Sri Lanka soll fester Bestandteil der US-Militärpläne der Region werden

Im Rahmen ihrer Bemühungen, die militärische Präsenz der Vereinigten Staaten auf dem indischen Subkontinent weiter auszubauen, will die Bush-Regierung im kommenden Monat ein Verteidigungsabkommen mit Sri Lanka unterzeichnen, das den US-Streitkräften weiträumigen Zugang zu den Häfen, den Flugplätzen und dem Luftraum der Insel ermöglicht. Dieses Abkommen, das sogenannte Acquisition and Cross Servicing Agreement (ACSA) ist das erste seiner Art, das seit der Unabhängigkeit des Landes 1948 von einer srilankischen Regierung mit einer westlichen Großmacht getroffen wird.

Die Verhandlungen fanden im Geheimen statt und keine Einzelheiten wurden offiziell bekannt gegeben. Die US-Botschaft in Sri Lanka kommentierte das Abkommen erst, nachdem die Wochenzeitung Sunday Times in Colombo Informationen über das Abkommen hatte durchsickern lassen. In einer kurzen Erklärung der Botschaft heißt es, dass beide Partner die Möglichkeit haben "Dienstleistungen, Reparaturservice, Ersatzteile und Ausrüstung der anderen Seite gegen Bezahlung oder im Tausch gegen identische oder gleichwertige Güter in Anspruch zu nehmen". Als Gegenleistung für das Wiederauftanken von US-Kriegsschiffen können die srilankischen Streitkräfte somit Geld, Ersatzteile oder Ausrüstung einfordern.

Laut der Sunday Times enthält das Abkommen aber noch zusätzliche Vereinbarungen. Die Vereinigten Staaten werden militärische Ausbildung sowie Ausrüstung und Ersatzteile zur Verfügung stellen. Wie es in dem Zeitungsartikel heißt: "Bei der Ausbildung, die gemeinsame Übungen mit den US-Streitkräften vorsieht, geht es in erster Linie um Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus und ähnliche Aktivitäten... Weder die Regierung in Colombo noch die Bush-Regierung sind bereit, zu bestätigen, dass zwei Seeüberwachungsflugzeuge und ein Patrouillenschiff eingesetzt werden sollen, um das Meer östlich von Sri Lanka strenger zu überwachen."

Obwohl das Abkommen noch nicht unterzeichnet ist, legen amerikanische Kriegsschiffe bereits am Hafen von Colombo an, um wiederaufzutanken und den Marinesoldaten Landurlaub zu gewähren. Als erstes Marineschiff seit acht Jahren hat die USS Hopper im April im Hafen von Colombo angelegt.

Um Gegner einer aggressiven US-Interventionspolitik in der Region nicht auf die Barrikaden zu rufen, versuchen die amerikanische und srilankische Regierung, die Bedeutung des Abkommens herunterzuspielen. Sprecher beider Länder beschrieben das Abkommen als "Routine" - es unterscheide sich nicht von den Abkommen, die die Vereinigten Staaten mit weiteren 56 Ländern getroffen haben. Der Sprecher der amerikanischen Botschaft Stephen Holgate erklärte: "Sicherlich bedeutet die Unterzeichnung eines Abkommens ein bestimmtes Maß an Kooperation und Nähe, aber ein Quantensprung ist es nicht."

Das Verteidigungsabkommen wird allerdings weitreichende Folgen haben. Zunächst wird es die Position von Premierminister Ranil Wickremesinghe in den Verhandlungen mit den separatistischen Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) stärken, die im nächsten Monat in Thailand beginnen sollen. Nachdem im Februar ein Waffenstillstand vereinbart wurde, soll in diesen Gesprächen eine Lösung für den brutalen 19jährigen Bürgerkrieg in Sri Lanka ausgearbeitet werden. Mit dem Verteidigungsabkommen hat Wickremesinghe, der bereits unter starkem Beschuss singhalesischer chauvinistischer Organisationen steht, ein Faustpfand, um die LTTE zu Zugeständnissen zu bewegen.

Die Gefahr ist ganz offensichtlich: Wenn die LTTE den Vorschlägen nicht zustimmt, erhalten die srilankischen Streitkräfte in erneuten Kämpfen entscheidende Unterstützung durch die USA. Die Ausbildung zur Bekämpfung von Terrorismus und Überwachung der Meeresgebiete östlich von Sri Lanka ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung: Die herrschende Elite in Colombo bezeichnet die LTTE und ihre Operationen als "terroristisch" und die "Meeresgebiete östlich von Sri Lanka" sind eine der Hauptrouten, die die LTTE-Boote für den Waffenschmuggel verwenden. US-Einsätze in diesen Gebieten würden die Militäroperationen der srilankischen Regierung gegen die LTTE direkt unterstützen.

