Hollywoods ideologischer Krieg

Zwei Filme: Kollateralschaden und We Were Soldiers

In den letzten Monaten ergoss sich aus Hollywood ein ganzer Strom von Kriegsfilmen über die Bevölkerung der USA und der Welt. In den meisten Fällen handelt es sich weniger um Kunstwerke als um reine Propaganda mit dem Ziel, in der einen oder andern Form den amerikanischen Militarismus zu rechtfertigen oder zu verherrlichen.

Das Phänomen des propagandistischen Kriegsfilms hat seine Vorläufer, und Hollywood hatte schon immer enge Beziehungen zur amerikanischen Regierung. Dennoch ist dieser Trend in den letzten zehn Jahren merklich stärker geworden und verläuft parallel zur Eskalation des amerikanischen Militarismus nach dem Fall der Sowjetunion. Schon etwas ältere Filme wie Rules - Sekunden der Entscheidung (Rules of Engagement), Die Wiege der Sonne (Rising Sun) und True Lies - Wahre Lügen haben ein erstaunliches Ausmaß an Chauvinismus, Rassismus und vulgärem Patriotismus in die populäre Massenunterhaltung hineingetragen.

Hollywood ist in letzter Zeit immer mehr zur Ergänzung der Propaganda-Abteilung der amerikanischen Regierung verkommen, und das hat sich seit den Attentaten vom September noch einmal verstärkt. Gegen Ende des letzten Jahres trafen sich die Direktoren großer Filmgesellschaften mit Karl Rove, Präsident Bushs politischem Chefberater, um zu demonstrieren, dass Hollywood den amerikanischen Kriegskurs unterstützt, und einige Richtlinien festzulegen. Diese Richtlinien - dass sich die Kriegsanstrengungen gegen den Terrorismus und gegen "das Böse" richteten, dass man die US-Soldaten und ihre Familien unterstützen müsse und dergleichen - werden voraussichtlich die Grundlage für zukünftige Filme darstellen.

Die meisten Filme, die jetzt oder in den letzten Monaten in die Kinos kamen, wurden allerdings schon vor dem 11. September geplant oder produziert. Kollateralschaden (Collateral Damage) sollte eigentlich schon im letzten Herbst gezeigt werden, wurde jedoch nach dem 11. September auf Februar verschoben, weil der Film nach Ansicht der Produzenten zu viele unheimliche Parallelen zu den Anschlägen aufweist.

Dass Hollywood parallel zu einer enormen Eskalation des amerikanischen Militarismus zahlreiche Kriegsfilme produziert, ist eine weitere Widerlegung der Vorstellung, der 11. September habe alles verändert. Militärische Interventionspläne und Interventionen waren lange vor dem 11. September im Gange und finden in diesen Filmen ihren ideologischen Ausdruck.

Dass diese Filme hauptsächlich Propaganda sind, soll nicht heißen, dass sie unmittelbar von der amerikanischen Regierung kontrolliert oder beeinflusst werden, obwohl dies bei einigen Werken tatsächlich der Fall sein mag. Eine Besonderheit der amerikanischen Medien besteht darin, dass sie sich weitgehend selbst zensieren. Die Menschen, die Hollywoodfilme produzieren - in erster Linie die Regisseure, dann die wichtigsten Schauspieler und natürlich die Studiobetreiber - stammen aus einer außerordentlich privilegierten Gesellschaftsschicht, die die Perspektive der amerikanischen herrschenden Elite teilt.

Ein ganz typisches Beispiele dafür, Black Hawk Down, ein Film über die amerikanische Intervention in Somalia, ist schon in einer besonderen WSWS -Filmrezension besprochen worden. Diese Rezension soll sich mit zwei weiteren kürzlich erschienen Filmen beschäftigen: Kollateralschaden und We Were Soldiers.

