Rot-grüne Asylpolitik

Bittere Bilanz von Pro Asyl zum Tag des Flüchtlings

Die Flüchtlingshilfeorganisation Pro Asyl hat anlässlich des Tags des Flüchtlings am 1. Oktober auf ihrer Internet-Seite (http://www.proasyl.de) umfangreiches Material zur deutschen Flüchtlings- und Asylpolitik veröffentlicht. Darin zieht sie auch eine Bilanz der ersten sechs Monate der rot-grünen Regierung. Sie fällt vernichtend aus.

In dem Beitrag "Der Lack blättert" schreibt Günter Burkhardt: "Die erste Ernüchterung folgte beim Bekanntwerden der Koalitionsvereinbarung im Oktober 1998. Eine kritische Lektüre machte klar: keine Rückkehr zu den Standards der Genfer Flüchtlingskonvention, keine Härtefallregelung im Ausländergesetz, keine Revision des Flughafenverfahrens oder der Abschiebungshaftpraxis. Noch nicht einmal eine Rücknahme der im Vorwahlkampf hektisch durchgesetzten erneuten Verschärfung des Asylbewerberleistungsgesetzes wurde verabredet."

Bis heute konnte man sich auch nicht auf eine sogenannte "Altfallregelung" einigen. Das hieße allen Flüchtlingen, die schon viele Jahre in der Bundesrepublik leben und auf eine Anerkennung ihres Asylantrages warten, nach bestimmten, festzulegenden Kriterien eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. Das von einer SPD/FDP-Koalition regierte Bundesland Rheinland-Pfalz wollte eine Neuauflage der Altfallregelung aus dem Jahre 1996. Diese lief bereits damals weitgehend ins Leere. Bundesweit wurden nur 7.800 Aufenthaltsbefugnisse ausgestellt.

Ganze Personengruppen wie Bosnier, Vietnamesen und Kosovo-Albaner sollen nach Meinung der Innenminister einiger Bundesländer von der angestrebten Altfallregelung ausgenommen werden. Kaum eine Chance gibt es für all diejenigen, die aus dem Arbeitsmarkt gedrängt wurden. Eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts lautet das Credo. Aber kein sicherer Aufenthaltsstatus bedeutet: kaum eine Chance auf dem Arbeitsmarkt. Das ist die bittere Realität.

Nachdem sich Bayern, Baden-Württemberg, Berlin und Bremen bereits am 11. Dezember 1998 ausdrücklich gegen eine Altfallregelung ausgesprochen und verstärkt Flüchtlinge, die potentiell in den Genuss einer Altfallregelung kommen könnten, abgeschoben haben, stellt sich die Frage, ob es überhaupt zu einer solchen Regelung kommen wird.

Asylbewerberleistungsgesetz und Arbeitsverbot für Flüchtlinge

Der Artikel untersucht dann die Verantwortungsbereiche verschiedener Bundesministerien, die Auswirkungen auf Asylsuchende und Flüchtlinge haben.

Für Leistungen an Asylsuchende ist das Arbeitsministerium zuständig, das seit dem Regierungswechsel Walter Riester (SPD) untersteht. Diese Leistungen sind seit Jahren nicht angepasst worden. Nachdem Pro Asyl wiederholt eine Überprüfung angemahnt hatte, antwortete das Ministerium am 23. Februar 1999: Es sei nicht zutreffend, dass die Erhöhung in den vergangenen Jahren immer "vergessen" worden sei. Die Anpassung der Leistungen sei im Gegenteil mehrfach geprüft, ein Erhöhungsbedarf aber verneint worden.

Diese Entscheidung kann nur als Bestandteil der Abschreckungspolitik gegen Flüchtlinge verstanden werden. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind die Verbraucherpreise zwischen 1993 und 1998 jedes Jahr gestiegen. Die jährliche Inflationsrate lag zwischen 4,5 und 0,9 Prozent. Die Regelsätze der Sozialhilfe wurden in diesem Zeitraum, wenn auch unzureichend, erhöht, nicht aber die Leistungen für Asylsuchende.

Inzwischen erhalten Flüchtlinge fast 30 Prozent weniger Unterstützung als Sozialhilfeempfänger und diese fast nur in Sachmitteln. Ärztliche Behandlungen zahlt das Sozialamt nur bei akuten Krankheits- und Schmerzzuständen, deren Feststellung und Anerkennung oftmals der Willkür einzelner Sachbearbeiter unterliegt.

