Tamilischer Sozialist an der Einreise nach Australien gehindert

Das australische Hochkommissariat in Sri Lanka hat sich geweigert, dem tamilischen Sozialisten Rajendiram Sutharsan ein befristetes Visum für seine Teilnahme an der Sommerschule der Socialist Equality Party (SEP) von Australien auszustellen. Die Entscheidung, Sutharsan an der Einreise nach Australien zu hindern, stellt einen Präzedenzfall dar, denn bisher wurden niemals Delegierte aus Sri Lanka daran gehindert, Fortbildungsseminare und Konferenzen zu besuchen, die von der Australischen SEP organisiert wurden. Sie hat weitreichende Auswirkungen auf die demokratischen Grundrechte von Arbeitern und ihren Organisationen und bedeutet, daß sie daran gehindert werden, sich an der politischen Diskussion in Australien und international zu beteiligen.

Sutharsan ist einer der vier Mitglieder der Socialist Equality Party von Sri Lanka, die im vergangenen Jahr von den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) verhaftet und fast zwei Monate lang gefangen gehalten worden waren. Die vier tamilischen Sozialisten wurden im Gebiet von Kilinochchi im Norden des Landes festgehalten.

Während dieser Zeit der Gefangenschaft weigerte sich die LTTE-Führung, die für ihre brutale Vorgehensweise gegen politische Gegner berüchtigt ist, die Verhaftungen zu bestätigen oder irgendwelche Informationen über das Verbleiben und das Befinden der SEP-Mitglieder zu geben. Die LTTE ließ sie erst frei, als die SEP und ihre Schwesterparteien im Internationalen Komitee der Vierten Internationale eine ausgedehnte internationale Kampagne für ihre Freilassung führten.

Die SEP in Australien lud Sutharsan ein, an ihrer Schulung teilzunehmen, damit er sich bei seinen Gesinnungsgenossen für ihre Unterstützung bedanken und sowohl über seine persönlichen Erfahrungen als auch über die allgemein politischen Fragen berichten könne, die vor der Arbeiterklasse in Sri Lanka stehen. Die SEP von Sri Lanka kämpft systematisch gegen den lang andauernden Krieg, den die Regierung gegen die tamilische Bevölkerung im Norden und Osten der Insel führt. Gleichzeitig bietet sie eine proletarische und internationalistische Perspektive an, um die Arbeiter und unterdrückten Massen, seien sie Singhalesen oder Tamilen, gegen die separatistische Politik der LTTE zu vereinen.

Am 30. Dezember, als Sutharsan sich auf seine Abreise nach Australien vorbereitete, lehnte das Hochkommissariat es ab, ihm ein Visum zu erteilen. In der schriftlichen Begründung von Jan Cleland, der zweiten Sekretärin für Einwanderungsfragen, wird als einziger Grund für die Entscheidung genannt, daß Sutharsan es angeblich versäumt habe, zu beweisen, daß der angegebene Grund seines Besuches wirklich zutreffe.

Sie schrieb: "Weil Sie wenig Informationen in Bezug auf den Zweck Ihres Besuchs vorgelegt, und außerdem wenig Gründe nachgewiesen haben, die erwarten lassen, daß Sie nach Sri Lanka zurückzukehren gedenken, bin ich nicht völlig davon überzeugt, daß Sie diese Bedingung wirklich erfüllen werden."

Nach einem langen Telefongespräch mit der stellvertretenden Nationalen Sekretärin der SEP, Linda Tenenbaum, in Sydney, stimmte Cleland schließlich zu, ihre Entscheidung noch einmal zu überprüfen. Sie forderte Einzelheiten über Sutharsans Hintergrund und seine Verbindung mit der Partei an und eine Bestätigung, daß die SEP während seines Aufenthalts einen Dolmetscher stelle. Außerdem verlangte sie, Sutharsan müsse dem Hochkommissariat für seine Entschlossenheit, nach Sri Lanka zurückzukehren, Beweise liefern.

Daraufhin wurden 25 Seiten Dokumente nach Colombo gefaxt, die im Detail seine Verhaftung durch die LTTE und die breite Unterstützung belegten, die durch die internationale Kampagne für seine Freilassung von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch, wie auch von Parlamentariern, Gewerkschaftern und zahlreichen Personen in Sri Lanka und auf der ganzen Welt gewonnen wurde.

In einem beiliegenden Brief führte Tenenbaum den Zweck von Sutharsans Teilnahme an der Schulung aus, bestätigte seine langjährige Mitgliedschaft in der SEP und erklärte, daß ein tamilischer Übersetzer aus Deutschland einreisen würde, um die politischen Diskussionen auf der Sommerschule zu erleichtern. Schließlich schrieb sie:

"Ich möchte betonen, daß es nicht im Interesse der australischen SEP wäre, jemanden einzuladen, bei dem auch nur die leiseste Möglichkeit bestünde, sich zu weigern, in sein eigenes Land zurückzukehren. Eine solche Situation hätte sicherlich schädliche Konsequenzen für jede zukünftige Einreiseerlaubnis aus diesem Land.

Mr. Sutharsan arbeitet nach wie vor als SEP-Organisator im Gebiet von Kilinochchi und ist seinen politischen Aufgaben weiterhin voll verpflichtet. Er hat außerdem Familienpflichten, da er verheiratet ist und drei Kinder hat. Aufgrund meiner Kenntnis von Mr. Sutharsans politischer Geschichte und seines früheren Verhaltens, bin ich persönlich bereit, im Namen der SEP eine Garantie abzugeben, daß er nach Sri Lanka zurückkehren wird. Soweit ich weiß, hat Mr. Wije Dias, der Generalsekretär der SEP (Sri Lanka), bereits eine solche Garantie abgegeben."

