Die Diskriminierung von binationalen Paaren durch deutsche Ämter

Binationale Paare haben in Deutschland mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, wenn einer der Partner aus einem nicht-westlichen Land kommt und ganz besonders, wenn er eine dunkle Hautfarbe hat. Die Probleme beschränken sich dabei nicht auf rassistische Vorurteile im Familien- und Bekanntenkreis und am Arbeitsplatz. Die größte Bedrohung geht für diese Paare von den deutschen Behörden aus, die häufig das Zustandekommen einer binationalen Partnerschaft oder Familie zu verhindern versuchen und bereits geschlossene Ehen auseinanderzureißen bemüht sind.

So werden Paare beispielsweise genötigt, getrennt voneinander Fragen nach ihren Lebensgewohnheiten und Vorlieben und denen ihres Partners, den Umständen ihres Kennenlernens, den Namen der Schwiegereltern usw. zu beantworten, auf deren Grundlage die Behörde schließlich darüber befindet, ob es sich um eine sogenannte "Scheinehe" handelt oder nicht. Weiterhin führen Ausländerämter Kontrollbesuche in den Wohnungen solcher Paare durch, wobei anhand der Anzahl der Zahnbürsten, benutzten Handtücher und ähnlichem der Zustand der Ehe beurteilt werden soll.

Eine Heirat wird oft auch im Vorfeld sehr schwer und in manchen Fällen unmöglich gemacht. So stellt die Legalisierung der für die Heirat notwendigen Papiere des ausländischen Partners bei der deutschen Botschaft in seinem Heimatland eine gewaltige Hürde dar. Werden die Papiere dann von der zuständigen Botschaft nicht zügig genug oder gar nicht bearbeitet, droht dem ausländischen Partner die Ausweisung oder Abschiebung, wenn seine Aufenthaltsgenehmigung durch die Ämter hier nicht verlängert wird. So schaffen es die Ausländerämter in Deutschland in Zusammenarbeit mit den deutschen Botschaften im Ausland, Paare vor dem Zustandekommen der Heirat und auch Elternteile von ihren Kindern zu trennen. Gleichzeitig wird ihre eheähnliche Verbindung insofern von staatlicher Seite her anerkannt, als dass der deutsche Partner alle entstandenen Kosten (Anwälte, Abschiebung etc.) seines ausländischen Partners tragen muss.

Eine Eheschließung im Ausland ist keine Alternative für die Paare. Auch in diesem Fall muss noch nach der Hochzeit die zuständige Botschaft dem ausländischen Gatten ein Einreisevisum erteilen und kann dies ohne Angabe von Gründen verweigern. Ein gemeinsames Leben in Deutschland ist unter diesen Umständen häufig unmöglich.

Einige binationale Paare und Familien, die mit den genannten Schwierigkeiten zu kämpfen haben, sind in die Öffentlichkeit gegangen, um sich gegen Diskriminierung, Willkür und Schikanierung durch die Behörden zu wehren und ein Aufenthaltsrecht für ihren Partner durchzusetzen. Unter dem Motto "Schluss mit der Apartheid in der deutschen Familienpolitik" fand am 19. Februar in Bremen eine Demonstration statt, auf der mehrere Fälle bekannt gemacht wurden und gegen die drohende Abschiebung der Verlobten, Ehemänner und Familienväter protestiert wurde.

Während der Demonstration durch die Bremer Innenstadt, zu der die Betroffenen und der Internationale Menschenrechtsverein Bremen aufgerufen hatte, wurden Slogans gerufen wie: "Abschiebung ist Folter, Abschiebung ist Mord - Bleiberecht für alle und das sofort!" und "Um Europa keine Mauer - Bleiberecht für alle und auf Dauer!". Sprecher auf der Kundgebung vor dem Bremer Rathaus betonten, dass sie sich gegen alle Abschiebungen wenden und gleiche Rechte für alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft und ihrer Hautfarbe verlangen.

