Wahlkampf der Socialist Equality Party in Sri Lanka erreicht Hunderttausende

Die Socialist Equality Party (SEP) in Sri Lanka führt einen energischen Wahlkampf in der Hauptstadt Colombo, wo die Partei mit einer Liste von 23 Kandidaten antritt, angeführt vom Generalsekretär der SEP Wije Dias. Der Bezirk Colombo ist der größte im Land mit geschätzten 1,38 Millionen Wahlberechtigten, die sich aus allen größeren ethnischen Gruppen zusammensetzen.

Die Partei wurde 1968 als Revolutionary Communist League (RCL) gegründet, aber erst im Mai diesen Jahres von den staatlichen Autoritäten offiziell als Partei anerkannt. Nach den Bestimmungen des Wahlgesetzes musste der staatliche Fernsehsender Rupavahini der SEP 15 Minuten zur Verfügung stellen, damit sie ihr Programm auf singhalesisch und tamilisch vorstellen konnte.

Wije Dias nutzte die Gelegenheit im vergangenen Monat und forderte den unverzüglichen Abzug der Streitkräfte aus dem Norden und Osten des Landes, um den langwierigen Bürgerkrieg und die damit verbundene Unterdrückung der tamilischen Minderheit und ihrer demokratischen Rechte zu beenden.

"Die wichtigste Frage in der derzeitigen politischen Situation ist die des Krieges", sagte er. "Der Krieg ist der Höhepunkt des singhalesischen Chauvinismus, der von der herrschenden Klasse gefördert wird, um die Arbeiterklasse zu spalten und ihre eigene Herrschaft aufrechtzuerhalten. Hunderttausende Tamilen wurden zur Flucht gezwungen, während die Zahl der Toten mehr als 60.000 beträgt. Im Süden haben die Regierungen von PA [Volksallianz] und UNP [Vereinte Nationalpartei] den Krieg benutzt, um die Einschränkung demokratischer Rechte, Zerstörung von Arbeitsplätzen, Senkung des Lebensstandards und Abschaffung des kostenlosen Gesundheits- und Bildungssystems zu rechtfertigen. Die PA kam 1994 mit dem Versprechen an die Macht, den Krieg zu beenden und die Lebensbedingungen zu verbessern, aber sie hat alle ihre Versprechungen gebrochen."

Dias erklärte, dass die Verfassungsänderungen, die die PA-Regierung vorschlägt, den Krieg nicht auf progressive Art beenden können. "Die Verfassungsänderungen bieten keine Lösung in Bezug auf die demokratischen Rechte der tamilischen Massen. Eine konstituierende Versammlung muss einberufen werden, deren Vertreter demokratisch von den Arbeitern und Unterdrückten gewählt werden, um eine neue Verfassung zu entwerfen und demokratische Rechte zu verankern. Singhalesische und tamilische Arbeiter müssen sich zusammenschließen, sich dem Chauvinismus entgegenstellen und für eine Sozialistische Republik von Sri Lanka und Eelam eintreten. Arbeiter müssen sich international vereinigen, um die Angriffe der internationalen Konzerne zu bekämpfen."

Er umriss das sozialistische Programm der SEP zur Beendigung des sozialen Desasters, dem die Arbeiter und unterdrückten Massen gegenüberstehen. "Armen Bauern muss Land und andere Unterstützung gegeben werden, damit sie weiterhin Landwirtschaft betreiben können. Bildungs- und Gesundheitsprogramme und andere Sozialleistungen müssen erweitert und verbessert werden. Jungen Menschen muss ein angemessener Unterhalt gezahlt werden, bis sie einen Arbeitsplatz gefunden haben."

Der erste Schritt zur Umsetzung dieses Programms, sagte er, bestehe in der Beendigung des Krieges und dem Einsatz der gewaltigen Summen, die jetzt dem Militär gegeben werden, für die dringend benötigten Sozialleistungen. Er erklärte, dass das Profitsystem unfähig sei, die Bedürfnisse der Arbeiterklasse zu befriedigen, und dass die Gesellschaft in Sri Lanka und weltweit neu organisiert werden müsse.

Die Rede wurde von dem SEP-Vorstandsmitglied M. Thevarajah auch auf tamilisch gehalten und im ganzen Land ausgestrahlt und erreichte so Hunderttausende Menschen. Dias und Thevarajah sprachen auch auf singhalesisch, tamilisch und englisch im privaten Fernsehsender Sirasa TV, der den Kandidaten registrierter Parteien drei Minuten kostenlos zur Verfügung stellt. Der gleiche Sender berichtete über die öffentliche Versammlung der SEP im Stadtzentrum und strahlte die Sendung im Rahmen seiner Berichterstattung zum Wahlkampf aus.

