Die Vergewaltigung des Irak

Zu Beginn des letzten Weltkriegs wurde oft von der "Vergewaltigung der Tschechoslowakei" oder der "Vergewaltigung Polens" gesprochen. In beiden Fällen setzte Deutschland seine überwältigende militärische Macht ein, um die Regierung und alle zivilen Einrichtungen zu zerstören und anschließend die Wirtschaft zum Nutzen des deutschen Kapitalismus zu übernehmen.

Man muss endlich auch das Vorgehen der USA beim richtigen Namen nennen: Eine kriminelle Regierung in Washington vergewaltigt den Irak. Einen Monat nach dem Fall von Bagdad treten die wirklichen Gründe des illegalen Kriegs der Bush-Regierung immer deutlicher zutage. Rhetorisch verbrämt als "Befreiung" und "Demokratie", ist die amerikanische Finanzoligarchie dabei, den Reichtum des ganzen Landes zu rauben.

Die Massenvernichtungswaffen und die Terrorzellen - die angeblichen Ziele der US-Invasion - sind nicht aufzuspüren. Nur hoffnungslos Naive oder absichtlich Ahnungslose können glauben, dass das die wahren Motive für den Krieg waren. Noch unglaubwürdiger ist die Behauptung, die US-Regierung habe Hunderttausende Soldaten und Material im Wert von Milliarden Dollar aufgewandt, um das irakische Volk zu "befreien".

Washingtons wirkliches Ziel ist die Errichtung eines lupenreinen Kolonialregimes. Es lässt im Irak vor den Augen der Weltöffentlichkeit den Imperialismus im klassischen Sinn des Wortes wieder auferstehen. Es spricht kleinen Nationen das Recht auf Selbstbestimmung ab und nimmt das Recht in Anspruch, sich mit militärischen Mitteln zu nehmen, was ihm beliebt.

Heute liegt der Irak in Trümmern. Ein Feldzug, der eher den Namen Massaker als Krieg verdient, hat vielen Zehntausenden, wenn nicht Hunderttausenden Zivilisten und Soldaten das Leben gekostet. Krankenhäuser, Schulen, Kraftwerke, Trinkwasserversorgung und Abwasserreinigung, Abfallbeseitigung und viele weitere Bereiche der Infrastruktur, die für das Funktionieren einer großenteils städtischen Gesellschaft unabdingbar sind, wurden zerschlagen. Cholera und andere Krankheiten haben epidemische Ausmaße erreicht.

Fast die gesamte Bevölkerung lebt ohne Arbeit oder irgendeine Form von Unterstützung. Es gibt keine Haushaltspläne, um den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes Löhne zu zahlen, und US-Vertreter haben klar gemacht, dass keine Absicht besteht, den öffentlichen Dienst im Irak wieder herzustellen.

Am 3. Mai stürmten mehrere Hundert verzweifelte Arbeitsuchende in Bagdad das Hotel Palestine, das vom US-Militärkommando allerdings kurz vorher wieder aufgegeben worden war, was die Demonstranten nicht wussten. Sie protestierten gegen die verzweifelte Lage, in welche die Invasion die arbeitende Bevölkerung gestürzt hat, und riefen: "George Bush - Ali Baba."

Der Vergleich der amerikanischen Besatzer mit dem Banditen und seinen 40 Räubern aus der arabischen Fabelwelt ist wohl begründet. Washington hat eine Armee von Dieben auf das geschundene Land losgelassen. Das begann damit, dass amerikanische Besatzungstruppen Plünderungen aktiv ermutigten - darunter auch der unersetzbaren Schätze des Nationalmuseums - um alles, was die irakische Gesellschaft entwickelt hat, zu zerstören.

Das Ziel ist, die Bevölkerung des Landes ins Elend zu treiben und zu atomisieren, um eine Tabula rasa zu schaffen, auf der die Bush-Regierung ihre rechten, räuberischen Vorstellungen verwirklichen kann. Sie nutzt das Gebiet für ein wirtschaftliches, gesellschaftliches und militärisches Experiment, das nicht nur für die Völker des Irak und der Region eine schwere Gefahr darstellt, sondern auch für die arbeitende Bevölkerung der USA und der übrigen Welt.