Ein Freund von Hakki Yildirim setzte sich nachdrücklich dafür ein, dass der kurdische Jugendliche in Bremen bleiben darf. Hakki Yildirim hat neun Jahre in Deutschland gelebt, ist hier zur Schule gegangen und hat viele Freunde gefunden. Vor der drohenden Abschiebung in die Türkei war er ins Kirchenasyl geflüchtet.

Ein anderer Sprecher forderte dazu auf, die Abschiebung von Yenga Mangbau zu verhindern. Yenga Mangbau lebt seit fast neun Jahren in Deutschland und ist aus dem von Kriegen zerrütteten Kongo geflohen. Trotzdem wurde sein Asylantrag wie der so vieler anderer Menschen abgelehnt und er wurde in den letzten Jahren nur noch geduldet.

Zu spät kam die Demonstration für den bulgarischen Flüchtling Zdravko Nikolov Dimitrov. Der promovierte Physiker starb in der Nacht vom 20. auf den 21. Dezember letzten Jahres an den Folgen von Schussverletzungen durch SEK-Beamte, die er zehn Tage zuvor erhalten hatte.

Auf Anordnung des Leiters der Braunschweiger Ausländerbehörde, Wrobel, sollte Dr. Nikolov in Abschiebehaft genommen werden. Der 36jähige habe gegenüber den Beamten, die ihn festnehmen wollten, gedroht, sich umzubringen. Die Polizisten hätten daraufhin das Sondereinsatzkommando angefordert. Da nach Ansicht psychologisch geschulter Beamter "ein Selbstmord unmittelbar bevorstand", habe das SEK eingegriffen. Dr. Nikolov hatte nach Ablehnung seines Asylantrags mehrfach mit Selbstmord gedroht. "Ich werde nicht zulassen, dass mich die Ausländerbehörde lebend nach Bulgarien abschiebt."

Zdravko Nikolov Dimitrov war als Jugendlicher in der kommunistischen Dimitroff-Jugend aktiv. Nach der Wende 1989/90 wurde er deshalb von den bulgarischen Behörden und der Polizei schikaniert. Am 16. März 1992 bestellte man ihn ins Rathaus von Sofia, wo er von Beamten des Rathauses und Polizisten brutal zusammengeschlagen und anschließend für vier Tage in ein psychiatrisches Gefängnis eingeliefert wurde. Dort wurde er ans Bett gefesselt und erneut von Polizisten und Ärzten misshandelt. Aber all dies war nicht Grund genug, in Deutschland Asyl gewährt zu bekommen.

Im Anschluss an die Bremer Kundgebung sprach das WSWS mit betroffenen Paaren. Sie schilderten ihre Schwierigkeiten und Erfahrungen.

Dorothe und Alieu

Dorothe und der aus Gambia stammende Alieu sind seit vergangenem Sommer rechtskräftig miteinander verheiratet. Doch obwohl nach deutschem Recht die Ehe eigentlich unter dem besonderen Schutz des Staates steht, hat die Bremer Ausländerbehörde Alieus Ausweisung verfügt.

WSWS: Mit welchen Schwierigkeiten habt ihr zu kämpfen, was sind eure Erfahrungen mit Ämtern und Behörden?

Dorothe: Die größten Probleme haben wir mit dem Ausländeramt, vorher mussten wir uns auch schon mit dem Sozialamt auseinandersetzen.

Vor der Heirat mussten wir ein Interview mitmachen, hätten wir es nicht getan, hätte sich das negativ für uns ausgewirkt. Da wurden wir wegen des Altersunterschiedes - ich bin 13 Jahre älter - befragt, wie wir uns kennengelernt haben und so weiter.

Alieu hatte eine Aufenthaltsgenehmigung für drei Monate nach unserer Heirat. Das war eine Bescheinigung, dass er den Antrag auf Aufenthalt gestellt hat, und damit konnte er sich hier drei Monate lang frei bewegen.

