Die Perfektionierung der Flüchtlingsabwehr

50 Jahre "Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge"

Beim Jubiläumsakt zum fünfzigjährigen Bestehen haben die geladenen Politiker klar gemacht, was sie vom Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) verlangen: dass die Behörde ihrem Namen Hohn spottet. Im Vordergrund der Festrede von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) und einem Grußwort seines bayerischen Amtskollegen Günter Beckstein (CSU) stand nicht das Asylrecht, sondern dessen angeblich "immenser Missbrauch".

Zynisch werden die geringen Anerkennungszahlen von Asylanträgen für diese Behauptung angeführt. Tatsächlich aber hat das BAFl unter Weisung von Politik und Gesetzgebung seit den 1980er Jahren alles getan, um die Anerkennungsquoten von Asylbewerbern auf ein möglichst geringes Niveau zu drücken. Die Flüchtlingsbehörde hat sich damit immer mehr zu einem Bundesamt für die Ablehnung ausländischer Flüchtlinge entwickelt.

Die Anfänge des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge

Im Grundgesetz von 1949 wurde ein individueller Anspruch auf Asyl verankert: "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht." Die Bundesrepublik war damit einer der wenigen Staaten, die den Artikel 14 der Allgemeinen Menschenrechte in ein Grundrecht mit Verfassungsrang umsetzten.

Eine Rolle spielten hierfür die Erfahrungen des Naziregimes, als Hunderttausende Flüchtlinge aus Deutschland in den europäischen Nachbarländern keinen Schutz fanden, in Lagern interniert oder gar den Nazis ausgeliefert wurden. Und obwohl im Parlamentarischen Rat heftig darüber gestritten wurde, ob man vom Recht auf Asyl bestimmte ethnische und politische Flüchtlinge ausschließen solle, wobei wesentlich an Nichtdeutsche und Sozialisten gedacht wurde, einigte man sich parteiübergreifend doch auf einen subjektiven Asylanspruch, der jedem Flüchtling zustehen solle, da nur ein solches Asylrecht überhaupt Sinn mache.

In der Praxis jedoch wurde das Asylrecht im Laufe der Jahre immer weiter verwässert und ausgehöhlt, bis es 1993 praktisch abgeschafft wurde. Doch bereits vorher stand es stets unter politischem Vorbehalt. Dazu schuf man das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, das in seiner nun fünfzigjährigen Geschichte bereitwillig die Vorgaben der herrschenden Elite erfüllte.

Bis 1953 regelten alleine die alliierten Besatzungsmächte die Gewährung von Asyl, es gab weder eine deutsche Verwaltungsstruktur noch eine rechtliche Umsetzung des Asylanspruchs.

Dies hatte sich auch mit der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 (GFK) nicht geändert. Diese beinhaltet zwar eine relativ weit reichende Definition des Flüchtlings, aber keinen individuellen Anspruch auf Asyl, sondern schützt nur vor Auslieferung und Abschiebung.

Allerdings markiert das Inkrafttreten der "Verordnung über die Anerkennung und Verteilung von ausländischen Flüchtlingen" am 12. Januar 1953, mit der die Genfer Flüchtlingskonvention in innerstaatliches Recht der Bundesrepublik übernommen wurde, die Geburtsstunde des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, das damals noch eine einfache Dienststelle war, untergebracht in einem ehemaligen Kriegsgefangenenlager nahe Nürnberg, das seit Kriegsende als Flüchtlingslager diente.

Die Bundesdienststelle mit ihren etwa 40 Mitarbeitern war bis 1965 noch nicht für Asylgesuche zuständig, sondern nur für die Anerkennung von Auslieferungs- und Abschiebeschutz gemäß der Flüchtlingskonvention. Asylgesuche wurden dagegen von den damals noch vorhandenen Ausländerpolizeibehörden bearbeitet, die nicht der Bundesdienststelle unterstanden. Als geltendes Recht für die um Asyl nachsuchenden Flüchtlinge galt die Ausländerpolizeiverordnung von 1938, die bloß von einigen rassistischen Begrifflichkeiten gereinigt worden war.