Seit der letzten Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes können die Sozialämter Leistungen sogar ganz verweigern, wenn sie unterstellen, Flüchtlinge seien nur des Geldes wegen gekommen. Eine Folge davon: Im Winter 1998/99 bekamen viele neu ankommende Kosovo-Flüchtlinge und serbische Deserteure in Berlin nur eine Unterkunft. Lebensmittel, Busfahrscheine, Hygieneartikel und Krankenscheine wurden ihnen verweigert.

Auch die Forderung, das unter Minister Blüm am 15. Mai 1997 verhängte generelle Arbeitsverbot ohne Einzelfallprüfung für Asylsuchende aufzuheben, wurde von seinem Nachfolger zurückgewiesen.

Schon in den 80er Jahren hatte die Internationale Arbeitsorganisation ILO in Genf die Zwangsheranziehung von Asylsuchenden zu gemeinnütziger Arbeit bei gleichzeitigem absoluten Arbeitsverbot als Zwangsarbeit kritisiert. Der ehemalige Gewerkschaftsführer Riester setzt nun als Bundesarbeitsminister die Missachtung eines internationalen Übereinkommens fort.

Als Oppositionspartei hatte die SPD noch gegen das Arbeitsverbot für Flüchtlinge protestiert. Sie warf der Kohl-Regierung vor, dass sie auf Kosten von Minderheiten Nebenkriegsschauplätze eröffnen würde. Genau diese Politik setzt die rot-grüne Bundesregierung jetzt verschärft fort, wie unter anderem das Arbeitsverbot für Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen selbst für Hilfsarbeiten in Küchen, Putz- und Gartenarbeiten beweist.

Zahl der Anerkennung von Asylbewerbern auf Tiefststand

In den Verantwortungsbereich von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) fällt die ständig zurückgehende Zahl von anerkannten Asylbewerbern.

1998 hatten 147.391 Menschen in Deutschland Asyl beantragt. 91.700 wurden abgelehnt (62 Prozent), 44.776 wurden sonst wie erledigt (30 Prozent), 5.883 wurden anerkannt (4 Prozent), 5.437 erhielten Abschiebeschutz (4 Prozent). Rechnet man die "sonstigen Erledigungen" heraus, wurden von 103.020 Antragstellern 86,5 Prozent abgelehnt, als politische Flüchtlinge wurden 5,7 Prozent anerkannt, 5,3 Prozent erhielten das sogenannte "kleine Asyl", 2,5 Prozent wurden mit Abschiebungshindernis abgelehnt.

Auch in vielen anderen Bereichen knüpft Schily nahtlos an seinen Vorgänger Kanther (CDU) an:

- Der Bundesbeauftragte für Asylangelegenheiten, der den Weisungen des Innenministers unterliegt, klagt nach wie vor regelmäßig gegen Anerkennungen durch das Bundesamt. Für die betroffenen Flüchtlinge hat das Jahre der Unsicherheit zur Folge, da jede positive Entscheidung für sie von der nächsthöheren Instanz wieder angezweifelt wird.

- Gegen Kurden aus dem Irak werden flächendeckend Widerrufsverfahren eingeleitet mit dem Ziel, ihre Anerkennung als Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu widerrufen. Kanther hatte diese Praxis im Frühjahr 1997 eingeleitet.

- Die Zusammenführung von Familien wird systematisch hintertrieben. Wer die Familienzusammenführung beantragt, wird mit Widerrufsverfahren überzogen. Nicht Fluchtursachen, sondern Flüchtlinge werden so bekämpft.

- Das Flughafenverfahren wird weiter aufrechterhalten. Nach diesem Verfahren werden Flüchtlinge im Flughafenbereich unter der Kontrolle des Bundesgrenzschutzes interniert, damit sie nicht "deutschen Boden" betreten können und ihr Asylantrag in einem Schnellverfahren von 19 Tagen abgewickelt werden kann. Das Flughafenverfahren ist ein Kind der SPD, es geht auf den Asylkompromiss von 1993 zurück.

- Noch nicht einmal die Unterwerfung von Kindern und Jugendlichen unter das Flughafenverfahren, das jüngst auch von einem Unicef-Bericht zur Lage von Flüchtlingskindern in Deutschland scharf kritisiert wurde, wird abgeschafft. Ein Federstrich Schilys würde genügen, um diese unnötige, von Kanther 1994 per Erlass eingeführte Härte zu beseitigen.

