Mazedonien: US-Soldaten retten albanische Separatisten

In einer unilateralen Aktion hat das amerikanische Militär am Montag einige Hundert albanische Kämpfer aus einer Ortschaft nahe der mazedonischen Hauptstadt Skopje evakuiert. 81 amerikanische Soldaten und 16 Panzerfahrzeuge eskortierten 20 Busse, in denen Angehörige der albanischen Separatistenmiliz Nationale Befreiungsarmee (UÈK) aus dem Ort Araèinovo abtransportiert wurden.

Vorangegangen waren zwei Wochen schwerer Gefechte um Araèinovo, das sich zu einem Brennpunkt des Kampfes zwischen albanischen Aufständischen und mazedonischer Regierung entwickelt hatte. Als ein Sieg der Regierungstruppen in greifbare Nähe gerückt war, griff das US-Militär ein und holte die UÈK-Kämpfer aus ihrer umzingelten Stellung heraus. Vier Nato-Lastwagen transportierten die Waffen der Guerilleros, die ihnen später wieder ausgehändigt wurden.

Der Sprecher des Pentagon Admiral Craig Quigley gab an, die Anordnung zum Einsatz der US-Soldaten als Eskorte für den Rückzug der UÈK sei von General Joseph Ralston ausgegangen, dem Nato-Oberkommandierenden für die amerikanischen Truppen in Europa. Der Sprecher des Weißen Hauses Ari Fleischer bestätigte, dass die Entscheidung auf höchster Regierungsebene sanktioniert worden sei. Präsident Bush, seine Nationale Sicherheitsberaterin Condoleeza Rice und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld waren zu Rate gezogen worden.

Die Entscheidung Washingtons zur Rettung der UÈK-Truppen löste in weiten Teilen der mazedonischen Bevölkerung Empörung aus. Am Montag Abend versammelte sich eine Menge von nahezu 10.000 Menschen vor dem Parlament in Skopje. "Tod allen Albanern! Nur ein toter Albaner ist ein guter Albaner!" wurde ebenso gerufen wie Parolen gegen die Nato. Einige Demonstranten verbrannten Bilder des Europäischen Sicherheitsbeauftragten Javier Solana, der das Vorgehen der USA im Nachhinein sanktioniert hatte.

Die Aktion ist im Rahmen des offiziellen Auftrags der Nato nicht zu rechtfertigen. Dieser lautet, die mazedonische Regierung durch das Aushandeln eines Waffenstillstands bei der Beilegung des albanischen Aufstands zu unterstützen. Erst vor einer Woche veröffentlichte die Nato eine Erklärung, in der es hieß: "Unter der Bedingung, dass der politische Dialog zwischen den verschiedenen Parteien zu einem tragfähigen Ergebnis führt und ein Waffenstillstand verabschiedet wird, ist die Allianz ist bereit, [in Mazedonien] Hilfe zu leisten. In diesem Falle, und nur in diesem Falle, wird die Nato unter verbindlichen und präzisen Anweisungen Truppen entsenden, um die Waffen der albanischen Extremisten einzusammeln" (Betonung im Original).

Anstatt auf die Entwaffnung der "albanischen Extremisten" hinzuwirken, haben die USA nun interveniert, um die UÈK-Kämpfer zu retten. Sie wurden in einem anderen Dorf etwa elf Kilometer weiter nördlich abgesetzt, wo sie unverzüglich neue Angriffe auf Skopje begannen.

Die Rettungsaktion für die UÈK hat Washingtons Anspruch entlarvt, seine Intervention auf dem Balkan sei von der Sorge um die Souveränität der diversen Nachfolgestaaten Jugoslawiens oder um das Schicksal gewählter Regierungen motiviert.

Die Bush-Regierung hält deshalb ihre schützende Hand über die mazedonische UÈK, weil sie sich die Separatistenarmee als ihr Instrument auf dem Balkan erhalten möchte.

In den späten neunziger Jahren belieferten die USA die UÈK mit Hilfsmitteln, und die CIA unterstützte ihre Mordanschläge auf serbische Polizisten ebenso wie ihren Terror gegen serbische Zivilisten. Dies war Bestandteil einer umfassenderen Strategie, die darauf abzielte, Serbien zu destabilisieren und die Region unter amerikanische Hegemonie zu zwingen. Mit der Hilfe der UÈK spielte Washington ein gefährliches und zynisches Spiel. Man nutzte die berechtigte Erbitterung der Kosovo-Albaner gegen das serbisch-nationalistische Regime in Belgrad aus, um ethnische Konflikte zu schüren und einen Bürgerkrieg zu provozieren.

Während der Friedensverhandlungen in Rambouillet Anfang 1999 hofierten die USA die Delegierten der UÈK und behandelten sie als legitime Vertretung der albanischen Bevölkerung des Kosovo. Washington stellte Serbien ein als Friedensangebot verkleidetes Ultimatum, das Belgrad nicht annehmen konnte, weil es den westlichen Truppen uneingeschränkten Zutritt zu serbischem Staatsgebiet ermöglicht hätte und die Souveränität des Landes missachtete.

