Flugblatt

Gegen einen Krieg der USA gegen den Irak! Baut eine internationale Bewegung gegen den Imperialismus auf!

Die World Socialist Website verurteilt die Kriegsvorbereitungen der USA gegen den Irak und ruft die gesamte arbeitende Bevölkerung, die Jugend und alle Gegner des Militarismus in Amerika und der ganzen Welt dazu auf, eine Bewegung gegen den imperialistischen Krieg ins Leben zu rufen, die sich gegen Bush, gegen die Demokratische Partei, und gegen sämtliche Vertreter der wirtschaftlichen und politischen Elite der USA richtet.

Der amerikanische Imperialismus drängt fieberhaft in einen globalen Krieg. Um eine derart einschneidende historische Entwicklung richtig einzuschätzen, muss man die Dinge beim Namen nennen und darf sich nicht von der Propagandaflut blenden oder überwältigen lassen, wie sie vom Weißen Haus, dem Pentagon und dem Kongress verbreitet und von den amerikanischen Medien verstärkt wird.

Was Bush will und was der Kongress absegnen möchte, ist ein Raubkrieg der mächtigsten Nation gegen eine der schwächsten Nationen der Welt. Der Irak, der über die zweitgrößten Ölvorkommen aller Länder verfügt, ist eine reiche Beute für ExxonMobil, ChevronTexaco und die übrigen amerikanischen Konzerne. Der "Regimewechsel", von dem Bush spricht, bedeutet die Ersetzung eines unabhängigen Irak durch einen halbkolonialen Staat, an dessen Spitze eine amerikanische Marionette steht, die amerikanischen und britischen Interessen die faktische Kontrolle über die Ressourcen des Landes einräumt - nach dem Vorbild von Hamid Karsai, dem von den USA eingesetzten Präsidenten Afghanistans.

Der Irak kann gar nicht zu einer bedeutenden strategischen Bedrohung für die USA werden, ganz egal, mit welchen Schimpfworten man Saddam Hussein bewirft. Die apokalyptischen Warnungen von Bush, Vizepräsident Cheney und anderen Vertretern der Regierung - die Behauptung, ein irakischer Angriff auf die Vereinigten Staaten mit chemischen, biologischen und nuklearen Waffen stünde unmittelbar bevor - sind ein zynischer Versuch, die öffentliche Meinung in den USA aufzuhetzen. Bush, Cheney und Konsorten wissen genau, dass es Lügen sind. Sie wissen aber auch, dass die korrupten amerikanischen Medien und die Demokratische Partei ihnen nicht widersprechen werden.

Der Krieg gegen den Irak ist die Vorbereitung auf weitere, blutigere Konflikte, die Tod und Vernichtung in bislang unbekanntem Ausmaß mit sich bringen werden. In einem kürzlich erschienenen Kommentar der Washington Post warnte der ehemalige nationale Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski davor, dass ein Präventivschlag gegen den Irak das gesamte Geflecht der internationalen Beziehungen zutiefst destabilisieren würde. Die Feinde der USA, warnte er, würden diese als "globalen Gangster" bezeichnen. Dieser Begriff ist, wohl ungewollt, recht bezeichnend: die Bush-Regierung bereitet etwas vor, das auf der ganzen Welt als Verbrechen aufgefasst wird.

Aggression nach dem Muster der Nazis

Die US-Regierung betreibt ein Programm der militärischen Gewalt und der politischen Provokation, wie es die Welt seit den Nazis nicht mehr gesehen hat. Dieser Vergleich ist weder weit hergeholt noch rhetorisch. Indem sie öffentlich die Doktrin des Präventivschlags vertreten - mit anderen Worten, einen Angriffskrieg, der nur notdürftig mit Selbstverteidigung begründet wird - bereiten Bush & Co. ein Verbrechen vor, für das die Führer Nazideutschlands und des japanischen Reichs nach dem Zweiten Weltkrieg in erster Linie vor Gericht gestellt, für schuldig befunden und hingerichtet wurden.

Die Vertreter der Bush-Regierung wissen wohl selbst, dass sie nach dem Präzedenzfall der Nürnberger Prozesse angeklagt werden könnten. Die Nazis hatten sich eines Aggressionskriegs im Sinne der Anklage schuldig gemacht, weil sie ohne Not in der Tschechoslowakei, Polen, Dänemark, den Niederlanden und anderen Nachbarländern einmarschiert waren. Hier liegt der Grund, weshalb die USA unbedingt ihr militärisches und außenpolitisches Personal von der Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofs ausnehmen wollen, der von den UN eingerichtet wurde, um bei möglichen Kriegsverbrechen zu ermitteln.