Ein geheimes US-Dokument mit dem Titel "Die irakische Wirtschaft von einer Erholung zu dauerhaftem Wachstum führen", über das vergangene Woche als erstes das Wall Street Journal berichtete, erlaubt einen Blick auf die amerikanischen Absichten.

Bearing Point Inc., eine Unternehmensberatungsfirma, hat den Auftrag zur Umsetzung dieses Plans erhalten. Die Firma hieß früher KPMG Consulting und hat nach den zahlreichen Finanzskandalen, die im Zusammenbruch des eng mit der Regierung verbundenen Enron-Konzerns gipfelten, wie viele andere auch ihren Namen gewechselt und sich von der Muttergesellschaft, einem Wirtschaftsprüfungsgiganten, gelöst.

Wäre Enron nicht Bankrott gegangen, gehörte der Konzern heute zweifellos zu den Hauptanwärtern darauf, aus dem Elend des irakischen Volkes Profit zu schlagen. Im Grunde stehen hinter den Absichten, die die USA im Irak verfolgen, die gleichen kriminellen Tendenzen, die sich bei Enron, WorldCom und so vielen Firmen in den letzten Jahren zeigten.

Die Stoßrichtung der US-Pläne ist die umfassende Privatisierung der staatlichen Industrie, besonders des Ölsektors, und die Schaffung einer Börse und eines nach dem Vorbild der USA gestalteten Steuersystems, das Auslandsinvestoren begünstigen soll.

Die Privatisierung dient im Irak, nicht anders als überall sonst, als Mittel für einen rücksichtslosen Selektionsprozess. Die meisten staatlichen Firmen, auf die die Menschen für ihr Ein- und Auskommen angewiesen waren, werden kurzerhand für insolvent erklärt und liquidiert werden.

Die als profitabel geltenden Teile werden in einem "breit gestreuten Massenprivatisierungsprogramm", so das Dokument, verkauft, in dessen Rahmen möglicherweise Anteilscheine an die irakische Bevölkerung verteilt werden. Ähnlich ist man in Russland vorgegangen. Das wurde als eine Art "Volkskapitalismus" angepriesen, der es der breiten Bevölkerung ermögliche, den nationalen Reichtum "zu besitzen". Tatsächlich wurde daraus ein Mittel, das Staatseigentum auf schnellstem Wege in die Hände einer Koalition von Kriminellen und ehemaligen stalinistischen Bürokraten zu übergeben. Die kleinen Leute verkauften ihre Anteilscheine sofort zu einem Bruchteil ihres Nennwerts, um Geld fürs Überleben zu haben.

In dem Dokument heißt es, die Aufgabe der zahlreichen von der Bush-Regierung beauftragten Unternehmen sei es, "der Privatwirtschaft Zugang zu strategisch wichtigen Sektoren zu verschaffen, darunter Privatisierungsmaßnahmen, Verkauf von Vermögenswerten, Konzessionen, Vermietungs- und Verwaltungsaufträgen, besonders in der Ölindustrie und ihren Zulieferbetrieben".

Weiter fordert das Dokument die Verwandlung von Iraks unbedeutender Börse in eine "Börse auf Weltniveau", an der die Aktien der frisch privatisierten Unternehmen gehandelt werden können. Von der US-Regierung beauftragte Firmen sollen nicht nur die wesentliche Infrastruktur für diese Börse aufbauen, das Geld amerikanischer Steuerzahler soll auch darauf verwendet werden, eine Schicht irakischer Aktienhändler auszubilden. Vermutlich soll diesen die hohe Schule des Finanzbetrugs vermittelt werden, wie er an der Wall Street in den letzten Jahren gang und gäbe war.

