Srilankische Volksallianzregierung wendet sich singhalesischen Chauvinisten zu

Die Volksallianzregierung unter der srilankischen Präsidentin Chandrika Kumaratunga verfolgt nach dem Scheitern ihrer Teilautonomiepläne Anfang diesen Monats, mit denen der 17-jährige Bürgerkrieg im tamilischen Norden und Osten beenden werden sollte, eine zweigleisige Politik.

Einerseits versucht sie, den rassistischen buddhistischen Klerus und chauvinistische singhalesische Gruppen zu beschwichtigen, auf deren Betreiben die Verfassungsänderungen zurückgezogen worden waren. Auf der andern Seite will sie Indien und den Westmächten versichern, sie werde ihren Wünschen nachkommen und neue Vorschläge zur Beendigung des Kriegs vorlegen.

Es war ein beträchtliches Zugeständnis an die singhalesischen Chauvinisten, als sie den Rücktritt ihrer 84-jährigen kränkelnden Mutter, Sirimavo Bandaranaike, vom Amt der Premierministerin erzwang und an ihrer Stelle ihren langjährigen Partner Ratnasiri Wickramanayake einsetzte. Die offizielle Version der Ereignisse lautet, Bandaranaike sei freiwillig zurückgetreten, aber laut Kumaratungas jüngerem Bruder Anura, der in Zwietracht mit ihr lebt und Mitglied der oppositionellen United National Party (UNP) ist, wurde sie zum Rücktritt gezwungen.

Was auch immer für Manöver hinter diesem Wechsel standen, Wickramanayake wurde wegen seiner engen Verbindungen zum buddhistischen Klerus und den singhalesischen Organisationen auf diesen Posten gehievt. Er ist eine Schlüsselfigur in der Sri Lanka Freedom Party (SLFP), der größten Partei der Volksallianz. 1994 stand er als treibende Kraft hinter Kumaratunga, als sie den Rücktritt ihrer Mutter von der Führung der SLFP erzwang und eine neue Allianz schmiedete, mit der sie die UNP in den Wahlen jenes Jahres besiegte.

In seiner ersten Rede als Premierminister erklärte Wickramanayake, dass der Krieg gegen die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE), die im Norden und Osten einen eigenen Staat verlangen, fortgeführt werde. "Demokratie und Terrorismus können nicht Hand in Hand gehen", sagte er. "Darum ist Krieg das einzige Mittel, um den Terrorismus zu eliminieren. Wenn jedoch die Minderheiten berechtigte Anliegen haben, sollten wir Lösungen für sie finden."

Eine der ersten Handlungen des neuen Premierministers bestand darin, den höchsten buddhistischen Würdenträgern seine Aufwartung zu machen. Er bekam problemlos eine Audienz, obwohl sich der buddhistische Klerus auf dem Höhepunkt seiner Kampagne gegen das Verfassungsänderungspaket geweigert hatte, Kumaratunga selbst zu empfangen.

Wickramanayake forderte den Klerus auf, Änderungsvorschläge an dem Gesetzentwurf einzureichen, und sagte: "Wir werden die Ansichten der Mahanayake Theras (der höchsten Würdenträger) bei jedem einzelnen Paragraphen, jeder Klausel und jeder Zeile des Verfassungsentwurfs berücksichtigen, damit sie uns korrigieren können, wenn wir vom rechten Wege abgewichen sind." Zusätzlich ernannte Wickramanayake ein Kabinetts-Unterkomitee unter seiner eigenen Leitung, "zur Überprüfung der umstrittenen Abschnitte" in den Reformvorschlägen.

Wickramanayake, der jetzt das Amt des Premierministers übernimmt, ist schon vier Jahrzehnte lang in singhalesisch-chauvinistische Politik verwickelt.

1960 trat er in die nationale Politik ein, als er einen Sitz als führendes Mitglied der Mahajana Eskath Peramuna (Vereinigte Volksfront) anstrebte, einer Partei, die die Interessen der singhalesischen Buddhisten zu vertreten beansprucht. 1962 trat er der SLFP bei und bekleidete in der Koalitionsregierung von 1970 bis 1977 Minister- und Stellvertreterposten. 1977 wurde er Generalsekretär der SLFP.

