist vor allem interessant, zu erfahren, in den Vorständen welcher Firmen Rumsfeld und Co. schon gesessen haben und von wem sie alles bereits Gelder erhielten.

Unter anderem tauchen recht häufig Pharma-Konzerne auf. Wie gelegen kommt es da, dass die Terroristen gerade auf dem Biowaffen-Trip sind. Und bei den Tipps, die die US-Regierung derzeit so von sich gibt, möchte man fast glauben, dass sie auch bei einigen Klebeband-Herstellern groß im Geschäft ist.

Es ist aber schon traurig: Millionen Menschen sterben täglich an Hunger und Krankheit und wir müssen extra Terroristen aufschrecken, um die Produktion von Medizin anzukurbeln... Ich will die Gefahr von Seuchen keinesfalls herunterspielen, nur sind mir die Leute suspekt, die am lautesten darüber reden.

Wozu das alles führt, wisst ihr alle ja selbst.

Ach ja: Zum Thema Westerwelle empfehle ich übrigens jedem, sich einmal in die Geschichtsbücher einzulesen, damit wir, sobald sich der Manchester-Kapitalismus wieder etabliert hat, wissen, wie wir uns unseren Herren gegenüber zu verhalten haben.

Euer T.E. 02. März 03

Siehe auch:
Rechte US-Politiker und Medien verbreiten antifranzösisches Gift
(25. Februar 2003)
Die FDP, Rechtspopulismus und Antisemitismus
( 30. Mai 2002)
Ein Briefwechsel über Marx und die Frage des Antisemitismus
( 24. Mai 2002)
Antisemitismus, Faschismus und Holocaust
( April 1997)
Leserbriefe zum Irakkrieg
( 25. Februar 2003)
Bushs fünfte Kolonne
( 22. Februar 2003)
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