Die New York Times meldete am 7. September in einem interessanten Artikel: "Die Bush-Regierung betont nun verstärkt, dass Amerikaner von der Rechtsprechung des Internationalen Strafgerichtshofs ausgenommen werden sollten. Sie erklärt ihren europäischen Verbündeten, dass auf diese Weise vor allem die Führungsspitzen des Landes davor bewahrt werden sollen, auf Vorwürfe von Kriegsverbrechen hin angeklagt, verhaftet oder vor dieses Gericht gestellt zu werden."

Die Vertreter der US-Regierung verwiesen auf die Klagen gegen den ehemaligen Außenminister Henry Kissinger vor amerikanischen und chilenischen Gerichten. Diese werfen ihm Verantwortung für die Massenmorde vor, die im Zusammenhang mit dem Militärputsch in Chile 1973 verübt wurden. Dieser Putsch brachte mit Unterstützung der CIA die Diktatur von General Augusto Pinochet an die Macht. Ein hoher Regierungsvertreter erklärte gegenüber der New York Times, es gehe der Regierung nicht um amerikanische Soldaten, die eventuell Gräueltaten begehen könnten ("die künftigen Leutnant Calleys"), sondern um mögliche Verfahren wegen Kriegsverbrechen "gegen die Spitzen des Staates - Präsident Bush, Minister Rumsfeld, Minister Powell".

Mit ihrem Versuch, den Irak als tödliche Bedrohung darzustellen, ahmt die Bush-Regierung die Lügentechniken von Hitler und Goebbels nach. Diese Kampagne ist nur möglich, weil die Öffentlichkeit die einfachsten Tatsachen nicht kennt. Der Irak ist ein verarmtes Land, das bereits von dem amerikanischen Angriff vor zehn Jahren verwüstet wurde. Er kann gar keine Gefahr für die USA darstellen, die größte Militärmacht der Welt.

Von seiner Bevölkerungszahl steht der Irak an 45. Stelle im internationalen Vergleich, von seiner Fläche her nur an 56. Stelle. Mit beiden Größen liegt er noch hinter Afghanistan. Betrachtet man die Wirtschaftskraft, so ist der Unterschied zwischen dem Irak und den USA ungeheuerlich. Der Irak hatte im Jahr 2000 ein Bruttoinlandsprodukt von 57 Milliarden Dollar - weniger als das Privatvermögen eines einzigen Amerikaners, nämlich Bill Gates. Die US-Wirtschaft hingegen brachte es auf 11 Billionen Dollar und ist damit 200 Mal so groß wie diejenige des Irak, dessen Wirtschaftsleistung etwas geringer ist als diejenige von Burma und Sri Lanka und nur geringfügig höher als diejenige von Guatemala und Kenia.

In militärischer Hinsicht ist die Kluft noch größer. Im Golfkrieg von 1991 wurden Zehntausende irakische Wehrpflichtige von den Bomben, Raketen und anderen High-Tech-Waffen der USA getötet, während auf amerikanischer Seite nur einige Hundert Soldaten starben. In den zehn Jahren, die seither vergangen sind, wurde der Irak mit einer Wirtschaftsblockade belegt und wiederholt bombardiert. Das irakische Militär ist gegenüber 1990 um ein Drittel verkleinert worden. Das Pentagon hingegen hat derart aufgerüstet, dass der Militärhaushalt der USA heute größer ist als die Militärausgaben der nachfolgenden 25 Länder der Welt.

Der Klassencharakter des Krieges

Der grundlegende Charakter eines Krieges wird vom Klassencharakter und der historischen Stellung der beteiligten Staaten bestimmt. Die USA sind das mächtigste imperialistische Land der Welt und streben nach der Beherrschung der Welt. Ihr bevorstehender Angriff auf den Irak ist der Höhepunkt eines immer rücksichtsloseren und aggressiveren Verhaltens über zwei Jahrzehnte hinweg. In dieser Zeit haben amerikanische Truppen mehr als ein Dutzend Länder bombardiert, angegriffen, besetzt oder in ihnen bewaffnete Subversion organisiert. Betroffen waren Nicaragua, Panama, Grenada, Haiti, Somalia, Sudan, Libyen, Libanon, Irak, Iran, Afghanistan und die verschiedenen Staaten und Überreste des früheren Jugoslawiens.