So verliefen die ersten zwölf Jahre der Bundesdienststelle beschaulich. Pro Jahr wurden etwa 2.500 Anträge auf Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention bearbeitet, die Anerkennungsquote schwankte zwischen 10 und 50 Prozent, so dass bis 1965 weniger als 10.000 Flüchtlinge Schutz in der Bundesrepublik fanden. Dies waren fast ausschließlich Konventionsflüchtlinge aus Osteuropa. Und obwohl die Flucht vor den stalinistischen Regimen propagandistisch ausgeschlachtet wurde, kam es nicht selten vor, dass Flüchtlinge zugleich mit ihrem Ablehnungsbescheid ins Flugzeug zurück nach Prag, Budapest oder Warschau gesetzt wurden.

Aus der Bundesdienststelle wird ein Bundesamt

Erst 1965 wurde die Bundesdienststelle zu einem dem Bundesinnenministerium unterstellten Bundesamt, das auch Asylanträge und nicht nur Abschiebeschutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention bearbeitete. Zwei Gründe waren hierfür ausschlaggebend. Zum einen entschied das Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil von 1959, dass das Verfassungsrang besitzende Asylrecht weit auszulegen sei, und zum anderen dürstete die bundesdeutsche Wirtschaft nach Gastarbeitern. Als billige Arbeitskräfte durften damals dann auch Flüchtlinge herhalten. Die bis 1965 geltende Ausländerpolizeiverordnung wurde abgelöst durch ein Ausländergesetz, in dem erstmals auch die Anerkennungsverfahren für Asylbewerber rechtlich festgeschrieben wurden.

Bis 1974 kamen die Flüchtlinge weiterhin zum größten Teil aus Osteuropa. Als 1969 Tausende nach der Niederschlagung des "Prager Frühlings" aus der Tschechoslowakei flohen, wurde noch bis zu 85% der Flüchtlinge Asyl gewährt. Das änderte sich schlagartig, als ab Mitte der 1970 Jahre vermehrt Verfolgte aus der so genannten "Dritten Welt" in Deutschland um Asyl nachsuchten. Zunächst Chilenen, Vietnamesen und Palästinenser, ab 1979 dann vor allem Afghanen und Türken ließen die Asylbewerberzahlen auf 108.000 im Jahr 1980 ansteigen. Gleichzeitig fiel die Anerkennungsquote zunächst auf 12 Prozent, 1982 sogar auf unter 7 Prozent.

Das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge legte das Asylrecht gegenüber nichteuropäischen Flüchtlingen entgegen den Vorgaben des Verfassungsgerichts sehr eng aus. Verfolgte aus Osteuropa dagegen wurden weiterhin in großem Maße anerkannt, ihnen stand sogar ein allgemeiner Abschiebeschutz zu.

Aber das politische Klima gegenüber Ausländern hatte sich verfinstert. Mit der Ölkrise 1973 kam es zum Anwerbestopp für ausländische Arbeitnehmer, die immer mehr als Sündenbock für die ökonomische Krise und wachsende soziale Probleme herhalten mussten. Die Worte "Asylantenschwemme", "Wirtschaftsflüchtling" und "Scheinasylant" machten unter Politikern aller etablierten Parteien die Runde. Der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) kündigte im Bundestagswahlkampf 1980 erstmals eine Änderung des Grundrechts auf Asyl an.

Obwohl es zu keiner Grundgesetzänderung kam, wurde das Asylrecht stark ausgehöhlt. Eingeführt wurde ein Zwang zur Lagerunterbringung und ein Visumzwang für Menschen aus den Hauptherkunftsländern. Fluggesellschaften wurden für die Beförderung von Flüchtlingen ohne Visum in Haftung genommen, und die Anhörungspraxis wurde geändert. Um die Verfahren zu beschleunigen, entscheid ein nun Einzelentscheider statt eines dreiköpfigen Gremiums über die Anträge. Die Rechtsmittel für die Flüchtlinge wurden drastisch beschnitten. Flüchtlinge, deren Asylanträge nicht anerkannt wurden, mussten den langwierigen und finanziell riskanten Weg über Verwaltungsgerichte gehen, um ihr Recht auf Asyl durchzusetzen.

