Al Gore unterstützt Bushs Kriegspläne

In der ersten größeren politischen Rede seit der Präsidentenwahl hat der demokratische Kandidat Al Gore am 12. Februar seine volle Unterstützung für die Pläne der Bush-Regierung erklärt, den Krieg im Nahen Osten auszuweiten. Gore, der die Wahl aufgrund einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs an George W. Bush verlor, forderte eine endgültige Abrechnung mit dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein.

Der frühere Vizepräsident sprach in New York vor einer Versammlung des Rats für internationale Beziehungen (Council on Foreign Relations), einem Think Tank, der die Zeitschrift Foreign Affairs herausgibt und seit langem sowohl unter demokratischen wie unter republikanischen Regierungen großen Einfluss auf die Außenpolitik ausübt.

Ausdrücklich solidarisierte sich Gore mit Bushs Hinweis auf eine "Achse des Bösen" in seiner Rede zur Lage der Nation. Bushs kriegerische Diktion - besonders gegen Irak, Iran und Nordkorea - ist von zahlreichen europäischen Politikern verurteilt worden und auch bei einigen führenden Kongresspolitikern, wie dem Mehrheitsführer im Senat Tom Daschle und dem republikanischen Senator Chuck Hagel, auf Kritik gestoßen.

"Meiner Meinung nach gibt es wirklich gute Gründe, die Diplomatie gelegentlich beiseite zu lassen und seine Karten auf den Tisch zu legen," sagte Gore. "Es macht Sinn, das Böse beim Namen zu nennen. Man sollte niemals unterschätzen, was für eine Macht ein offenes Wort haben kann, das vom Präsidenten der Vereinigten Staaten stammt."

Gore machte in Zugeständnis an die europäische Kritik an Bushs unilateraler Haltung und präsentierte sich als Befürworter einer stärkeren Zusammenarbeit in der Außenpolitik. Er lenkte die Aufmerksamkeit auf die Ursachen globaler Erschütterungen wie Armut, Unwissenheit, Krankheiten und politische Unterdrückung und warnte: "Wir haben es mit einem Ausdruck von Wut zu tun, die aus dem tiefempfundenen Groll von Millionen Menschen hervorbricht."

Aber die Grundlinie seiner Rede machte deutlich, wie weitgehend sich der Spitzenmann der Demokratischen Partei mit dem aggressiven Militarismus identifiziert, der heute in Washington vorherrscht. Gore erklärte: "Auch unterstütze ich die erklärten Ziele des Präsidenten für die nächste Phase des Kampfes gegen den Terrorismus, wie er sie in seiner Rede zur Lage der Nation dargelegt hat." Damit unterstützt der letzte Präsidentschaftskandidat der Demokraten die weltweite Kampagne zur Anwendung militärischer Gewalt, verdeckter Provokationen und diplomatischer Erpressung, die im Namen des "Kriegs gegen den Terrorismus" geführt wird. Er erklärte sich damit einverstanden, dass Bush den Schwerpunkt dieser Kampagne von terroristischen Gruppen hin zu Regierungen verlagert, die angeblich biologische, chemische und atomare Waffen entwickeln.

Gore sagte: "Es ist ganz eindeutig, dass eine dieser Regierungen eine besondere Gefahr darstellt: Der Irak. Meiner Meinung nach sollte die endgültige Abrechnung mit dieser Regierung auf der Tagesordnung stehen. Nach meinem Dafürhalten geht es hier nicht mehr um eine Frage des Prinzips, sondern nur noch darum, dass wir dieses Mal die Sache zu unseren Bedingungen zu Ende bringen."

Der frühere Vizepräsident erinnerte daran, dass er einer der wenigen demokratischen Senatoren gewesen war, die die Entscheidung des ersten Präsidenten Bush unterstützt hatten, eine riesige Armee in den Nahen Osten zu entsenden und wegen Kuwait Krieg gegen den Irak zu führen. Seine einzige Kritik am Golfkrieg war gewesen, dass er nicht weit genug gegangen und ohne den Sturz Saddam Husseins beendet worden war.

