Bushs Afrikareise und die Absichten des US-Imperialismus

Die Afrikareise des amerikanischen Präsidenten Bush geriet zu einem veritablen PR-Debakel. Obwohl ein sorgfältig organisiertes Medienspektakel auf das andere folgte und er außer Reichweite von Protesten und normalen Einwohnern blieb, musste Bush die meiste Zeit unangenehme Fragen über nicht vorhandene irakische Massenvernichtungswaffen und über die Lügen beantworten, mit denen er den Krieg begründet hatte.

Sein Bemühen, sich als mitfühlender Mensch zu präsentieren, geriet ihm, milde gesprochen, wenig überzeugend.

Zu Beginn seines Besuchs verlas Bush auf der Sklavenmarkt-Insel Goree im Senegal eine Rede. Seine Redenschreiber hatten jeden nur erdenklichen Kämpfer gegen die Unterdrückung der Schwarzen angeführt, aber die Wirkung wurde durch die Tatsache neutralisiert, dass die örtliche Bevölkerung für die Dauer von Bushs Besuch zusammengetrieben und in einem Fußballstadion auf der anderen Seite der Insel gefangengehalten wurde.

Zu den Freiheitshelden, die Bush in seiner Rede anführte, gehörte auch Nelson Mandela, den Bush allerdings nicht treffen wollte, weil dieser ihn wegen des Irakkriegs kritisiert hatte. Mandela hatte den US-Präsidenten als einen Mann bezeichnet, der "nicht richtig denken kann".

Die südafrikanische Regierung sorgte dafür, dass Mandela während Bushs Besuch in London war, um eine diplomatisch peinliche Situation zu vermeiden. Allerdings setzte Mandela in London seine Angriffe auf die amerikanische Außenpolitik fort. In einem Vortrag für das Rote Kreuz sagte er. "Wir sehen uns veranlasst, uns in aller Deutlichkeit gegen den zunehmenden Unilateralismus auf der Welt auszusprechen."

Bush warb für seine 15 Mrd. Dollar Aids-Initiative. Im vielleicht ekelerregendsten Moment einer insgesamt zynischen und farcenhaften Tour umarmte Bush vor laufenden Kameras Aids-Waisen, während seine Frau Tränen vergoss.

Amerika, beschwerte sich Bush, werde als "Land ohne Mitgefühl" dargestellt. Ständig würde es mit dem Begriff "Krieg" in Verbindung gebracht. (Das sagt ein Mann, der nach dem 11. September den unbegrenzten "Krieg gegen den Terrorismus" zur zentralen Aufgabe seiner Präsidentschaft erklärte, die Doktrin vom Präventivkrieg verkündete und zwei Invasionen gegen praktisch wehrlose Länder - Afghanistan und den Irak - durchführte.)

Sollte Bush geglaubt haben, sein Besuch werde das Bild der Vereinigten Staaten als kriegstreiberischen Tyrannen korrigieren, so hat er sich getäuscht. Seine 15 Mrd. Dollar Aids-Initiative erwies sich schon als Betrug, während er noch für die Fotos posierte. Der von Bushs republikanischer Partei kontrollierte Kongress reduzierte die Zahlungen für den Fonds von drei auf zwei Milliarden Dollar pro Jahr. Aber selbst wenn fünf Jahre lang je drei Mrd. Dollar gezahlt würden, wäre das viel zu wenig, um der Katastrophe Herr zu werden.

Bushs Aids-Initiative dient in Wirklichkeit der Stärkung der US-Position in Afrika auf Kosten imperialistischer Rivalen wie Frankreich, und der Unterstützung der Stellung amerikanischer Konzerne. Der Vorsitzende von Bushs Aids-Initiative, Randall Tobias, der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Pharmakonzerns Eli Lilly, ist ein Mann ohne jede Erfahrung auf dem Gebiet öffentlicher Gesundheit oder humanitärer Aktionen. Seine Ernennung zeigt, dass in erster Linie die Pharmakonzerne von Bushs Initiative profitieren sollen und nicht etwa die Aids-Patienten in Afrika. Sie ist ein klares Signal, dass die günstigeren, generischen Anti-Aids-Medikamente nicht finanziert werden sollen. Stattdessen sollen die amerikanischen Pharmakonzerne subventioniert und ihre Patente Afrika aufgezwungen werden.

