Militaristische Rede auf Flugzeugträger Lincoln

Bush droht mit endlosem Krieg im Irak und weltweit

Die Rede, die George W. Bush am 1. Mai auf dem Flugzeugträger USS Abraham Lincoln hielt, war eine Warnung an die Welt, dass das Blutbad im Irak nur der Anfang eines weltweiten Ausbruchs des amerikanischen Militarismus ist.

Bush richtete auf dem Flugdeck des riesigen US-Kriegsschiffs die Warnung an "Freund und Feind gleichermaßen, dass unser Land eine Mission hat. Wir werden der Bedrohung unserer Sicherheit begegnen und wir werden den Frieden verteidigen." Der amerikanische Präsident führte seine Doktrin des "Präventivkriegs" an, die er gerade in einem illegalen Angriff auf den Irak angewandt hat, und ließ keinen Zweifel daran, dass seine Regierung auch in Zukunft die amerikanische Militärmacht einsetzen wird, um überall auf der Welt die finanziellen, wirtschaftlichen und strategischen Interessen der USA durchzusetzen.

Bush trat auf dem Flugzeugträger in der Uniform eines Marinefliegers auf. Vermutlich präsentierte er sich zum ersten mal seit Anfang der siebziger Jahre wieder in einer solchen Aufmachung. Damals trat er der Flugabteilung der Nationalgarde von Texas bei, um der Einberufung zum Vietnamkrieg zu entgehen; dann entfernte er sich unerlaubt von der Truppe, um die Harvard Business School zu besuchen.

Es verbreitete schon eine gespenstische Atmosphäre, wie Bush sich als "großer Held" aufführte. Sein großspuriges Auftreten vor schlecht bezahlten Wehrpflichtigen, die ihm unter militärischer Disziplin applaudieren mussten, konnte nicht verbergen, wer er wirklich ist: ein rachsüchtiger kleiner Mann, der seine Ignoranz und Unsicherheit hinter einer gewaltigen Maschinerie des Tötens verbirgt.

Wie vorauszusehen war, verfielen die Medien über Bushs Auftritt in Verzückung. Der Kommentator eines Kabelnachrichtensenders beschrieb ihn als eine Kombination aus "Oberbefehlshaber und Rockstar". Ein anderer sagte, er habe "schneidig" ausgesehen. Alle stimmten überein, dass es ein "historisches Ereignis" gewesen sei.

Die USS Lincoln war eine angemessene Bühne, um die einseitige Schlächterei im Irak zu feiern. Die Feuerkraft des Flugzeugträgers und seiner Kampfgruppe war zweifellos größer als das gesamte militärische Arsenal des Irak. Von der Lincoln aufsteigende Kampfflugzeuge haben fast 1,2 Millionen Pfund hochexplosiver Bomben über dem Irak abgeworfen, Tausende wehrlose irakische Soldaten und Zivilisten ausgelöscht und einen großen Teil der Infrastruktur des Landes zerstört.

Demokratische Kritiker beschwerten sich, dass Bushs Wahl des Flugdecks eines Flugzeugträgers für seine Rede zum Irak ein durchsichtiger politischer Trick sei, um patriotische Bilder zu erzeugen, die nach allen Regeln der Kunst in der Präsidentschaftswahl von 2004 ausgenutzt werden sollen.

Tatsache ist aber, dass die Örtlichkeit keineswegs neu ist. Seit Monaten hat der Präsident seine Reden ausschließlich vor militärischem Publikum und den Beschäftigten großer Rüstungsbetriebe gehalten. Nach seinem Besuch auf der Abraham Lincoln trat er am Freitag bei United Defense Industry auf, dem kalifornischen Hersteller der Bradley Kampfpanzer.

Vor diesem unfreiwilligen Publikum hat Bush ein innenpolitisches Programm verkündet, das aus Steuersenkungen für die Reichen besteht, die durch die Kürzung von Sozialprogrammen - darunter auch Leistungen für die Veteranen - bezahlt werden sollen. Diese auf den Kopf gestellte Robin-Hood-Pose versuchte er als patriotisches Handeln zu verkaufen.

Militärgestützte Regierung

Gleichzeitig verrät Bushs Wahl des Publikums ein wesentliches Charakteristikum seiner Regierung. Weil diese Regierung eine schmale und korrupte Schicht der amerikanischen herrschenden Elite vertritt - besonders die Ölindustrie, den militärisch-industriellen Komplex und die Wall Street - stützt sie sich immer direkter auf das Militär, um die mangelnde Unterstützung in der Bevölkerung wettzumachen.

Bushs Herumstolzieren in Militäruniformen, seine Verbrüderung mit Offizieren und Soldaten und seine Begeisterung für die Macht der amerikanischen Militärmaschine sind ein durch und durch reaktionäres Spektakel. Die Wahl eines Flugzeugträgers für seine Rede anstelle des Kongresses oder des Weißen Hauses zeigt aber auch die sehr reale Gefahr, dass zur militärischen Aggression nach außen eine zunehmende Militarisierung der amerikanischen Regierung und eine Bedrohung der demokratischen Rechte im Inland hinzukommt.