Die Wurzeln des Staates Irak liegen in kolonialer Unterdrückung. Er wurde Jahrzehnte lang von Großbritannien regiert, das sein Gebiet aus dem zerfallenden Osmanischen Reich herausgeschnitten hatte. Seit den späten fünfziger Jahren, mit dem Sturz des letzten von Großbritannien eingesetzten Monarchen, wird das Land von bürgerlich-nationalistischen Regimes regiert, die sich auf das Militär stützen. Während des Kalten Krieges versuchten sie, zwischen den USA und der Sowjetunion zu balancieren.

Nach der iranischen Revolution von 1979, die den Schah als bislang wichtigsten Verbündeten der USA am ölreichen Persischen Golf stürzte, bot sich der irakische Präsident Saddam Hussein als möglicher Ersatz an. Sein Einmarsch im Iran 1980 wurde von Washington begeistert begrüßt. Die USA stellten enge Verbindungen zu Bagdad her, gaben ihre Opposition gegen Waffenverkäufe an das Regime auf und belieferten das irakische Militär mit Satellitenaufnahmen von iranischen Truppenbewegungen.

Wenn die Bush-Regierung heute als Kriegsgrund anführt, dass der Irak Chemiewaffen besitzt, so verschweigt sie die Herkunft dieser Waffen. Die Reagan-Regierung hatte den Irak beim Erwerb und Einsatz dieser Waffen unterstützt, um einen Sieg des Iran zu verhindern. Die USA gaben sogar geheimdienstliche Erkenntnisse weiter, die dann benutzt wurden, um Tausende iranische Soldaten mit Senfgas anzugreifen.

Vertreter der Regierung führen als eines der Verbrechen Saddam Husseins an, dass er einen Krieg mit Iran angezettelt habe, der eine Million Menschenleben kostete. Sie wissen ganz genau, dass die US-Regierung für dieses Verbrechen ein hohes Maß an Mitverantwortung trägt. Dies gilt beispielsweise für den gegenwärtigen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der damals Reagans Sondergesandter im Nahen Osten war und Hussein ermutigte, so viele iranische Jugendliche wie möglich abzuschlachten.

Erst im Jahr 1990, mit dem Einmarsch in Kuwait, geriet der irakische Führer in Konflikt mit den USA. Nun begannen die amerikanische Regierung und die Medien eine Verteufelungskampagne, wie sie schon oft angewandt wurde, um die Freunde von gestern in die Feinde von heute zu verwandeln. Ebenso erging es Manuel Noriega in Panama, Mohammed Aidid in Somalia, Slobodan Milosevic in Jugoslawien und selbst Osama bin Laden (gestern "Freiheitskämpfer" gegen die Sowjetunion, heute Erzterrorist). Hussein wurde nun als das Ungeheuer von Bagdad dargestellt, als der neue Hitler, der den gesamten Persischen Golf überrennen und damit die Kontrolle der USA über die dortigen Ölvorkommen bedrohen könnte.

Zwölf Jahre nach der weitgehenden Vernichtung des irakischen Militärapparats kann das Weiße Haus nicht länger so tun, als ob Saddam Hussein versuche, die Nachbarstaaten des Irak gewaltsam zu erobern. Nach den Anschlägen vom 11. September erdachte die Bush-Administration stattdessen einen neuen Kriegsgrund, auf den bislang noch niemand gekommen war - die Möglichkeit eines Bündnisses zwischen dem säkularen irakischen Regime und den islamischen Fundamentalisten von der al-Qaida, die wiederholt Husseins Sturz gefordert haben.

Worin bestehen die wirklichen Kriegsziele Washingtons?

* Erstens: die militärische Besetzung des Irak und die Eroberung seiner Ölvorkommen

Dies wäre von riesigem Vorteil für die Energiemonopole, die einen enormen Einfluss auf die US-Außenpolitik im Allgemeinen ausüben und die Bush-Regierung im Besonderen dominieren. Die Kontrolle über Ölressourcen bringt nicht nur wirtschaftlichen Nutzen, sondern bietet auch enorme politische und strategische Einflussmöglichkeiten. Indem sie sich das irakische Öl unter den Nagel reißen, stärken die USA ihre Position gegenüber ihren nominellen Verbündeten in Europa und Asien, die in hohem Maße von Ölexporten des Persischen Golfs abhängen, und auch gegenüber Russland, China und weiteren Regierungen im gesamten Nahen und Mittleren Osten sowie in Nordafrika. Nachdem die USA durch den Krieg in Afghanistan politisch und militärisch Fuß in Zentralasien gefasst haben, kann ihre herrschende Elite durch die Eroberung des Irak eine unbestrittene Vormachtstellung in den beiden wichtigsten ölproduzierenden Regionen der Welt erlangen.

