China verstärkt seinen aggressiven Griff nach afrikanischen Rohstoffen

Das interministerielle Forum für chinesisch-afrikanische Zusammenarbeit traf sich vergangene Woche im ägyptischen Scharm El Scheich. Anwesend waren auch der chinesische Premierminister Wen Jiabao und Vertreter von über 300 chinesischen Firmen. Wen nutzte die Gelegenheit, dass hohe US-Haushaltsdefizit zu tadeln.

Er machte klar, dass China sein Investitionsprogramm in Afrika trotz amerikanischer Einwände vorantreiben werde. Er sagte afrikanischen Ländern günstige Kredite in Höhe von zehn Mrd. Dollar in den nächsten drei Jahren zu. Sein Angebot war den afrikanischen Ministern höchst willkommen.

Schon wenige Tage nach der Konferenz kam die Reaktion der USA. Der Internationale Währungsfond (IWF) drohte der Demokratischen Republik Kongo, die Kreditlinien zu kürzen, wenn sie nicht die Investitionspläne Chinas beschneide. Der von den USA dominierte IWF demonstrierte, dass er ohne weiteres bereit ist, dieses vom Krieg verwüstete und verarmte afrikanische Land finanziell zu isolieren. Das gleiche Schicksal hat schon Simbabwe getroffen, mit schlimmen Folgen für die Bevölkerung.

Der Konflikt über chinesische Investitionen im Kongo könnte sich nur als Vorgeschmack auf weitere Entwicklungen erweisen. Stephen Roach, verantwortlicher Direktor von Morgan Stanley für Asien, warnte mit deutlichen Worten vor dem "großen Risiko" eines amerikanisch-chinesischen Handelskriegs. Er sagte der DNA Money in Hongkong: "Ich mache mir Sorgen um Handelskonflikte zwischen den USA und China im nächsten Jahr. Das ist eines der größten Risiken für das globale Wirtschaftsklima."

Chinas Wirtschaftsbeziehungen zu Afrika haben sich in den letzten zehn Jahren kontinuierlich verstärkt. Sein Handelsvolumen mit Afrika ist von 2003 bis 2008 von 18,5 Mrd. Dollar auf 107 Mrd. angewachsen. China ist inzwischen der größte Handelspartner Südafrikas.

Ein neues Element in den chinesischen Investitionen in Afrika, die in den ersten drei Quartalen von 2009 um 77 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen sind, sind Public-Private-Partnerships. China erhält inzwischen den Zuschlag für fünfzig Prozent aller öffentlichen Aufträge in Afrika. Chinesische Firmen beherrschen den Straßenbau auf dem Kontinent. Mit dem Übergang zu Public-Private-Partnerships, auch Konzessionen genannt, folgt China einem Muster, das sich im Westen schon durchgesetzt hat, wo Bauprojekte schon sehr häufig auf diese Weise finanziert werden. Davon profitieren die beteiligten Finanzinstitutionen und privaten Firmen erheblich.

Während die chinesischen Banken in der Finanzkrise des letzten Jahres relativ glimpflich davongekommen sind, wurde die exportorientierte chinesische Wirtschaft hart getroffen. Etwa 25 Millionen Arbeiter haben ihre Arbeitsplätze verloren und die Exporte sind gegenüber dem Vorjahr um 21 Prozent eingebrochen.

Große Firmen, die von den großen chinesischen Entwicklungsbanken unterstützt werden, sehen den globalen Abschwung jetzt als Chance, billiger an Rohstoffe, vor allem aus Afrika, zu kommen. Dem Handelsministerium zufolge haben chinesische Firmen in den ersten beiden Monaten von 2009 im Ausland Verträge über acht Mrd. Dollar abgeschlossen, fast 25 Prozent mehr als im Jahr davor.

China verfügt gegenwärtig über mehr als zwei Billionen Dollar Währungsreserven und US-Schatzbriefe, die wegen der Dollarschwäche zunehmend als Belastung gesehen werden. Die chinesische Regierung hat begonnen Sachwerte wie Rohstoffe zu kaufen, um ihre Währungsreserven zu diversifizieren. In diesem Zusammenhang erscheinen niedrige Rohstoffpreise als gute Investitionen.

Öl in Angola und Nigeria

In den letzten Jahren haben chinesische Firmen in fast allen afrikanischen Ländern mit potentiellen Ölvorkommen versucht, Explorationsverträge an Land zu ziehen. Anfang des Jahres kaufte der chinesische Ölkonzern Sinopec die kanadisch-schweizerische Firma Addax auf, wodurch sie in den Besitz wertvoller Offshore-Technologie kam.

Angola ist Chinas größter afrikanischer Handelspartner und versorgt China mit sechzehn Prozent seiner Rohölimporte. Das Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern kletterte 2008 auf 25,3 Mrd. Dollar oder 23 Prozent des gesamten Handels Chinas mit Afrika. Die angolanischen Importe aus China stiegen nach den Zahlen der chinesischen Zollbehörde um 96 Prozent auf 2,5 Millionen Tonnen.