Als die SLFP in der Wahl von 1977 auf eine acht Mann-Fraktion schrumpfte und ihr damaliger parlamentarischer Führer Anura Bandaranaike sich der UNP annäherte, warfen sich Kumaratunga und ihr Mann in eine radikale Pose und forderten die Gewerkschaften auf, Agitation gegen die UNP zu betreiben. Wickramanayake brach mit der SLFP und gründete die SLMP. 1993 schloss er sich wieder Kumaratunga an und kehrte mit ihr in die SLFP zurück.

Es ist bekannt, dass er Bedenken gegen die Landpolitik in den Teilautonomieplänen hatte - einer der wesentlichen Punkte, über die sich die singhalesischen Chauvinisten Sorgen machen - aber er unterstützte den Plan, als die Politik dahingehend geändert wurde, dass die Zentralregierung die Kontrolle über das Land behalten sollte.

Obwohl Kumaratunga Schritte ergriffen hat, um die Beziehungen mit den singhalesischen Buddhisten zu kitten, warnten diese sie davor, das Paket erneut vorzulegen, da sie ansonsten mit allen Mitteln eine Kampagne dagegen lostreten würden. Buddhistische Würdenträger aus vier Bereichen haben einen Brief an alle Abgeordneten geschickt, in dem diese dringend aufgefordert werden, gegen dieses Gesetz zu stimmen, weil es die Privilegien der tamilischen Minderheiten erweitere.

Aber Kumaratunga steht auch unter dem Druck der westlichen Mächte und Indiens, eine Lösung für den Krieg zu finden. Dieser Druck kam in einem anderthalbstündigen Interview am 11. August im nationalen Fernsehen zum Ausdruck, indem sie sich entschlossen zeigte, die Verfassungsreform weiter zu betreiben.

Kumaratunga prangerte "Rassisten wie die Sihala Urumaja (Singhalesisches Erbe)" an, die "mich auf der Straße mit Schmutz bewerfen", und forderte "die Rassisten und die Bikkhus (den Klerus)" auf, statt dessen "lieber die zwanzigtausend Soldaten zu rekrutieren, die der Armee gegenwärtig fehlen".

"Diese Bikkhus sollten mal mit mir und unseren Ministern kommen und uns helfen, die Löhne um die Hälfte zu kürzen, alle Entwicklungsprojekte zu stoppen, in den nächsten zweieinhalb Jahren keine neuen Arbeitsplätze zu schaffen und alles Geld in den Krieg zu leiten und den Job zu Ende zu führen", erklärte sie. Sie warnte, dass "in ein paar Jahren wieder ein Prabhakaran [Führer der LTTE] kommen wird", und sagte: "Wir brauchen eine Lösung."

Einige der singhalesisch buddhistischen Organisationen haben schon erkennen lassen, dass sie bereit sind, die Herausforderung der Präsidentin anzunehmen. Kumaratunga griff zwar die chauvinistischen Kräfte an, aber gab sie sich alle Mühe, die Zuschauer daran zu erinnern, dass sie selbst "bis ins Mark eine singhalesische Buddhistin" sei.

Die Präsidentin gab in dem Interview zu, dass das Scheitern des Gesetzesvorhabens ein Rückschlag für die Regierung gewesen sei. Sie erklärte, dass die UNP die Volksallianz betrogen habe, obwohl die Westmächte und die einheimischen Wirtschaftsinteressen die zwei Parteien gedrängt hätten, ihre Rivalität zu beenden und zu einem "Konsens" zu finden. Kumaratunga verpflichtete sich, die Verfassungsreform voranzutreiben, wenn ihre Regierung bei den Wahlen Ende Oktober oder Anfang November wiedergewählt werden sollte.

Wenn die Volksallianz nicht die für die Verfassungsänderung erforderliche Zweidrittelmehrheit im Parlament erzielen sollte, sondern nur eine einfache Mehrheit, dann werde sie das Parlament in eine "konstituierende Versammlung" verwandeln, wo nur eine einfache Mehrheit notwendig wäre, und die Änderungen auf diese Weise durchsetzen.

