Weltkindertag

Studie der AWO belegt steigende Kinderarmut in Deutschland

Ende August hat die Bundesregierung ihren 10. Kinder- und Jugendbericht veröffentlicht. Danach lebten Ende 1995 sieben Prozent aller Kinder und Jugendlichen von Sozialhilfe, mit steigender Tendenz. 21,9 Prozent der unter 16jährigen in den neuen und 11,8 Prozent in den alten Bundesländern wurden in diesem Bericht als "arme Kinder" eingestuft.

Familienministerin Nolte definierte daraufhin kurzerhand die Armut neu. Nach ihrer Aussage, ist niemand arm, der von Sozialhilfe leben muß. Wörtlich sagte sie: "Kindheit in Deutschland ist eine gute Kindheit."

Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) hat nun vergangene Woche eine eigene Studie vorgelegt, die zu ganz anderen Schlußfolgerungen kommt. Danach hungern viele Kinder in Deutschland. Die Armut unter Kindern springe hier zwar nicht so ins Auge wie in Asien oder Afrika, heißt es in dem Bericht, aber in den Umfragen der AWO werde immer häufiger von Kindern und Jugendlichen "Hunger" als alltäglicher Armutsindikator genannt.

Die AWO, die zahlreiche Kindertagesstätten und Kinderhorte unterhält, zitiert Erzieherinnen mit den Worten: "Kinder kommen ohne Frühstück in die Einrichtung", "Essensreste werden mit nach Hause genommen", "Kinder schleichen um die Küche in der Hoffnung, etwas zu Essen zu bekommen".

Aber nicht nur in materieller, sondern auch in sozialer, kultureller und emotionaler Hinsicht geht es heute vielen Kindern schlecht. Ursache hierfür sind die Kürzungen bei der Bildung, den Schulen und der Gesundheitsversorgung, aber auch die Schließung von Jugend- und Freizeiteinrichtungen und die hohen Mieten für schlechte Wohnungen.

Wie aus dem Bericht hervorgeht, gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Armut und schlechter Ausbildung. Durchschnittlich besuchen etwa 42 Prozent der Zehn- bis Zwölfjährigen die Hauptschule, während es aus armen Familien fast 55 Prozent sind. Aufs Gymnasium gehen fast 29 Prozent der gleichen Altersgruppe, aber nur 16 Prozent kommen aus armen Familien.