* Zweitens: die weltweite Ausdehnung der militärischen Macht der USA

Ein Protektorat der USA in Irak wäre der Ausgangspunkt für weitere Kriege in der Region und darüber hinaus. Das erste Ziel könnte der ölreiche Nachbar des Irak sein, der Iran. Innerhalb des politischen Establishments wird eine aktive Kampagne für eine künftige Militäraktion gegen Saudi Arabien geführt. Auch der Sudan, Jemen, Libyen und Syrien wurden als potenzielle Ziele benannt. In nahezu jedem Land zwischen dem Mittelmeer und dem Tienschan-Gebirge, das die Grenze zwischen dem ehemaligen Sowjetgebiet in Zentralasien und China darstellt, sind inzwischen amerikanische Soldaten und Kampfflugzeuge stationiert. Es steht außer Zweifel, dass der Angriff auf den Irak in den politischen und militärischen Kreisen der USA als Vorspiel zu künftigen Kriegen gegen Russland und China aufgefasst wird. Da beide Länder Atommächte sind, lassen sich die Folgen gar nicht absehen.

* Drittens: die Aufrechterhaltung der innenpolitischen Kontrolle

Vor dem Hintergrund zunehmender sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit und verbreiteter Unzufriedenheit über das politische System versucht die herrschende Elite ihre ideologische und politische Kontrolle aufrechtzuerhalten, indem sie die Bevölkerung in die Irre führt und deren Unmut in einen "Krieg gegen den Terrorismus" lenkt. Der Krieg wird zu einem entscheidenden Mittel für die Aufrechterhaltung der inneren Stabilität. Im Namen der nationalen Sicherheit und der Erfordernisse des Krieges führt die Regierung ständige Angriffe auf demokratische Rechte und schafft so die Grundlagen für einen autoritären Staat, der wie eine Militärgarnison geführt wird.

Was wird das Ergebnis sein? Selbst wenn man von einem raschen militärischen Sieg der USA ausgeht, liegt auf der Hand, dass die Regierung im Interesse dieses Ziels bereit ist, nicht nur das Leben von Amerikanern zu opfern, sondern auch zahllose Irakis zu töten. Eine Regierung, die so etwas tut, würde das amerikanische Volk in ein Verbrechen unerhörten Ausmaßes verwickeln, in eines der schlimmsten Gräuel der modernen Geschichte.

Um das irakische Regime zu stürzen und eine Marionettenregierung einzusetzen, werden den USA selbst die brutalen Bombardierungen in der Größenordnung des ersten Golfkriegs nicht ausreichen. Die amerikanischen Militärplaner bereiten die Zerstörung Bagdads und jeder anderen Großstadt vor, wobei sie Flächenbombardierungen mit innerstädtischer Kriegsführung gegen Soldaten und Zivilisten gleichermaßen verbinden. Die Zahl der Toten kann mehrere Zehn- oder sogar mehrere Hunderttausend erreichen.

Auch der Gedanke an den Einsatz von Atomwaffen durch die USA ist nicht weit hergeholt. Neue Richtlinien der USA für die Entwicklung und den Einsatz solcher Waffen, die im letzten März der Presse zugespielt wurden, beinhalten ein Szenario, wonach in einem Krieg gegen den Irak, der zu irakischen Raketenangriffen auf Israel führt, Atomwaffen eingesetzt werden.

Darüber hinaus werden die amerikanischen Eroberungskriege nicht beim Irak Halt machen. Wer den Krieg in Afghanistan unterstützt hat und nun den Krieg gegen den Irak gutheißt, muss auch die Verantwortung für künftige US-Militäraktionen übernehmen. Solche Kriege werden im Pentagon bereits aktiv vorbereitet. Die jüngste Militärübung der USA, die im vergangenen Monat stattfand, war ein Kriegsspiel, bei dem ein amerikanischer Einmarsch im Iran im Jahr 2007 geprobt wurde.

Eine Scheindebatte

Das Treffen zwischen Präsident Bush und einer Gruppe führender Kongressabgeordneter, das am 4. September im Weißen Haus stattfand, war der Beginn einer konzentrierten Propaganda-Offensive, mit der ein Einmarsch der USA und die militärische Besetzung des Irak vorbereitet werden soll. Bush lässt nur deshalb eine Abstimmung des Kongresses über die Militäraktion gegen den Irak zu, weil er im Voraus sicher ist, dass er von beiden Parteien genügend Stimmen für die Verabschiedung einer Kriegsresolution erhalten wird.