Als wir das erste Mal auf dem Ausländeramt waren, dachten wir, dass wir ganz einfach den Stempel bekämen. Aber der Sachbearbeiter teilte uns mit, er wollte erstmal unsere Akte anfordern und überprüfen, ob wir nicht illegal geheiratet hätten.

Beim Einwohnermeldeamt wollten sie eine Bescheinigung haben, dass Alieu in meine Wohnung einzieht. Ich habe eine kleine Wohnung gehabt, wo ich schon seit elf Jahren lebte. Wir wollten erst mal dort gemeinsam leben und dann in Ruhe nach einer anderen Wohnung suchen. Als wir dort wegen der Bescheinigung waren, sagte mir der Beamte: ‚Sie wissen ja, dass sie da raus müssen, weil die Wohnung zu klein ist für zwei Personen.‘ Das war der erste Schock.

Dazu kam, dass wir von Teilen meiner Familie diskriminiert wurden. Eine Tante, die früher wie eine Mutter für mich war, hat den Kontakt zu uns abgebrochen. Damit hatte ich nicht gerechnet, das war für mich sehr hart bei all der Diskriminierung, die wir sowieso schon erfuhren. Meine Tante war selbst nach dem Krieg Flüchtling, sie hätte wissen müssen, was es bedeutet, wenn man diskriminiert wird.

Am Arbeitsplatz sagte mir eine Kollegin, die so etwas wie meine Vorgesetzte war, für sie käme so etwas nicht in Frage, sie würde es nicht dulden, wenn ihre Tochter mit einem Schwarzen nach Hause käme.

Mein Mann war als Flüchtling dem Landkreis Cuxhaven zugeteilt, den er nicht verlassen durfte. Er wurde zweimal außerhalb des Landkreises geschnappt und zu einer Strafe von 200 DM verurteilt. Er bekam neben Essensmarken einen monatlichen Betrag von 75 DM ausgezahlt und sollte nun in vier Raten von je 50 DM pro Monat seine Geldstrafe abbezahlen.

Mein Mann hat diesen Brief nicht ausgehändigt bekommen. Seine Post ging an die Flüchtlingsunterkunft, obwohl er schon bei mir lebte. Das wussten die Behörden auch, denn eines Tages stand ein Polizist vor unserer Tür und wollte ihn verhaften. Ich wusste überhaupt nicht, worum es geht und der Polizist war nicht bereit, es mir zu sagen. Er wollte ihn einfach mitnehmen. Ich beschloss unsere Anwältin anzurufen, daraufhin sagte der Polizist, es würde auch reichen, wenn ich 200 DM bezahle. Er dürfte mir aber nicht sagen, wofür die Strafe sei.

Als es darum ging, Alieus Aufenthalt zu verlängern, ließ man uns auf dem Amt erstmal ein paar Stunden warten, nachdem sein Pass schon bei ihnen abgegeben war. Bis heute haben wir noch keine Bescheinigung, dass sein Aufenthaltsantrag abgelehnt wurde. Dann bekam mein Mann die Nachricht, dass er innerhalb von einer Woche ausreisen müsse, und sollte noch unterschreiben, dass er damit einverstanden wäre, was er nicht getan hat. Das Amt drohte mit Abschiebung, sollte er nicht ‚freiwillig‘ ausreisen, und damit dass eine Abschiebung für mich ‚sehr teuer‘ würde. Sie würden sich aber dafür einsetzten, dass er innerhalb von drei Monaten wieder einreisen dürfte. Da bin ich durchgedreht.