Den USA wiederum bietet das Verteidigungsabkommen mit Sri Lanka Zugang zu militärischen Einrichtungen auf einer Insel, die strategisch in zweierlei Hinsicht günstig liegt. Sie bietet sowohl Nähe zum indischen Subkontinent als auch zur weitläufigen Region des Indischen Ozean vom Nahen Osten bis Südostasien. Bushs "globaler Krieg gegen den Terrorismus" war der Vorwand für die Invasion in Afghanistan, die Errichtung militärischer Stützpunkte in Zentralasien und die Verstärkung der militärischen Beziehungen mit einer Reihe von Ländern wie auch Indien. Das jetzige Abkommen mit der Regierung in Colombo soll Sri Lanka nun in die umfassenderen strategischen Pläne der Vereinigten Staaten integrieren.

In der vergangenen Woche hat der US-Botschafter in Sri Lanka Ashley Wills indirekt die Bedeutung der strategische Lage Sri Lankas für die USA hervorgehoben. Er sagte vor einer Gruppe von Wissenschaftlern, Diplomaten und Journalisten in Washington, dass "diese 19-Millionen-Nation aufgrund ihres Standorts, ihrer Talente und der ‚unternehmerischen Einstellung' ihrer Bürger auf dem Weg ist, das Singapur Südasiens zu werden und wirtschaftlich aufzublühen".

Verhandlungen hinter verschlossenen Türen

Laut Berichten in der Sunday Times wurde das Verteidigungsabkommen im April in Gesprächen mit einem aus Vertretern des US-Militärs und Anwälten bestehenden 4-Personen-Team in Colombo ausgearbeitet. Erste Vorbereitungen waren bereits im März getroffen worden, als ein hochkarätiges Team amerikanischer Regierungsvertreter Sri Lanka einen Besuch abstattete. Geleitet wurde das Team von der Stellvertretenden Ministerin für Angelegenheiten Südasiens Christina Rocca, und auch der US-Brigadegeneral Timothy Ghormely, Kommandant der US-Marine-Expeditionsbrigade, war mit von der Partie. Das Team traf mit Premierminister Wickremesinghe, Verteidigungsminister Tilak Marapana und der obersten Militärelite im Militärlager Palaly im kriegsgeschüttelten Norden zusammen.

General Ghormely besuchte auch Trincomalee, einen der wichtigsten Häfen an der Ostküste Sri Lankas. Der Tiefwasser-Hafen wurde einst von der britischen Armee als wichtiger Marinestützpunkt angelegt. Nach der Unabhängigkeit Sri Lankas im Jahre 1948 blieb der Hafen bis 1956 weiterhin zugänglich. Amerikanische Ölfirmen haben bereits mehrfach Interesse an einer großen Ölspeicheranlage an der in der Nähe von Trincomalee gelegenen Bucht China Bay angemeldet. Die Anlage war im Zweiten Weltkrieg von den Briten erbaut worden.

Die strategische Lage Sri Lankas macht das eventuelle Leasing der Ölspeicheranlage zu einem höchst kontroversen Thema. Ende der 80er Jahre hatte Sri Lanka aufgrund von Protesten der indischen Regierung das Vorhaben aufgegeben, den Vereinigten Staaten die Nutzung der Ölspeicheranlage zu erlauben. Im Moment verhandelt die srilankische Regierung mit der Indian Oil Corporation, einige der Öltanks in der China Bay an die Firma zu leasen. Sie soll auch die Erlaubnis erhalten "eigene Sicherheitsvorkehrungen" zum Schutz der Einrichtungen zu treffen. Indien hat sich bereit erklärt, amerikanischen Firmen die Nutzung anderer Öltanks zu erlauben, sollten diese Interesse zeigen.

In den vergangenen fünfzehn Jahre haben die verschiedenen srilankischen Regierungen Beziehungen zu den USA aufgebaut, um sich als Gegenleistung deren Unterstützung für den Krieg gegen die LTTE zu sichern. Anfang der 80er Jahre erlaubte die Regierung in Colombo die Stationierung des Radiosenders Voice of America in Iranawila an der Westküste Sri Lankas, um Propaganda nach China, Burma und Nordkorea auszusenden. Kritiker in Indien betonten, dass diese Einrichtung in Wirklichkeit militärischen Kommunikationszwecken dienen würde.