Bushs arrangierte Fototermine konnten nicht über seine neo-koloniale Strategie für den afrikanischen Kontinenten hinwegtäuschen. Die vielgerühmten Aids-Vorschläge sollen dazu beitragen, US-Konzernen in Afrika die Tür zu öffnen, andere ausländische Konkurrenten zu vertreiben und einheimische Unternehmen an die Wand zu drücken.

US-Hilfe wird künftig hauptsächlich über amerikanische Organisationen fließen, anstatt Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) mit langer Afrika-Erfahrung oder internationalen Hilfsorganisationen anvertraut zu werden. Gremien der Vereinten Nationen werden dabei vollkommen ignoriert.

Statt den Globalen UN-Fond zur Aids-, TB- und Malaria-Bekämpfung zu unterstützen, versucht die Bush-Regierung, ihre eigene Alternativorganisation aufzubauen, die sich vollkommen nach US-Interessen richten wird.

Dieses Ziel wurde vor kurzem auf einer Konferenz des American Enterprise Institute deutlich, einem rechten, der Bush-Regierung nahestehenden Think Tank. Die Konferenz trug den Titel: "NGOs: die wachsende Macht einiger Weniger ohne Mandat", und beschuldigte die NGOs, eine gegen US-Interessen und gegen die freie Marktwirtschaft gerichtete Politik zu betreiben.

Die US-Handelsinitiative Africa Growth and Opportunity Act (AGOA), für die Bush während der gesamten Tour warb, entspricht derselben unilateralen Politik im Interesse amerikanischer Konzerne. Selbst die allergefälligsten afrikanischen Führer beklagten sich bitter über den Protektionismus der Vereinigten Staaten, der amerikanische Produzenten mit stolzen 200 Milliarden Dollar pro Jahr subventionieren. Die Zahlen der Weltbank zeigen, dass die afrikanischen Exporte während der letzten beiden Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts um beinahe sechzig Prozent gefallen sind - eine Summe, die dem Fünffachen der Entwicklungshilfe für Afrika von jährlich dreizehn Milliarden Dollar entspricht.

Schon jetzt müssen afrikanische Länder, die AGOA-Verträge abschließen wollen, ihre Märkte für US-Investoren und Exporte öffnen und die sogenannte freie Marktwirtschaft respektieren. Doch die USA wollen jetzt in einer neuen Runde bilateraler Handelsverträge noch weitere Bedingungen durchsetzen.

Ein Kommentar der südafrikanischen Zeitung Business Day, die eine marktwirtschaftliche Linie vertritt, macht deutlich, welch einschneidende Folgen diese Verträge haben. Unter der Überschrift "Der Freihandelspakt ist voller Gefahren" warnt die Zeitung die südafrikanische Regierung aus folgenden Gründen davor, die neuen Abkommen zu unterzeichnen: sie würden es US-Firmen erlauben, Regierungsaufträge zu übernehmen, den Patentschutz für amerikanische Konzerne (u.a. für rezeptfreie Medikamente) verstärken, das Privatisierungsprogramm im öffentlichen Sektor für US-Investoren öffnen und es amerikanischen Firmen erlauben, direkt gegen die Regierung zu klagen.

Wenn schon Südafrika, die mit Abstand stärkste Wirtschaft in Afrika, von den amerikanischen Handelsmethoden bedroht wird, fällt es nicht schwer zu ermessen, welchem ökonomischen Druck die schwächeren Länder auf dem Kontinent ausgesetzt werden.