Kollateralschaden

Obwohl Kollateralschaden technisch kein Kriegsfilm ist, rechtfertigt oder ermutigt er militärische Aktionen und hat aufgrund seiner Handlung und Perspektive nach dem 11. September besondere Bedeutung gewonnen.

Regisseur des Filmes ist Andrew Davis (Auf der Flucht). Arnold Schwarzenegger spielt die Hauptrolle als Gordon Brewer, ein rachedurstiger Feuerwehrmann, der durch einen politisch motivierten terroristischen Bombenanschlag eines kolumbianischen Guerillaführers zum Handeln getrieben wird. Das Attentat verfehlt sein Ziel - einen Gesandten der kolumbianischen Regierung und einen CIA-Agenten - und tötet stattdessen Brewers Frau und Sohn. Ein Sympathisant des Attentäters entschuldigt diese Tötungen später als einen unglücklichen Zufall oder "Kollateralschaden". Der Ausdruck ist voller unbeabsichtigter Ironie, da die amerikanische Regierung ihn in der Regel benutzt, um die Tausende ziviler Opfer zu entschuldigen, die amerikanischen Bombenangriffen zum Opfer fallen.

So wird uns hier die unwahrscheinliche Story eines ungehobelten Amerikaners mit starkem österreichischem Akzent aufgetischt, der sich zu Fuß bis in die Guerilla-Hochburgen von Südkolumbien durchschlägt, um Rache an einem Mann zu nehmen, der seine Familie getötet hat: Claudio (alias "El Lobo" oder "Der Wolf", gespielt von Cliff Curtis). Das Ganze ist schlecht gespielt und im allgemeinen dürftig dargestellt - was für viele ähnliche Filme typisch ist. Es gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen ernsthafter Kunst - wozu diese Filme definitiv nicht gehören - und der Fähigkeit, historische und soziale Wahrheit zu vermitteln - was diese Filme ebenfalls nicht vermögen.

Brewer wird zu seinem Einmann-Feldzug durch die Untätigkeit der amerikanischen Regierung getrieben, die mehr daran interessiert ist, die zerbrechlichen Friedensgespräche zwischen der kolumbianischen Regierung und den Guerillas aufrechtzuerhalten, als Brewers Kreuzzug für Gerechtigkeit zu unterstützen. Dies ist eine Konstellation, die in vielen ähnlichen Filmen vorkommt: wenn die amerikanische Regierung überhaupt kritisiert wird, dann im allgemeinen von rechts. Liberale oder Regierungsbeamte stehen dem Vollzug der Gerechtigkeit im Weg, indem sie sich weigern, zu intervenieren. In Im Fadenkreuz - Allein gegen alle (Behind Enemy Lines), einem weiteren neuen Kriegsfilm, wird diese Kritik gegen die Vereinten Nationen und die NATO gerichtet. Angeblich sollen diese internationalen Institutionen während der Intervention in Jugoslawien amerikanische Soldaten in ihren Aktionen behindert haben.

Der typische Wesenszug des Films Kollateralschaden ist jedoch seine Befürwortung von Rache und Mord als angemessene Antwort auf terroristische Anschläge, die amerikanische Zivilisten töten. Im Licht der jüngsten Ereignisse hat dies den Effekt einer Rechtfertigung der jüngsten US-Militärkampagne, in der die Tötung angeblicher Terroristen als eins der wichtigsten Ziele der amerikanischen Militärintervention hingestellt wird. Das massenhafte Abschlachten eines weitgehend unbewaffneten - und im Fall des Massakers von Masar-i-Scharif vollkommen wehrlosen - Feindes wird stillschweigend oder ausdrücklich gerechtfertigt, weil angebliche Terroristen, die darauf aus seien, Amerikaner umzubringen, kein anderes Schicksal verdienten.