Die Rolle des Bundesaußenministeriums

Auch im Verantwortungsbereich von Bundesaußenminister Josef Fischer (Grüne) ist Kontinuität Trumpf. Die Lageberichte des Auswärtigen Amtes, die für die Anerkennung von Asylbewerbern von entscheidender Bedeutung sind, wurden zunächst überhaupt nicht und in jüngster Zeit nur mit geringen Nuancen - wie im Falle der Türkei - verändert. Sie sind auf jeden Fall so abgefasst, dass aus ihnen kein prinzipielles Abschiebungshindernis abgeleitet werden kann.

Besonders skandalös und kaum bekannt ist die Tatsache, dass das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge seit Mitte 1998 mit eigenen Außendienstmitarbeitern in den Herkunftsländern der Flüchtlinge aktiv ist. So befinden sich Mitarbeiter des Bundesamtes an deutschen Botschaften in Armenien, der Bundesrepublik Jugoslawien, Georgien, der Demokratischen Republik Kongo, Nigeria, Pakistan, Sri Lanka, Togo und der Türkei.

Ihre Aufgabe besteht darin, bei der Feststellung der Lage vor Ort, der Beobachtung des Schicksals Abgeschobener und besonders bei der effektiven Verhinderung jeder Flucht im Visumbereich mitzuarbeiten. Das heißt, dass Mitarbeiter des Bundesamtes in enger Abstimmung mit dem Außenministerium bereits in den Herkunftsländern der potentiellen Flüchtlinge darauf hinwirken, dass diese kein Visum zur Einreise in die Bundesrepublik Deutschland erhalten. Des weiteren arbeiten sie an den Berichten mit, die zur Beurteilung der Anerkennung von Asylanträgen entscheidend sind.

Der Autor des Berichts "Bundesamt im Außendienst" Bernd Mesovic kommentiert dies so: "Jetzt produziert das Bundesamt Hand in Hand mit dem Auswärtigem Amt seine Erkenntnisquellen gleich selbst. Das Ergebnis ist absehbar: Künftig wird bis in die Formulierungen hinein abgestimmt, wie asylrelevante Sachverhalte beschönigt werden können. Es handelt sich um einen manipulativen Eingriff in die Asylverfahren mit dem Ziel vorweggenommener mundgerechter Ablehnungsbescheide. Der seit dem Ende der Inquisition geltende Grundsatz, dass niemand zugleich Zeuge und Partei sein kann, ist in Sachen Flüchtlinge abgeschafft."

Aber auch da, wo Berichte des Aussenministeriums vor der Lage in einem bestimmten Land warnen, ist dies kein Hinderungsgrund für Abschiebungen. So heißt es in einem Lagebericht zu Togo vom 24. September 1998: "In Togo werden politisch aktive Oppositionelle eingeschüchtert, bedroht, geschlagen, von ihrem Wohnsitz vertrieben, gefoltert, ermordet oder auf grausame Weise hingerichtet." Wenige Wochen später, am 30. November 1998 wurden etwa 40 Togoer per Flugzeug in ihre Heimat abgeschoben - darunter auch politisch aktive Oppositionelle. Die Aktion war von mehreren Innenministerien von langer Hand vorbereitet worden. Beteiligt hatten sich auch rot-grüne Landesregierungen, wie diejenigen aus Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Die Verantwortung trägt aber auch das Auswärtige Amt. Noch in der Woche vor der Abschiebung hatte die EU-Kommission alle Minister der Union aufgefordert, nicht mit der Regierung in Togo zusammenzuarbeiten. (Aus dem Bericht "Der Lack blättert")

Auf Proteste von Pro Asyl antwortete das Außenministerium: "Die von Ihnen genannte Entscheidung der Europäischen Union wurde vor dem Hintergrund der Manipulation bei den Präsidentschaftswahlen im Juni getroffen und betrifft allein die Entwicklungszusammenarbeit, nicht aber den Rückführungsbereich. Ich kann Ihnen versichern, dass sich alle Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes der hohen Verantwortung bei ihrer Arbeit gerade in dem menschenrechtlich besonders sensiblen Bereich der Asyllageberichte bewußt sind."