Die sogenannte Debatte findet in einer Situation statt, in der führende Demokraten - von dem Präsidentschaftskandidaten des Jahres 2000, Al Gore, bis hin zum Führer der Demokraten im Repräsentantenhaus, Dick Gephardt - bereits ihre Unterstützung für ein militärisches Vorgehen gegen den Irak erklärt haben. Kein einziger Senator oder Kongressabgeordneter hat die Grundlage von Bushs Kriegspolitik in Frage gestellt - dass die USA das Recht hätten, im Irak einzumarschieren und dessen Regierung zu stürzen.

Die Voraussetzungen für eine wirklich demokratische Debatte - offene und ehrliche Information, Beteiligung der Öffentlichkeit, gegensätzliche Standpunkte - sind in der heutigen Diskussion nicht gegeben. Bush und seine Kritiker innerhalb des politischen Establishments bewegen sich im selben Rahmen: Saddam Hussein ist ein Monster, der Irak bedroht die USA, die USA stehen für Frieden und Demokratie im Nahen Osten, amerikanische Militäraktionen dienen niemals räuberischen Zielen, sondern nur der Selbstverteidigung, usw.

Diese Aussagen halten in Wirklichkeit keiner ernsthaften Untersuchung stand.

Saddam Hussein entwickelt Massenvernichtungswaffen - Wie wir gesehen haben, hat er diese ursprünglich in seiner Rolle als Verbündeter und Werkzeug der amerikanischen Außenpolitik gegen den Irak erhalten und eingesetzt. Der größte Teil dieser Waffen wurde in den neunziger Jahren im Rahmen der UN-Sanktionen vernichtet. Ehemalige Waffeninspektoren der UN, Scott Ritter und Richard Butler, weisen die Behauptung, dass der Irak seine Fähigkeit zum umfangreichen Einsatz dieser Waffen wiedererlangt habe, kategorisch zurück. Folgen diese Falschmeldungen demselben Muster wie früher - bei dem berüchtigten Vorfall im Golf von Tonkin, der den Vorwand für die US-Intervention in Vietnam abgab - dann werden in einigen Jahren, wenn der Krieg gegen den Irak längst vorbei ist, in den amerikanischen Medien Kurzmeldungen erscheinen, dass es im Irak niemals Massenvernichtungswaffen gegeben hat und dass die entsprechenden Behauptungen von A bis Z erlogen waren, um einen Kriegsvorwand zu liefern.

Es ist bemerkenswert, dass nur die amerikanische und die britische Regierung vorgeben, an das Schreckgespenst von Saddam Husseins Arsenal nuklearer, biologischer und chemischer Waffen zu glauben. Keine andere Regierung in Europa schenkt den Behauptungen Glauben, dass der Irak eine Bedrohung darstelle. Das gleiche gilt für die Länder des Nahen Ostens, mit Ausnahme Israels, das selbst an der Zerstörung eines arabischen Landes interessiert ist.

Selbst wenn es wahr wäre, dass der Irak immer noch einige von den UN verbotene Waffen besäße, müsste man fragen, seit wann der bloße Besitz solcher Waffensysteme einen hinreichenden Grund für eine Invasion abgibt. Bekanntlich haben sich seit dem Zweiten Weltkrieg im Gefolge der USA Russland, China, Großbritannien, Frankreich, Indien, Pakistan und Israel in den Besitz von Nuklearwaffen gebracht. Dutzende Länder verfügen über die Fähigkeit, innerhalb weniger Monate biologische und chemische Waffen herzustellen. Doch während dieser gesamten vergangenen Periode ist keine amerikanische Regierung deshalb je in einen Krieg gezogen. Vielmehr bestand die Politik der USA in diplomatischen Verhandlungen über Rüstungskontrolle. Auf diese Weise kam es zu Abkommen über die Beschränkung der Entwicklung atomarer Waffen, über den Abbau von Waffenkapazitäten und über das direkte Verbot von Atomtests und Experimenten mit biologischer Kriegsführung.

Saddam Hussein verfügt nicht über die Fähigkeit, die USA direkt anzugreifen, und über keinen Grund, entsprechende Waffen an Terroristen zu liefern, die seine politischen Feinde sind. Der Irak hat keine Langstreckenwaffen und hat auch nie versucht sie zu entwickeln. Er hat 1991 keine chemischen Waffen eingesetzt, als ein nuklearer Gegenschlag der USA drohte und die erste Bush-Regierung versichert hatte, dass ihr Ziel die Vertreibung der irakischen Truppen aus Kuwait, nicht aber die Eroberung Bagdads sei. Es gibt nur eine Situation, in welcher der kleine Vorrat des Irak an Chemiewaffen - mit möglicherweise katastrophalen Folgen - eingesetzt werden könnte, und das ist ein Einmarsch der USA, bei dem amerikanische Soldaten in das Zentrum des Landes vordringen.

