Amerikanischer "Drogenpapst" in Golfkriegsmassaker verwickelt

Barry McCaffrey, Direktor des Amtes für Drogenkontrollpolitik beim Weißen Haus und verantwortlich für die eskalierende Militärintervention der USA in Kolumbien, war gegen Ende des Golfkriegs von 1991 für eine Militäroperation verantwortlich, die Tausende irakische Soldaten, Kriegsgefangene, Zivilisten und sogar Kinder auf der Flucht das Leben kostete. Dieses Massaker fand statt, nachdem ein Waffenstillstand bereits in Kraft getreten war.

Dies geht aus einer Darstellung des Magazins New Yorker hervor. Auf der Grundlage von Hunderten Interviewstunden mit zahlreichen heutigen und ehemaligen Soldaten, die Zeuge des Blutbades gewesen waren, gibt der Artikel des altgedienten Reporters Seymour M. Hersh ein vernichtendes Bild der anscheinend unter McCaffreys Leitung begangenen Kriegsverbrechen und ist gleichzeitig eine Anklage gegen den Krieg der USA am Persischen Golf.

Hersh hat sich seine Reputation mit der Entlarvung des Massakers von My Lai im Jahre 1968 erworben, bei dem amerikanische Truppen fast 600 vietnamesische Frauen, Kinder und alte Männer in einer Grube umbrachten. Sein neuester Artikel, "Überwältigende Macht: Was in den letzten Tagen des Golfkriegs geschah", erschüttert die Behauptung der Regierung, des Militärs und der Medien von vor fast zehn Jahren, der Angriff auf den Irak habe das Vietnam-Syndrom überwunden. Der Golfkrieg habe, so hieß es, gezeigt, dass Washington inzwischen in der Lage sei, fast ohne eigene Opfer und mit internationaler Unterstützung einen "sauberen" Krieg zu führen.

Hersh weist nach, dass der wichtigste Unterschied zwischen den Gräueln des Golfkriegs und derjenigen in Vietnam darin bestand, dass die amerikanischen Truppen in der Lage waren, sie aus sicherer Entfernung zu begehen. Das Töten geschah entweder mittels "intelligenter Bomben", wie im Fall des Angriffs auf den Luftschutzbunker von Al-Almariya, bei dem Hunderte Frauen und Kinder umkamen, oder, wie im Fall von McCaffrey, durch den Einsatz von raketenbestückten Kampfhubschraubern, die aus sicherer Entfernung irakische Truppen einäscherten.

Die wichtigste Lehre aus dem Vietnamkrieg, die das amerikanische Militär im Golfkrieg umsetzte, war die sogenannte Powell-Doktrin, benannt nach dem damaligen Vorsitzenden der Generalstabschefs Colin Powell. Sie bestand darin, die überwältigende Macht der USA einzusetzen, um den Feind auszulöschen, amerikanische Opfer zu vermeiden und so die Opposition zu Hause gering zu halten. Die Folge waren die brutalsten Luftangriffe der Geschichte, die die moderne Infrastruktur des Irak vernichteten, Tausende irakische Zivilisten töteten und dazu führten, dass sich Unterernährung und Krankheiten ausbreiteten. Dies alles und die von den USA durchgesetzten Sanktionen forderten in den letzten zehn Jahren hunderttausende Menschenleben, besonders unter Kindern.

In Kuwait wurden Tausende Tonnen Bomben auf Schützengräben und Bunker geworfen. Ungezählte Tausende irakischer Soldaten kamen dabei um, die Überlebenden standen unter Granatenschock und waren buchstäblich unfähig weiter zu kämpfen.

Der sogenannte Bodenkrieg, der der amerikanischen Invasion folgte, dauerte alles in allem vier Tage. Die meisten der amerikanischen Gefallenen kamen durch "freundlichen Beschuss" um, wenn amerikanische Einheiten zufällig ins Schussfeld der gegen die Irakis abgefeuerten massiven Feuerkraft gerieten.

Das Massaker wurde durch die Fernsehübertragung von der "Autobahn des Todes" von Kuwait nach Basra in Südirak nur andeutungsweise bekannt. Die USA belegten die in Panik fliehenden Irakis mit einem Bombenteppich; die sechsspurige Autobahn war danach kilometerweit mit ausgebrannten LKWs, Autos, Militärfahrzeugen und den verbrannten Leichen irakischer Soldaten und Zivilisten übersät.

