Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat sich mit einem dringenden Appell an die Öffentlichkeit gewandt und dazu aufgerufen, für die fünf Mitglieder der Socialist Equality Party (SEP) in Sri Lanka einzutreten, die von der Organisation LTTE ("Befreiungstiger von Tamil Eelam") gefangen genommen worden sind.
Die Zentrale von Amnesty International in London hat den Appell unter der Überschrift "Folterungen befürchtet" am 11. September veröffentlicht und durch ihr "Netzwerk für dringende Aktionen" - per e-mail, Faxe und Telegramme - weltweit an Tausende von AI-Mitgliedern, AI-Ortsgruppen und andere in Menschenrechtsfragen engagierte Personen und Organisationen verteilt. Das "Netzwerk für dringende Aktionen" mobilisiert in Notfällen Unterstützung für Menschen, von denen AI glaubt, daß sie in höchster Gefahr schweben, gefoltert, mißhandelt oder ermordet zu werden.
Der Appell führt die Namen der fünf SEP-Mitglieder auf, die von der LTTE gefangen genommen worden sind - Thirugnana Sambandan, Kasinathan Naguleshwaran, Rajendran Sudarshan, A. Rasaratnam und E. Nayalvale -, und hebt hervor, daß seit ihrer Verhaftung durch Sicherheitskräfte der LTTE keiner von ihnen je wieder gesehen worden ist. Der Appell dokumentiert die wachsende Repression, mit der die tamilischen Separatisten die SEP seit letztem Juli in Killinochchi, einem von der LTTE kontrollierten Bezirk unmittelbar südlich der Halbinsel Jaffna, verfolgt. Er äußert auch Befürchtungen "hinsichtlich der Sicherheit anderer örtlicher Mitglieder der SEP".
Amnesty International macht darauf aufmerksam, daß die Mitglieder der SEP deshalb, weil sie Tamilen sind, den Mißhandlungen durch die LTTE in ganz besonderer Weise ausgesetzt sind: "Zwar ist das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) in der Lage, eine kleine Anzahl von Gefangenen der LTTE zu besuchen, darunter Angehörige der srilankischen Armee und singhalesische Fischer, doch zu Tamilen, die von der LTTE aus politischen Gründen gefangen gehalten werden, bleibt ihm der Zugang verwehrt."
Der Appell schließt mit dem Aufruf, Botschaften an die Exilführung der LTTE zur richten und mit aller Dringlichkeit von ihr folgendes zu fordern: erstens Garantien, daß die SEP-Mitglieder nicht mißhandelt oder gefoltert werden, zweitens die Erlaubnis für Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes und Angehörige, die Gefangenen zu besuchen, und drittens die Klärung der Gründe für ihre Verhaftung.
Amnesty International, die wahrscheinlich bekannteste internationale Menschenrechtsorganisation, hat in der Vergangenheit eine umfangreiche Arbeit geleistet, die schweren Menschenrechtsverletzungen anzuprangern und zu dokumentieren, die der srilankische Staat im Laufe seines Krieges gegen die Tamilen im Norden und Osten des Landes verübt hat. Sie hat zahlreiche Fälle von LTTE-Aktivisten und anderen Tamilen, auch Zivilisten, veröffentlicht, die von der Armee und Polizei Sri Lankas gefoltert und umgebracht worden sind. AI hat auch eine wichtige Rolle gespielt, die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf die Ermordung Tausender von singhalesisch-sprachigen Jugendlichen durch srilankische Sicherheitskräfte in der Zeit von 1989 bis 1992 zu lenken. Damals hatten Polizei und Armee in den ländlichen Gebieten des Südens von Sri Lanka eine regelrechte Terrorherrschaft errichtet. Der Vorwand dafür war ein sogenannter "Befriedungs-Feldzug", der sich angeblich gegen die JVP, eine kleinbürgerliche rassistische Organisation richtete, die einige Regierungsbeamte ermordet hatte.
Die Organisation AI veröffentlichte ihren Appell zur Unterstützung der SEP-Mitglieder erst, nachdem sie durch eigene Nachforschungen die Informationen bestätigt gefunden hatte, welche sie von Vertretern der SEP und des World Socialist Web Site erhalten hatte. Ihr Appell bestätigt die Warnungen der SEP und des WSWS, daß das Leben der SEP-Mitglieder in höchster Gefahr ist.
Mehr als sieben Wochen sind nun vergangen, seit die LTTE die ersten zwei der fünf SEP-Mitglieder gefangen genommen hat. Doch weder die in London sitzende Führung der LTTE noch Vertreter der LTTE in Killinochchi haben bisher reagiert, als die SEP, das Internationale Rote Kreuz, die Angehörigen der Gefangenen und viele Persönlichkeiten und Organisationen, die sich der Verteidigungskampagne der SEP und des WSWS angeschlossen haben, nach dem Aufenthaltsort und dem Schicksal der SEP-Mitglieder fragten. Die LTTE hat die SEP-Mitglieder schlicht verschwinden lassen.
Die Tatsache, daß die LTTE weder irgendwelche Beschuldigungen oder Beweise gegen die SEP-Mitglieder vorgelegt hat, macht deutlich, daß es sich um einen Fall politischer Unterdrückung handelt. Die SEP-Mitglieder sind herausgegriffen worden, weil sie sozialistische Überzeugungen vertreten und der nationalistischen Perspektive der LTTE, im Norden und Osten Sri Lankas einen kapitalistischen Zwergstaat zu errichten, entgegengetreten sind. Die SEP kämpft dafür, die tamilischen und singhalesischen Arbeiter und Bauern zu vereinen und Vereinigte Sozialistische Staaten von Sri Lanka und Tamil Eelam zu errichten.
Die SEP kann auf eine lange und unbeugsame Geschichte zurückblicken, in der sie unablässig die demokratischen Rechte der Tamilen verteidigt hat. Wie ihr Vorläufer, die Revolutionary Communist League, war die SEP stets gegen die antitamilische Gesetzgebung und Politik des srilankischen Staats aufgetreten, wie zum Beispiel gegen den in der Verfassung verankerten, privilegierten Status der singhalesischen Sprache und der buddhistischen Religion. Sie ist ein bedingungsloser Gegner des rassistischen Kriegs und fordert den Rückzug aller Regierungstruppen aus den Gebieten mit tamilischer Bevölkerungsmehrheit. Wegen dieser Grundsätze sind mehrere ihrer Mitglieder von singhalesischen Chauvinisten ermordet worden.
Das World Socialist Web Site appelliert eindringlich an alle Leser, alle Organisationen der Arbeiter- und Menschenrechtsbewegung, an alle tamilischen Organisationen und an alle, die grundlegende demokratische Rechte verteidigen wollen: Sendet Faxe, Resolutionen und Briefe an die LTTE, in denen die Verfolgung der SEP verurteilt und die sofortige und bedingungslose Freilassung der fünf SEP-Mitglieder gefordert wird!
Adresse:
The LTTE
c/o Eelam House
202 Long Lane
London SE1 4QB, United Kingdom
Fax-Nr.: 0044 - 171-403-1653
Tel.-Nr.: 0044 - 171-403-4554
Kopien von allen Briefen und Resolutionen bitte an das WSWS:
e-mail: wsws@gleichheit.de
oder
e-mail: editor@wsws.org
Fax-Nr.: 0201 - 87 01 313 oder 001 - 248-967-3023
Siehe auch:
Dringender Aufruf zum Handeln
(16. September 1998)