Die Krise in Griechenland und der Kampf für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa

Der Streik in Griechenland im öffentlichen Dienst vom 22. April hat die zentralen politischen Fragen aufgezeigt, mit denen Arbeiter im Kampf gegen die Sparpolitik von Ministerpräsident Giorgos Papandreou konfrontiert sind. Die sozialdemokratische PASOK-Regierung verordnet eine enorme Arbeitsplatzvernichtung und kürzt Löhne, Sozialprogramme und Renten. Die Arbeiterklasse soll für die explodierenden Staatsschulden bei den internationalen Bankern geradestehen.

Zehntausende Arbeiter haben am 22. April unter Parolen wie "Keine Illusionen mehr, Krieg gegen die Reichen" demonstriert. Staatsbedienstete, Beschäftigte im Gesundheitssystem, Hafenarbeiter und Seeleute haben die Arbeit niedergelegt und geben damit dem zunehmenden Zorn der Bevölkerung Ausdruck. Jüngste Umfrage belegen, dass 86 Prozent der Bevölkerung die Kürzungen Papandreous für "unfair" halten.

Trotz des Streiks und entgegen der öffentlichen Meinung versucht die griechische Bourgeoisie, noch mehr Kürzungen durchzudrücken. Am Freitag beantragte Papandreou offiziell die Aktivierung des Bailout-Plans der Europäischen Union (EU) und des Internationalen Wahrungsfonds (IWF) für Griechenland. Die EU soll dreißig Milliarden Euro und der IWF fünfzehn Milliarden Euro bereitstellen. Dafür soll die Athener Regierung weiteren Kürzungen zustimmen. Die Financial Times schreibt, Papandreou arbeite hart daran, die Öffentlichkeit auf neue, brutale Einschnitte einzustimmen.

Hinter Papandreou stehen die Finanzmärkte, d.h. Griechenlands Schuldner bei den großen europäischen und internationalen Banken. Sie dulden keinen Widerstand gegen ihre Pläne, Griechenland ökonomisch auszuplündern. Während des Streiks verkauften sie griechische Staatsanleihen und trieben so die Zinsen für neue Kredite, die Griechenland aufnehmen muss, auf fast neun Prozent in die Höhe. Wenn Griechenland neue Kredite mit solchen Zinssätzen aufnehmen müsste, wäre es ganz schnell bankrott.

Der Angriff des internationalen Kapitals auf Griechenland ist ein Testlauf für Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung in ganz Europa und weltweit. Die Kreditkosten für Portugal haben schon fast fünf Prozent erreicht. In der Presse wird darüber spekuliert, dass dieses Land das nächste Ziel der Spekulanten sein könnte. Und auf Portugal folgt Großbritannien oder Spanien.

Das Ergebnis der griechischen Streiks zeigt jedoch, dass die Arbeiter in einer Sackgasse stecken, weil die Gewerkschaften und ihre pseudolinken Anhängsel den Widerstand der Bevölkerung gegen die kapitalistische Offensive zu unterdrücken und zu verraten versuchen.

Die Gewerkschaften geben Papandreou Flankenschutz. Ihr Ziel ist es, die Arbeiter durch ständige, vereinzelte Streiks zu erschöpfen, während Papandreou die Angriffe verschärft.

Der Gewerkschaftsverband GSEE, in dem Beschäftigte der Privatwirtschaft organisiert sind, lehnte eine Teilnahme an dem Streik am 22. April mit der Begründung ab, er wolle weitere Streiks auf ein unbestimmtes Datum im nächsten Monat verschieben. Und ADEDY (Gewerkschaft im öffentlichen Dienst) entschied, in wichtigen Bereichen, wie zum Beispiel im Transportwesen und im Luftverkehr, keine Streiks mehr auszurufen.

Die stalinistische Kommunistische Partei und Syriza, die von Alexis Tsipras geführte pseudolinke Partei, mobilisieren schamlosen Anti-Amerikanismus, um den Ärger in der Bevölkerung von PASOK und vom griechischen Kapitalismus abzulenken und einen europaweiten und internationalen Kampf der Arbeiter gegen die Angriffe auf Arbeitsplätze und Löhne zu blockieren.

