John Christopher Burton, der sozialistische Kandidat für das Gouverneursamt in Kalifornien, fordert lückenlose Aufklärung des Stromausfalls im Osten der USA

Folgende Erklärung wurde am Freitag, den 15. August von John Christopher Burton verbreitet, einem Bürgerrechtsanwalt und Sozialisten, der bei der kalifornischen Widerrufswahl vom 7. Oktober als unabhängiger Kandidat antritt. Burton tritt bei der Abstimmung über die Absetzung des amtierenden Gouverneurs Gray Davis für ein "Nein" ein. Für den Fall, dass die Abberufung Erfolg haben sollte und Davis zurücktreten muss, fordert er die Kalifornier auf, ihre Stimme ihm zu geben, weil er eine sozialistische Alternative zu den Kandidaten der zwei großen kapitalistischen Parteien (Demokraten und Republikaner) vertritt. Die Socialist Equality Party (SEP) der Vereinigten Staaten und die World Socialist Web Site unterstützen Burtons Kandidatur.

Der Stromausfall, der dazu geführt hat, dass fünfzig Millionen Menschen im ganzen Nordosten und Mittelwesten ohne Strom und ohne ausreichende Trinkwasserversorgung waren, erfordert eine vollständige, rückhaltlose und öffentliche Untersuchung. Die Ereignisse der letzten zwei Tage haben jetzt schon eine wichtige Tatsache offenbart: Die wirtschaftliche und soziale Krise in Kalifornien ist nicht nur eine kalifornische Frage. Vielmehr ist sie Ausdruck einer Krise, die sich national und international entwickelt. Der Zusammenbruch der gesellschaftlichen Infrastruktur mit allen seinen verheerenden Auswirkungen für die einfachen Menschen ist ein vernichtendes Urteil über das bestehende wirtschaftliche und politische System.

Es ist noch zu früh, um das volle Ausmaß des Schadens zu ermessen - zerstörte Arbeitsplätze, vernichtete Kleinbetriebe, Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlergehen von Millionen Menschen -, den der jüngste Zusammenbruch der Stromversorgung in den USA angerichtet hat. Dennoch kann kein Zweifel daran bestehen, dass er viele Opfer fordern und das Leben vieler Menschen zerstören wird.

Was auch immer der unmittelbare Anlass des Blackouts gewesen sein mag, er steht im Zusammenhang mit der systematischen Deregulierung der Energieindustrie und der Abschaffung jeder Form von effektiver öffentlicher Kontrolle über die Konzernriesen. Die Umstände, die es Enron und andern Gesellschaften ermöglicht haben, ihre Profite mit gesellschaftlich zerstörerischen und kriminellen Mitteln hochzuschrauben, Kalifornien dabei in einen Albtraum von ständigen Stromausfällen und Spannungsabfällen zu stürzen und die Staatskasse zu plündern, bestehen weiterhin. Kraftwerke und Leitungssystem sind veraltet und störanfällig, und jede Form einer vernünftigen und gesellschaftlich verantwortlichen Organisation wurde dem anarchischen Walten des Marktes und dem Bestreben einzelner Konzerne und Großinvestoren geopfert, ihr persönliches Vermögen zu vergrößern.

Der größte Stromausfall aller Zeiten in Amerika ist nach der Destabilisierung der Wirtschaft Kaliforniens ein weiterer Beleg für die Krankheit eines System, das die Bedürfnisse der modernen Gesellschaft - mit all ihren umfassenden und komplexen Anforderungen - der Raffgier von privaten Reichtümern und Konzernprofiten unterordnet.

Seit den letzten großen Blackouts - dem Stromausfall an der Ostküste von 1965 und dem Blackout in New York von 1977 - haben sich Technologie und demographische Verhältnisse grundlegend verändert, was das Alltagsleben noch abhängiger von einer sicheren Stromversorgung macht. Verkehr und Kommunikation im Land und zwischen den Staaten sind viel enger verwoben, sind komplexer und schneller geworden. Man muss nur in Betracht ziehen, welche Rolle Computer, das Internet und Satellitenkommunikation heute im Alltagsleben spielen - Dinge, die das Leben der Menschen vor 25 Jahren noch kaum berührten.

Doch in der Zwischenzeit wurde die damals schon begrenzte und ungenügende gesellschaftliche Kontrolle über Produktion und Verteilung von Energie gänzlich eliminiert, was die ganze Bevölkerung auf Gedeih und Verderb den Interessen des großen Geldes ausliefert, das den Energiemarkt nach selbstsüchtigen Motiven organisiert und manipuliert. Das ist Parasitentum in seiner reinsten Form.

Das unsoziale und irrationale Treiben des kapitalistischen Marktes wird durch nackte Kriminalität noch verschärft. Die Raubzüge von Enrons Kenneth Lay in Kalifornien sind heute wohl bekannt. Aber ähnliche Praktiken haben zu dem aktuellen Blackout beigetragen.