Der Wahlkampf der SEP steht im völligen Gegensatz zu dem der PA-Regierung, der oppositionellen United National Party (UNP) und der 40 anderen Parteien, die an den Wahlen teilnehmen. Insgesamt 5.000 Kandidaten stellen sich zur Wahl. Keine dieser Parteien und keiner der unabhängigen Kandidaten hat irgendeine Antwort auf die wesentlichen Probleme und Fragen, von denen die normale, arbeitende Bevölkerung betroffen ist - Krieg und sinkender Lebensstandard. Statt dessen haben viele zum singhalesischen Chauvinismus, zu Schlammschlachten und zu offener Gewalt Zuflucht genommen, um das Bewusstsein der Wähler zu betäuben und jede ernsthafte politische Diskussion zu verhindern.

Bis zum Dienstag vergangener Woche wurden dem Wahl-Sekretariat offiziell 957 Zwischenfälle im Zusammenhang mit der Wahl berichtet; bei den meisten handelt es sich um Vorwürfe gegen die Schläger der PA und UNP sowie gegen die Polizei. Bis jetzt gab es acht Morde, 17 Fälle von versuchtem Mord mit Waffen und Bomben, 25 Schwerverletzte und 239 andere Verletzungen.

Unter den Arbeitern und Unterdrückten herrscht eine weitverbreitete Unzufriedenheit mit den großen Parteien - der PA und UNP - in deren Regierungszeit der Krieg fortgesetzt wurde, der Lebensstandard sank und die soziale Polarisierung zunahm. Nach einer Umfrage von Survey Research Lanka sind 36 Prozent der Wahlberechtigten der Ansicht, dass es keinen grundlegenden Unterschied zwischen den zwei Parteien gibt.

Nach einer anderen Meinungsumfrage sind 41,1 Prozent der Wahlberechtigten unzufrieden mit der PA-Regierung und nur 17,2 Prozent meinen, dass sie die Versprechen ihres 1994-er Wahlprogramms gehalten hat. Nur 34,1 Prozent der Befragten glauben, dass die UNP das Geld zur Erfüllung ihrer Wahlversprechen auftreiben wird. Die meisten deuteten allerdings an, dass sie weiterhin eine der zwei großen Parteien wählen werden. Der Abstand zwischen den beiden Parteien ist laut Umfrageergebnissen sehr gering - 37,9 Prozent für die PA und 38,1 Prozent für die UNP.

Abgesehen von der offiziell zugeteilten Sendezeit haben die Medien größtenteils den Wahlkampf der SEP ignoriert. Die großen Wirtschaftsparteien sind stark auf bezahlte Werbung angewiesen und ihre Kandidaten geben nach Berichten mehr als 50 Millionen Rupien für ihren Wahlkampf aus. Neben der bezahlten Werbung erhalten PA und UNP in Fernsehen, Radio und Presse beträchtliche kostenlose Berichterstattung über ihre Reden und Veranstaltungen.

Bezeichnenderweise haben die Medien auch die singhalesisch-chauvinistische Partei Janatha Vimukti Peramuna (JVP) gefördert. Die JVP hat angekündigt, dass sie, wenn sie an die Macht kommen sollte, das Kriegsrecht verhängen und den Krieg bis zum Ende durchkämpfen wird. Vertreter der JVP wurden zur Teilnahme an allen größeren Fernsehdebatten eingeladen und die Zeitung Aratuwa, die zum großen Konzern Ceylinco Group gehört, stellte das Wahlprogramm der JVP ausführlich vor.

Im Vergleich dazu ist die Berichterstattung über die SEP sehr begrenzt. Die singhalesische Tageszeitung Lankadeepa veröffentlichte einen längeren Bericht, der auf einem Interview mit Wije Dias beruhte. Die Zeitungen Daily Mirror und Virakesari haben bisher nichts veröffentlicht, obwohl sie Dias interviewt haben. The Weekend Express veröffentlichte einen Artikel von dem SEP-Kandidaten Priyadarshana Meddawatte mit dem Titel "Bedingungen in den Slums von Colombo werfen ein Schlaglicht auf die Wohnungskrise in Sri Lanka", der am 21. September in englischer Sprache auf der World Socialist Web Site erschien.

Die SEP hat zwei öffentliche Versammlungen in Arbeiterbezirken abgehalten - in Slave Island im Zentrum von Colombo, wo eine bedeutende Zahl von Tamilen und Malaien wohnt, und in Ratmalana, einer Industriestadt mit großen Textilfabriken. Die SEP-Kandidaten Nanda Wickramasingha, W.A. Sunil, Vilani Peris, M. Thevaraja und Priyadarshana Meddawatte sprachen über verschiedene Aspekte des Programms der SEP und ihrer Einstellung zu den anderen Parteien. Wije Dias schloss mit einer detaillierten Analyse der politischen Situation und der historischen Ursprünge des Krieges und betonte, dass die Arbeiterklasse ihre Kämpfe auf der Grundlage eines sozialistischen Programms vereinigen muss.