Am 28. Februar gab die Bush-Regierung die Einstellung der Feindseligkeiten bekannt und rief zu Verhandlungen über das Kriegsende auf. Washington hatte kein Interesse daran, den Irak dauerhaft zu besetzen, und befürchtete, dass die völlige Vernichtung der Streitkräfte Saddam Husseins zu revolutionären Aufständen und zu chronischer Instabilität in diesem strategisch wichtigen Land führen würde.

Zur Zeit des Waffenstillstands war McCaffreys 24. Infanteriedivision, eine mechanisierte Einheit von 18.000 Mann mit Kampfpanzern und schwerer Artillerie, in einem Flankenmanöver nach Südirak vorgestoßen, um den aus Kuwait nach Basra fliehenden irakischen Kolonnen den Weg abzuschneiden. Hersh berichtet, dass andere amerikanische Einheiten offensive Operationen einstellten und nicht weiter vorrückten, McCaffreys Division jedoch weiter vorstieß, bis sie in Schussweite an eine Straße herankam, die eine der wichtigen Rückzugswege für aus Kuwait fliehende irakische Truppen war. Den irakischen Truppen war sicheres Geleit zugesagt worden, aber das Vorrücken der 24. Division machte dies unmöglich.

Im Morgengrauen des 2. März meldete eine Aufklärungseinheit an der Spitze der Division, die Irakis hätten auf sie gefeuert. So begann der offiziellen Version nach die "Schlacht von Rumaila", nach dem Ölfeld benannt, durch das die Straße führt. Soldaten der Einheit nannten diese Schlacht in der Regel ein "Truthahnschießen".

Offiziere und Soldaten, die Hersh interviewte, bezweifelten, dass die Irakis auch nur einen Schuss abgefeuert hätten. Einige der für den Artikel Interviewten gehörten zu den Einheiten, die der Strasse am nächsten waren, und bemerkten keinerlei feindliche Aktivität bei den zurückweichenden Irakis. "Wahrscheinlich gerieten einige in Panik und sahen etwas, was sie nicht wirklich sahen", so eine Erklärung für den gemeldeten irakischen Angriff.

Jedenfalls wurde der Vorfall von den US-Kommandeuren als Grund für einen mörderischen Angriff genommen, dessen Zweck nach McCaffreys Version war, "die Sicherheit meiner Soldaten" zu schützen. Als der amerikanische Angriff begann, hatte die irakische Kolonne die Linien der 24. Division schon längst in Richtung Norden hinter sich gelassen. Die irakischen Panzer waren auf Tieflader verstaut und ihre Kanonen entsprechend der Waffenstillstandsvereinbarung blockiert und nach hinten gerichtet.

Hersh behauptet, dass McCaffrey beschloss, massive Gewalt anzuwenden. Kampfhubschrauber wurden geschickt, um Fahrzeuge auf einer Brücke zu zerstören, die über Sumpfgebiet führte; dadurch wurde die Straße effektiv blockiert. Die Artillerie schloss die Straße am südlichen Ende. Die zerlumpte Kolonne von LKWs, Autos und Panzerfahrzeugen war in einer Todeszone gefangen. Iraker flüchteten in Panik aus ihren Fahrzeugen und suchten in Mulden entlang der Straße Schutz. Apache-Hubschrauber beschossen sie mit Raketen, und Panzer feuerten mit ihren Kanonen in die besiegte, keinen Widerstand leistende Kolonne.

"Wir fuhren die Straße entlang und schossen alles zusammen", berichtete ein Soldat einer Panzergruppe Hersh. "Es war wie auf einer amerikanischen Autobahn - alles durcheinander, Autos, Lastwagen, Menschen. Die Leute stürzten aus ihren Fahrzeugen und rannten weg. Wir knallten sie ab. Mein Befehl lautete, zu schießen, wenn sie bewaffnet waren oder wegliefen. Die Irakis wurden einfach abgeschlachtet."