Noch in diesem Jahr finden in Angola Präsidentschaftswahlen statt. Chinesische Bauprojekte spielen im Wahlkampf von Präsident Dos Santos eine wichtige Rolle. Aber in einigen Bereichen beklagen angolanische Firmen, dass die Anwesenheit Chinas die eigene Entwicklung behindere, weil häufig Waren, die auch in Angola gekauft werden könnten, aus China importiert werden. Chinas Initiative für Public-Private-Partnerships ist unter anderem ein Versuch, dieser Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen.

In Nigeria mit seinen größten Gasvorkommen und zweitgrößten Ölvorkommen in Afrika sind chinesische Ölfirmen vor allem daran interessiert, Reserven im Wert von über 50 Mrd. Dollar zu übernehmen, für die im Moment große westliche Konzerne die Konzession besitzen. Die China National Offshore Oil Corporation (CNOOC), Chinas drittgrößte Ölfirma, versucht, Anteile an 23 Öllizenzen von bis zu 49 Prozent zu ergattern. Von diesen gehören zehn Chevron, acht Royal Dutch Shell, vier Exxon Mobil und eine Total. Sie decken mehr als zehn Mrd. Barrel nachgewiesener Ölreserven und beträchtliche Gasvorkommen ab.

Tanimu Yakubu, Chefwirtschaftsberater des nigerianischen Präsidenten, erklärte: "selbst in diesem sehr frühen Stadium, wo noch keinerlei Ergebnisse vorliegen, ist klar, dass die Chinesen bereit sind, viel, viel mehr für einige dieser Lizenzen zu bezahlen, als ihre gegenwärtigen Halter."

Wenn CNOOC erfolgreich wäre, würde sie zum größten ausländischen Partner Nigerias.

Dämme, Häfen und Pipelines

In Äthiopien sollen chinesische Baufirmen mehrere große Staudämme bauen, um das Wasserkraftpotential des Landes nutzbar zu machen und Äthiopien zu ermöglichen, seine heimische Stromproduktion zu erhöhen und Elektrizität in die Nachbarstaaten zu exportieren.

Die Regierung Kenias hat sich kürzlich wegen eines 3,6 Mrd. Dollar Bauprojekts an China gewandt, das den Bau eines Hafens in der Touristenregion Lamu und Straßen und Eisenbahnverbindungen zu den Grenzen Kenias mit Äthiopien und dem Südsudan umfasst. Nairobi stand wegen dieses Projekts auch mit Katar in Verhandlungen. Dabei geht es auch um die Verpachtung von 40.000 Hektar Land für die landwirtschaftliche Nutzung. Der Transportkorridor würde eine Exportroute für chinesisches Öl aus dem Südsudan eröffnen, der China mit sechs Prozent seiner Ölimporte beliefert.

Daneben wird die China National Offshore Oil Corporation dem Energieministerium Kenias zufolge die Suche nach Öl im Norden Kenias aufnehmen. Sie verfügt auch über Schürfrechte für eine zweites Feld im Lamu-Becken.

In Uganda verhandelt CNOOC mit der irischen Firme Tullow über den Kauf eines Teils ihrer Anteile an einem Ölfeld unter dem Albert-See, das mehr als eine Milliarde Tonnen erbringen könnte. Ungefähr vier Mrd. Dollar müssten für eine Pipeline zum Hafen und für eine Raffinerie investiert werden.

China weiß, dass es seine Interessen in Afrika verteidigen muss. Es hat unter dem Vorwand der Bekämpfung der Piraterie in dieser geopolitisch empfindlichen Wasserstraße eine kleine Flottille von Kriegsschiffen in den Golf von Aden entsandt. Ungefähr 40 Prozent der chinesischen Exportwaren und Rohstoffe werden durch diese Gewässer transportiert. Es ist das erste große Engagement der chinesischen Marine im Ausland, außerhalb eines UN-Mandats.

In Niger tritt China jetzt als Konkurrent Frankreichs als Käufer von Uranerz auf. Letztes Jahr unterzeichnete die China National Petroleum Corporation einen fünf Mrd. Dollar Vertrag für das Agadem Ölfeld bei Zinder. In Liberia will China Union 2,6 Mrd. Dollar in die Entwicklung von Erzminen in der Provinz Bong investieren.

In Sambia kaufte die chinesische Edelmetallfirma Non-Ferrous Company-Africa die Luanshya Kupfermine, eine 230 Millionen Dollar teure Mine mit 200 Millionen Dollar Schulden, und die China Exim Bank stellt 85 Prozent von 400 Millionen Dollar für ein Elektrizitätsgewinnungsprojekt in Kariba North zur Verfügung.

China befindet sich auch in Diskussion über den Bau einer Schienenverbindung zwischen der West- und Ostküste des südlichen Afrikas, die Mosambik, Angola, die Volksrepublik Kongo, Kongo-Brazzaville, Malawi und Sambia verbinden würde.

Landwirtschaft und Biotreibstoff

Die China Exim Bank leiht Mosambik 2,3 Mrd. Dollar für den Bau des Mphanda Nkuwa Staudamms am Sambesi. China genehmigte auch 800 Millionen Dollar Landwirtschaftshilfe für Mosambik, um die nationale Reisproduktion zu steigern, und verhandelt über den Bau einer Verbindung des Malawisees im Nachbarland Malawi mit den Wasserwegen Mosambiks und über den Bau von Staudämmen zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Infrastruktur.