Ursprünglich hatten Quellen aus dem Weißen Haus verlauten lassen, Bush werde eine "Siegesrede" halten. Dann wurde aber zurückgerudert, und jetzt sollten seine Bemerkungen nur das Ende "der großen Kampfeinsätze" im Irak verkünden.

Für diese rhetorische Verschiebung gibt es mehrere Gründe. Nachdem es einen illegalen Aggressionskrieg geführt hat, scheut das Weiße Haus vor Erklärungen zurück, die seine andauernden Militäroperationen im Irak und anderswo auf internationales Recht verpflichten würden.

Um Forderungen nach der Befolgung der Genfer Konventionen und anderer Kriegsrechtsstatuten abzublocken, weigert sich die Bush-Regierung, das Ende des Kriegs oder den Sieg zu erklären. Sie hält im Irak 7000 Kriegsgefangene fest, die sie freilassen müsste, wenn sie den Krieg offiziell für beendet erklären würde. Auch die Jagd nach Spitzenpolitikern des gestürzten Regimes wäre nach einer endgültigen Beendigung des Kriegs illegal.

Den Krieg für beendet zu erklären, würde auch die lächerliche Behauptung Washingtons entlarven, dass die USA im Irak etwas anderes als eine Besatzungsmacht sind - ein juristischer Begriff, der wiederum Verpflichtungen nach der Haager Konvention nach sich zöge. US-Beamte ziehen es vor, wenn ihre Truppen "Befreier" genannt werden. Mit diesem Begriff hoffen sie die Tatsache zu verbergen, dass die US-Regierung eine im klassischen Sinn imperialistische und kolonialistische Politik verfolgt.

Tatsächlich ist das Töten natürlich noch längst nicht vorbei. Pentagon-Sprecher geben zu, dass es auf Jahre hinaus keine Aussicht gebe, die Zahl von gegenwärtig ca. 140.000 US-Truppen im Irak zu verringern. Es gibt, kurz gesagt, keine "Abzugsstrategie", sondern einen Plan für eine permanente koloniale Besetzung.

Angesichts der Versuche Washingtons, die Opposition in der Bevölkerung gegen ein Marionettenregime zu unterdrücken, das das irakische Volk im Interesse der amerikanischen Ölkonzerne, Banken und Industrie beherrschen soll, stehen einige der größten amerikanischen Kriegsverbrechen noch bevor. Die Massaker in Falludscha, die in der vergangenen Woche innerhalb von nur 48 Stunden mindestens 16 unbewaffneten Demonstranten das Leben kosteten, sind ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird.

Und schließlich sieht Washington, wie Bush in seiner Rede klar gemacht hat, den Krieg gegen Irak nur als eine Schlacht in einer ganzen Reihe von Aggressionskriegen in der ganzen Welt, die unter dem Vorwand des globalen "Kriegs gegen den Terrorismus" geführt werden sollen.

"Jedes gesetzlose Regime, das Verbindungen zum Terrorismus hat und Massenvernichtungswaffen besitzt oder anstrebt... wird bekämpft werden," erklärte er. Das wurde weithin als eine direkte Drohung gegen Syrien und möglicherweise Iran gesehen.

Lügen zur Rechtfertigung des Irakkriegs

Wie nicht anders zu erwarten, wimmelte die Rede nur so von Lügen und Verdrehungen, die sich aus den lügenhaften Behauptungen der US-Regierung zur Rechtfertigung ihrer militärischen Aggression ergeben.

Bush behauptete, dass "wir" mit der Vernichtung des irakischen Regimes "einen Verbündeten von Al-Qaeda beseitigt und eine Finanzquelle der Terroristen ausgetrocknet haben". Selbst die CIA widerspricht der Behauptung der Regierung, dass Saddam Hussein ein Verbündeter der Al-Qaeda gewesen sei. Vor dem Krieg waren keinerlei Beweise vorgelegt worden, die solche Verbindungen belegten, und seit der Besetzung des Irak ist es den US-Truppen nicht gelungen, auch nur einen der Al-Qaeda Führer zu finden, die sich angeblich in Bagdad versteckt hatten.

Bush nahm seine unbewiesene Behauptung einer Verbindung zwischen Bagdad und Al-Qaeda zum Ausgangspunkt, um die Terroranschläge vom 11. September 2001 als Rechtfertigung für die Invasion des Irak und zukünftige Invasionen zu benutzen. Die Terroristen, sagte er, "haben den USA den Krieg erklärt, und diesen Krieg haben sie bekommen". Aber kein Iraker war am 11. September beteiligt und keiner der zahllosen Tausenden getöteter irakischer Zivilisten und Soldaten haben auch nur einem Amerikaner etwas zu Leide getan.