Diese Art antidemokratischen Manövrierens hat es in Sri Lanka auch schon früher gegeben. 1972 versammelte sich die damalige Koalitionsregierung - die von der SLFP geführt wurde und zu der die beiden wichtigsten Arbeiterparteien, die Lanka Sama Samaja Party (LSSP) und die Kommunistische Partei gehörten - außerhalb des Parlaments als "konstituierende Versammlung" und drückte eine rassistische Verfassung durch, die singhalesisch zur Staatssprache und den Buddhismus zur Staatsreligion erklärte.

Nicht nur Kumaratunga versucht, ihre Wahlaussichten mit Appellen an die singhalesischen Elemente zu verbessern, auch die UNP, hofft auf einer singhalesisch chauvinistischen Welle zurück an die Macht zu reiten. Obwohl sie 18 Monate lang Diskussionen mit der Volksallianz über das Reformpaket geführt hatte, lehnt die UNP jede Verantwortung für die Vorschläge ab und fordert eine gemeinsame Agitation mit buddhistischen und singhalesischen Extremisten wie der Janatha Vimukhi Peramuna (JVP), der "Organisation für den Schutz des Mutterlands" und der Sihala Urumaja.

Um dieser Kampagne den Wind aus den Segeln zu nehmen, verstärkt die Volksallianzregierung ihre militärischen Angriffe, um wenigstens einige der seit Ende April auf der Jaffna-Halbinsel an die LTTE verlorenen Stellungen zurückzugewinnen. Letzte Woche bewilligte das Parlament zusätzliche 28 Mrd. Rupien (765 Mio. Mark) für die Verteidigung, wodurch das Gesamtbudget auf 103 Mrd. Rupien ansteigt. Das ist das Doppelte der ursprünglich angesetzten 52 Milliarden Rupien.

In den kommenden zwei Wochen wird die Regierung der Armee sechs zusätzliche israelische Kafir-Jets, zehn MI-24-Kampfhubschrauber und Boden-Boden-Raketen für Küstenpatrouillenboote zur Verfügung stellen.

Um diese Ausgaben zu finanzieren, muss die Regierung den Lebensstandard und die Löhne der Arbeiterklasse weiter beschneiden, die schon durch Preissteigerungen beim Grundbedarf hart getroffen ist.

Die indische Regierung ist ein weiterer Faktor in der Krise. Indien ist mit den Westmächten gegen einen separaten Tamilenstaat, weil ein solcher eine destabilisierende Wirkung auf den gesamten Subkontinent hätte. Die indischen Medien haben positive Berichte und Kommentare über das Teilautonomiepaket der Volksallianzregierung veröffentlicht, und Berichten aus Colombo zufolge hat das indische Hochkommissariat die wichtigste tamilische bürgerliche Parlamentspartei Tamil United Liberation Front (TULF) "gebeten", für das Teilautonomiepaket zu stimmen.

Das Paket selbst trägt jedoch auch nichts zur Lösung des Konflikts bei. Es institutionalisiert vielmehr durch die Errichtung tamilischer, tamilisch-muslimischer und singhalesischer Verwaltungsregionen ethnische Spaltungen. Solche Strukturen werden von der herrschenden Klasse nur dazu benutzt werden, ethnische Spannungen zu verschärfen und ihre "Teile-und-Herrsche" Politik in anderer Form fortzusetzen.

Die Ernennung von Wickramanayake zeigt außerdem, dass Kumaratunga dabei ist, in der Vorbereitung auf die Wahlen die singhalesischen Chauvinisten und rassistischen Buddhisten zu stärken.

Das ganze Debakel mit der Teilautonomie illustriert ein weiteres Mal die Lehre aus der ganzen nachkolonialen Geschichte Sri Lankas, dass die Bourgeoisie und ihre Parteien und die kapitalistischen Großmächte organisch unfähig sind, ethnische Spaltungen zu überwinden. Statt dessen verschärfen sie sie immer wieder.

Eine Lösung wird es erst dann geben, wenn die Arbeiterklasse mit ihrem eigenen unabhängigen Programm für die Bedürfnisse und demokratischen Ambitionen der breiten Massen zu kämpfen beginnt - der singhalesischen wie der tamilischen gleichermaßen.

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