Chinesische Firmen befinden sich auch auf der Suche nach Land für Rinderfarmen und Plantagen im Sambesi-Tal und hoffen auf die Ansiedlung von 3.000 chinesischen Landwirtschaftsarbeitern auf in Mosambik gepachtetem Land, obwohl sich dagegen in der lokalen Bevölkerung starker Widerstand regt. China verfügt über lediglich neun Prozent des weltweiten bebaubaren Landes, aber über sechzehn Prozent der Weltbevölkerung, und hat deswegen Bedarf an Lebensmittelimporten.

In Uganda hat China 4.000 ha Land gepachtet und in Sambia hat es zwei Millionen ha für die Biosprit-Produktion angefragt. Der Tycoon Stanley Ho aus Hongkong baut zügig ein Biotreibstoff-Imperium im Wert von 40 Mrd. Dollar auf, das für mehr als zehn Prozent der Weltjahresproduktion steht.

Unter dem Druck, Bauprojekte so schnell und so billig wie möglich zu realisieren, werden chinesische Firmen von Gewerkschaften in ganz Afrika kritisiert, weil sie Bestimmungen über Mindestlöhne und Arbeitsbedingungen verletzen. Ein Bericht des von den Gewerkschaften finanzierten African Labour Research Network (ALRN) vom Mai schrieb: "Gespannte Arbeitsbeziehungen, eine feindliche Haltung der chinesischen Arbeitgeber gegenüber Gewerkschaften, die Verletzung von Rechten der Arbeiter, schlechte Arbeitsbedingungen und unfaire Arbeitspraktiken sind an der Tagesordnung". Die Gewerkschaft der südafrikanischen Textilarbeiter glaubt, dass seit 2001 60.000 Arbeitsplätze im Textilsektor verloren gegangen seien, weil einheimische Produkte von Importen unterboten wurden.

Auf der Staudammbaustelle von Bui in Ghana, für die Sinohydro verantwortlich ist, werden alle Arbeiter als Tagelöhner behandelt und müssen zu zwölft in einem Raum mit wenig Belüftung und schlechten sanitären Einrichtungen hausen. Als die Sinohydro-Arbeiter versuchten, eine Gewerkschaft zu gründen, wurden sie eingeschüchtert und gezwungen, das Vorhaben fallen zu lassen.

Chinesische Finanzinstitute gehen infolge der jüngsten Wirtschaftskrise auf der Suche nach höheren Profiten immer aggressiver vor. Weltbankpräsident Robert Zoellick führte kürzlich Gespräche mit der China Investment Corporation, die fast 300 Mrd. Dollar von Pekings Devisenreserven verwaltet. Dabei ging es um eine Zusammenarbeit bei Investitionen in der afrikanischen Industrie in industriellen Sonderzonen.

Die Schwächung des US-Dollars ermutigt China, seine eigenen globalen Finanzstrategien zu entwickeln. Ein Konsortium chinesischer Banken legte vor kurzem eine Milliarde Dollar in der Standard Bank of South Afrika an, um deren Expansion in Afrika und weitere chinesische Projekte dort zu finanzieren.

Vertreter Pekings haben kürzlich auch die Möglichkeit diskutiert, einen Teil der Devisen Chinas dazu zu nutzen, das weltweit größte Entwicklungsprogramm mit der Bezeichnung "Harmonious World Plan" (Harmonischer Weltplan) zu finanzieren. Dessen wichtigste Empfängerländer wären afrikanische, lateinamerikanische und asiatische Staaten.

Der Fond würde mit etwa 500 Mrd. Dollar ausgestattet, und zwar mit 100 Mrd. Dollar in Devisen und dem Rest in chinesischer Währung (ungefähr 2,7 Billionen Renminbi). Er würde Kredite via bestehender Institutionen wie dem Forum für China-Afrika-Kooperation an Entwicklungsländer vergeben, die als Mischung aus US-Dollars und chinesischen Renminbi ausgezahlt würden. Die Rückzahlung soll aus dem nationalen Haushalt oder aus den erzielten Profiten erfolgen.

Der von dem Ökonomen Xu Shanda im Juli dem Ständigen Ausschuss des chinesischen Volkskongresses vorgelegte Plan soll sich am Marshall Plan der Vereinigten Staaten aus der Nachkriegszeit orientieren. Er ist ein Versuch, die Auswirkungen der globalen Rezession auf die chinesische Industrie durch die Schaffung neuer Exportmärkte aufzufangen und den Renminbi als internationale Handelswährung zu etablieren.

Die ambitionierten Pläne Chinas in Afrika werden von der globalen Rezession und dem zunehmenden amerikanischen Trend zum Protektionismus vorangetrieben. Sie werden unvermeidlich zu scharfen Spannungen zwischen China und den USA führen, weil China damit wesentlichen Interessen der USA in die Quere kommt.

Siehe auch:
Verschärfte Handelsspannungen zwischen den USA und China
(19. September 2009)
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