Privatisierung mit vorgehaltener Waffe

Die Schamlosigkeit des US-Plans hat offensichtlich sogar einige der an früheren Privatisierungsprogrammen Beteiligten schockiert. "Diese Privatisierung würde unter vorgehaltenen amerikanischen Waffen stattfinden und nicht auf Grund demokratischer Entscheidungen", kommentierte kürzlich der Harvard-Ökonom Jeffrey Sachs, der bei der Ausarbeitung von Privatisierungsprogrammen in Russland und Osteuropa eine Schlüsselrolle gespielt hatte. "Wenn die Privatisierung so vonstatten geht, wie es jetzt im Gespräch ist, dann wird sie unseren und den europäischen Ölkonzernen helfen, sich die irakischen Ölfelder unter den Nagel zu reißen."

Für die US-Konzerne bedeutet die Eroberung des Irak mehr als einfach nur Öl. Sie bietet die Chance zu schrankenloser Ausbeutung und dringend benötigten, schnellen Profiten durch die Ausplünderung eines ganzen Landes.

Der Irak war vom Standpunkt des kapitalistischen Profitstrebens ein wehrloses und in vieler Hinsicht unwiderstehliches Opfer. Das Land besitzt riesige natürliche Reichtümer; seine nachgewiesenen Ölreserven von 112 Milliarden Barrel werden nur von Saudi Arabien übertroffen. Es hat auch gut ausgebildete Arbeitskräfte. Doch als Ergebnis der amerikanischen Militärangriffe und 12-jähriger Strafsanktionen wurde es zu einem der wirtschaftlich zurückgebliebensten Länder der Welt mit einem Pro-Kopf Einkommen von gerade einmal 800 Dollar im Jahr sowie einem Bruttoinlandsprodukt, das in den letzten zwei Jahrzehnten um mehr als 70 Prozent gefallen ist.

Vor dem Krieg produzierten Iraks Ölfelder pro Tag 2,5 Millionen Barrel Öl. Man schätzt, dass durch Sachinvestitionen von einigen Milliarden Dollar die Förderung in wenigen Jahren auf sieben Millionen Barrel pro Tag angehoben werden könnte. Nach heutigen Preisen könnten damit jährliche Einnahmen von mehr als 60 Mrd. Dollar erzielt werden.

Eine unzureichende kapitalistische Entwicklung kennzeichnet buchstäblich alle anderen Wirtschaftszweige. An der Börse des Landes waren gerade einmal 95 Unternehmen notiert, und die Kapitalisierungsrate bezogen auf das Bruttosozialprodukt gehört zu den niedrigsten in der gesamten Region.

Das Telekommunikationsnetz des Irak gehört zu den am wenigsten entwickelten der Welt; ein Ergebnis der von den USA befürworteten Sanktionen, welche dem Irak die nötige Technologie vorenthielten. Pro hundert Einwohner gibt es heute nur 2,9 Telefonapparate, ein Mobilfunknetz existiert nicht.

Die Übernahme der Ölindustrie ist schon im Gange. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende von Shell, Philip Carroll, soll für das Ölministerium zuständig sein. Letzte Woche wurde auch bekannt, dass der "Auftrag zum Löschen der Ölquellen", der schon während des Kriegs einer Tochtergesellschaft von Halliburton zugeschanzt worden war, weit mehr umfasst als nur das Löschen der brennenden Ölquellen - wie Regierungsvertreter bisher glauben machen wollten -, sondern auch "die Förderung und den Vertrieb von Ölprodukten".

Mit anderen Worten, der Konzern, an dessen Spitze US-Vizepräsident Richard Cheney von 1995 bis 2000 stand - und der ihm bis heute bis zu eine Million Dollar im Jahr zahlt - wird Iraks Ölproduktion organisieren und alles geförderte Öl kontrollieren.

Die Tochtergesellschaft Kellogg, Brown & Root (KBR) erhielt ohne Ausschreibung den Zuschlag für einen Vertrag, der sowohl zeitlich wie auch wertmäßig kein Limit hat. Wie die meisten vergebenen Aufträge hat er eine "Kosten-plus"-Bestimmung, d.h. je mehr Kosten die Firma verursacht, desto mehr Profit macht sie.