Gewalttätige Rache als Grundlage für individuelles oder staatliches Handeln ist in jedem Fall ein barbarisches Prinzip. Die amerikanische Regierung kann jedoch überhaupt nicht an demokratische oder progressive Gefühle appellieren, weil ihrer Politik jeder demokratische oder progressive Inhalt fehlt. Sie nimmt immer häufiger zu Appellen an die niedrigsten Emotionen Zuflucht, und Kollateralschaden drückt diese Tendenz in ungeschminkter Form aus.

Auf dem Weg zu den brutalen, tödlichen Schlussszenen spielt der Film auf die komplexen politischen Verhältnisse in Kolumbien an. Der CIA-Agent (Brandt, gespielt von Elias Koteas), auf den unter anderen der Bombenanschlag des "Wolfs" abgezielt hatte, entpuppt sich als Rechtsextremer, der mit gewalttätigen paramilitärischen Gruppen in Verbindung steht, die der kolumbianischen Regierung nahe stehen. El Lobo und seine Frau Selena (Francesca Neri) werden selbst ebenfalls als Opfer dargestellt, weil sie ihre Tochter durch die gewaltsamen Aktionen der kolumbianischen Regierung unter Mithilfe der USA verloren haben.

In den ersten drei Vierteln des Filmes scheint man uns folgendes, einigermaßen banales Thema zu präsentieren: Gewalt ist schlecht, wenn sie unschuldige Zivilpersonen betrifft, und sowohl die kolumbianische Regierung (in Tateinheit mit der amerikanischen Regierung und paramilitärischen Truppen) wie auch die Guerilleros und El Lobo sind für diesen Teufelskreis verantwortlich.

Aber am Ende ist Brandt eindeutig nicht so schlecht wie der Wolf, und Selena gerät auf Arnolds Abschussliste. Die Wendung am Ende des Films, die Selena aus einer den Zuschauern sympathischen Person in eine brutale Verbrecherin verwandelt, ist bezeichnend, weil sie zu folgender Moral führt: Man kann sich nicht darauf verlassen, dass Zivilisten auch Zivilisten sind; jeder Kolumbianer ist ein potentieller Terrorist. Dies ist verblüffend ähnlich mit der Rechtfertigung, die die amerikanische Regierung für die Tötung von Familienmitgliedern angeblicher "Taliban" oder "al-Qaida-Leute" anführt. Jeder, der mit angeblichen Terroristen in Verbindung steht, kann genau so gut ein Terrorist sein und verdient das gleiche Schicksal: den Tod. Dies kann logischerweise über die Familienmitglieder hinaus auf die Bevölkerung als Ganzes ausgeweitet werden.

Man könnte noch mehr über diesen Film schreiben: seine unkritische Darstellung der amerikanischen Intervention in Kolumbien als Antidrogenkrieg; sein Bild der kolumbianischen Bevölkerung als einer weitgehend gleichgültigen Masse, deren Mitglieder einen jederzeit entführen könnten, um Lösegeld zu erpressen (ähnlich der Darstellung der serbischen Bevölkerung in Im Fadenkreuz und der somalischen Bevölkerung in Black Hawk Down); der unterschwellige Antikommunismus, der sich darin ausdrückt, dass der Wolf ein Bewunderer von Lenin ist (ein Foto des Führers der Russischen Revolution hängt an seiner Zimmerwand direkt neben dem Bild von Ché). Am wichtigsten ist jedoch die Art und Weise, wie der Film gewaltsame Rache als angemessene Antwort auf Terroranschläge propagiert.

We Were Soldiers

We Were Soldiers von Randall Wallace (Der Mann mit der Eisernen Maske, Drehbuchautor von Pearl Harbor) ist eine etwas andere Art Film, es ist in erster Linie ein geschichtliches Werk, das sich mit einer Schlacht zu Beginn des Vietnamkrieges beschäftigt.

Im November 1965 wurden amerikanische Truppen unter dem Kommando von Oberstleutnant Harold Moore (gespielt von Mel Gibson) in das Drang-Tal von Vietnam geschickt, um dort Einheiten der Nordvietnamesen ausfindig zu machen. Daraus sollte der erste größere Zusammenstoß zwischen den zwei Armeen und einer der brutalsten Konflikte der amerikanischen Militärgeschichte entstehen.