Die Partei führte auch Wahlkampf an den großen Arbeitsplätzen im Bezirk Colombo, unter anderem am Hafen, an den Eisenbahnwerkstätten, Fabriken, öffentlichen Krankenhäusern und Plantagen. Wahlkampfteams besuchten ebenfalls die Universität und größere Städte im Umkreis und gingen in vielen Stadtvierteln von Haustür zu Haustür. Bislang hat die SEP 80.000 Flugblätter und Parteiprogramme verteilt und einige tausend Exemplare der Parteizeitungen Kamkaru Mawatha und Tholilalar Pathai verkauft, die auf singhalesisch beziehungsweise tamilisch erscheinen.

Arbeiter und andere, mit denen die SEP sprach, brachten häufig ihre Opposition zum Krieg zum Ausdruck und wiesen sogleich auf die Folgen des Kriegs für ihr Leben hin. Nur wenige trauten den Versprechen der großen Parteien oder ihrer Fähigkeit den Krieg zu beenden.

Ein junger Arbeiter erklärte, dass er 1994 für die PA im Wahlkampf aktiv war, aber nun von der regierenden Koalition enttäuscht sei: "Diese Regierung kam an die Macht, weil sie das Ende des Kriegs und andere Dinge versprach. Jetzt gibt sie 50.000 Millionen Rupien für den Krieg aus. Die JVP ist nicht anders. Sie gibt ein Buch heraus, in dem sie viele Dinge verspricht, ohne zu erklären, wie sie das Geld dafür auftreiben will. Es ist Propaganda für Regionalismus."

Ein Fabrikarbeiter stellte einen direkten Zusammenhang zwischen Krieg und fallendem Lebensstandard her. Er sagte: "Dieser Krieg ist ein Fluch. Die hochschnellenden Preise betreffen uns alle. Ihr seid die einzige Partei, die über eine Arbeiter- und Bauernregierung spricht. Ich mag die Idee. Ich werde euer Manifest lesen."

Viele wiesen auf ihre schwierige Situation hin. Ein pensionierter Arbeiter erklärte: "Meine monatliche Rente beträgt 4.700 Rupien. Letztes Mal unterstützten wir diese Regierung und erwarteten viele Dinge, denn das UNP-Regime hatte uns geschröpft. Aber die Preise für alle Waren sind gestiegen. Der jüngste Anstieg der Gas-, Wasser- und Strompreise hat die Situation verschlimmert."

Die meisten Leute wollten Frieden, aber hatten keine klare Idee, wie der Krieg beendet werden könnte, und noch nicht darüber nachgedacht, dass die Arbeiterklasse mit ihrer eigenen, unabhängigen Perspektive aktiv eingreifen könnte. Die Forderung der SEP nach einem unmittelbaren und bedingungslosen Rückzug der Truppen aus dem Norden und Osten provozierte beträchtliche Diskussionen, aber keine prompte Zustimmung. Viele meinten, die Politik der vorausgegangenen Regierungen habe zum Krieg geführt, und sympathisierten mit der Forderung der SEP nach einem vereinigten Kampf, sagten aber, dass sie über die Forderung nach dem Abzugs aller Streitkräfte noch nachdenken wollten.

Typisch war ein Gespräch in der Ortschaft Thevala südlich von Colombo. Eine Hausfrau sagte: "Wir brauchen Frieden, um zu leben. Wenn wir aus dem Haus gehen, wissen wir nicht, ob wir zurückkommen oder nicht." Im Verlauf des Gesprächs kam eine andere Hausfrau hinzu und betonte: "Es wäre gut, einen Weg zur Beendigung des Krieges zu finden. Die Jugend wird auf den Schlachtfeldern getötet. Singhalesen, Tamilen und Moslems wurden alle in diesem Land geboren. Sie müssen zusammen leben. Der Krieg begann wegen der begangenen Fehler der Regierungen." Aber ihre Sorge war, dass ein Abzug der Truppen zur Spaltung der Insel führen würde.

Tausende Tamilen sind aus dem Norden und Osten geflohen, um in Colombo zu leben. Viele von ihnen können nicht wählen, weil die Autoritäten ihnen die Registrierung erschwert haben. Sie sind verständlicherweise zurückhaltend und sagen nicht sofort ihre Meinung, da sie regelmäßig von der Polizei schikaniert werden. Ein Lehrer aus Jaffna erklärte, seine Familie habe sich noch immer nicht vom Schock des Krieges erholt. Er war erstaunt über die Kühnheit des SEP-Programms zur Beendigung des Krieges und sagte: "Ich will euer Manifest sowohl in tamilischer wie in singhalesischer Sprache lesen und sie vergleichen, denn manche Leute sagen den Singhalesen dieses und den Tamilen etwas anderes." Er war erfreut, dass die beiden inhaltlich identisch waren.

Viele junge Leute zeigten sich sehr interessiert an der World Socialist Web Site. Eine Reihe von tamilischen Studenten im überwiegend von Tamilen bewohnten Wellawatte, einem Stadtteil Colombos, sagten den Wahlkämpfern der SEP, dass sie Internet-Zugang hätten und die Web Site besuchen würden.

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