Nach den Angaben McCaffreys wurden bei dem Angriff mehr als 400 Lastwagen, 187 Panzer und gepanzerte Fahrzeuge zerstört. Wie viele Irakis abgeschlachtet wurden, wurde nie geschätzt, weder was die ungleiche Schlacht bei Rumaila, noch den Krieg insgesamt betrifft.

Unter den Fahrzeugen, die durch eine amerikanische Hellfire-Rakete zerstört wurden, befand sich mindestens ein Bus mit irakischen Kindern. Der gleiche Panzerfahrer berichtete, ein Sergeant habe ihn und andere Mitglieder seiner Einheit aufgefordert, sich auf eine grausige Aufgabe einzustellen. "Er sagte: ‚Wir haben einen Bus mit Kindern in die Luft gejagt‘, und bereitete uns darauf vor, einen Beerdigungsauftrag erteilt zu bekommen." Aber die amerikanischen Soldaten wurden nie geschickt, die Leichen der Kinder zu beerdigen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurden die Leichen mit den anderen toten Irakern untergepflügt.

Noch weitere Aktionen, die in die Kategorie der Kriegsverbrechen fallen, wurden im Zusammenhang mit den Operationen der 24. Division berichtet. An einer war ein Spähtrupp beteiligt, der auf der selben Straße einen Tag vor Abschluss des Waffenstillstands entsandt wurde, den Verkehr zu blockieren. Die Amerikaner wurden von "verängstigten und weinenden" Irakern umringt, die sich verzweifelt zu ergeben versuchten. Darunter auch verwundete und bandagierte Soldaten in einem deutlich als Rot-Kreuz-Fahrzeug gekennzeichneten Bus. Die Gesamtzahl der Gefangenen betrug 382.

Nach dem Artikel im New Yorker entwaffnete der amerikanische Spähtrupp die Iraker und trieb sie auf einem Platz zusammen, der auf drei Seiten von dem Krankenbus und zwei Lastwagen abgesperrt war. Man gab ihnen Wasser und Verpflegung, versicherte ihnen, dass sie in Sicherheit seien, und gab ihren Status und ihre Position per Funk an das Hauptquartier durch. Als die Einheit per Funk den Befehl erhielt, weiter vorzurücken, gaben die US-Soldaten jedem der Iraker ein Propagandaflugblatt in arabischer Sprache, auf dem jedem Soldaten, der sich ergebe, erlaubt werde, nach Hause zurückzukehren.

Als sie aufbrachen, hätten Mitglieder des Spähtrupps beobachtet, wie eine Kolonne gepanzerter Bradley-Fahrzeuge heranfuhr und mit Maschinengewehren das Feuer auf die Gefangenen eröffnete, von denen einige zu fliehen versuchten. "Ich hatte diese Burschen versorgt und ihr Vertrauen erworben", sagte Sergeant James Testerman, ein Mitglied des Spähtrupps. Er erinnerte sich an einen Iraker, der sich geweigert hatte, die Ration anzurühren, die ihm hingestellt worden war, woraufhin der Sergeant selbst etwas davon gegessen hatte, um ihm zu zeigen, dass es nicht vergiftet sei. "Der harte Junge brach weinend zusammen", erinnerte er sich. "Ich darf mir gar nicht vorstellen, was in seinem Kopf vorging, als die gepanzerten Fahrzeuge zu schießen begannen - dass wir ihn auf die Schlachtbank geschickt hatten. Stellen Sie sich das nur vor. All diese Leute."

Bei einem anderen Zwischenfall soll eine Einheit, die ein Dorf nach Waffen durchsuchte, das Feuer mit Maschinengewehren auf eine Gruppe von Dorfbewohnern eröffnet haben, die hinter einem Mann herging, der eine weiße Fahne schwenkte. Zeugen dieser Schießerei schätzten, dass zwanzig Zivilisten getötet worden seien.

Als die 24. Division ihre Heimreise vorbereitete, lobte McCaffrey seine Truppen für ihren einseitigen Sieg. Der Golfkrieg, so sagte er, "war wahrscheinlich seit dem zweiten Weltkrieg das wichtigste Einzelereignis Amerikas, um ein Gefühl der Einheit zu schaffen. ... So wie Vietnam für lange Jahre tragische Folgen für unser Land hatte, wird dieses Ereignis uns wieder eine neue Sicht auf uns selbst ermöglichen."

