Socialist Equality Party verurteilt schleichenden Staatsstreich in Sri Lanka

Die Socialist Equality Party (SEP), die srilankische Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), verurteilt die undemokratische Aneignung der Macht durch die srilankische Präsidentin Chandrika Kumaratunga auf das Schärfste. Die Art und Weise, wie sie die Kontrolle über drei wichtige Ministerien - Verteidigung, Inneres und Information - an sich gerissen und anschließend den Ausnahmezustand erklärt hat, kommt einem schleichenden Staatsstreich gleich. Kumaratunga, die sich unmittelbar auf die Armee stützt, hat die ersten Schritte in Richtung einer Militärdiktatur unternommen.

Kumaratunga übt jetzt die gesamte Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus und hat damit begonnen, Soldaten rings um wichtige Einrichtungen zu stationieren, zum Beispiel um das größte Kraftwerk von Colombo, mehrere Botschaften, wie auch die staatlichen Zeitungen und Radio- und TV-Stationen. An die Spitze dieser Einrichtungen und Abteilungen hat sie ihre eigenen Beamten gestellt, außerdem hat sie das Parlament für zwei Wochen vertagt und dadurch der Regierung der Vereinten Nationalen Front (UNF) alle Mittel aus der Hand genommen, um verfassungsmäßige Schritte gegen ihr Vorgehen einzuleiten.

Von noch größerer Bedeutung ist die Tatsache, dass der Ausnahmezustand die demokratischen Grundrechte der srilankischen Bevölkerung außer Kraft setzt. Dies unter Bedingungen einer wachsenden Empörung von Arbeitern, Jugendlichen und der Landbevölkerung, die sich gegen Massenarbeitslosigkeit, Arbeitsplatzabbau, Privatisierung und die Verschlechterung der sozialen Leistungen richtet. Es ist zwar noch nicht ganz klar, was der Ausnahmezustand genau bedeutet, aber in früheren Fällen waren alle politischen Aktivitäten verboten, der jeweilige Präsidenten zu einer strikten Medienzensur ermächtigt und Polizei und Armee zu willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen berechtigt worden.

Indem sie Kumaratungas Staatsstreich anprangert, verurteilt die SEP auch die kriminelle Rolle der Lanka Sama Samaja Party (LSSP), der Nava Sama Samaja Party (NSSP) und der Kommunistischen Partei. Alle diese sogenannten "Arbeiterparteien" unterstützen Kumaratunga und ihre auf die Armee gestützten Manöver und tragen so dazu bei, die Maschinerie einer Diktatur zu schmieren.

Kumaratunga hat die Kontrolle an sich gerissen, indem sie sich der ausgedehnten und unumschränkten präsidialen Vollmachten bediente, die in der srilankischen Verfassung von 1978 enthalten sind. Diese war von der Regierung der Vereinigte Nationalpartei (UNP) unter J.R. Jayewardene als Reaktion auf die Aufstandsbewegung der Arbeiterklasse in den siebziger Jahren eingeführt worden.

Als die Partei von Kumaratunga, die Srilankische Freiheitspartei (SLFP), noch in der Opposition war, hatte sie gegen diese "diktatorische" Verfassung gewettert und versprochen, sie werde den präsidialen Vollmachten ein Ende setzen. Aber 1994, als ihre Volksallianz (PA) die Wahlen gewann, weigerte sie sich, ihr Versprechen zu halten. Als in den Wahlen von 2001 die PA die Macht wieder verlor, blieb Kumaratunga Präsidentin. Heute nutzt sie dieses Amt aus, um die gewählte Regierung zu untergraben.

Im Zentrum des Kampfs um die Kontrolle über den Staat steht ein Konflikt innerhalb der herrschenden Elite über die Versuche der UNF-Regierung, den verheerenden, zwanzigjährigen Bürgerkrieg im Land zu beenden. Premierminister Ranil Wickremesinghe hat versucht, ein Abkommen mit den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) über die Teilung der Macht auszuhandeln, um die Insel als Billiglohnparadies für ausländische Investoren zu öffnen. Seine Initiativen wurden von den Vereinigten Staaten, der Europäischen Union und Indien aus eigenen wirtschaftlichen und strategischen Motiven unterstützt, sowie von den führenden Teilen der Wirtschaft.

Kumaratunga und die PA vertreten die Interessen der rückständigeren Schichten der Wirtschaft und von Teilen der militärischen und staatlichen Bürokratie, die vom Krieg profitiert haben. Sie behindern den "Friedensprozess" und richten sich mehr und mehr an den chauvinistisch-singhalesischen Parteien wie Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) und Sihala Urumaya aus

Kumaratungas schleichender Staatstreich erfolgte nur drei Tage, nachdem die LTTE ihre Vorschläge für eine selbstbestimmte Übergangsregierung im Norden und Osten der Insel bekannt gegeben hatte, um die ins Stocken geratenen Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen. Die PA hatte die Pläne für eine Übergangsregierung zusammen mit der JVP und der SU seit Wochen als "Verrat" bezeichnet, der das Land spalten werde.

Die Allianz zwischen Kumaratunga und den extrem rechten und chauvinistischen Organisationen muss von der Arbeiterklasse als deutliche Warnung verstanden werden, wohin ihr Staatstreich führt. Die Art und Weise, wie die JVP den Rassismus anstachelt und den "Verrat an der Nation" anprangert, erinnert an ihre Rolle zur Zeit des indisch-srilankischen Abkommens in den späten achtziger Jahren. Damals mobilisierte sie bewaffnete Banden, um die Gegner ihrer "patriotischen" Kampagne zu ermorden. Unter den Opfern befanden sich auch Mitglieder der Revolutionary Communist League, der Vorgängerorganisation der SEP.