Saddam Hussein verstößt gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats - Das mag stimmen, denn über den Irak sind so viele UN-Sicherheitsresolutionen verabschiedet worden, die das Aushungern der Bevölkerung durch die Blockade legalisieren, dass nur ein amerikanisches Marionettenregime sich an alle diese Resolutionen halten könnte. Doch seit wann ist der Verstoß gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrat eine Grundlage für einseitige Militäraktionen der USA? Israel verstößt viel dreister als der Irak gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, doch das Weiße Haus fordert deshalb keinen Krieg gegen den Staat, der mehr als 35 Jahre nach dem Sechstagekrieg immer noch die Westbank und den Gazastreifen besetzt hält.

Die US-Regierung beruft sich nur dann auf die UN, wenn es ihr als Kulisse für ihre aggressiven Aktionen gelegen kommt. Ansonsten setzt sie sich ungestraft über die UN hinweg. Seit mehr als zehn Jahren bombardieren beispielsweise amerikanische und britische Kampfflugzeuge Ziele im Norden und Süden des Irak und überwachen die sogenannten "Flugverbotszonen", die Washington ohne Zustimmung der UN verhängt hat. Die US-Regierung selbst unterlief die Waffeninspektionen der UN im Irak, indem sie das zuständige Gremium UNSCOM mit CIA-Agenten durchsetzte, die mögliche Ziele für amerikanische Bombenangriffe auskundschaften und Saddam Husseins Bewegungsmuster studieren sollten, um künftige Mordanschläge vorzubereiten.

Die Bush-Regierung beteuert, dass ihre eigenen Militäraktionen nicht der Zustimmung des UN-Sicherheitsrats bedürfen, und dass sie einen Angriff auf den Irak nicht von dieser Zustimmung abhängig machen wird. Hier wird eindeutig mit zweierlei Maß gemessen. Der Irak muss sich den UN unterordnen, wenn er nicht zerstört werden will, aber die USA können tun und lassen, was immer ihnen beliebt.

Saddam Hussein ist ein Diktator, der sein Volk unterdrückt - Auch das stimmt, aber die Außenpolitik Amerikas besteht im Nahen Osten und andernorts seit mehr als fünfzig Jahren weitgehend darin, solche Herrscher zu unterstützen und an der Macht zu halten. Viele von ihnen, wie der Schah des Iran, die saudische Monarchie und verschiedene Militärdiktatoren in der Türkei, haben Saddam Hussein in ihrer Barbarei in nichts nachgestanden. Auch haben die USA islamische Fundamentalistengruppen systematisch finanziert und aufgebaut, um ihren Kampf gegen die Sowjetunion und den säkularen arabischen Nationalismus zu führen.

Um sich auf internationaler Ebene der Unterstützung oder zumindest stillschweigenden Duldung des kommenden Kriegs gegen den Irak zu versichern, hat die Bush-Regierung folgenden militärischen Repressionen grünes Licht gegeben: dem Vorgehen der russischen Regierung in Tschetschenien, der Unterdrückung der uigurischen Separatisten im chinesischen Xinjiang, den türkischen Unterdrückungsmaßnahmen gegen die Kurden und unzähligen weiteren Verstößen gegen Demokratie und Menschenrechte.

Die USA vertreten alles andere als die Demokratie. Sie sind ein Gegner der demokratischen Bestrebungen der arabischen Massen, die unweigerlich der amerikanischen Kontrolle über die Ölvorkommen der Region und der amerikanischen Unterstützung für den Staat Israel im Wege stehen. Eine Besetzung des Irak durch die USA würde nicht der Demokratie zum Durchbruch verhelfen, sondern einen zunehmend brutalen und repressiven Charakter annehmen. Die israelische Besetzung der Westbank und des Gazastreifen würde sich daneben geradezu harmlos ausnehmen.

Eine Regierung aus Verbrechern

Die Bush-Regierung redet unaufhörlich von einem "Regimewechsel" im Irak. Als Sozialisten und Verteidiger demokratischer Rechte sind wir von der World Socialist Website unversöhnliche Gegner der bürgerlich-nationalistischen Politik und der diktatorischen Methoden Saddam Husseins. Doch die Absetzung seines Regimes ist die Aufgabe der irakischen Bevölkerung, und nicht der amerikanischen Regierung.

Weit gefährlicher für die Welt ist der "Regimewechsel", der sich in den USA bereits vollzogen hat. Mit der Bush-Regierung hat ein kriminelles Element innerhalb der amerikanischen herrschenden Klasse die Macht übernommen. Das ist keine Übertreibung: Von ihren politischen Methoden, ihrer sozialen Basis und ihrer Außenpolitik her ist die Bush-Regierung das personifizierte Gangstertum.

