Neuer Bericht über Folter der USA an afghanischen und arabischen Gefangenen

Eine führende amerikanische Zeitung veröffentlichte am 26. Dezember einen ausführlichen Bericht über die Methoden, die die Central Intelligence Agency (CIA) anwendet, wenn sie Häftlinge verhört, die sie in Afghanistan gefangen genommen hat. Viele der Techniken - vor allem in den Hochsicherheitseinrichtungen des Flughafens von Bagram außerhalb Kabuls angewendet - werden von internationalen Menschenrechtsgruppen als Folter eingestuft.

Der Bericht auf der Titelseite der Washington Post informierte die Leser der Hauptstadt der USA über das Schicksal afghanischer und arabischer Kriegsgefangener, die durchgängig als Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer in den Händen der CIA bezeichnet werden.

"Wer sich weigert, in diesem geheimen Vernehmungszentrum der CIA zu kooperieren, müssen manchmal stundenlang mit übergezogenen schwarzen Kapuzen oder übermalten Schutzbrillen stehen oder knien. Das berichten Geheimdienstspezialisten, denen die Verhörmethoden der CIA bekannt sind. Zeitweilig werden sie in eine qualvolle Lage versetzt, müssen schmerzhafte Positionen einnehmen, erfahren Schlafentzug bei einem 24-stündigen Lichtbombardement - sie werden sogenannten ‚stress and duress‘ (Stress und Zwang)-Techniken ausgesetzt."

Die tatsächlichen Methoden sind wahrscheinlich weit schlimmer, als die amerikanische Zeitung vermittelt. Vor zwei Wochen gaben US-Behörden bekannt, dass zwei Häftlinge in Bagram starben, während sie verhört wurden. Es wurden natürliche Todesursachen angegeben, aber der Verdacht liegt nahe, dass die beiden, relativ jung und offensichtlich gesund, unter der Folter starben, oder weil die Verwundungen, die ihnen bei der Gefangennahme zugefügt worden waren, nicht sachgerecht behandelt wurden.

Diejenigen, die kooperieren, bekommen eine bessere Behandlung und gelegentliche Vergünstigungen. Wer weiterhin Widerstand leistet, kann als Gefangener an fremde Geheimdienste - wie von Ägypten, Jordanien, Saudi-Arabien und Marokko - überstellt werden, die in der Regel extremere Formen physischer Folter anwenden. Diese Maßnahme, im Sprachgebrauch der CIA als "rendering" (Rückgabe) bezeichnet, stellt eine Verletzung des internationalen und amerikanischen Rechts dar, aber sie wurde unter der Clinton-Administration genehmigt und von der Bush-Administration nach dem 11. September stark ausgedehnt.

Zwei Reporter der Washington Post, Dana Priest und Barton Gellman, befragten ein Dutzend früherer und noch aktiver amerikanischer Sicherheitsbeamte, von denen einige Augenzeugen beim Umgang mit Gefangenen waren, und die die Anwendung von Gewalt beim Verhör als "gerechtfertigt und notwendig" bezeichneten. Die CIA lehnte jegliche offizielle Stellungnahme über dieses Thema ab, aber der Chef des Antiterrorzentrums der CIA, Cofer Black, sagte auf einer gemeinsamen Sitzung der Geheimdienstauschüsse von Abgeordnetenhaus und Senat, dass verdächtige Terroristen "nach dem 9.September nicht mehr mit Samthandschuhen" behandelt würden.

Einige der von der Post zitierten Kommentare dokumentieren die Gangstermentalität, die jetzt das offizielle Washington beherrscht. Ein Beamter sagte: "Wenn man nicht hin und wieder irgend jemandes Menschenrecht verletzt, wird man wahrscheinlich seinem Job nicht gerecht.... Ich denke nicht, dass es erwünscht ist, dass wir da eine Null-Toleranz-Haltung entwickeln. Das war lange Zeit das Problem der CIA." Ein anderer erzählte den Reportern: "Unsere Kerls sollen die ruhig ein bisschen härter rannehmen". Ein dritter äußerte sich über die medizinischen Versorgung verwundeter Gefangener: "Schmerzkontrolle ist eine sehr subjektive Angelegenheit".

Afghanische und angebliche Al-Qaida-Gefangene werden nicht nur in Bagram festgehalten, sondern auch in den US-Einrichtungen auf Diego Garcia, einer von Großbritannien kontrollierten Insel im Indischen Ozean, sowie an anderen, geheim gehaltenen Orten. Die 625 Gefangenen im amerikanischen Gefängnislager auf dem kubanischen Flottenstützpunkt Guantanamo Bay, denen die Medien beträchtliche Publizität zollen, bilden nur einen Bruchteil der 3.000 Menschen, die seit dem 11. September festgenommen wurden. Davon wurden nach Angaben der Post weniger als 100 an Drittländer "zurückgegeben". Das Verbleiben von rund 2.000 Gefangenen bleibt also ungeklärt - entweder werden sie noch in Gefängnissen, die von Drittländern oder den USA kontrolliert werden, festgehalten, oder sie wurden von ihren Schergen ohne Umschweife getötet.