Nicht nur einige wenige von McCaffreys Soldaten sahen den Konflikt jedoch anders und fühlten Scham und Abscheu. Major David Pierson, ein Aufklärer der 24. Division im Rang eines Hauptmanns, machte deutlich, dass viele sich schuldig fühlten: "Schuldig, dass wir sie so abgeschlachtet hatte; schuldig, weil wir so stark gewesen waren und sie so schwach; schuldig, wie wir die Trefferquote hochtrieben. ... Sie flohen vor uns wie Kinder, unorganisiert, voller Angst, hoffend, dass das alles bald vorbei sei. Wir schossen einfach immer weiter."

Schon wenige Monate nach Rückkehr der Division in Fort Stewart, Georgia, erreichte das Pentagon ein anonymer Brief mit Einzelheiten über das Massaker an den irakischen Gefangenen und mit dem Vorwurf, McCaffrey habe die Schlacht vom 2. März ohne jede irakische Provokation begonnen. Der Brief, der Details enthielt, die nur aus dem Kommandostab des Generals stammen konnten, bezeichnete die Aktionen als "Kriegsverbrechen".

Auch andere Soldaten der Division berichteten den Ermittlern des Militärs, was sie gesehen hatten. In jedem Fall führte die Armee nur oberflächliche und geheime Untersuchungen durch und unterdrückte die Beschuldigungen. Einige von denen, die die Vorwürfe erhoben hatten, verließen daraufhin die Armee. Von McCaffreys Offizieren wagten nur wenige, der offiziellen Version zu widersprechen, weil sie sicher sein konnten, dadurch ihre eigene Karriere zu zerstören.

Dass die Berichte über diese Gräueltaten erst neun Jahre später an die Öffentlichkeit kommen, zeigt die unterwürfige Rolle, die die amerikanischen Medien während des ganzen Golfkriegs gespielt haben. Zum erstenmal war es den Medien offiziell verwehrt, von der Front über die militärischen Operationen zu berichten; sie gaben sich mit der Rolle von Propagandaorganen der Regierung zufrieden und stilisierten Männer wie McCaffrey und General Norman Schwarzkopf zu Helden hoch.

Die Fernsehsender und großen Nachrichtenagenturen akzeptierten eine de facto Zensur und kauten jede Nachricht wieder, die die Regierung als Vorwand für ihre Militäraktionen verbreitete. Gleichzeitig wurden die vernichtenden Auswirkungen der amerikanischen Kriegsmaschine auf das irakische Volk verschwiegen.

Das Schweigen dauert heute noch an. Hershs fundierte Anklage amerikanischer Kriegsverbrechen wird in elektronischen wie gedruckten Medien noch immer so gut wie totgeschwiegen.

Diese Gräueltaten wurden zwar unter der Bush-Regierung begangen, aber das Weiße Haus unter Clinton ist McCaffrey hurtig beigesprungen und hat sich an einer außergewöhnlichen Kampagne der Regierung beteiligt, Hershs Artikel zu unterdrücken und den Autor zu verleumden. Auf frühere Offiziere wurde Druck ausgeübt, ihre Aussagen abzuändern, und Menschenrechtsgruppen wurden beeinflusst, Erklärungen zur Verteidigung von McCaffrey abzugeben und den Artikel zu verurteilen, bevor er überhaupt erschienen war.

Das Weiße Haus und das Pentagon haben ein direktes Interesse daran, dass der pensionierte General nicht in Kriegsverbrechen verwickelt wird. Als "Drogenpapst" der Clinton-Regierung hat McCaffrey eine führende Rolle bei der Kampagne gespielt, den Kongress dazu zu bringen, ein 1,7 Mrd. Dollar schweres Militärhilfepaket für Kolumbien zu bewilligen, um die Verwicklung der USA in den langanhaltenden Bürgerkrieg in diesem Land wesentlich voranzutreiben. Er bereiste auch mehrere lateinamerikanische Staaten, um die Unterstützung von Regierungen in der Region für Washingtons Eskalation zu gewinnen.

Siehe auch:
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