Im rot-grünen Koalitionsvertrag findet sich nichts, was auf eine Abschwächung der enormen Härten für Flüchtlinge seit der praktischen Abschaffung des Asylrechts durch die Grundgesetzänderung 1993 hindeutet. Es findet sich kein Wort darüber, Flüchtlingen wirklich Schutz zu gewähren und zumindest die Genfer Flüchtlingskonvention sowie die Europäische Menschenrechtskonvention anzuerkennen. So erhalten Menschen, die vor Gewalt aus Staaten wie Afghanistan, Bosnien oder Somalia fliehen, in Deutschland kein Asyl, weil es dort keine staatliche Hoheitsgewalt gibt. Selbst für Opfer von Folter gibt es keinen Abschiebeschutz.

Stattdessen werden unter dem Kapitel "EU-Iniativen" im Koalitionsvertrag als Schwerpunkte einer in der Europäischen Union zu harmonisierenden Asyl-, Flüchtlings- und Migrationspolitik genannt: "Bekämpfung illegaler Einwanderung - insbesondere Schleuserkriminalität, gerechte Lastenverteilung unter Berücksichtigung der Kommissionsvorschläge, nachhaltige Bekämpfung der Fluchtursachen." Bereits die Reihenfolge der Prioritäten hat Symbolwert. Sie steht in der Kontinuität der Kanther-Politik.

Zum Schluss seines Artikels macht Günter Burkhardt auf eine wichtige Veränderung aufmerksam: "Im Vergleich zur Kanther-Ära ist die Situation für die Asyllobby jedenfalls ungleich schwieriger geworden. Damals gab es wenigstens noch eine Opposition, die - wenn auch nur in Teilbereichen - alternative Politikvorstellungen entwickelte. Heute zeichnet sich ab, dass die rot-grüne Bundesregierung eine erschreckende Kontinuität in bezug auf die Flüchtlingspolitik beweist und eine menschenrechtlich orientierte Oppositionspolitik im Deutschen Bundestag kaum festzustellen ist... Eine Auseinandersetzung über die oft unmenschlichen Härten des Asylverfahrens und die Notwendigkeit von Korrekturen findet nicht mehr in ausreichendem Maße statt. Asyl scheint zu einem Nichtthema der deutschen Innenpolitik geworden zu sein."

Hermetische Abschottung der EU-Außengrenzen

Innenminister Schily brüstete sich Anfang Januar damit, daß die Quote von 100.000 Asylanträgen 1998 nicht überschritten worden sei. Im gleichen Zeitraum wurden 91.000 "Illegale" an der deutschen Ostgrenze aufgegriffen. Schily zeigte sich zufrieden mit der Kooperation der osteuropäischen Nachbarländer. Besonders Polen habe Fortschritte in der Bekämpfung von Flüchtlingen gemacht. Dies reiche aber nicht. Schily wörtlich: "Darauf aufbauend müssen weitere Schritte der konkreten Zusammenarbeit unternommen werden, um die illegale Einreise zu unterbinden." Das bedeutet, die europäischen Außengrenzen sollen noch hermetischer gegen Asylsuchende abgeschottet werden.

Nicht zufrieden zeigte sich das Innenministerium mit der Türkei, die sich mehr und mehr zu einem Auffangplatz und Transitlager für Flüchtlinge aus dem Irak, dem Iran, Afghanistan, Sri Lanka und anderen asiatischen, aber auch afrikanischen Ländern entwickelt habe. Bereits Kanther und die alte Bundesregierung hatten die Zerschlagung der "Südroute" für Flüchtlinge zur Chefsache erklärt und 1997 eine Expertenkommission dafür gegründet. In einem internen Papier vom Oktober 1997 hieß es, dass die "ideale Lösung ein Rücknahmeabkommen mit der Türkei sei, das auch für Angehörige von Drittstaaten Geltung haben solle". Zugleich wurde der Türkei Hilfe bei der Bekämpfung "illegaler Flüchtlinge" vor allem aus dem Nordirak zugesichert.

Rechnet man die Zahlen von direkt über die Grenzen zurückgeschobenen Flüchtlingen aus der Provinz Edirne auf alle türkischen Westprovinzen und die Metropolen Istanbul und Ankara hoch, in denen regelmäßig Razzien stattfinden, um "Illegale" aufzuspüren, dürfte die Zahl, wie die von der deutschen Ostgrenze gemeldete die Hunderttausend erreichen. Die 1997 von Kanther ausgegebene Direktive, die Politik müsse "sich an dem Leitprinzip orientieren, dem Migrationsphänomen nahe am Ausgangsherd entgegenzutreten, wo es sich noch im Zustand der Beherrschbarkeit befindet und somit effizienter zu bewältigen ist", behält unter der rot-grünen Regierung ihre Gültigkeit.

