UN-Sicherheitsrat verschärft Sanktionen gegen den Iran

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen stimmte am Mittwoch zum vierten Mal Sanktionen gegen den Iran zu. Das ist Teil der Bemühungen der USA, die Regierung in Teheran zu isolieren und zu schwächen. Irans Atomprogramm wird dabei als Vorwand genommen. Die Resolution wurde mit zwölf zu zwei Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Die Türkei und Brasilien stimmten dagegen und der Libanon enthielt sich der Stimme.

Die Türkei und der Iran hatten im vergangenen Monat neue Sanktionen mit einem diplomatischen Vorstoß in letzter Minute abzuwehren versucht. Der brasilianische Präsident Lula da Silva, der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinedschad hatten in Teheran ein Abkommen unterzeichnet. Der darin enthaltene Kompromiss wurde von der Obama-Regierung vom Tisch gewischt und in dem Dokument des Sicherheitsrats auf einen Satz eingedampft.

Wie bei den drei vorherigen Resolutionen, zwei in 2006 und eine in 2008, führten die ständigen Mitglieder mit Vetorecht die eigentlichen Verhandlungen. Die USA, Großbritannien und Frankreich brachten die Resolution ein, und China und Russland schlugen Ergänzungen vor, um sie zu verwässern und ihre Wirtschaftsbeziehungen zum Iran nicht zu gefährden. China ist Irans größter Handelspartner und hat Verträge mit der Ölindustrie über 120 Mrd. Dollar geschlossen. Jetzt erhält China mehr als zehn Prozent seiner Öllieferungen aus dem Iran.

Die zehnseitige Resolution besteht aus einem Wust juristischer Begriffe. Sie beinhaltet die schon geltenden Sanktionen der drei alten Resolutionen sowie die Kontrollergebnisse der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) der UN, die die Einhaltung des Atomwaffensperrvertrags überwacht.

Der Inhalt der neuen Sanktionen ist weit weniger brisant als die allgemeine Richtung, die die Vereinigten Staaten und die UN damit einschlagen. Die Resolution weitet das Waffenembargo gegen den Iran aus und setzt 25 Staatsfirmen und fünfzehn von den Revolutionsgarden kontrollierte Firmen auf eine schwarze Liste. Die Revolutionsgarden sind die größte militärische Kraft im Iran. Eine namentlich benannte Person, der Chef eines iranischen Atomzentrums, Javad Rahiqi, wurde mit einem Reiseverbot belegt, und sein Vermögen wurde eingefroren.

Die Resolution fordert alle UNO-Mitgliedsstaaten auf, sämtliche Warenlieferungen per Luft- und See für den Iran nach Materialien zu durchsuchen, die für die Entwicklung von Nuklearwaffen relevant sein könnten. Sie autorisiert allerdings nicht die Anwendung von Gewalt bei der Durchsuchung von Schiffen in internationalen Gewässern.

Was wichtiger ist: Die Resolution gibt grünes Licht für Mitgliedsstaaten, zusätzliche Sanktionen zu verhängen. Das ist vor allem für die Europäische Union wichtig, die zu den wichtigsten Handelspartnern des Iran gehört. Es gibt zahlreiche Passagen, die unterschiedliche Beschränkungen für Handel mit und Investitionen im Iran auflisten. Es ist praktisch eine Palette im Voraus gebilligter Sanktionen, die die iranische Wirtschaft schwächen sollen.

US-Verteidigungsminister Robert Gates sagte am Tag vor der Abstimmung im Sicherheitsrat, er erwarte von vielen Regierungen schnelles Handeln, das über die Maßnahmen hinausgehe, die ausdrücklich in der Resolution genannt seien.

Führer der Demokraten und der Republikaner im Kongress sagten, sie rechneten noch in diesem Monat mit neuen Gesetzen, die bestehende Regelungen verschärften. Die amerikanische Regierung verbietet schon jetzt den größten Teil des Handels und Investitionen amerikanischer Konzerne im Iran. Zusätzliche Maßnahmen könnten auch ausländische Tochtergesellschaften und ausländische Firmen betreffen, die Geschäfte im Iran und in den USA machen.