Wenn die Arbeiterklasse Kumaratungas Vorgehen verurteilt und ihrem Putsch entgegentritt, darf sie der UNF-Regierung keinerlei politische Unterstützung gewähren. Deren "Friedens"-Pläne haben nichts mit den Erwartungen gewöhnlicher Arbeiter gemein, die auf demokratische Rechte und eine Verbesserung des Lebensstandards hoffen. Was immer die Streitpunkte zwischen UNF und LTTE sein mögen, beide arbeiten daran, der Bevölkerung im Norden und Osten eine nicht-gewählte, nach ethnischen Gesichtspunkten ausgesuchte Übergangsregierung aufzuzwingen, und der srilankischen Arbeiterklasse als ganzer ein Programm drastischer wirtschaftlicher Kürzungen. Die Bereitschaft der LTTE, im September die UNF stillschweigend zu unterstützen, als diese die Armee gegen 80.000 streikende Krankenhausarbeiter einsetzte, zeigt klar, was Arbeiter von einem Machtteilungsabkommen zu erwarten haben.

Wenn übrigens Wickremesinghe statt Kumaratunga in der Opposition wäre, würde er genau so vorgehen wie sie. Beide, die UNP und die SLFP, stecken tief im Sumpf des singhalesischen Chauvinismus, den sie seit Jahrzehnten ausnutzen, um die Arbeiterklasse ethnisch zu spalten. Vor nur drei Jahren hatte Kumaratunga unter dem Druck der Wirtschaft und der imperialistischen Großmächte versucht, ein Paket von Verfassungsreformen zu verabschieden, das den Weg zu Gesprächen mit der LTTE frei machen sollte. Damals reagierte Wickremesinghe auf eine chauvinistische Kampagne der JVP und anderer singhalesischer Extremisten. Er hielt sein Versprechen nicht ein, für die notwendige Zweidrittelmehrheit zu sorgen, und zwang Kumaratunga so, die Maßnahmen zurückzuziehen.

Um einen Weg aus diesem chauvinistischen Sumpf zu bahnen - in den eine bürgerliche Partei der andern folgt, indem sie die rassistische Karte ausspielt und zunehmend reaktionäre und anti-demokratische Herrschaftsformen einführt - muss die Arbeiterklasse die Lehren aus ihren eigenen historischen Erfahrungen beherzigen.

Die Ursprünge der heutigen politischen Krise können unmittelbar auf das Jahr 1964 zurückverfolgt werden, in dem die LSSP die Grundsätze des sozialistischen Internationalismus aufgab und der Regierung von Sirima Bandaranaike, der Mutter Kumaratungas, beitrat.

Die LSSP passte sich dem tamilenfeindlichen, singhalesischen Chauvinismus der SLFP an und schuf dadurch die Voraussetzungen für das Anschwellen der ethnischen Politik, die 1983 schließlich zum Ausbruch des Bürgerkriegs führen sollte. Gleichzeitig ließ die LSSP, indem sie 1964 und 1970 der jeweiligen bürgerlichen Regierung beitrat, die tamilische Arbeiterklasse und die unterdrücktesten singhalesischen Schichten im Stich - insbesondere die Jugend und die armen Bauern. Das politische Vakuum, das durch den großen Verrat der LSSP entstand, führte dazu, dass LTTE und JVP groß werden konnten.

Die Arbeiterklasse ist die einzige gesellschaftliche Kraft, die eine progressive Lösung aus der wachsenden sozialen und politischen Krise bieten kann. Weder die PA noch die UNF haben eine politische Antwort auf die Bedürfnisse und Hoffnungen der Arbeiterklasse, der Jugend und der Massen auf dem Land. Aus diesem Grund versuchen sie, ihre Macht durch mörderische Fehden, das Schüren ethnischer Gegensätze und die Mobilisierung der Armee zu bewahren.

Die Arbeiterklasse kann ihre Interessen nur verteidigen, indem sie sich politisch vollständig von allen Flügeln der Bourgeoisie und deren Apologeten in der LSSP, NSSP und KP trennt. Dafür ist es notwendig, die städtischen und ländlichen Armen um ein sozialistisches Programm zu scharen, das darauf abzielt, die Gesellschaft von Grund auf neu zu gestalten, um die Bedürfnisse der Mehrheit und nicht die Profitinteressen einiger Weniger zu befriedigen.

Um dies zu verwirklichen, müssen Arbeiter entschlossen alle Formen von Kommunalismus und Rassismus zurückweisen. Ob Singhalesen, Tamilen oder Muslime, alle Arbeiter stehen vor dem gleichen täglichen Überlebenskampf gegen einen gemeinsamen Klassenfeind. Die Arbeiterklasse muss über alle ethnischen Grenzen hinweg gemeinsam für die Vereinigte Sozialistische Republik von Sri Lanka und Tamil Eelam kämpfen, als Teil des Kampfs für Sozialismus auf dem indischen Subkontinent und weltweit. Die einzige Partei, die dieses Programm vertritt, ist die Socialist Equality Party und ihr internationales Organ, die World Socialist Web Site.

Siehe auch:
Srilankische Regierung sieht sich mit wachsender Opposition konfrontiert
(30. Oktober 2003)
LTTE unterstützt Niederschlagung des Streiks im Gesundheitswesen
( 1. Oktober 2003)
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