Gore fügte hinzu. "Wenn wir also wieder zur Gewalt greifen, dann müssen wir ganz konsequent sein. Es muss eine sorgfältige Planung auf der Grundlage realistischer Konzepte gemacht werden. Ein Scheitern darf keine Option sein, deshalb müssen wir bereit sein, bis an die Grenze zu gehen. Und Wunschdenken auf der Grundlage der günstigsten Annahme oder eines zu wörtlichen Übertragens jüngster Erfahrungen auf andere Bedingungen wäre das Rezept für eine Katastrophe."

Das läuft auf eine Kritik an den optimistischeren Kriegsplanungen des Weißen Hauses und des Pentagon hinaus. Diese haben den Eindruck erweckt, Saddam Hussein könne mit nur 50.000 US-Soldaten oder womöglich ganz ohne Bodentruppen, unter Einsatz von Stellvertretertruppen und amerikanischer Luftunterstützung nach dem Modell Afghanistan gestürzt werden. Gore erklärte damit im Voraus seine Unterstützung für ein viel größeres Kontingent amerikanischer Truppen für den Kampf gegen den Irak, als es für den Sturz der Taliban nötig war.

Gore ging nicht näher darauf ein, was er mit den Worten meinte, die USA müssten bereit sein, gegen den Irak "bis an die Grenze zu gehen". Bedeuten seine provokativen und verantwortungslosen Bemerkungen, den Irak als funktionierende Gesellschaft durch massive Bombardierungen zu zerstören? Die Invasion des Landes und die Besetzung Bagdads durch eine amerikanische Armee? Oder vielleicht den Einsatz von Nuklearwaffen, falls Luft- und Bodenangriffe sich als unzureichend erweisen sollten?

Gore sagte auch, dass der Iran im Hinblick auf die Unterstützung des Terrorismus und die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen "eine noch viel gefährlichere Herausforderung" sei, als der Irak. Er folgerte daraus nicht, dass ein Krieg gegen Iran notweniger sei als gegen den Irak, machte aber recht deutlich, dass ein solcher Krieg unvermeidlich würde, wenn das islamisch-fundamentalistische Regime in Teheran nicht von innen gestürzt werde.

Der frühere Vizepräsident schloss seine halbstündige Rede mit einem Loblied auf die Zusammenarbeit der beiden Parteien und auf die Notwendigkeit nationaler Einheit bei der Verteidigung der Interessen des amerikanischen Imperialismus. Er meinte, der Krieg gegen den Terrorismus solle wie der Kalte Krieg geführt werden, der, wie er sagte, "durch die kumulierte Arbeit der Regierungen von Harry S. Truman bis zu George H. W. Bush gewonnen wurde."

Gores Rede unterstreicht zwei fundamentale Tatsachen: In der Außen- und Militärpolitik gibt es nach den Worten eines anderen führenden Demokraten, des Minderheitsführers im Repräsentantenhaus, Richard Gebhardt, "nicht den Schatten eines Unterschieds" zwischen der Bush-Regierung und der Demokratischen Partei. Gores Programm der Umgestaltung der Welt unter Einsatz amerikanischer Militärmacht ist genauso reaktionär und blutrünstig.

Innenpolitisch demonstrieren Gores Bemerkungen den politisch schwindsüchtigen und intellektuell verkommenen Charakter des Liberalismus. Wie schon im Wahlkampf, als er die rechte Kampagne, die zu dem Amtsenthebungsverfahren gegen Clinton führte, zu ignorieren versuchte, und während der Nachwahlkrise in Florida versucht Gore das Bewusstsein des amerikanischen Volkes gegenüber den Gefahren für ihre demokratischen Rechte zu vernebeln.

Während er ein idyllisches Bild von zwei Parteien zeichnet, die sich friedlich an der Regierung abwechseln, verhält es sich in Wirklichkeit so, dass die ultra-rechten Elemente, die die Bush-Regierung und die republikanische Partei kontrollieren, bereit sind, sich mit kriminellen und illegalen Methoden an der Macht zu halten, gleichgültig was der Wille des Volkes ist.

Wenn in den Vereinigten Staaten eine Bewegung gegen imperialistischen Militarismus und zur Verteidigung demokratischer Rechte entstehen soll, so muss sie mit Demokraten und Republikanern brechen und eine neue Partei aufbauen, die sich auf die Interessen der arbeitenden Bevölkerung gründet.

Siehe auch:
Bush-Regierung bestätigt Kriegspläne gegen den Irak
(19. Februar 2002)
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