Präsident Obama lobte die Sanktionsresolution und erklärte, sie sende "eine unmissverständliche Botschaft aus. ... Handlungen haben Konsequenzen, und heute bekommt die iranische Regierung einige dieser Konsequenzen zu spüren."

Irans UN-Botschafter Mohammad Khazaee verurteilte die Resolution als eine Verschwörung gegen den Iran, die von den USA betrieben werde. "Auch noch so viel Druck und Missgunst können nicht die Entschlossenheit unseres Landes brechen, unsere juristischen und unveräußerlichen Rechte wahrzunehmen und zu verteidigen", sagte er. "Der Iran ist eines der mächtigsten und stabilsten Länder der Region und hat sich noch nie den Feindseligkeiten und dem Druck dieser wenigen Mächte gebeugt. Er wird sich ihnen auch nie beugen, und er wird weiter seine Rechte verteidigen."

Chinas UN-Botschafter Zhang Yesiu behauptete, der Beschluss richte sich gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen und nicht gegen "das normale Leben der iranischen Bevölkerung".

Das russische Außenministerium erklärte, Moskau unterstütze die Resolution teilweise deshalb, weil sie so formuliert sei, dass "Gewalt ausgeschlossen" sei. Ähnliche Rationalisierungen wurden 2002 vorgebracht, um amerikanische Resolutionen gegen Saddam Husseins Regime im Irak zu unterstützen. Damals dienten diese dann als pseudo-legale Grundlage für die Invasion und Eroberung des Landes.

Die Resolution erhielt weniger Unterstützung im Sicherheitsrat als jede andere bisherige Sanktionsresolution gegen den Iran. Die Ablehnung der Türkei und Brasiliens war erwartet worden. Aber die Enthaltung des Libanon war überraschend, da sie schwerem diplomatischem Druck aus Washington trotzte. Noch am Mittwochmorgen hatte Außenministerin Hillary Clinton mit dem libanesischen Ministerpräsidenten Michel Suleiman telefoniert.

Einige Minister des libanesischen Kabinetts gehören der Hisbollah und der schiitischen Partei und Miliz an, die 2006 einen einmonatigen Krieg gegen eindringende israelische Truppen im Südlibanon geführt hatten. Sie unterhalten enge Beziehungen zum Iran. Das libanesische Kabinett war in der Frage der Unterstützung der Resolution mit 14 zu 14 Stimmen gespalten.

Die amerikanischen Medien heizen die Stimmung gegen den Iran weiter an. Die Washington Post veröffentlichte auf ihrer Web Site eine Analyse der Sicherheitsratsresolution unter dem Titel: "Iran-Resolution erfüllt Obamas Erwartungen nicht". Sie zitierte ehemalige Mitglieder der Bush-Regierung, die die geringere Unterstützung im Sicherheitsrat kritisierten. Bushs Resolutionen zum Iran seien mit fünfzehn zu Null und vierzehn zu Null angenommen worden.

"Außerdem war die Resolution deutlich schwächer, als die Regierung gehofft hatte", behauptete die Post, "weil die US-Unterhändler einen hohen Preis für die Kooperation Russlands und Chinas zahlen mussten. US-Sanktionen gegen russische Firmen, die Verbindung zu den Nuklear- und Raketenprogrammen des Iran hatten, wurden aufgehoben, und die Wirtschaftsinteressen Chinas im Iran wurden von den Sanktionen ausgenommen."

Zu der Iran-feindlichen Kampagne gehörten zwei Artikel in der New York Times vom Dienstag. Der erste von David Sanger berichtete, dass die Obama-Regierung Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrats über vertrauliche Geheimdiensterkenntnisse über die iranischen Nuklearwaffenprogramme informiert habe.

