Sri Lanka

LTTE unterstützt Niederschlagung des Streiks im Gesundheitswesen

Die separatistischen Tamil Tigers of Tamil Eelam (LTTE) unterstützen derzeit die Regierung Sri Lankas bei der Niederschlagung eines landesweiten Streiks im Gesundheitswesen. Dieses Verhalten spricht Bände über den Klassencharakter der LTTE und über den wahren Zweck ihrer Friedensgespräche mit der Regierung in Colombo.

Rund 80.000 Beschäftigte traten am 17. September in einen unbefristeten Ausstand. Der Streik richtet sich direkt gegen die Versuche der regierenden United National Front (UNF), den Auflagen des IWF im Hinblick auf Haushaltskürzungen und Privatisierungen nachzukommen. Angesichts steigender Preise und erbärmlich niedriger Löhne unterstützt die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten die Forderung nach deutlichen Lohnerhöhungen.

Die UNF-Regierung hat sich jedem Kompromiss verweigert und wirft den Streikenden vor, das Leben der Patienten aufs Spiel zu setzen. In einem klaren Rechtsbruch setzt sie Angehörige des Militärs als Streikbrecher in den Krankenhäusern ein. Das Gesundheitsministerium hat 1.600 Gelegenheitsarbeiter entlassen und durch Hunderte Streikbrecher ersetzt. Gleichzeitig wird die Polizei eingesetzt, um Streikende zu schikanieren, einzuschüchtern und sogar zu verhaften.

In dieser Situation hat die LTTE entschieden, nicht die Arbeiter, sondern die Regierung zu unterstützen. Am 23. September berief sie in Jaffna, der wichtigsten Stadt der Nordprovinz, eine Versammlung im dortigen staatlichen Krankenhaus ein, auf der sie die Beschäftigten aufforderte, ihren Arbeitskampf aus "humanitären Gründen" zu beenden. Die Argumentation der LTTE deckt sich exakt mit jener der Regierung und der Medien in Colombo. Sie lenkt davon ab, dass die Verantwortung für die Verschlechterung des öffentlichen Gesundheitswesens und für die damit verbundene Gefährdung der Patienten bei der Regierung und deren Politik liegt.

In hitzigen Auseinandersetzungen mit den anwesenden LTTE-Vertretern verlangten die Beschäftigten des Krankenhauses in Jaffna zu wissen, weshalb sich die LTTE gegen den Streik wende, während sie doch einen früheren Arbeitskampf der Ärzte unterstützt habe. Am Ende setzten sich die Arbeiter über die Warnungen der LTTE, dass es zu einem Militäreinsatz kommen könnte, hinweg und beschlossen eine Fortsetzung des Ausstands.

Medienberichten zufolge kam es an anderen Orten zu ähnlichen Vorfällen. Der LTTE-Führer für die Region Jaffna, Illanpirai, soll im wichtigsten Lehrkrankenhaus der Stadt eine Rückkehr zur Arbeit angeordnet haben. Offenbar warnte er, dass andernfalls die Streikenden durch LTTE-Kämpfer ersetzt würden. In Vavuniya erklärte ein führender LTTE-Vertreter namens Amirthab gegenüber der Presse, dass 20 LTTE-Kämpfer in das örtliche Krankenhaus beordert worden seien, um die Beschäftigten zur Rückkehr an die Arbeit zu zwingen. Dieselbe Anweisung erging offenbar im Osten Batticaloas, wo die Beschäftigten mindestens eines großen Krankenhauses den Aufforderungen der LTTE keine Folge leisteten.

Entsprechende Medienberichte wurden vom Gewerkschaftsverband des Gesundheitswesens (Health Services Trade Union Alliance) bestätigt und von der LTTE nicht dementiert. Wickramabahu Karunaratne, der Vorsitzende der opportunistischen Nava Sama Samaja Party (NSSP), versuchte gegenüber dem britischen Nachrichtensender BBC das Verhalten der LTTE damit zu rechtfertigen, dass sie lediglich versucht habe, die Entsendung des Militärs in die Krankenhäuser zu verhindern. Diese Behauptung wurde allerdings dadurch widerlegt, dass die LTTE keinerlei Protest äußerte, nachdem die Regierung tatsächlich Soldaten in die Krankenhäuser geschickt hatte.

Wie die Reaktion der LTTE auf den Streik beweist, vertritt sie entgegen ihrer langjährigen Selbstdarstellung die Interessen nicht der tamilischen Arbeiter und unterdrückten Massen, sondern der Bourgeoisie. Angesichts einer breiten Bewegung der Arbeiterklasse, bei der tamilische, singhalesische und muslimische Arbeiter ihre Grundrechte und gemeinsamen Anliegen verteidigen, bezieht die LTTE Stellung auf Seiten der Regierung in Colombo.