Der KBR-Vertrag wurde erst aufgrund einer Anfrage des demokratischen Abgeordneten Henry Waxman aus Kalifornien enthüllt, der auch wissen wollte, ob Halliburton den Zuschlag wegen seiner politischen Beziehungen erhalten hatte.

In einem Brief an das Army Corps of Engineers, das diese Information gegeben hatte, hielt Waxman fest, dass in früheren Beschreibungen des Vertrags nur von Feuerlöschen und Reparaturen die Rede gewesen war. "Diese neuen Enthüllungen sind wichtig, und sie scheinen den von der Regierung oft wiederholten Beteuerungen zu widersprechen, dass das irakische Öl dem irakischen Volk gehört."

Öffentliches Eintreten für einen amerikanischen Imperialismus

Im Irak ist eine grundlegende Umorientierung der amerikanischen Außenpolitik zu beobachten, mit enorme Auswirkungen für die Welt wie auch für die amerikanische Bevölkerung. Washington hat ein unverhüllt neokoloniales Unternehmen gestartet. Dass die Behauptung, es baue im Irak eine Demokratie auf, eine glatte Lüge ist, liegt auf der Hand. Demokratien entstehen nicht unter vorgehaltenem Bajonett oder auf Anordnung einer Militärverwaltung. Die Iraker, die sich die USA als Helfer für ihr Unterfangen ausgesucht haben, allen voran der verurteilte Betrüger Ahmed Chalabi, sind eine Bande von Kriminellen und CIA-Agenten.

Der für die militärische Besetzung zuständige pensionierte US-General Jay Garner kündigte letzte Woche an: "Bis Mitte des Monats wird der Keim einer irakischen Regierung sichtbar werden, die ein irakisches Gesicht hat und mit der Koalition zusammenarbeitet". Dieses "irakische Gesicht" schließt alle Kräfte im Irak aus, die wirklich die Unterstützung der Massen genießen. Wo einheimische Kräfte die Initiative ergriffen, Ordnung und Infrastruktur wiederherzustellen, wie in Mosul und Falludschah, reagierte die US-Armee mit blutigen Massakern.

Zu den wichtigsten politischen Merkmalen dieses Prozesses gehört, dass er im gesamten offiziellen politischen Spektrum in den USA selbst auf keinerlei Widerstand stößt. In früheren Zeiten vermieden die imperialistischen US-Politiker und ihre ideologischen Verteidiger tunlichst den Begriff Imperium, und nicht selten beriefen sie sich darauf, dass das Land selbst aus einem antikolonialen, revolutionären Krieg entstanden sei, um ihre moralische Überlegenheit über ihre Rivalen aus dem "alten Europa" zu betonen. Heute nehmen sie US-Imperium und Kolonialismus ungeniert in Schutz.

Der außenpolitische Chefkommentator der New York Times, Thomas Friedman, ein Schuft, der die vielfältigen Kriegsvorwände der Regierung pflichtbewusst nachgeplappert hat, ist das beste Beispiel. In einem Appell an liberale Kriegsgegner, sie sollten doch "konstruktive Kritiker" werden und an der Aufgabe, "eine Nation aufzubauen", teilnehmen, schreibt Friedman: "Wir haben jetzt einen 51. Staat mit 23 Millionen Menschen. Wir haben gerade ein Baby namens Bagdad adoptiert." Er schließt mit der Aufforderung an die Demokraten in den USA, sie sollten doch "die Gelegenheit nicht versäumen, einen der wichtigsten Wendepunkte in der amerikanischen Außenpolitik mitzugestalten - und helfen, ihn herbeizuführen".

Noch provokativer gab sich Max Boot, ein rechter Kommentator, der als Sprecher für die Koalition hinter Bush fungiert, in einem Beitrag für USA Today, dem er den Titel gab: "Amerikanischer Imperialismus? Man muss diese Bezeichnung nicht meiden." Er rief US-Politiker auf, sich keine Gedanken über eine mögliche Opposition gegen das neokolonialistische Unternehmen im Irak zu machen. "Über 125.000 amerikanische Soldaten besetzen Mesopotamien," triumphierte er. "Die Ressourcen der reichsten Wirtschaft der Welt stärken ihnen den Rücken. In einem Wettkampf um die Kontrolle über den Irak kann Amerika jede konkurrierende Fraktion finanziell und durch seine Stärke aus dem Feld schlagen."