"Wie ausländische Diplomaten und einige amerikanische Vertreter berichten, laufen diese Informationen auf das stillschweigende Eingeständnis der Vereinigten Staaten hinaus, dass sie von der Einschätzung der Geheimdienste von 2007 abrücken", schrieb Sanger. "Neue Erkenntnisse werden zur Grundlage genommen, die damalige Einschätzung zu revidieren und in einigen Fällen völlig umzukehren. Damals lautete die umstrittene Einschätzung, dass der Iran zwar seine Produktion von Kernbrennstoff forciert habe. Andererseits habe seine Führung aber die Arbeit an der Entwicklung von Sprengköpfen ausgesetzt, die notwendig sind, um tatsächlich eine Atomwaffe zu bauen."

Der Geheimdienstbericht von 2007 war ein Stein des Anstoßes für die Kräfte in der Bush-Regierung, die den Iran militärisch angreifen wollten. Ehe Bush und Cheney das Weiße Haus verließen, planten sie, den Iran entweder alleine oder in Zusammenarbeit mit Israel anzugreifen. Wenn der Bericht jetzt sogar offiziell zurückgenommen wird, wäre dies ein weiterer Schritt in die Richtung, ein politisches Klima zu schaffen, in dem Gewaltanwendung möglich würde.

Im zweiten Artikel der Times hieß es, dass Vertreter Israels im Februar Peking besucht hätten, kurz bevor China seine Position verändert und einer vierten Sanktionsresolution zugestimmt habe. Die Chinesen schienen sich nicht sonderlich für "Beweise" für iranische Atomaktivitäten zu interessieren, aber "sie spitzten die Ohren, als wir ihnen darlegten, was ein Präemptivschlag für die Region und für die Rohölversorgung bedeuten würde, von der sie inzwischen stark abhängig sind", erklärte ein israelischer Sprecher der Times.

Das lässt vermuten, dass Chinas Stillhalten bei den jüngsten Sanktionen zumindest teilweise mit der Drohung eines unilateralen israelischen Angriffs auf den Iran erzwungen wurde, für den Fall, dass China die Resolution verhindern würde. Es ist bekannt, dass Israel jetzt zwei mit Nuklearwaffen bestückte Unterseeboote im Persischen Golf stationiert hat, die die islamische Republik mit nuklearer Vernichtung bedrohen.

Die neue Resolution des Sicherheitsrat legitimiert nicht nur wirtschaftliche und diplomatische Maßnahmen der imperialistischen Großmächte gegen den Iran, auch ihr Timing ist eine Provokation. Sie wurde drei Tage vor dem ersten Jahrestag der Präsidentschaftswahl verabschiedet, bei der Präsident Ahmadinedschad eine zweite Amtszeit gewann. Obama ließ es sich nicht nehmen, in seiner Bemerkungen zu der Resolution darauf hinzuweisen.

Oppositionsgruppen im Iran, die von den Vereinigten Staaten und europäischen Mächten unterstützt werden - die so genannte Grüne Bewegung - haben angekündigt, am Jahrestag, d.h. am Samstag, dem 12. Juni, regierungsfeindliche Demonstrationen durchzuführen.

Das islamisch fundamentalistische Regime hat präventive Maßnahmen ergriffen und zahlreiche paramilitärische Basij-Milizen mobilisiert, um jede öffentlich geäußerte Opposition zu unterdrücken.

Der Oberste Führer des islamischen Regimes, Ajatollah Khamenei, trat zum ersten Mal seit der Zeit unmittelbar nach der Wahl wieder bei einem öffentlichen Freitagsgebet in Teheran auf. Er warnte Oppositionsführer wie Mirhossein Mussawi und Mehdi Karrubi. Er sagte, ihre Dienste, die sie dem früheren Ajatollah Ruholla Khomeini, dem Gründer der islamischen Republik, geleistet hatten, würden sie nicht notwendigerweise schützen. "Es gab Leute, die mit dem Imam aus Paris kamen und später wegen Verrats gehenkt wurden", sagte er. Er spielte damit auf die Rückkehr Khomeinis aus dem Exil an, die der Revolution von 1979 gegen den Schah vorausging.

Siehe auch:
Der Iran# die USA und die UN-Atomkonferenz
(11. Mai 2010)
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