"Wir haben die Suche nach verborgenen chemischen und biologischen Waffen begonnen und haben schon Hunderte Anlagen auf unserer Liste, die wir untersuchen werden," erklärte Bush. Er vermied aber, das Offensichtliche hinzuzufügen: dass das US-Militär nach sechs Wochen im Irak noch absolut nichts gefunden hat.

Vor dem Krieg hatten US-Vertreter, von Bush und Außenminister Colin Powell abwärts, behauptet, die amerikanische Aufklärung überwache Dutzende Anlagen, in denen Waffen gelagert würden, und habe eindeutige Beweise, dass chemische Sprengköpfe vom irakischen Militär in Stellung gebracht worden seien, um gegen US-Truppen eingesetzt zu werden. Nun, da das Ende der "großen Kämpfe" erklärt ist, wurde in keiner der Anlagen die angeblich dort vorhandenen Beweise entdeckt, und nicht eine der dem irakischen Militär angeblich ausgehändigten Waffen wurde gefunden, geschweige denn gegen die US-Truppen eingesetzt.

Kurz gesagt, erinnern die Erklärungen Bushs auf der Lincoln erneut daran, dass der amerikanische Präsident das amerikanische Volk bewusst belogen hat, um einen illegalen und unprovozierten Krieg gegen ein im Grunde wehrloses Volk zu führen.

Die größte Lüge aber bestand in Bushs Beschreibung der amerikanischen Operationen und Absichten im Irak.

"Wir danken allen Bewohnern Iraks, die unsere Truppen willkommen geheißen und an der Befreiung ihres Landes mitgewirkt haben," sagte der Präsident. "Als die irakischen Zivilisten unseren Soldaten in die Gesichter sahen, sahen sie Stärke, Freundlichkeit und guten Willen."

Worüber redet er? Wie jeder weiß, demonstrieren die Iraker zu Hunderttausenden und fordern, dass die amerikanischen Truppen aus ihrem Land verschwinden. Wo sie die Möglichkeit haben, schießen sie auf sie. Es ist Washington lediglich gelungen, den verurteilten Wirtschaftskriminellen Ahmed Chalabi und andere Schwindler aus der Emigration als wichtigste Kollaborateure zu rekrutieren.

Bush gelobte, die USA würden, "zu den neuen Führern des Irak halten, wenn sie eine Regierung des irakischen Volkes durch das irakische Volk und für das irakische Volk bilden... Der Übergang von der Diktatur zur Demokratie wird Zeit brauchen, aber es ist die Anstrengung wert. Unsere Koalition wird bleiben, bis unsere Arbeit getan ist, und dann werden wir gehen und einen freien Irak hinterlassen."

Washington interessiert sich nicht im mindesten für die Wünsche und Rechte des irakischen Volkes. Washington will ein Marionettenregime, das vom amerikanischen Militär kontrolliert wird und für die amerikanischen Banken und Konzerne arbeitet.

Genau am Tag von Bushs Rede enthüllte das Wall Street Journal, dass die Regierung Pläne für die umfassende Privatisierung der irakischen Ölindustrie und anderer Unternehmen entworfen hat, damit sie von amerikanischen Unternehmen übernommen werden können. Bekannte amerikanische Unternehmensberatungsfirmen sind schon angeheuert worden, um diesen Prozess zu überwachen. Die wirkliche Ausplünderung und Vergewaltigung des Irak kann beginnen. Washington braucht lediglich noch die Unterschrift des Vertreters einer irakischen Regierung unter die Dokumente, die die Auslieferung des Reichtums des Landes besiegeln.

Angesichts der wirklichen Ziele des amerikanischen Kriegs hätte Bush auch genauso gut die New Yorker Börse als Bühne für seine Triumphrede wählen können. Dieser Krieg ist im Interesse derer geführt worden, die auf Kosten der Gesellschaft riesige Vermögen angehäuft haben, zum großen Teil auf unerlaubtem Wege.

Es passte trefflich ins Bild, dass zur gleichen Zeit, als Bush über das Deck der Lincoln schritt, sieben der höchsten Repräsentanten der Enron Corporation, einem der wichtigsten Spender der Regierung, sich den Behörden in Texas stellten, wo sie Anklagen wegen Betrug, Verschwörung, Geldwäsche und anderer Verbrechen entgegen sehen.

Zusammengenommen zeigen diese Ereignisse ein Gesellschaftssystem, dass sich nur durch Betrug und kriminelle Methoden zu Hause und militärische Aggression und Kolonialismus im Ausland erhalten kann. Dieser Kurs führt den amerikanischen Kapitalismus in die Katastrophe und muss unweigerlich zu massenhafter Opposition bei der arbeitenden Bevölkerung im eigenen Land und weltweit führen.

Siehe auch:
Politische Lehren aus dem Irakkrieg
(10. April 2003)
Nach dem Irakkrieg
( 6. Mai 2003)
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