Wir wissen von anderen Fällen, dass es nicht selbstverständlich ist, dass der Ehepartner sofort wieder eine Einreisegenehmigung erhält. Alieu müsste sich an die deutsche Botschaft in Gambia wenden und dort ein Einreisevisum beantragen. Die können das aber ohne Angabe von Gründen ablehnen, auch wenn er mit einer Deutschen verheiratet ist, und wir wissen, dass so etwas oft passiert. Und nach deutschem Recht ist eine Ehe gescheitert, wenn man länger als ein Jahr getrennt lebt, dann kann eine Zwangsscheidung vorgenommen werden. Kein Amt will mir eine Garantie dafür geben, dass mein Mann nach einer Ausreise wirklich wieder einreisen darf.

WSWS: Was ist eigentlich die gesetzliche Grundlage dafür, dass man euch als Ehepaar auseinanderreißen und deinen Mann zur Ausreise zwingen kann?

Dorothe: Er hat keine gültige Einreisebescheinigung, da er als Flüchtling mit einer anderen Identität hierher gekommen ist. Das ist aber alles korrigiert worden und er hat als Flüchtling eine Duldung über sechs Monate bekommen. Dann haben wir geheiratet, wir waren total glücklich, dass das alles geklappt hat, und im Gesetz steht auch, dass jemand, der vorher eine Duldung hatte, nach einer Hochzeit ein Anrecht auf Aufenthalt hier hat. Herr Meier vom Ausländeramt hat uns erklärt, dass er erstens das Einreisevisum von Alieu sehen und ihn zweitens bestrafen will, weil er Sozialhilfe bekommen hat. Wir haben aber überhaupt nichts schriftliches vorliegen. Herr Meier sagte mit sogar, er hätte auch anders entscheiden können, aber das wollte er nicht, er wolle ihn bestrafen.

Herr Meier ist ein Abteilungsleiter von Ausländeramt, der sich speziell mit Abschiebungen befasst. Ich habe vor diesem Menschen gekniet und ihn angefleht, meinen Mann hier zu lassen. Seine Antwort war immer Nein. Ich habe gesagt: ‚Stellen Sie sich vor, man macht das mit ihrer Frau!‘ Und er sagte nur: ‚Nein!‘

Ich habe so etwas noch nicht erlebt. Ich habe gedacht, das ist nicht Deutschland 1999, sondern 60 Jahre früher. Es hat auch nichts genützt, sich an die Vorgesetzten und andere Behörden zu wenden. Die stellvertretende Leiterin des Ausländeramtes lächelte zwar, aber sagte auch nur: ‚Nichts zu machen.‘

Mir wurde ärztlich attestiert, dass ich suizidgefährdet bin, daraufhin durfte Alieu bis zum 26. Januar bleiben. Dann bekam unsere Anwältin einen Brief, dass ich eine Therapie machen und nachweisen muss, in der ich mich auf die Ausweisung meines Mannes vorbereite.

Ich bin im Referendariat und mein Gehalt beträgt nur 1.500 DM; außerdem bin ich weiterhin in der Steuerklasse1, nicht Steuerklasse 3 wie bei verheirateten Paaren üblich, da mein Mann keinen langfristig gesicherten Aufenthalt hier hat. Ich glaube, die Ämter wussten genau, dass wir wegen meines begonnenen Referendariats sozial schwach waren, und dachten sich, mit denen kann man alles machen. Die Anwaltskosten belasten uns finanziell enorm, hinzu kommt die Diskriminierung und die psychische Belastung für uns. Wir lieben uns und man will verhindern, dass wir zusammen leben. Das ist die Strafe dafür, dass ich einen schwarzen Mann liebe und geheiratet habe, anders kann ich das nicht sehen.

Nadine und Franklin

Nadine und Franklin, die eine eineinhalbjährige Tochter haben, warten seit Mai 1999 darauf, dass die deutsche Botschaft in Nigeria die für die Heirat notwendigen Papiere legalisiert. In der Zwischenzeit hat Franklin jedoch keinen legalen Aufenthaltsstatus mehr in Deutschland und ist ständig von Abschiebung bedroht. Während Nadines Schwangerschaft saß Franklin sechs Monate in Abschiebehaft und wurde kurz vor der Geburt seiner Tochter Celine abgeschoben.