Am Freitag berichtete das Wall Street Journal, wohl kaum ein Gegner der freien Marktwirtschaft, folgendes: "Zu Beginn dieses Jahres warnte die Leitung des Nordamerikanischen Rats für die Zuverlässigkeit der Elektrizitätsversorgung (NERC), der nach dem Blackout von 1965 gegründet worden war, den Kongress, er habe ‚eine Zunahme der Anzahl und der Schwere von Regelverletzungen festgestellt’, während ‚der wirtschaftliche und politische Druck auf Stromanbieter zunimmt’ und die Energieversorger ihre Funktionen aufgliedern."

Die Bevölkerung Kaliforniens, der USA und immer mehr auch der ganzen Welt bezahlt den Preis für den Abbau vormals vorhandener Formen öffentlicher Kontrollen und Regulierungen des Kapitals. Der Zusammenbruch des kapitalistischen Systems in den dreißiger Jahren hatte die weitsichtigeren Vertreter des amerikanischen Kapitals von der Notwendigkeit überzeugt, dass ein gewisses Maß an Kontrolle über die Operationen der Industriemonopole und Banken notwendig ist, um das Profitsystem vor seinen eigenen destruktiven Impulsen und der lauernden Bedrohung durch eine soziale Revolution zu bewahren. Daher die Einführung staatlicher Behörden für Eisenbahnen, Luftverkehr, Schwertransporte, Bankwesen, Börse, Funk und Fernsehen.

Während des letzten Vierteljahrhunderts jedoch haben die mächtigsten Schichten der amerikanischen herrschenden Elite vor dem Hintergrund einer anhaltenden Rentabilitätskrise in den wichtigsten Industriezweigen die Lehren der Vergangenheit beiseite geworfen und sich für die Abschaffung jeglicher Kontrolle über die Wirtschaft eingesetzt. Beide großen Parteien - Demokraten wie Republikaner - haben diesen Kurs verfolgt. Die US-Medien, selbst im Besitz und unter der Kontrolle von riesigen Konzernen, haben sich um die Verwirrung und Manipulation der öffentlichen Meinung bemüht und dabei alles getan, um die traumatischen Lehren früherer Generationen über die angebliche "Zauberkraft" des kapitalistischen Marktes aus dem Massenbewusstsein zu tilgen.

Die Bush-Regierung bereitet sich schon darauf vor, den Stromausfall dieser Woche zu vertuschen. Von einer Regierung, die Kenneth Lay und Enron beschützt, jede ernsthafte Untersuchung des 11. September und der Anthrax-Anschläge blockiert und ihre ganze Politik - von der Repression im Innern bis zum Krieg im Ausland - aufgrund von Lügen gerechtfertigt hat, kann keine glaubhafte Untersuchung erwartet werden. Auch von den Demokraten ist nichts anderes zu erwarten als eine Fortsetzung von Kriecherei und Komplizenschaft.

Ich stehe bei der Widerrufswahl in Kalifornien als sozialistischer Kandidat zur Wahl, weil nur ein Programm die Krise, die Kalifornien und das ganze Land beherrscht, in fortschrittlicher und demokratischer Weise lösen kann, das sich gegen die Ursache der aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Krise richtet - nämlich gegen die Tatsache, dass individueller Reichtum und Konzernprofite Vorrang vor menschlichen Bedürfnissen haben.

Im fordere eine vollständige und öffentliche Untersuchung des Blackouts. Welche Gesellschaften waren für die schlechten Bedingungen verantwortlich, die zu der Katastrophe führten? Mit welchen Finanzhäusern stehen sie in Verbindung? Wie sehen ihre politischen Verbindungen zur Bush-Regierung und zu den Republikanern und den Demokraten aus? Wie hat die Tendenz, die Energieindustrie zu deregulieren und aufzuspalten, zum Zusammenbruch ihrer Infrastruktur beigetragen?

Ich fordere außerdem ein vollständiges Zurücknehmen aller Maßnahmen, die eingeführt wurden, um Großkonzerne zu deregulieren. Die Tyrannei des Marktes über die Menschen muss beendet werden.

Um eine erschwingliche, ausreichende und stabile Energieversorgung zu gewährleisten, befürworte ich außerdem die Umwandlung der großen Energiekonzerne in öffentliche Einrichtungen, die der demokratischen Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung unterworfen sind. Nur auf dieser Grundlage kann die Produktion und Verteilung von Strom vernünftig und sozial gerecht organisiert werden.

Keine der Parteien oder Politiker, die vom Kapital ausgehalten werden, wird eine solche Politik gutheißen oder irgend eine Maßnahme unterstützen, die ernsthaft etwas gegen die Probleme von Arbeitern unternimmt - gegen Arbeitslosigkeit, ungenügende Gesundheitsvorsorge, zerfallende Schulen, heruntergekommene Häuser, Armut. Die Arbeiter müssen ihre eigene, unabhängige Partei aufbauen, um für ihre Interessen zu kämpfen. Das ist die Socialist Equality Party, deren Politik ich unterstütze. Ich vertrete als einziger ein Programm, das die Verteidigung demokratischer Rechte und den Kampf für soziale Gleichheit ins Zentrum stellt.

Siehe auch:
Der Sozialist und Bürgerrechtsanwalt John Christopher Burton tritt bei den kalifornischen Gouverneurswahlen an
(14. August 2003)
Loading