New York Times entlarvt Obamas Lügenkampagne zum Irakkrieg

In einem auf Seite 35 vergrabenen Artikel brachte die New York Times eine pikante Analyse des schreienden Widerspruchs zwischen der Anti-Kriegsstimmung, auf die sich der Demokratische Präsidentschaftskandidat vor der November-Wahl gestützt hat, und der Politik, die der designierte Präsident Obama für die Zeit nach seine Amtseinführung im Januar vorbereitet.

Der Artikel wurde von dem Pentagon-Korrespondenten der Times, Thom Shanker, verfasst und trägt den Titel "Im Wahlkampf versprochene Beendigung des Irakkriegs von der Wirklichkeit kassiert". Diese Überschrift trifft allerdings nicht die wirkliche Situation, weil sich die "Realität" des Irakkriegs ja seit dem Urnengang im letzten Monat in keiner Weise geändert hat.

Vielmehr ist es Obama selbst, der sein Wahlversprechen, den Irakkrieg zu beenden, fallengelassen hat - und zwar in wirklich atemberaubenden Tempo und Ausmaß -, obwohl dieses Versprechen für seinen Sieg bei den Vorwahlen und bei der Wahl im November entscheidend war.

Natürlich, wer genau hingehört hatte, wusste, dass sein Versprechen immer sehr unbestimmt war. Obama sprach ständig auch davon, eine "Resttruppe" in dem besetzten Land zu belassen und auf die Empfehlungen der Kommandeure vor Ort zu hören. Aber im Wahlkampf wurden diese Einschränkungen immer von der heftigen Kritik an der Kriegspolitik der Bush-Regierung und von der Verurteilung seiner Hauptrivalin um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten für ihre Zustimmung zur Invasion des Irak überlagert.

Jetzt hat sich die Situation umgekehrt. Jetzt hat Obama die wortreichen Versprechungen aus dem Wahlkampf fallengelassen, und die Einschränkungen erweisen sich als die "Realität" seiner Politik. Er setzt den Krieg und die Besetzung gegen den Irak fort und hält an der Strategie des Einsatzes militärischer Gewalt zur Aufrechterhaltung der Hegemonie der USA in der ölreichen Region fest.

Obama "elektrisierte und motivierte seine liberale Basis mit dem Versprechen, ‚den Krieg im Irak zu beenden’, aber jetzt in der Vorbereitungszeit auf die Amtsübernahme singt er ein ganz anderes Lied. Der gewählte Präsident lässt deutlicher denn je erkennen, dass Zehntausende amerikanische Truppen im Irak bleiben werden, selbst wenn er sein Wahlkampfversprechen halten sollte, innerhalb von sechzehn Monaten alle Kampftruppen abzuziehen.

Der Artikel erklärt, der Ausdruck "Kampftruppen" sei ein Fachbegriff, oder im Fall von Obamas Wahlkampf eine Täuschung. Nur fünfzehn der in dem besetzten Land stationierten fünfzig Einheiten in Brigadestärke sind offiziell "Kampftruppen". Die anderen werden als "Versorgungseinheiten" klassifiziert, obwohl ein großer Teil von ihnen bewaffnet ist und auch an Kämpfen teilnimmt.

Außerdem macht der Artikel klar, dass der semantische Unterschied zwischen Kampftruppen und nicht-Kampftruppen Obama sogar einen noch leichteren Weg weist, formal sein Wahlversprechen zu halten und trotzdem den Krieg und die Besetzung fortzusetzen.

"Pentagon-Planer sagen, dass Obama sein Ziel wenigstens teilweise durch die Umwidmung von Kampftruppen erreichen könnte, deren offizieller Auftrag dann in Ausbildung und Unterstützung der Iraker umdefiniert werden könnte", berichtet Shanker.

Obama hat immer betont, dass mit der Truppenverringerung nur Kampftruppen gemeint seien. Aber man kann Anhängern, die hören wollten, dass er den Krieg beenden wolle, verzeihen, wenn sie dachten, er wolle alle Truppen nach Hause holen."