Tsipras fordert ein Referendum für oder gegen den Bailout-Plan von EU und IWF. Syriza ordnet die Arbeiter den Gewerkschaftsbürokratien unter, denn sie vertritt keine eigene Politik, wie die Arbeiterklasse gegen die PASOK-Regierung kämpfen und sich mit Arbeitern in ganz Europa und darüber hinaus vereinen kann. Deswegen lässt ihre Forderung nach einem Referendum den Arbeitern nur die Wahl, entweder den Bailout abzulehnen und damit den Staatsbankrott zu akzeptieren, oder die Diktate des IWF und aus Brüssel zu akzeptieren. Es ist ein zynisches Manöver, womit sie die Arbeiter hinten herum unter Druck setzen, die Kürzungspolitik zu akzeptieren. Darin zeigt sich die Haltung der angeblichen "Linken", die den Bailout und die damit verknüpfte brutale Sparpolitik de facto akzeptieren.

Gleichzeitig versucht Syriza, die Opposition zu den Sparmaßnahmen auf die Beteiligung des Washingtoner IWF an dem Bailout zu konzentrieren. Dabei geht sie nicht von einem prinzipiellen Klassenstandpunkt aus, sondern heizt griechischen Nationalismus und groben Anti-Amerikanismus an. Als ob die Europäische Union und die griechischen Banken den griechischen Arbeitern gegenüber weniger feindlich eingestellt wären als die amerikanischen Bankiers!

In diesem Sinne sagte Dimitris Papadimoulis, ein Syriza-Abgeordneter, über den IWF: "Er hängt über den Griechen wie eine Vulkanaschewolke." Tsipras warnte seinerseits vor Papandreous "Einflüsterern von jenseits des Atlantik".

Diese nationalistische Demagogie geht Hand in Hand mit dem Versuch, Papandreou und PASOK als Opfer ausländischer Mächte hinzustellen, und nicht als die Vertreter der unmittelbarsten Feinde der griechischen Arbeiter - nämlich der herrschenden Klasse Griechenlands. Diese politische Linie entwaffnet die Arbeiterklasse, indem sie die Illusion vermittelt, dass Druck aus der Bevölkerung Papandreou veranlassen könnte, sein Sparprogramm aufzugeben. Das ist der Weg in die Niederlage!

Die Gefahr besteht, dass eine solche Desorientierung der Arbeiterklasse einer Rückkehr der Militärherrschaft Tür und Tor öffnet, wie es die Junta war, unter der Griechenland von 1968 bis 1975 gelitten hat. Zweifellos hegt das politische Establishment Griechenlands militärische Pläne für den Fall, dass es den Gewerkschaften nicht gelingen sollte, den Widerstand der Arbeiterklasse gegen die Kürzungen zu unterdrücken.

Für die Krise in Griechenland gibt es keine Reformlösung, genauso wenig, wie für die Krise im übrigen Europa, in den Vereinigten Staaten und weltweit. Die Logik der globalen kapitalistischen Krise stellt die Frage von Revolution oder Konterrevolution, von Sozialismus oder Barbarei.

Die griechischen Arbeiter stehen unversehens an der Spitze des internationalen Kampfs. Sie stehen vor der entscheidenden Aufgabe, ihren Kampf von der Kontrolle der verräterischen Gewerkschaftsführung und deren pseudolinken Anhängseln zu befreien. Sie müssen ihre unabhängige Stärke auf der Grundlage einer revolutionären und internationalen Strategie mobilisieren.

Im Kampf gegen Kürzungen und Massenarbeitslosigkeit müssen die Arbeiter fordern, dass die Banken enteignet und in öffentliche Einrichtungen unter demokratischer Kontrolle umgewandelt werden. Der gesellschaftliche Reichtum muss in den Dienst der Bevölkerung gestellt werden, damit sie ihn für die Schaffung von Arbeitsplätzen und für einen anständigen Lebensstandard nutzen kann. Die Enteignung der wichtigsten Industriezweige muss damit einhergehen.

Papandreou und PASOK würden eher die Macht an das Militär übergeben, als ein solches Programm umzusetzen. Die politische Aufgabe der griechischen Arbeiter besteht nicht darin, Druck auf die PASOK-Regierung auszuüben, sondern sie zu stürzen und durch eine Arbeiterregierung zu ersetzen.

Auch kann die Krise nicht in Griechenland gelöst werden. In ganz Europa und in jedem Land sind die Arbeiter mit den gleichen Angriffen des gleichen Feindes konfrontiert - der internationalen Bourgeoisie. Die Krise hat vor allem eins gezeigt: Es ist nicht möglich, Europa auf kapitalistischer Grundlage fortschrittlich, demokratisch und gleichberechtigt zu vereinen. Gegen die Europäische Union der Banken und der Konzerne müssen sich die Arbeiter in Griechenland und ganz Europa im Kampf für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa zusammenschließen.

Siehe auch:
Europäischer Gipfel beschließt Bailout für Griechenland
(30. März 2010)
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