WSWS: Was sind eure Erfahrungen?

Nadine: Unsere Fälle sind eigentlich sehr ähnlich. Ich habe Franklin, einen Nigerianer, kennengelernt und aus unsere Liebe ist ein Kind entstanden. Kurz vor der Geburt von Celine wurde Franklin abgeschoben. Es gelang ihm wieder nach Deutschland einzureisen, hier hat er die Vaterschaft anerkannt und wir haben das gemeinsame Sorgerecht beantragt. Wir sind also mit den ganzen Urkunden zum Amt gegangen und haben gleichzeitig auch seinen Aufenthalt beantragt. Franklin hat ein begrenztes Aufenthaltsrecht bekommen und wir haben seine Papiere nach Nigeria geschickt, um sie legalisieren zu lassen.

Aber dann hat er die Nachricht bekommen, dass er innerhalb von drei Wochen Deutschland verlassen muss.

Auf dem Ausländeramt erklärte mir Herr Meier, es sei seine Aufgabe, ‚Ausländer fernzuhalten‘. Ich habe ihn gefragt, wie er das finden würde, wenn man seine Familie auseinanderreißt und seine Kinder ihren Vater nicht mehr sehen könnten, aber er sagte, das täte gar nichts zur Sache. Franklin sei erneut ohne gültige Papiere eingereist und würde wieder abgeschoben.

Dann sind wir zu einem Arzt gegangen und er hat bescheinigt, dass Franklin suizidgefährdet ist. Das hat der Ausländerbehörde aber nicht gereicht. Sie haben bemängelt, dass das Attest von keinem Amtsarzt ausgestellt ist. Er hat dann trotzdem aufgrund des Attests eine Duldung bekommen und die Akte ist zum Innensenator gegangen. Und wir haben dann diese Kampagne gestartet.

Ich bin irgendwie am Ende. Ich schaffe das finanziell nicht mehr, wir leben zu dritt von 500 DM im Monat. Ich musste die Kosten der Abschiebung übernehmen, das waren alleine 7.000 DM. Ich habe damals eine Vereinbarung getroffen, dass ich die Abschiebekosten in monatlichen Raten von 200 DM abstottere. Es ist ein Skandal, dass ich finanziell dafür gerade stehen muss, dass man mir meinen Mann und den Vater von unserer Tochter Celine weggenommen hat.

Auf der Ausländerbehörde wird man behandelt wie ein Stück Dreck. Ich will mit dem Mann, den ich liebe, mit dem Vater meines Kindes, zusammenleben dürfen, was alle deutschen Paare auch dürfen. Dieses Recht wird mir verweigert. Unsere Tochter Celine hängt mehr an ihrem Vater als an mir, weil sie den ganzen Tag mit ihm zusammen ist. Wie soll ich später meinem Kind erklären, wo sein Vater geblieben ist?

Anke und Gabriel

Anke und Gabriel, der aus Nigeria kommt, kennen sich seit drei Jahren, sind verlobt und haben eine gemeinsame Tochter, Eseosa Laura, die ein halbes Jahr alt ist. Anke lebt in Hamburg, weil sie dort ihr Studium wieder aufgenommen hat und erwartet im April ihr zweites Kind. Gabriel darf als Asylbewerber ohne besondere Genehmigung den ihm zugewiesenen Thüringer Landkreis nicht verlassen. Auch ihnen verweigern die Behörden die notwendigen Papiere, um zu heiraten und Gabriel einen sicheren Aufenthaltsstatus zu gewährleisten. Da Anke in Hamburg studiert, sorgt Gabriel für ihre gemeinsame kleine Tochter und lebt mit dieser bei den Schwiegereltern in Thüringen. Gabriel darf nur alle paar Wochen für ein paar Tage nach Hamburg, um Anke zu besuchen, und muss sich dies jedes mal erneut von der Ausländerbehörde in Eisenberg (Thüringen) genehmigen lassen. Anke kann ihr Kind und ihren Verlobten so nur sehr selten sehen. Zusätzlich bedeuten die Fahrten einen hohen finanziellen Aufwand.