Diese Regierung ist das Produkt einer langen Subversions- und Verschwörungskampagne rechter Politiker, mit der die vorherige Regierung destabilisiert werden sollte. Dabei wurde als Höhepunkt das Impeachment-Verfahren gegen Clinton angezettelt und anschließend die Präsidentschaftswahl im Jahr 2000 gestohlen.

Das Führungspersonal der Bush-Regierung entstammt der sozialen Schicht, deren systematische Korruption in den Bilanzfälschungsskandalen des vergangenen Jahres ans Licht kam. Armeeminister Thomas White ist ein ehemaliges Mitglied des Enron-Vorstands. Gegen Vizepräsident Dick Cheney wird wegen des Verdachts von Bilanzfälschung in der Zeit ermittelt, als er geschäftsführender Direktor des Energiekonzerns Halliburton war. Bush selbst verdankt sein Privatvermögen undurchsichtigen Insider-Geschäften und Günstlingswesen. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Finanzminister Paul O'Neill sind beide ehemalige Konzernchefs; andere hohe Regierungsbeamte waren früher als Lobbyisten für die Energie-, die Pharmazie- und die Autobranche tätig.

Bei seinem Einzug ins Weiße Haus brüstete sich Bush, dass sein mit hochkarätigen Wirtschaftsführern besetztes Kabinett die Regierung wie ein Unternehmen führen würde. Das hat sich als wahr erwiesen: die Bush-Administration verkörpert als Regierung die Methoden von Enron, WorldCom, Global Crossing, Tyco und einem Dutzend weiteren bekannten Unternehmen, die dummdreiste Fälschungen vornahmen.

Bushs Innenpolitik besteht in der systematischen Ausplünderung der arbeitenden Bevölkerung zugunsten der Großunternehmen. Er verwirklichte die größten Steuererleichterungen für Reiche in der Geschichte der USA, sie belaufen sich auf nicht weniger als 1,3 Billionen Dollar. Seine Regierung hat zahlreiche Angriffe auf den Lebensstandard und die demokratischen Rechte der Arbeiterklasse unternommen. Gesundheits- und Sicherheitsstandards, Umweltschutzvorschriften, gewerkschaftliche Rechte - alles fällt dem Streben zum Opfer, jedes Hindernis für die Anhäufung von privatem Reichtum und von Unternehmensprofiten zu beseitigen.

Die Außenpolitik der Bush-Regierung ist die Fortsetzung ihrer Innenpolitik auf globaler Ebene. Leute, die durch Betrug und Verbrechen an die Macht kamen, treffen jetzt Entscheidungen über Krieg und Frieden. Sie setzen die militärischen und politischen Ressourcen der amerikanischen Regierung ein, um die Interessen des gierigsten Teils der Konzernelite zu befriedigen - der Energiemonopole, der Rüstungsindustrie, der Finanzgesellschaften, die versuchen, aus der Ausplünderung des Erdballs Profit zu schlagen.

Nicht nur gegen Ziele in Übersee, sondern auch gegen die amerikanische Bevölkerung im eigenen Land werden kriegerische Maßnahmen ergriffen werden. Die Regierung hat bereits begonnen, Menschen mit abweichenden politischen Meinungen zu kriminalisieren. Anti-Bush-Demonstranten wurden verhaftet, geschlagen und eingesperrt, weil sie einem Krieg gegen den Irak widersprachen. Bush hat im Hinblick auf den Krieg gegen den Terror gesagt: "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns." Die Logik dieser Politik führt dazu, jede Opposition in der Gesellschaft gegen die Regierung als Landesverrat zu behandeln.

Krieg und der Kampf für Sozialismus

Der Kampf gegen den drohenden imperialistischen Krieg gegen den Irak ist verbunden mit dem Kampf gegen die gesamte soziale und politische Struktur der Vereinigten Staaten. Die Bush-Regierung und ihre Politik gehen letztlich auf diese Struktur zurück. Der Krieg ist deshalb zum Programm der herrschenden Elite in Amerika geworden, weil sie keinen Ausweg aus der immer tieferen sozialen und wirtschaftlichen Krise weiß.