Zwanzig Jahre lang hat die LTTE für einen eigenen Zwergstaat, Tamil Eelam, im Norden und Osten der Insel gekämpft und dies als die einzige Möglichkeit dargestellt, die demokratischen Rechte der tamilischen Minderheit zu verteidigen. Ihr eigentliches Bestreben bestand darin, eine Basis zu schaffen, von der aus die tamilische Bourgeoisie eigene Beziehungen zum Imperialismus anknüpfen und die Arbeiterklasse auf eigene Rechnung ausbeuten könnte. Von daher gab sie die Forderung nach einem eigenen Staat auch sofort auf, als ihr die Regierung in Colombo in Friedensgesprächen eine Beteiligung an der Macht anbot.

Der Chefunterhändler der LTTE, Anton Balasingham, machte die Orientierung seiner Organisation gleich zu Beginn der Verhandlungen deutlich. Demonstrativ stellte er sich hinter das Ziel der Regierung, Sri Lanka in wirtschaftlicher Hinsicht zu einem "asiatischen Tigerstaat" zu machen, und unterstützte damit offen das IWF-Umstrukturierungsprogramm.

Die tonangebenden Kreise des srilankischen Kapitals fordern seit langem ein Ende des Krieges, um ausländische Investitionen anzuziehen, die Umsetzung des IWF-Programms zu erleichtern und ein koordiniertes Vorgehen gegen die zunehmend unruhige Arbeiterklasse zu ermöglichen. Die LTTE strebt die Stellung einer Polizeitruppe an, die diese Maßnahmen unter der tamilischen Minderheit durchsetzt. Das ist der eigentliche Grund, weshalb sie den Streikbruch der Regierung unterstützt. Angesichts der festgefahrenen Friedensverhandlungen benutzt die LTTE den gegenwärtigen Arbeitskampf, um dem Kapital und den wichtigsten ausländischen Mächten zu signalisieren, dass sie sich als verlässlicher und vertrauenswürdiger Partner der Regierung zur Verfügung hält.

Niemand sollte glauben, dass die LTTE davor zurückschrecken wird, sich mit gewaltsamen Unterdrückungsmaßnahmen gegen die Arbeiterklasse zu solidarisieren oder selbst dazu zu greifen. Immerhin machte sie bereits während des Bürgerkriegs, um chauvinistische Stimmungen zu schüren, singhalesische Arbeiter, Dorfbewohner und Arme für die Verbrechen der Regierung in Colombo verantwortlich und griff sie direkt an. Im Jahr 1996 führte die LTTE einen Bombenanschlag auf die Zentralbank in Colombo durch, bei dem 100 unschuldige Bankangestellte getötet und mehr als 1.400 Menschen verletzt wurden.

Vor einem Jahr äußerten führende Vertreter der LTTE auf der im Norden Sri Lankas gelegenen Insel Kayts Todesdrohungen gegen Mitglieder der Socialist Equality Party, nachdem sich die auf Initiative der SEP gegründete örtliche Fischergewerkschaft geweigert hatte, Geld für den Bau eines LTTE-Büros zu spenden. Im Gefolge dieser Drohungen wurde das SEP-Mitglied Nagaraja Kodeeswaran grundlos mit einem Messer angegriffen, und die LTTE gab einen Aufruf an "alle Menschen" heraus, "diese Leute und die Arbeit ihrer Partei zu beseitigen".

Wie die SEP damals warnte, richteten sich diese Angriffe der LTTE nicht nur gegen die Mitglieder der SEP, sondern gegen jeden Kampf tamilischer Arbeiter für ihre eigenen Klasseninteressen. Der Angriff auf die SEP ließ erkennen, welche Rolle die LTTE anvisiert, falls sie im Rahmen eines Abkommens mit Colombo an der Regierungsmacht beteiligt würde. Die jetzigen Angriffe der LTTE auf die Beschäftigten des Gesundheitswesens haben diese Warnungen der SEP bestätigt.

Der Streik selbst bringt das elementare Streben der srilankischen Arbeiter - tamilisch, singhalesisch und muslimisch - zum Ausdruck, sich über ethnische, sprachliche und religiöse Grenzen hinweg zusammenzuschließen.

Im Gegensatz zu jeder Art von spalterischer Politik muss sich die Arbeiterklasse einer wirklich progressiven Lösung für die politische, ökonomische und soziale Krise zuwenden. Dem dient der Aufbau der Socialist Equality Party - der einzigen Partei, die sich von Anfang an gegen den Krieg wendete und zugleich den sofortigen und bedingungslosen Abzug der srilankischen Truppen aus dem Norden und Osten forderte, während sie ein separates Tamil Eelam, wie es die LTTE verlangt, konsequent ablehnte. Die SEP kämpft für den Zusammenschluss aller Arbeiter in Sri Lanka mit den Arbeitern auf dem gesamten indischen Subkontinent und weltweit. Diesem Ziel dient ihre Forderung nach einer Vereinigten Sozialistischen Republik von Sri Lanka und Eelam.

Siehe auch:
Gewaltsamer Angriff der LTTE auf einen Sozialisten in Sri Lanka
(15. Oktober 2002)
LTTE beugt sich dem internationalen Kapital
( 25. September 2002)
Augenzeugenbericht über die Situation in den LTTE-kontrollierten Gebieten in Sri Lanka
( 23. Juli 2002)
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