Diese Maßnahmen, die sich hauptsächlich gegen Flüchtlinge aus Afrika, Asien und Südamerika richteten, verfehlten ihre Wirkung nicht. Die Flüchtlingszahlen halbierten sich innerhalb eines Jahres und sanken 1983 auf unter 20.000.

Das Ende des Asylrechts 1993

Doch gegen die Flüchtlinge, die während des Umbruchs in Osteuropa und des Balkankriegs nach Deutschland flohen, war das neue Asylverfahrensrecht noch nicht gefeit. Die Flüchtlingszahlen stiegen rapide an. Zudem versagte das Bundesinnenministerium dem Flüchtlingsbundesamt eine personelle Aufstockung, was einen Bearbeitungsstau und sich in die Länge ziehende Asylverfahren zur Folge hatte, mit denen dann die weiteren Angriffe auf das Asylrecht begründet wurden.

Erneut denunziert als "Wirtschaftsflüchtlinge" und "Scheinasylanten", die die sozialen Sicherungssysteme belasten, wurden Flüchtlinge im nationalistischen Taumel um die Wiedervereinigung praktisch für vogelfrei erklärt, was Neonazis zu Brandanschlägen auf Asylbewerberheime ermutigte.

Das BAFl reagierte auf den politischen Druck, indem es die Anerkennungsquote der Asylanträge auf skandalöse 3,2 Prozent 1993 senkte. Die Entscheider des Bundesamts setzten damit den so genannten "Asylkompromiss" zwischen den Regierungsparteien CDU/CSU und FDP sowie der oppositionellen SPD gewissermaßen im vorauseilenden Gehorsam um. Der "Asylkompromiss", der Anfang 1993 zustande kam und am 1. Juli 1993 in Kraft trat, schaffte das Asylrecht mit dem neuen Grundgesetzartikel 16a und der Einführung der Regelungen über sichere Drittstaaten und sichere Herkunftsstaaten faktisch ab.

Das Bundesamt wuchs in dieser Zeit stark an. Nach dem "Asylkompromiss" beschäftigte es neben 4.100 eigenen noch einige Tausend weitere Mitarbeiter, die eiligst von anderen Behörden abgestellt wurden, und unterhielt neben der Zentrale zeitweilig 48 Außenstellen.

Das Bundesamt heute

Seither schrumpfte die Behörde auf 2.300 Mitarbeiter in insgesamt 24 Dienststellen. Dieser dramatische Abbau resultierte einerseits aus der seit 1993 stetig gesunkenen Zahl der Asylanträge und andererseits aus der erheblichen Straffung der Asylverfahren.

Dem Flüchtling wird inzwischen praktisch keine Möglichkeit mehr gegeben, seine Fluchtgründe vorzubringen. Stattdessen versuchen die Entscheider unter der Prämisse der Asylmissbrauchsvermutung den Asyl Suchenden in Widersprüche zu verwickeln und aus den oft traumatisierten Flüchtlingen Einreise und Fluchtrouten über als "sicher" festgelegte Drittstaaten herauszuquetschen, um den Asylantrag als "offensichtlich unbegründet" ablehnen zu können.

Das beschleunigte Flughafenverfahren und die Verwendung von vorformulierten Textbausteinen aus Lageberichten des Auswärtigen Amtes, die noch für jeden Staat sichere innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten ausmachen, tun ein Übriges, um die Asylanträge im Rekordtempo abzulehnen. Das Bundesinnenministerium von Otto Schily (SPD) und Joschka Fischers (Grüne) Auswärtiges Amt arbeiten dabei Hand in Hand.

So befindet sich die Anerkennungsquote für Asyl Suchende auch unter der rotgrünen Bundesregierung weiter im freien Fall. Im letzten Jahr wurden nur noch 1,7 Prozent der Flüchtlinge Asyl gewährt. Abschiebeschutz, das "kleine Asyl", erhielten ebenfalls nur 1,7 Prozent. Damit hat es die rotgrüne Koalition geschafft, die schon skandalös niedrigen Anerkennungsquoten der letzten Jahre der Kohl-Regierung noch deutlich zu unterbieten.