Der Film will die Geschichte dieser Schlacht erzählen, scheitert aber auf der ganzen Linie. Nach zwei Stunden Kino, wovon drei Viertel aus einer langen Schlachtenszene bestehen (Hunderte Menschen auf beiden Seiten werden erschossen, bei lebendigem Leibe verbrannt, im Nahkampf erstochen, von Granaten zerfetzt, von Bomben und Napalm zu Asche verbrannt), fragt sich der Zuschauer: Was ist da passiert? Was war der Grund für all dieses Blutvergießen und Gemetzel? Warum waren die amerikanischen Truppen eigentlich in Vietnam? Soweit der Film darauf überhaupt Antworten gibt, sind sie durchwegs banal und flach.

In der Ankündigung des Films heißt es: " We Were Soldiers ist ein Tribut an die Größe und den außergewöhnlichen Heldenmut jener Männer, die im Feuer standen. Er ehrt ihre Loyalität ihrem Land und ihren Kameraden gegenüber, und er zeigt den Heroismus und unglaublichen Opfermut der Männer und Frauen in der Heimat wie in der Ferne." Am Ende des Films erfahren wir, dass die Männer nicht so sehr für ihr Land oder ihre Flagge, sondern für den jeweiligen Nebenmann gekämpft haben.

Als Erklärung für Krieg ist das nicht eben befriedigend. Wenn sie nur für den jeweils anderen kämpften, dann fragt man sich, warum sie nicht einfach mit dem Kämpfen aufhörten, damit keiner von ihnen getötet wird? Das wäre sicherlich sinnvoller gewesen, wenn es nur um die Soldaten selbst gegangen wäre und nicht um weitere Ziele.

Die anderen Erklärungen im Film sind ebenso absurd, und man bekommt das Gefühl, dass dies sogar dem Regisseur selbst aufgefallen ist. Einmal fragt Moores Tochter den Oberst, warum es Kriege gibt. Seine Antwort: Kriege sollte es nicht geben, aber es gibt sie eben. Irgendwelche Leute in einem anderen Land versuchen, andere Leute umzubringen. Wir müssen hingehen und das verhindern. Das ist im allgemeinen die Rechtfertigung, mit der die amerikanische Regierung immer ihre Militärinterventionen begründet. Als "Erklärung", die in Wirklichkeit einer Erklärung ausweicht, ist es gewissermaßen passend, dass sie in Form einer Unterhaltung mit einem Kind gegeben wird.

Der Film bietet keine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Krieg, weil diejenigen, die ihn gedreht haben, unfähig sind, sich objektiv mit den Geschehnissen zu beschäftigen. Er basiert auf einem Buch, das von dem echten Harold Moore mitverfasst wurde, der offensichtlich eine Interesse daran hatte, die Schlacht in einem bestimmten Licht darzustellen. Der Regisseur ist offenbar unfähig, überhaupt irgend etwas zu begreifen, was auch an seinem durchweg hirnlosen Werk Pearl Harbor deutlich wird.

Trotzdem hat hie und da doch noch eine Spur von dem, was der Vietnamkrieg war, Eingang in den Film gefunden. Schließlich ist We Were Soldiers eine historische Darstellung und deshalb gezwungen, etwas von dem wiederzugeben, was tatsächlich geschah, wenn auch nur im unmittelbarsten und direkten Sinne. Was findet im Verlauf dieses Films statt? Einige hundert amerikanische Soldaten werden mit Hubschraubern in ein Gebiet transportiert, wo sie nicht willkommen sind. Sie töten Tausende Vietnamesen und auch sie selbst sterben in großer Anzahl. Dann verschwinden sie wieder und lassen Tod und Zerstörung hinter sich. Das war - übertragen ins Große - der Vietnamkrieg, ein moralisch vollkommen bankrottes Unternehmen eines imperialistischen amerikanischen Staates, eine brutale Invasion einer Regierung, die um jeden Preis ihre Macht in den entlegensten Regionen der Erde demonstrieren wollte.