Die USA wenden sich Afrika nicht nur aus ökonomischen Gründen zu. Unter dem Vorwand des Kriegs gegen den Terrorismus wird eine weit größere militärische Präsenz angestrebt. Dadurch wollen die USA die Kontrolle über Schlüsselressourcen wie Öl erlangen und ihre strategische Reichweite wesentlich erweitern.

Bush betonte, wie wichtig es für die USA sei, sich auf örtliche Statthalter zu stützen, besonders in Nigeria, wo die USA fünf Bataillone Soldaten ausgebildet haben. Er versprach auch über hundert Millionen Dollar zur Stärkung der Sicherheitskräfte in ostafrikanischen Ländern.

Nigeria ist für Washington von lebenswichtiger Bedeutung. Afrikanisches, vor allem nigerianisches Öl, deckt mittlerweile schon 17 Prozent der gesamten amerikanischen Ölimporte ab, und es wird erwartet, dass es in Zukunft auf ein Viertel aller US-Importe steigen wird. Bush lobte den nigerianischen Präsidenten Obasanjo, der sich "besonders um den Frieden in der Region verdient gemacht" habe. Man geht davon aus, dass die von den USA ausgebildeten nigerianischen Truppen eine wichtige Rolle bei der Kontrolle über die ölreiche westafrikanische Region spielen werden.

Nigeria wird außerdem vermutlich die meisten Truppen für eine von den USA unterstützte Intervention in Liberia stellen. Außenminister Colin Powell diskutierte die Frage bei seinem Aufenthalt in Botswana. Er kündigte an, dass eine westafrikanische Streitmacht "auf die ein oder andere Art durch die Vereinigten Staaten unterstützt wird,... sei es durch logistische Einheiten oder durch Kommando- und Kontrolleinheiten oder durch Kommunikationseinrichtungen oder eine andere Unterstützung dieser Art, oder durch US-Bodentruppen".

Um die amerikanische Kontrolle über Nigeria aufrechtzuerhalten, ist Bush bereit, sogar die schreiendsten Verletzungen demokratischer Rechte in Kauf zu nehmen. Bush ignorierte eine Petition oppositioneller Politiker, in der sich diese über Unregelmäßigkeiten bei der nigerianischen Präsidentschaftswahl beklagen. Es heißt darin: "Das Ausmaß an Gewalt, Fälschung und anderen Formen der Wahlbeeinträchtigung... ist gut dokumentiert und stellt zur Zeit den Inhalt eines Rechtsstreits vor dem Bundesberufungsgericht dar."

Die US-Regierung ist nach wie vor in der Frage gespalten, ob Amerika eigene Truppen nach Liberia schicken soll, es herrscht aber Einigkeit über die allgemeine Strategie, Amerikas militärische Rolle in Afrika auszuweiten. In einem Artikel der New York Times vom 5. Juli wurde berichtet, dass die USA versuchen, ihre Präsenz in Afrika "durch neue Grundsatzvereinbarungen und Manöver" auszuweiten. Langjährige militärische Beziehungen zu "Verbündeten" wie Marokko und Tunesien sollen vertieft, ein langfristiger Zugang zu Stützpunkten in Ländern wie Algerien und Mali angestrebt und für die Flugzeuge Auftankmöglichkeiten wie in Senegal und Uganda geschaffen werden.

Das europäische Kommando der USA wird im Rotationsprinzip Truppen in einfache Lager oder auf Flugplätze in Afrika schicken, verschiedene Marineeinheiten werden mehr Zeit vor den afrikanischen Küsten verbringen, und 1.800 amerikanische Soldaten werden weiterhin zur "Terrorismusbekämpfung" am Horn von Afrika in Djibuti stationiert sein. General James L. Jones, Leiter des europäischen Kommandos, hat erklärt, er strebe eine flexible "Gruppe von Stützpunkten" in Afrika an, von denen Operationen ausgehen können, die von kleinen Interventionen mit Spezialtruppen bis zu Operationen ganzer Brigaden reichen.

Siehe auch:
G8 kümmern sich nicht um Katastrophe in Afrika
(11. Juni 2003)
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