Weiter warnte Boot davor, die mit der Eroberung des Irak verbundenen Kosten zu unterschätzen. "Wir gewöhnen uns besser daran, dass US-Soldaten jahrelang, möglicherweise jahrzehntelang dort stationiert sein werden," schrieb er. "Falls das Kritik am amerikanischen Imperialismus hervorruft, sei’s drum. Man wird uns Imperium nennen, was immer wir auch tun werden. Dann lasst uns wenigstens ein erfolgreiches Imperium sein."

Die große Mehrheit der irakischen Bevölkerung will nicht zu Sklaven des kapitalistischen Amerika werden. Nicht wenige mussten bereits sterben, weil sie sich diesem kriminellen Unterfangen entgegen stellten. Sollte es gelingen, werden nicht sie allein, sondern auch Arbeiter in den Vereinigten Staaten und weltweit einen schrecklichen Preis dafür bezahlen.

Eine beispiellose soziale und wirtschaftliche Krise

Amerikas raubgierige Politik im Irak wird durch tiefe soziale und wirtschaftliche Widersprüche im Innern der USA selbst angetrieben. Der US-Kapitalismus steht vor seiner schlimmsten Wirtschafts- und Finanzkrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Für den April waren über 146.000 Stellenstreichungen vorgesehen; damit werden im dreiunddreißigsten Monat in Folge Arbeitsplätze vernichtet. Es bedeutet den längsten Rückgang der Beschäftigung in der ganzen Nachkriegszeit.

An der Spitze dieser Arbeitsplatzvernichtung standen - mit fast 58.000 geplanten Entlassungen - die Verwaltungen der Bundesstaaten und Kommunen, die in zunehmender Zahl vom Bankrott bedroht sind. Fast 120.000 Entlassungen wurden seit Jahresbeginn im öffentlichen Sektor angekündigt. Dazu kommen drastische Kürzungen wichtiger Dienstleistungen, vom staatlichen Schulwesen bis zur Gesundheitsvorsorge.

Eine Umfrage unter den Führungskräften der größten Arbeitgeber in den USA ergab, dass nur 18 Prozent der Konzerne in diesem Jahr die Sachinvestitionen erhöhen wollen. Die übrigen 82 Prozent sagten aus, ihre Investitionen würden stagnieren oder zurückgehen. Nur neun Prozent dieser Manager erklärten, ihre Konzerne planten, dieses Jahr neue Arbeitskräfte einzustellen, während fast die Hälfte davon ausgingen, noch mehr Beschäftigte zu entlassen.

Der US-Dollar hat mittlerweile eine steile Talfahrt hinter sich und in den letzten anderthalb Jahren gegenüber dem Euro etwa 20 Prozent nachgegeben, was die Kapitalflucht aus den US-Märkten angesichts sinkender Profitraten widerspiegelt. Das angeblich so unbesiegbare Amerika, die "einzige Supermacht" der Welt, hat in Wirklichkeit mit einem beispiellosen wirtschaftlichen Niedergang zu kämpfen.

Die Bemühungen der Finanzoligarchie, diese Trends durch Finanzbetrug und kriminelle Wirtschaftspraktiken einerseits, und eine Wende zum Militarismus und zur kolonialen Eroberung andererseits umzukehren, sind eine Reaktion auf Krise und Niedergang im Zentrum des amerikanischen Kapitalismus.

Die Art und Weise, wie die USA den Irak ausplündern, bedeutet, dass amerikanische Arbeiter die ersten sein werden, die den Preis dafür bezahlen, dass sich eine Handvoll Konzerne mit politischen Beziehungen bereichern. Die "Befreiung" des irakischen Volkes wird dazu führen, dass auch das amerikanische Volk ganz massiv zur Ader gelassen wird. Der militärische Sieg Amerikas hat bloß den Spielraum der kriminellen Schicht erweitert, die sowohl die Politik als auch die Unternehmen beherrscht.