Der Film kommt nicht um die Tatsache herum, dass die amerikanischen Soldaten Eroberer und Unterdrücker waren. Selbst wer nur sehr wenig über den Krieg weiß, kann seine Augen nicht davor verschließen, dass es die Vietnamesen waren, die einen Kampf unter wirklich verzweifelten Bedingungen führten, mit enormer Tapferkeit und Selbstaufopferung. Das ist der objektive Charakter des dargestellten Krieges, dem die Filmemacher eine patriotische Botschaft aufpfropfen wollen, oder zumindest eine, die das amerikanische Militär glorifiziert. Sie versuchen mit roter Farbe den Eindruck eines blauen Himmels zu schaffen - was scheitern muss, wenn der Zuschauer nicht vollkommen farbenblind ist.

Der grundlegende Widerspruch zwischen der objektiven Realität des Krieges und der Botschaft, die ihm die Filmemacher aufzwingen wollen, zeigt sich in voller Klarheit am Ende des Films. "Berichte dem amerikanischen Volk, was wir hier getan haben", sagt Moore zu einem Reporter, der auch an der Schlacht beteiligt war. Was Moore damit meint ist natürlich: Sag ihnen, wie tapfer wir gekämpft haben und wie ehrenvoll wir für eine gerechte Sache gestorben sind. In dem Maße, wie das amerikanische Volk allerdings tatsächlich herausfand, was wirklich passierte, in dem Maße stellte es ich gegen den Krieg und forderte sein Ende.

Der Film hätte vielleicht gerettet werden können, wenn er dem grundlegenden moralischen Widerspruch gegenüber sensibel gewesen und ihn ins Zentrum des Films gerückt hätte: tapfere Männer, die für eine unehrenhafte und ungerechte Sache gestorben sind. Das wäre ein legitimes Thema und hätte die Grundlage für die Schaffung echter Charaktere abgeben und echte Sympathie erzeugen können. Die erfolgreiche Bearbeitung eines solchen Themas würde aber weitaus kreativere und intellektuell redlichere Künstler erfordern.

Stattdessen bedient sich der Film, der Sympathie für die Amerikaner künstlich erzeugen und sie als Helden darstellen will, wenig überzeugender Konstruktionen. Zunächst spielt die Religion eine Rolle. Ziemlich am Anfang des Films beichtet der junge Leutnant Jack Geoghegan (Chris Klein) gegenüber Moore, dass er einige Bedenken hinsichtlich des Krieges hat. Erst kurz zuvor hatte Jacks Ehefrau Barbara (Keri Russell) ein Kind geboren, und Jack äußert die Sorge, dass er in der kommenden Schlacht andere Kinder zu Waisen machen könnte. Seine Zweifel werden nicht beantwortet, sondern von Moores Gebet übertönt, in dem er Gott in dessen "unendlicher Weisheit" bittet, die jungen amerikanischen Soldaten zu beschützen, aber "die heidnischen Gebete unserer Feinde zu ignorieren und uns diese kleinen Bastarde in die Hölle schicken zu lassen".

Das ist nur das grellste Beispiel für die Art von Religiosität, die sich durch den ganzen Film zieht und der Schlacht fast die Aura eines Kreuzzugs gibt. Da gibt es Gebete für die Toten und Gebete für die noch Lebenden, Gebete dass Seelen in den Himmel kommen und Gebete dass andere Seelen heil wieder nachhause kommen. Die Vorstellung eines angeblich unendlich weisen und gerechten Gottes, der ein solch sinnloses Gemetzel absegnet, ist wohl etwas unlogisch, um es milde auszudrücken. Doch wie dem auch sei, am Ende sind es nicht die Gebete, die entscheiden, sondern die überwältigende Feuerkraft des amerikanischen Militärs, die es ihm erlaubt, einen zahlenmäßig weit überlegenen Feind zu besiegen (die Amerikaner stehen einer fünffachen Anzahl von Gegnern gegenüber).