Anke: Als ich mit Eesosa schwanger war, ist Gabriel ohne behördliche Erlaubnis für längere Zeit bei mir in Hamburg geblieben. Daraufhin wurde sein Asylantrag abgelehnt. Als im August letzten Jahres Eesosa geboren wurde, hatte Gabriel bei den Behörden seine Identität klargestellt. Dies ist wichtig für die Vaterschaftsanerkennung und Sorgerechtserklärung. Seit letztem Jahr versuchen wir die Papiere zu bekommen, um heiraten zu können. Aber dies wird sowohl von der deutschen Botschaft in Lagos als auch von den Ausländerbehörden in Hamburg immer wieder hinausgezögert.

Die Behörden werfen Gabriel vor, er würde nicht mithelfen seinen Pass zu erhalten. Das stimmt aber nicht. Er ist immer wieder nach Bonn zur nigerianischen Botschaft gefahren, um sich darum zu bemühen. Aber die für Gabriel zuständige Ausländerbehörde arbeitet eifrig daran, seine Abschiebung nach Nigeria in die Wege zu leiten.

Gabriel:Am 19. Januar wurde ich im Haus der Eltern meiner Verlobten von der Polizei verhaftet und am nächsten Tag in der nigerianischen Botschaft in Bonn zwangsvorgeführt. Meine Hände befanden sich während der ganzen Fahrt nach Bonn in Handschellen, ich habe den ganzen Tag kein Essen bekommen und durfte meine Medikamente nicht nehmen, obwohl ich an Asthma leide. Deshalb habe ich auch die Polizisten gebeten, mit dem Rauchen aufzuhören. Als sie das nicht getan haben, habe ich versucht, im Auto das Fenster etwas herunterzudrehen. Daraufhin haben sie den Gurt noch fester angezogen, sodass ich mich gar nicht mehr bewegen konnte. Während der Wartezeit in Bonn habe ich zwei Stunden alleine angekettet im Auto gesessen.

Als ich die Polizeibeamten, die mich verhafteten, fragte, was aus meiner Tochter werden solle, erwiderten diese trocken ‘sie könne ja in ein Heim'. Die Ausländerbehörde schlug mir vor, ich sollte das damals drei Monate alte Baby mit nach Nigeria nehmen. Aber jeder normale Mensch weiss doch, dass man mit einem drei Monate alten Baby nicht ausreisen kann.

Anke: Der ganze Druck zielt darauf ab, dass die Beziehungen auseinandergehen. Viele Beziehungen sind daran bereits kaputt gegangen, Familien werden auseinandergerissen. Die Ausländerbehörde behauptete, dass wir ja alle nach Nigeria gehen könnten. Aber das ist genauso wenig eine Alternative wie die Situation, dass man diesen ständigen Druck und die Tatsache, dass wir nicht ganz normal wie andere zusammenleben dürfen, auf Dauer aushalten kann. Ich halte das für eine absolute Schweinerei. Sie nehmen keine Rücksicht auf die Kinder. Unter diesen Umständen ist es fast unmöglich, sich auf Arbeit oder Studium zu konzentrieren. Den Satz im Grundgesetz ‚die Würde des Menschen ist unantastbar‘ kann man wirklich streichen. Er ist nichts wert.

Der Fall Yenga Mangbau

Yenga Mangbau lebt seit fast neun Jahren in Deutschland und ist aus dem von Kriegen zerrütteten Kongo geflohen. Trotzdem wurde sein Asylantrag wie der so vieler anderer Menschen abgelehnt und er wurde in den letzten Jahren nur noch geduldet.

Yenga hatte in Kinshasa ein Medizinstudium begonnen, das er in Deutschland fortsetzen wollte. Aber hier durfte er als Flüchtling weder studieren noch arbeiten, um seine Familie finanziell zu unterstützen.