Das ist eine sehr höfliche Weise zu sagen, dass Obamas Anti-Kriegs-Gerede von Anfang an darauf angelegt war, Millionen Amerikaner zu täuschen, die zur Wahl gingen, um den Krieg zu stoppen

Auch Obamas 16-Monate-Termin für den Abzug der "Kampftruppen" aus dem Irak steht in den Sternen. Die Times berichtet, dass Pentagon-Planer momentan davon ausgehen, dass 70.000 Soldaten nicht nur über den Zeitraum bis Mai 2010, sondern sogar über den 31. Dezember 2011 hinaus im Land bleiben. Dieser Termin ist gerade in dem Stationierungsabkommen zwischen Washington und seiner Marionettenregierung in Bagdad ausgehandelt worden. Es wird allgemein angenommen, dass dieser Zeitpunkt in späteren Verhandlungen wieder aufgehoben wird.

Die wirkliche Politik der künftigen Obama-Regierung wurde auf der Pressekonferenz vom Montag deutlich Bei der Gelegenheit gab der gewählte Präsident offiziell bekannt, dass Hillary Clinton, die er im Wahlkampf scharf für ihre Unterstützung des Irakkriegs kritisiert hatte, Außenministerin werden soll. Bushs Verteidigungsminister Robert Gates soll Verteidigungsminister bleiben. Gates hat öffentlich erklärt, dass US-Truppen über Jahre im Irak bleiben würden.

Bei der Gelegenheit betonte er noch einmal den Unterschied zwischen "Kampftruppen" und "Resttruppen", und machte klar, dass er bei der Entscheidung über das Tempo auch eines teilweisen Rückzugs auf den Rat von Gates und der uniformierten Kommandeure hören werde.

Die Republikanische Rechte lobt Obama. In einer Kolumne in der Washington Post vom Freitag würdigte Ex-Außenminister Henry Kissinger, ein prominenter Berater der Bush-Refierung, die designierten Kabinettsmitglieder. Er schrieb: "Der Präsident hat mit dieser Auswahl Mut bewiesen." Besonders lobte er die Beibehaltung von Gates, den er die "Garantie für Kontinuität" nannte.

Und dann Charles Krauthammer. Der rechte Post -Kolumnist ist ein prominenter Befürworter des Irakkriegs und auch eines neuen Kriegs gegen den Iran. "An diesen Wandel kann ich glauben", erklärte er am Montag auf Fox News. "Das ist, da bin ich sicher, eine Enttäuschung für seinen linken Flügel", fügte er hinzu. "Aber ich wette, was er zum Irak sagte, ist für sie noch beunruhigender."

Die Times beobachtet richtig: "Bis jetzt hat es von der Anti-Kriegs-Linken der Demokratischen Partei noch keine nennenswerte Kritik an Obamas Absicht gegeben, noch eine ganzen Reihe von Jahren mehrere Zehntausend Soldaten im Irak zu lassen.

Die prominenteste Anti-Kriegs-Gruppe United for Peace and Justice hat in der Vorbereitung auf eine Konferenz am Wochenende sogar mehrere Erklärungen herausgegeben, in denen sie über "die neue Begeisterung und Hoffnung [schwafelt], die die Wahl Obamas bedeutet". Sie geht mit keinem Wort auf die unmissverständlichen Signale ein, dass der Demokratische Präsident beabsichtigt, den Krieg und die Besatzung fortzusetzen, die schon über eine Million Irakern und 4.200 US-Soldaten das Leben gekostet haben.

Organisationen wie die UFPJ ordnen sich völlig der Demokratischen Partei unter. Sie haben geholfen, die überwältigende Opposition der amerikanischen Bevölkerung gegen den Krieg hinter dem Demokratischen Flügel des US-Imperialismus zu sammeln.

Noch bevor Obama ins Amt eingeführt wird, macht der Übergangsprozess klar, dass der Kampf gegen Krieg ein Kampf gegen die Demokratische Partei und die Obama-Regierung sein muss. Er erfordert eine unabhängige politische Partei der Arbeiterklasse, die sich gegen das kapitalistische Profitsystem richtet, die Quelle des Militarismus.

Siehe auch:
Obamas Team für Nationale Sicherheit und das Scheitern der amerikanischen Demokratie
(3. Dezember 2008)
Obama und Guantánamo
( 29. November 2008)
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