Das andere große Thema des Films ist die Einheit des amerikanischen Militärs - seine Ehre, Tapferkeit usw. sind bereits erwähnt worden. Die Armee erscheint als die Zuflucht vor einer gespaltenen Gesellschaft, ein Platz, wo alle Männer gleich, alle Männer Brüder sind. (Hier ist das Geschlecht von Bedeutung. Der Film etabliert die klare Ungleichheit zwischen den Geschlechtern: der Mann als Soldat, die Frau als hingebungsvolle Mutter und Haushälterin.) In einer Szene versammeln sich die Ehefrauen, und es zeigt sich - zur allgemeinen Überraschung und Entrüstung -, dass die einzige schwarze Frau unter ihnen in den Südstaaten der sechziger Jahre nicht gleich behandelt wird. Die schwarze Frau sagt, dass sie damit leben kann, weil sie weiß, wofür ihr Mann kämpft. Wir werden nicht in das Geheimnis eingeweiht, was damit gemeint ist.

Die Idee, dass das amerikanische Militär eine Art Insel der Brüderlichkeit und der Gleichheit sein soll, ist eine klare Fälschung. Die Diskriminierung von Schwarzen während des Vietnamkriegs war enorm. Und dies kam zu den traditionellen Klassenunterschieden noch hinzu, die den einfachen Infanteristen von jeher vom Offizier getrennt hatten. Sie ist nichtsdestotrotz eine nützliche Fälschung für die amerikanische herrschende Klasse und wird von verschiedenen Historikern wie Stephen Ambrose und anderen verbreitet.

Letztendlich rechtfertigt der Film den Krieg, dessen offensichtliche Brutalität er zeigt. In gewissen Kreisen sieht man We Were Soldiers als wichtigen Schritt zur Beendigung des "Vietnam-Syndroms" - der Abneigung der amerikanischen Bevölkerung, amerikanische Verluste zu akzeptieren. Menschen sterben, aber so ist es eben im Krieg. Die Armee hat sich tapfer und ehrenhaft verhalten. Die Wahrheit über die Brutalität und Unmenschlichkeit einer der aggressivsten und kriminellsten Demonstrationen amerikanischer Hegemonialmacht wird einfach unter den Teppich gekehrt.

Brendan Miniter, ein stellvertretender Herausgeber des Wall Street Journal, schrieb in einem Artikel mit dem Titel "Wir waren Soldaten, nicht Babymörder", dass der Film "die meisten Klischees über Vietnam zerstört, die von Hollywood in den letzten Jahren geschaffen worden sind. Die Soldaten kritisieren niemals den Krieg oder fragen, warum sie kämpfen. Manche sind sogar glücklich, dort zu sein - der erste gefallene Amerikaner sagt im Sterben:,Ich bin froh, für mein Land sterben zu dürfen.'... Sie sind gottesfürchtig, hingebungsvolle Ehemänner, die mit Mut und Ehre kämpfen.... Sogar die Ehefrauen stellen den Krieg nicht in Frage. Als sie Telegramme mit der Mitteilung erhalten, dass ihre Männer tot sind, fragen sie nicht,Warum sind wir im Krieg?' Stattdessen sagen sie, wir wussten alle, dass das passieren konnte und wir akzeptieren es." Miniter und der Rest der herrschenden Klasse hoffen, dass solche Filme den Zuschauern helfen, "es" auch in Zukunft zu akzeptieren - eigene Verluste und brutale Kriege.

Siehe auch:
Falsch und unwirklich: Pearl Harbour (Filmkritik)
(20. Juni 2001)
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