Seit beinahe zwanzig Jahren helfen die Vereinigten Staaten das srilankische Militär auszubilden und auszurüsten. Seit 1994 führen Sondereinheiten der amerikanischen Streitkräfte die Ausbildung kleiner Armeeeinheiten durch. Die USA haben Minensuchgeräte zur Verfügung gestellt und insbesondere 1999 und 2000, nachdem die LTTE dem srilankischen Militär katastrophale Niederlagen beigebracht hatte, gab es Informationsaustausch zwischen den Geheimdiensten. Diese bisher begrenzte militärische Zusammenarbeit soll mit dem geplanten Verteidigungsabkommen entscheidend vorangetrieben werden.

Verschiedene singhalesische chauvinistische Gruppierungen haben das Abkommen sofort begrüßt und erkannten, dass dieser Vorstoß das srilankische Militär stärken werde. In einem Artikel der Tageszeitung Island, der auf den Verlust des strategisch wichtigen Militärstützpunkts Elephant Pass im Jahre 2000 an die LTTE eingeht, heißt es: "Wenn die Länder der Region [damit ist Indien gemeint] nicht in der Lage sind, uns militärische Unterstützung zuteil werden zu lassen... müssen wir die Freiheit haben, Vereinbarungen mit anderen Ländern zu treffen, die bereit sind uns zu helfen... Bei der Unterzeichnung des Abkommens mit den USA sollte man nicht zögern, denn das Abkommen ist gänzlich in unserem nationalen Interesse."

Joseph Pararajasingham, langjähriges Parlamentsmitglied für die Tamil National Alliance (eine Koalition tamilischer bürgerlicher Parteien) äußerte die Befürchtung, dass das Verteidigungsabkommen sich gegen die LTTE richtet. Er sagte gegenüber dem Leiter des Politik-Ressorts der US-Botschaft in Colombo Joseph Novak, dass die Tamilen dem Abkommen "sehr besorgt und argwöhnisch" gegenüber stünden. Man befürchte, das Abkommen könne "als Mittel dienen, um den Krieg des srilankischen Militärs gegen die LTTE zu unterstützen. Eine Unterzeichnung des Abkommens würde bedeuten, die mehrheitliche Bevölkerungsgruppe der Singhalesen dabei zu unterstützen, die Diskriminierung und Unterwerfung der tamilischen Bevölkerung fortzusetzen".

Die LTTE selbst hat jedoch keine Einwände erhoben. LTTE-Führer Thamilchelvan sagte gegenüber der Sunday Times : "Wir sind eine Gruppe von Freiheitskämpfern, die für die Souveränität und Einheit der tamilischen Nation kämpfen. Die Souveränität Sri Lankas gegenüber anderen Ländern, in diesem Fall der USA, ist eine Angelegenheit des srilankischen Staates." Die Erklärung zeigt wieder einmal auf, dass die LTTE weit davon entfernt ist, gegen imperialistische Machenschaften in Sri Lanka aufzutreten und das Ziel verfolgt, selbst eine Beziehung zu den Großmächten aufzubauen.

Die oppositionelle Volksallianz (PA) hat sich völlig in Schweigen gehüllt. Nach den Terroranschlägen in den USA vom 11. September hatte die srilankische Präsidentin Chandrika Kumaratunga, Vorsitzende der Sri Lanka Freedom Party (SLFP), der Regierung in Washington umgehend den vollständigen Zugang zu den Häfen, Flugplätzen und anderen Einrichtungen des Landes zugesagt. Sie hat jeglichen Kommentar zum anstehenden Abkommen vermieden und diesem Beispiel folgten auch ihre Verbündeten in der Volksallianz - die Lanka Sama Samaja Party (LSSP) und die Kommunistische Partei von Sri Lanka (CP).

Das Verteidigungsabkommen mit den USA hat jedoch schwerwiegende Folgen für die Arbeiterklasse. Gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem die Bush-Regierung aggressiv auf dem indischen Subkontinent interveniert und dabei höchst explosive Folgen in Kauf nimmt, schließt die Regierung unter Premierminister Wickremesinghe Sri Lanka mit dem US-Militär zusammen.

Siehe auch:
Eine sozialistische Strategie gegen Krieg auf dem indischen Subkontinent
(6. Juni 2002)
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