Pilotenstreik bei Northwest Airlines

Seit dem 29. August streiken mehr als 6000 Piloten der Northwest Airlines (NWA), der viertgrößten amerikanischen Fluggesellschaft, nachdem Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag abgebrochen worden waren. Der Arbeitskampf hat zum Ausfall von 1700 Flügen täglich in den USA, Europa und Asien und zu Verlusten des Unternehmens von rund 27 Millionen Dollar jeden Tag geführt.

Die Piloten, die seit zwei Jahren ohne Tarifvertrag arbeiten, kämpfen gegen Pläne der NWA, eine unbegrenzte Zahl von Flugzeugen mit niedriger bezahltem Personal ihrer Billiglinien Mesaba und Express Airlines I fliegen zu lassen. Die zuständige Pilotengewerkschaft ALPA schätzt, daß die Gesellschaft die Zahl dieser Regionalflüge auf 100 steigern will. Der Gegenvorschlag der Gewerkschaft, 66 solcher Billigflüge jetzt zuzulassen und weitere 30 erst dann, wenn die Gesellschaft expandiert und keiner der gegenwärtigen NWA-Piloten seinen Arbeitsplatz verliert, wurde von der Unternehmensleitung abgelehnt.

Hinzu kommt, daß das Unternehmen trotz Rekordprofiten in den letzten vier Jahren einen Tarifvertrag vorschlägt, der den Lohnverzicht der Beschäftigten im Jahr 1993, als die Gesellschaft vor dem Bankrott stand, in keiner Weise ausgleichen würde. Die vorgesehene Entlohnung würde die NWA-Piloten schlechter stellen, als ihre Kollegen in allen anderen Fluggesellschaften. Zudem ist geplant, ein zweigleisiges Gehaltssystem einzuführen, mit Niedrigtarifen für neu eingestellte Piloten.

Das NWA-Management hat die Clinton-Regierung aufgefordert, den Streik zu brechen, und am vierten Streiktag traf sich Verkehrsminister Slater mit dem NWA-Vorsitzenden sowie den Führern der Gewerkschaft ALPA. Im Verkehrsministerium wurde ein Krisenstab gebildet. Allerdings gibt es Stimmen in der Regierung, die momentan von einem Eingreifen abraten, um nicht die Wut anderer Teile der Belegschaft anzustacheln. Vor allem fürchtet die Regierung, daß auch die Flugmechaniker, Stewards und das Bodenpersonal von Northwest Airlines die Arbeit niederlegen. Sie haben wie die Piloten ebenfalls zwei Jahre lang keine Lohnerhöhungen gehabt.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt verläßt sich Clinton auf die ALPA-Führung, die versucht, den Streik auf die Piloten zu beschränken. Ein Sprecher der ALPA hat sogar das Treffen mit dem Verkehrsminister begrüßt und die Illusion verbreitet, Clinton könne den Piloten gegen das Unternehmen helfen. In Wirklichkeit steht Clinton in der Tradition früherer Demokratischer Präsidenten wie Jimmy Carter, die die Deregulierung der Luftfahrt in Gang gesetzt und den Unternehmen erst ermöglicht haben, die Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen zu zerstören. Die Gewerkschaftsführung hat ihnen dabei geholfen. Seit Beginn der 90er Jahre sorgte sie für den Ausverkauf einer Reihe Streiks der Beschäftigten verschiedener Fluggesellschaften, angefangen 1981 mit dem Streik der Fluglotsen der damaligen Gewerkschaft PATCO. Die Gewerkschaften ALPA und andere Fluggewerkschaften isolierten PATCO und ermöglichten der Reagan-Regierung, die Fluglotsen zu entlassen, ihre Führer ins Gefängnis zu werfen und die Gewerkschaft aufzulösen.

Heute stehen die Piloten von Northwest Airlines vor den Ergebnissen der verfehlten Politik der Gewerkschaftsführung in den letzten zwei Jahrzehnten.

Siehe auch:
Die Pilotenstreiks bei Northwest und Air Canada und die Globalisierung der Fluggesellschaften

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