Die von der Bush-Regierung vergebenen Kosten-Plus-Verträge können nicht anders als durch Angriffe auf grundlegende soziale Bedingungen im Innern finanziert werden.

Der Aufstieg eines neuen amerikanischen Neokolonialismus wird darüber hinaus keine Wiederholung des Kolonialismus Europas im 19. Jahrhundert sein. Die Erträge aus einem eroberten Irak wird keine "Arbeiteraristokratie" hervorbringen. Die globale Integration der kapitalistischen Produktion wird den Irak zu einer weiteren Quelle für Billiglohnarbeit machen. Seine Eroberung wird den Abfluss von Geld und Arbeitsplätzen aus den USA nur beschleunigen, um sicherere Profite im Irak zu suchen.

Gleichzeitig wird diese neokoloniale Plünderung den Würgegriff der korruptesten und rechtesten Elemente in der amerikanischen Regierung verstärken. Die lukrativsten Deals im Irak werden diejenigen gewinnen, die sich bei den republikanischen Wahlkampfkomitees eingeschmeichelt haben. In diesem Spiel muss man "bezahlen, um mitzuspielen."

Der Kampf gegen Krieg, Kolonialismus und Imperium

Amerikanische Arbeiter können ihre eigenen Rechte nur verteidigen, indem sie sich der Wende zu Kolonialismus und Imperium bedingungslos widersetzen. Dieser Prozess geht Hand in Hand mit der Zerstörung des Lebensstandards und der Arbeitsplätze im Innern und der Errichtung eines noch repressiveren politischen Regimes, das die Beseitigung grundlegender demokratischer Rechte anstrebt.

In Europa müssen Arbeiter die opportunistischen und feigen Bemühungen ihrer Regierungen zurückweisen, sich den räuberischen Zielen Amerikas anzupassen und dadurch ein Stück von der Beute abzukriegen. Ob diese Bemühungen Erfolg haben oder scheitern, das Resultat wird in jedem Fall ein noch stärkerer Angriff auf die schon zerrütteten Überreste des Sozialstaates sein, der während der Nachkriegszeit aufgebaut worden war. Die Appeasement-Politik gegenüber dem US-Imperialismus kann nur neue koloniale Eroberungsfeldzüge erleichtern, die schließlich in einen dritten Weltkrieg münden.

Im Irak müssen die Massen mit unbeugsamem Willen Widerstand gegen ein neokoloniales Regime leisten. Die Behauptung, Washington habe ein Interesse an Demokratisierung und Modernisierung im Irak, ist eine Lüge. Die amerikanische Elite ist nur daran interessiert, sich alles anzueignen, was Profit abwerfen könnte, und jeden Widerstand der Iraker gegen die Plünderung ihrer Ressourcen zu unterdrücken.

Die Forderung muss lauten: Sofortiger Rückzug aller US- und britischen Besatzungskräfte aus dem Irak und Einberufung einer demokratisch gewählten, verfassungsgebenden Versammlung, um eine neue unabhängige irakische Regierung zu bilden, die dem Schutz der irakischen Ressourcen verpflichtet ist und sie für das Wohl der Masse der arbeitenden Menschen des Landes nutzen wird.

Der Kampf gegen Krieg und das Wiederaufleben des Neokolonialismus kann nur von einer Kraft erfolgreich geführt werden: der internationalen Arbeiterklasse. Eine neue revolutionäre Partei muss aufgebaut werden, um die Arbeiterklasse unabhängig zu mobilisieren und sie international auf der Grundlage sozialistischer Perspektiven zu vereinen, die das Profitprinzip durch die bewusste Entwicklung einer Weltwirtschaft im Interesse aller ersetzen. Das ist die Perspektive des World Socialist Web Site und der Partei für Soziale Gleichheit.

Siehe auch:
Krieg, Oligarchie und politische Lügen
(10. Mai 2003)
(Dieser Artikel ist auch in der gleichheit - September/Oktober 2003 enthalten.)
Loading