Als Yenga Manbau am 18. November 1999 auf der Ausländerbehörde in Osterode seine Duldung verlängern wollte, wurde er festgenommen und in das Abschiebegefängnis in Wolfenbüttel gebracht. Seitdem wurde von den niedersächsischen Behörden dreimal versucht ihn abzuschieben, was nur durch massive Proteste seiner Unterstützer am Flughafen und durch seine eigenen Selbstmordversuche bis jetzt verhindert worden ist.

Yenga Mangbau hat zwei Kinder. Seine Freundin Diana Speckt, die aufgrund einer Erkrankung nicht an der Demonstration teilnehmen konnte, bemüht sich gemeinsam mit ihm seit längerer Zeit alle Papiere für ihre Hochzeit zusammenzubekommen. Im September letzten Jahres schickten sie sie zur deutschen Botschaft nach Kinshasa, um sie legalisieren zu lassen. Nach mehreren Monaten erhielten sie die Papieren unbearbeitet zurück.

Die Ausländerbehörde in Osterode setzt alles daran, Yenga Mangbau abzuschieben, obwohl Menschenrechtsorganisationen seit langem vor einer Abschiebung von Kongolesen warnen. So berichtete die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte erst letzte Woche, dass der Sicherheitsdienst der Demokratischen Republik Kongo aus Europa abgeschobene Personen abfange und verhöre. Viele von denen, die verdächtigt würden, die Regierung unter Präsident Kabila und die Sicherheit des Staates angreifen zu wollen, würden eingekerkert, gefoltert und getötet.

Als Diana Speckt in einem Schreiben an den Vertreter des niedersächsischen Innenministerium, Herrn Mittelbeck, die Freilassung von Yenga Mangbau forderte, erhielt sie zur Antwort: Yenga habe keine Chance eine Aufenthaltsgenehmigung zu erlangen, auch dann nicht, wenn sie heirateten. Er schlug vor, sie solle auf Yenga einwirken, dass er aufhöre, sich seiner Abschiebung zu widersetzen, da er gezwungen würde, alle Kosten dafür selbst zu tragen. Im übrigen könnten sie ja auch im Kongo heiraten.

Seit seiner Verhaftung im Oktober hat Yenga Mangbau viermal versucht sich umzubringen. Er schluckte mehrmals größere Mengen Schlaftabletten und bei den beiden letzten Versuchen Metallgegenstände und Beruhigungsmittel. Der Abschiedsbrief an seine Freundin wurde von der Leitung des Gefängnisses nicht weitergeleitet. In einem Brief an den Arbeitskreis Asyl in Göttingen erklärte Yenga, dass er nicht mehr leben wolle.

Neurologen, die Yenga Mangbau untersucht haben, bescheinigten ihm ein Trauma, das sowohl auf seine Erlebnisse im Kongo als auch auf die Behandlung durch deutsche Behörden in Bad Grund, wo er lange als Asylbewerber zu leben gezwungen war, zurückzuführen ist. Bad Grund im Harz ist durch den brutalen Überfall auf die Bewohner eines Asylbewerberheims, das mitten im Wald liegt, im Oktober letzten Jahres berühmt-berüchtigt geworden. Mehrere maskierte Personen schlugen mit Baseballschlägern auf die Flüchtlinge ein. Von den drei anwesenden Flüchtlingen gelang einem die Flucht, die anderen beiden wurden schwer verletzt. Einer erlitt lebensgefährliche Kopfverletzungen.

Sollte Yenga Mangbau abgeschoben werden, ist sein Leben hochgradig gefährdet. In diesem Fall wie auch wenn er sich aufgrund seiner ihm ausweglos erscheinenden Situation das Leben nehmen sollte, stehen die Verantwortlichen dafür jetzt schon fest: die zuständige Ausländerbehörde und das niedersächsische Innenministerium.

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