Abschiebehaft und Abschiebungen

Nirgendwo zeigen sich die inhumanen Auswirkungen des neuen Asylrechts so deutlich, wie in den gegenwärtigen Bedingungen der Abschiebehaft und der Durchführung der Abschiebungen selbst. 1997 und 1998 wurden jeweils 18.000 Menschen aus Deutschland abgeschoben. Nichts deutet darauf hin, dass es 1999 weniger sein werden. Tausende von ihnen mussten davor bis zu eineinhalb Jahren in Abschiebehaft verbringen. Menschen wurden und werden in Deutschland inhaftiert, ohne eine strafbare Handlung begangen zu haben.

Über 30 Menschen haben sich seit Inkrafttreten der Änderung des Asylrechts 1993 in der Abschiebehaft oder aus Angst vor der Abschiebung das Leben genommen, 100 weitere versuchten es. Viele überlebten nur schwer verletzt.

Der syrische Kurde Yousef D. schrieb folgenden Brief an seine Freundin, bevor er in einen Wald ging und sich erhängte, nachdem er unmittelbar zuvor die Abschiebeandrohung der Ausländerbehörde erhalten hatte: "Ich bin in Deutschland nicht aus Hunger und Armut, sondern um Schutz zu haben und als Mensch beachtet zu werden. Leider habe ich das andere Gesicht Deutschlands kennengelernt... mein Pech, dass das alles mir zu spät erkennbar wurde, weil ich bin nie in Konflikt mit Gesetzen geraten, weil ich bin immer von Natur aus korrekt. Und nun gehe ich in ein Asyl - keiner kann es mir wegnehmen. Ich bin nicht das erste und nicht das letzte Opfer."

Europäische Abwehrpolitik gegen Flüchtlinge

Europaweit arbeiten die verschiedenen Regierungen fieberhaft an einer weiteren Verschärfung des Asylrechts und der Verhinderung der Einwanderung nach Europa.

So gibt es ein Strategiepapier zur Migrations- und Asylpolitik aus der Zeit der österreichischen EU-Präsidentschaft. Darin werden Vorstellungen von einem einheitlichen europäischen Asyl- und Migrationsraum entwickelt, die von Abschottung, Kontrolle und effizienter, koordinierter Abschiebepolitik geprägt sind.

Grundlage ist ein Modell von konzentrischen Kreisen um die Europäische Union. Danach bilden die Schengen- bzw. EU-Staaten mit den intensivsten Kontrollmaßnahmen den inneren Kreis. Die Assoziationsstaaten der EU und möglicherweise der "mediterrane Raum" bilden den zweiten Kreis. Sie sollen schrittweise in ein ähnliches System der Visa-, Grenzkontroll- und Rücknahmepolitik eingebunden werden. Ein dritter Kreis, der "GUS-Raum, einige Balkanstaaten, die Türkei und Nordafrika", soll die Transitkontrolle und die "Schleppereibekämpfung" gewährleisten. Der vierte Kreis besteht aus dem "Mittleren Osten, China und Schwarzafrika" und soll sich primär auf die Beseitigung von "Push-Faktoren" (Flucht- und Auswanderungsgründe) konzentrieren.

Zur Umsetzung dieses Strategiepapiers wurde eine hochrangige Arbeitsgruppe unter Federführung des Auswärtigen Amts eingerichtet, die Aktionspläne zu festgelegten Herkunftsländern ausarbeiten soll. Die Aktionspläne für Afghanistan/Pakistan, Albanien/Kosovo, Somalia, Marokko und Sri Lanka sollen bis zum EU-Sondergipfel im Oktober 1999 in Tampere/Finnland vorliegen.

Siehe auch:
Flüchtlinge im Kreuzfeuer von Europas Regierungen
(8. September 1999)
Unicef-Studie belegt: Flüchtlingskinder genießen in Deutschland keinen ausreichenden Schutz
( 24. August 1999)
Rot-Grün knüpft an die skandalöse Asylpolitik der Kohl-Regierung an
( 11. Mai 1999)
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