Nur ein Folteropfer wurde im Bericht der Post namentlich genannt - Abu Zubaida, ein Führungsmitglied der Al-Qaida, der bei seiner Festnahme vergangenen März in Pakistan angeschossen wurde, und dem dann eine medizinische Behandlung verweigert wurde, um seine Kooperation zu erzwingen. "Nationale Sicherheitsbeamte deuteten an, dass schmerzstillende Mittel bei Zubaida zu Beginn seiner Gefangenschaft selektiv eingesetzt wurden. Jetzt, so sagt man, kooperiert er," berichtete die Zeitung.

Ein anderer Gefangener, Mohammed Haydar Zammar, der die deutsche und syrische Staatsbürgerschaft besitzt, wurde Syrien "zurückgegeben", wo er vermutlich gefoltert wurde. Deutsche Beamte haben heftig gegen Zammars Überführung in syrischen Gewahrsam protestiert und darum gebeten, ihn nach Deutschland zu bringen, um mögliche Verbindungen zu den Flugzeugentführern des 11. September zu erfragen. Syrien hat Informationen über seine Verhöre an die amerikanische Regierung gegeben.

Die Vernehmungszentren der CIA unterliegen keinerlei unabhängiger Aufsicht. Angehörigen des Roten Kreuzes wird der Zugang zu den Gefangenen nicht gestattet, sogar die Namen der Gefangenen werden geheim gehalten. Sie können nicht korrespondieren oder irgendwelchen Kontakt mit der Außenwelt aufnehmen. Sie sind praktisch "verschwunden", wie die Opfer der lateinamerikanischen Todesschwadronen, die die CIA in den siebziger und achtziger Jahren finanzierte und organisierte.

Die Methoden, die die Vernehmungsbeamten der CIA anwenden dürfen, sind nicht nur von Menschenrechtsorganisationen verurteilt worden, sondern auch vom amerikanischen State Department, soweit sie in anderen Ländern angewandt wurden. Der Menschenrechtsbericht des State Departments von 2001 klassifizierte Schlafentzug und das erzwungene lange Stehen von Gefangenen als Folter und kritisierte diese Methoden, als sie von Jordanien angewandt wurden, einem der Länder, in das die CIA jetzt vorzugsweise Gefangene "zurückgibt".

Der Zynismus der Haltung der US-Regierung wurde von Frederick Hitz, einem früheren CIA-Generalinspekteur, der die Angelegenheit mit der Post diskutierte, auf den Punkt gebracht. "Wir foltern nicht und wir können Folter auch nicht billigen, indem wir behaupten, wir wüssten nichts davon," sagte er. Aber wenn ein Land den USA Informationen anbietet, die es mit Hilfe von Folter erhalten hat, "können wir die Früchte davon ernten".

In einem am folgenden Tag publizierten Leitartikel unterstrich die Post den entlarvenden Charakter ihres Berichts über die Folterpraktiken der CIA. Sie kritisierte diese aber nur milde, indem sie meinte, die Bush-Regierung wäre gut beraten, dem amerikanischen Volk öffentlich zu erklären, welche Methoden sie bei den Vernehmungen von Gefangenen anwendet: "Wenn Verwaltungsbeamte beschlossen haben, dass mäßiger physischer Druck - einst als Missbrauch eingestuft - jetzt in Fällen von Terrorismus die Norm sein soll, sollte das amerikanische Volk das wissen und in der Lage sein, durch seine Vertreter sowie durch individuelle und organisierte Meinungsäußerung zu reagieren. Es sollte keine einseitige Anordnung der Regierung sein."

Am 27. Dezember sandte die New Yorker Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch einen Brief an das Weiße Haus und forderte eine Untersuchung der Foltervorwürfe. Die Gruppe sagte, die in der Post dargestellten Methoden machten die Vereinigten Staaten zum Rechtsbrecher bezüglich einiger der fundamentalsten Verbote des internationalen Gesetzes über Menschenrechte. US-Beamte könnten sich mit Anklagen wegen Verletzung der Genfer Konvention konfrontiert sehen, nicht nur vor einem internationalen Gericht, sondern "vor jedem nationalen Strafgericht". Auch die Überführung von Gefangenen in die Gerichtsbarkeit von Drittländern, von denen bekannt ist, dass sie Folter praktizieren, sei eine Verletzung internationalen Rechts, stand in dem Brief.

Die Bush-Administration hat noch in keiner Weise zu dem Brief von Human Rights Watch über den Bericht der Washington Post Stellung bezogen, außer dass sie ihre bekannte Haltung - dass Kriegsgefangene nach der Genfer Konvention behandelt würden, vermutliche Terroristen aber nicht - erneut betonte. Die amerikanischen Medien insgesamt schwiegen bisher über diese Frage, weder erwähnten, noch kommentierten sie den Bericht der Post. Während die britische BBC über den Post -Bericht informierte, tat das kein einziger amerikanischer Fernsehsender.

Siehe auch:
Der schmutzige internationale Krieg der CIA: USA entführen# foltern und exekutieren angebliche Terroristen im Ausland
(26. März 2002)
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