Obwohl das Hochkommissariat mehr als ausreichende Informationen über Hintergrund und Zweck dieser Reise erhalten hatte, weigerte es sich immer noch, die Entscheidung zu revidieren. In einem Telefongespräch mit Tenenbaum am 31. Dezember bezeichnete Cleland den Brief und die ausführliche Dokumentation als irrelevant für die "juristische Seite des Falles". Sie wiederholte, daß Sutharsan "ein unakzeptabel hohes Risiko" für Australien darstelle, weil er nach Ablaufen seines Visums möglicherweise nicht nach Sri Lanka zurückkehren würde.

Cleland versuchte, ihre Entscheidung auch mit "dem Interesse an einer konsequenten Entscheidungslinie" zu rechtfertigen. Sie wies darauf hin, daß einer beträchtliche Anzahl Tamilen aus dem Norden und Osten Sri Lankas die Einreise nach Australien verwehrt worden sei. Auf die Frage, wie Sutharsan denn beweisen könne, daß er auf jeden Fall nach Sri Lanka zurückkehren werde, wiederholte Cleland einfach dieselben abgedroschenen Phrasen.

Ihr höflicher Ton in der Unterhaltung mit Tenenbaum änderte sich schlagartig, als Wije Dias, der Generalsekretär der SEP von Sri Lanka, sie daraufhin anrief und versuchte, mit ihr über den Fall zu sprechen. Sie lehnte es ab, die Fragen zu diskutieren, und legte auf.

Sutharsans Fall zeigt, daß sehr viele Antragsteller besonders aus Sri Lanka und anderen Ländern Asiens, automatisch als Personen eingeschätzt werden, "bei denen die Gefahr besteht, daß sie ihre Zeit überziehen". Es ist an ihnen, zu beweisen, daß sie nicht in Australien bleiben werden. Für tamilische Arbeiter aus den Kriegszonen Sri Lankas, die wenig Geld und noch weniger politische Beziehungen haben, ist es nahezu unmöglich, diese Kriterien zu erfüllen.

Die berüchtigte Einwanderungspolitik "Weißes Australien" wurde formell Mitte der sechziger Jahre abgeschafft, aber die australischen Regierungen - sowohl die Labour Party als auch die Liberalen - haben zunehmend Einwanderer besonders aus den ärmeren Ländern Asiens zu Sündenböcken für hohe Arbeitslosigkeit und verschlechterte Lebensbedingungen gemacht, obwohl sie das Ergebnis ihrer eigenen Politik sind. Tausende Flüchtlinge und sogenannte "illegale Einwanderer" wurden oft jahrelang in Lager gesperrt, bevor sie gewaltsam deportiert wurden.

Unter der Politik "Weißes Australien" wurden Menschen, die einen Antrag auf Einwanderung gestellt hatten, gezwungen, einen Diktat-Test in einer beliebigen europäischen Sprache zu absolvieren, die von den Einwanderungsbehörden ausgewählt wurde. Oft wurden obskure Sprachen wie walisisch oder litauisch ausgewählt, um die Antragsteller abzuwimmeln. Die heutigen Regelungen und juristischen Bestimmungen sind kaum weniger willkürlich, rassistisch oder diskriminierend.

Antragsteller für ein Visum, die entsprechend ihrer Rasse, Volkszugehörigkeit und ihres Einkommens als "Risikofaktoren" eingeschätzt werden, haben keine wirkliche Chance, als zeitlich beschränkte Besucher, geschweige denn als Einwanderer, nach Australien einzureisen.

Die Ablehnung Sutharsans war jedoch nicht einfach das Ergebnis der routinemäßig rassistischen australischen Einwanderungspolitik. Clelands Weigerung, ihre erste Entscheidung rückgängig zu machen, und ihre Unfähigkeit, angesichts der umfassenden Beweise, daß Sutharsan nicht in Australien bleiben werde, eine zwingende Argumentation zu geben, weisen auf einen politischen Hintergrund ihrer Entscheidung hin.

Anzunehmen, daß Sutharsan, der die Beschwernisse der Haft und der Verhöre mit beträchtlicher Würde und viel Mut durchgestanden hatte, plötzlich seine politischen Überzeugungen und Verantwortung gegenüber der Partei, nicht zu reden von seiner Familie in Sri Lanka, aufgeben würde, ist absurd. Offensichtlich gibt es in australischen Regierungskreisen die Besorgnis, daß ein tamilischer Sozialist, der gegen den Bürgerkrieg in Sri Lanka die Stimme erhebt, ihre guten Beziehungen zur sri-lankischen Regierung und deren Vorbereitung auf eine Übereinkunft mit der LTTE stören könnte.

Das World Socialist Web Site fordert alle Arbeiter- und Menschenrechtsorganisationen und alle Gruppen und Individuen, denen die Verteidigung demokratischer Rechte - in Australien, Sri Lanka und international - am Herzen liegt, auf, scharf gegen die Entscheidung der australischen Regierung, Sutharsan das Visum zu verweigern, zu protestieren und zu fordern, ihm zu erlauben, nach Australien einzureisen und seine politischen und demokratischen Rechte in Anspruch zu nehmen.

Bitte schickt alle Briefe und Faxe an folgende Adresse:

Australisches Hochkommissariat
P.O. Box 742
Colombo, Sri Lanka
Fax: 0011-94-1-682-311

Bitte schickt Kopien aller Protesterklärungen an das
World Socialist Weg Site:
E-mail: editor@wsws.org oder: wsws@gleichheit.de (deutsches WSWS)

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