Im folgenden Luftkrieg der Nato unter US-amerikanischer Führung gingen das amerikanische und europäische Militär de facto ein Bündnis mit der UÈK ein. Nach dem Krieg wurde das Kosovo zu einer Art Protektorat des Westens unter UÈK-Verwaltung gemacht.

Die UÈK war nie eine Befreiungsarmee im eigentlichen Sinne des Wortes. Seit langem unterhält sie Verbindungen nicht nur zu amerikanischen und europäischen Geheimdiensten, sondern auch zur Drogenmafia und zu anderen kriminellen Vereinigungen. Kaum war sie im Kosovo an der Macht, errichtete die UÈK eine Terrorherrschaft, zwang die nicht-albanische Bevölkerung (Serben und Roma) zur Flucht und wandte gewaltsame Unterdrückungsmaßnahmen gegen ihre albanischen politischen Gegner an.

Die UÈK war schließlich unter den Kosovo-Albanern derart unbeliebt geworden, dass sie die Wahlen im vergangenen November haushoch verlor. Doch dies bedeutete nicht das Ende ihrer Aktivitäten. Unter dem Pseudonym "Befreiungsarmee für Presevo, Medvedja, Bujanovac" unternahm sie Vorstöße in das südliche Serbien, wo ebenfalls eine große albanische Bevölkerungsgruppe lebt. Dabei konnte sie sich auf die stillschweigende Unterstützung der USA verlassen, deren Soldaten an der Grenze patrouillieren.

Die erfolgreiche Absetzung des serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic im vergangenen Oktober und die Einsetzung der prowestlichen Regierung unter Präsident Vojislav Kostunica führte zu einer Veränderung der offiziellen Nato-Politik gegenüber den albanischen Separatisten.

Nachdem die UÈK im Januar und Februar dieses Jahres begonnen hatte, ihre Operationen in das benachbarte Mazedonien auszudehnen, wurden ihre kriminellen Machenschaften besonders von Europa zunehmend als Bedrohung für die Stabilität des Balkan empfunden. Während der fünfmonatigen Kämpfe in Mazedonien sind 60.000 Albaner zu Flüchtlingen geworden. Viele von ihnen haben sich in den Kosovo begeben. Bis zu 35.000 mazedonische Slawen sahen sich ebenfalls gezwungen ihre Heimat zu verlassen und leben nun größtenteils in Flüchtlingslagern in Skopje.

Europäische Politiker haben dieselben UÈK-Kämpfer, die sie einst - um die Meinung der Weltöffentlichkeit zugunsten eines Krieges gegen Serbien zu manipulieren - als Freiheitshelden darstellten, in jüngster Zeit als Terroristen bezeichnet. Nato-Generalsekretär George Robertson sprach sogar von "Mordbrennern" und sagte, über Frieden könne man nur mit den "demokratischen" Vertretern der Albaner verhandeln.

Als sich der amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Außenminister Colin Powell im Mai mit dem mazedonischen Premierminister Georgiewski in Washington trafen, sicherte ihnen Powell die "uneingeschränkte Unterstützung der USA für die territoriale Integrität Mazedoniens" zu.

Doch als das Überleben der mazedonischen UÈK bedroht war, beeilten sich die USA sie zu retten. Mit der UÈK und ihren Ablegern haben die USA ein Mittel in der Hand, den Druck auf Serbien aufrechtzuerhalten und die dortige Kostunica-Regierung zu steuern. Auch betrachtet Washington seine Stellvertretertruppe in Albanien als Instrument zur Aufrechterhaltung seiner dominanten Rolle auf dem Balkan und zur Zurückdrängung seiner europäischen Rivalen.

Die Europäische Union hat gute Mine zum bösen Spiel gemacht, indem sie die Rolle ihres Sicherheitsbeauftragten Solana hervorhob, der den Abzug der UÈK aus Araèinovo ausgehandelt hat. Doch dies kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die europäischen Mächte von den USA eindeutig ausmanövriert wurden. Die Zeitung Die Welt schimpfte denn auch unverhohlen, womöglich sei es "gerade sein [Solanas] letzter Schachzug, der nun Mazedoniens Absturz in Anarchie und Bürgerkrieg beschleunigt".

Auch Teile des politischen Establishments in Mazedonien halten das Techtelmechtel des Westens mit der UÈK und ihrem mazedonischen Ableger für ein gefährliches Abenteuer. Das Time -Magazin stellte fest: "Mit der Erhebung der UÈK in den Status eines legitimen Protagonisten für Albaniens Zukunft haben die Nato und die Europäische Union möglicherweise die ethnische Aufteilung Mazedoniens bereits besiegelt."

Wieder wenden die konkurrierenden imperialistischen Mächte militärische Gewalt und politische Intrigen an, um ihre räuberischen Interessen durchzusetzen. Wieder droht dies zu einem Flächenbrand auf dem Balkan zu führen.

Siehe auch:
Mazedonien "am Rande des Abgrunds"
(17. Mai 2001)
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