Die World Socialist Website distanziert sich von allen vorgeblichen Kritikern, unter ihnen ein Teil der Demokratischen Partei, die sich der Bush-Regierung als Ratgeber aufdrängen, wie sie ihre Ziele im Nahen Osten und auf Weltebene am besten erreichen kann. Als Sozialisten gehen wir nicht davon aus, dass die Politik der US-Regierung legitime oder ehrliche Interessen zum Ausdruck bringt, vom demokratischen Willen des amerikanischen Volkes ganz zu schweigen. Wir sind Gegner der Politik der US-Regierung und arbeiten für die Entwicklung einer starken Bewegung der arbeitenden Bevölkerung, in den USA und international, gegen den amerikanischen Imperialismus.

Eine solche Bewegung muss sich auf ein sozialistisches Programm stützen, weil der imperialistische Krieg ein unvermeidliches Ergebnis der Widersprüche des kapitalistischen Systems ist, die sich im mächtigsten Zentrum des Weltkapitalismus, in den Vereinigten Staaten, konzentrieren. Im Gegensatz zu ihrer Blütezeit in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts sind die USA keine aufsteigende Macht mehr und können ihre globalen Appetite nicht länger in das Gewand der Demokratie kleiden.

Der historische Verfall des amerikanischen Kapitalismus kommt in zwei Tatsachen zum Ausdruck. Auf Weltebene haben die USA ihre globale Vormachtstellung verloren und sehen sich mächtigen Handelsrivalen in Europa und Asien gegenüber. Hinzu kommt ein riesiges Handels- und Zahlungsbilanzdefizit, das auf einen Staatsbankrott zuläuft. Im Innern ist die amerikanische Gesellschaft von einer sozialen und wirtschaftlichen Polarisierung beispiellosen Ausmaßes betroffen. Die Bevölkerung ist gespalten zwischen einer kleinen Fraktion, die unermesslichen Reichtum besitzt, und der überwiegenden Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung, deren Lebensstandard stagniert oder sinkt und die einer wachsenden Unsicherheit bei Arbeitsplätzen, Renten, der Gesundheitsversorgung und öffentlichen Dienstleistungen ausgesetzt ist.

Hier liegt die Ursache für den Zerfall der amerikanischen Demokratie, die durch die repressiven Maßnahmen im Gefolge des 11. September noch beschleunigt wurde. In einer Gesellschaft, in der ein so winziger Anteil der Bevölkerung über den gesamten Reichtum verfügt und den Rest der Bevölkerung seinen Profitinteressen unterordnet, können keine demokratischen Formen aufrechterhalten werden.

Die Herausbildung des amerikanischen Militarismus auf globaler Ebene bestätigt grundlegend die marxistische Analyse des Imperialismus. Alle klassischen Kennzeichen des Imperialismus, die Lenin zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts benannte - die koloniale Besetzung anderer Länder, der militärische Kampf um Rohstoffe, eine Innenpolitik der "Reaktion auf der ganzen Linie" - machen das Programm der Bush-Regierung aus.

Die US-Regierung benutzte die tragischen Ereignisse des 11. September als Vorwand dafür, die außen- und innenpolitischen Pläne des reaktionärsten Teils der politischen und wirtschaftlichen Elite in die Tat umzusetzen. (Dabei ist ihre eigene Rolle hinsichtlich des 11. September noch nicht aufgedeckt. Sie hat die Angriffe entweder nicht verhindert oder sogar aktiv gutgeheißen.) Der Krieg in Afghanistan war lediglich das Sprungbrett zu größeren und blutigeren Abenteuern.

Für die arbeitende Bevölkerung bilden der Widerstand gegen imperialistischen Krieg und die Verteidigung des Lebensstandards und demokratischer Rechte zwei Seiten desselben Kampfs. Die einzige Kraft, die den Kriegstreibern im Weißen Haus und im Pentagon das Handwerk legen kann, ist eine breite Bewegung gegen Militarismus und Krieg unter der Führung der Arbeiterklasse, die sich gegen die gesamte herrschende Elite und ihre beiden Parteien wendet. Man kann nicht darauf bauen, dass sich der Kongress oder die Demokraten gegen Bushs Kriegspläne wenden werden. Diese Kräfte vertreten dieselben grundlegenden gesellschaftlichen Interessen und verteidigen dasselbe System wie Bush.

Die World Socialist Website und die Socialist Equality Party sehen ihre Aufgabe im Aufbau einer solchen unabhängigen Bewegung der Arbeiterklasse gegen den Krieg und zur Verteidigung demokratischer Rechte.

Siehe auch:
Cheneys Aufruf zum Krieg: Lügen und historische Fälschungen
(6. September 2002)
Was steckt hinter Schröders Absage an einen Irakkrieg?
( 5. September 2002)
(Dieser Artikel ist auch in der gleichheit - September/Oktober 2002 enthalten.)
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