Das hinderte Schily nicht daran, in seiner Festrede zum Jubiläum der Behörde die Mitarbeiter noch einmal zu ermahnen, dass "der Flüchtlingsschutz nicht zu Einwanderungszwecken missbraucht" werden darf. Doch da braucht er sich wohl wenig Sorgen machen. In einer Informationsbroschüre des BAFl findet sich dieselbe ausländerfeindliche Rhetorik, die auch der Bundesinnenminister verwendet. Man liest dort vom "Zuwanderungsdruck unter Missbrauch des Asylrechts" und vom Rückgang der Zahl der Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten, denn "stattdessen stehen nun Herkunftsländer an der Spitze, in denen politische Verfolgung im Einzelfall (sic!) tatsächlich vorkommt, wie z.B. Irak, Iran und Afghanistan".

Das Bundesamt arbeitet zur vollen Zufriedenheit Schilys, der fast jeden neuerlichen Rückgang der Asylbewerberzahlen als "erfreuliche Entwicklung" bezeichnet. Während seiner Amtszeit ist die Zahl der vom Bundesamt bearbeiteten Asylanträge ebenso drastisch gesunken wie die Anerkennungsquote. Von Januar bis November 2003 haben nur noch 47.154 Flüchtlinge in Deutschland Asyl beantragt. Insgesamt wird die Zahl der Asylanträge 2003 bei etwa 51.000 liegen, so wenig wie seit 1984 nicht mehr. Das sind über 20.000 weniger als noch 2002, ein Rückgang um fast 30 Prozent. Seit der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch die rotgrüne Koalition hat sich die Zahl sogar mehr als halbiert.

Das liegt allerdings nicht daran, dass es weniger Flüchtlinge gäbe, denn obwohl die EU und ihre Mitgliedsstaaten kaum eine Anstrengung unterlassen haben, Flüchtlinge gar nicht erst auf ihr Territorium kommen zu lassen, ist die Zahl der Asylbewerber zwischen 1998 und 2003 mit jeweils ca. 320.000 Schutz suchenden Menschen nahezu konstant geblieben.

Beantragten 1998 noch ca. 30 Prozent aller in die EU gelangten Flüchtlinge in Deutschland Asyl, werden es dieses Jahr nur noch knapp 16 Prozent sein, obwohl in Deutschland 22 Prozent der Bevölkerung der EU leben und die deutsche Wirtschaft etwa ein Viertel zum Bruttoinlandsprodukt der EU beiträgt. Hatten Schily und seine Amtsvorgänger in den 1990er Jahren noch auf eine "gerechtere Verteilung der Flüchtlinge" gepocht, wehrt er sich nun in den Sitzungen des europäischen Rats für Justiz und Inneres mit Händen und Füßen gegen eine solche Regelung.

Widerrufsverfahren: Ein Angriff auf anerkannte Flüchtlinge

Doch weniger Asylanträge und fallende Anerkennungsquoten genügen dem deutschen Innenminister nicht. Schily droht den anerkannten Asylbewerbern immer vehementer mit Widerrufsverfahren. In seiner Jubiläumsansprache forderte er, dass "die Asylanerkennung unverzüglich widerrufen werden" muss, "wenn die Gründe für die Asylanerkennung nicht mehr vorliegen", und drängte auf eine entschlossene Anwendung dieses Instruments.

Mit Widerrufsverfahren werden Flüchtlinge behelligt, deren Fluchtgründe angeblich nicht mehr vorliegen, um sie schließlich doch noch ausweisen zu können. Der Widerruf der Asylanerkennung wird durch Paragraf 73 des Asylverfahrensgesetzes ermöglicht, wurde aber bis vor wenigen Jahren praktisch nicht angewandt.

Mit dem "Anti-Terror-Paket II" hat Schily vor einem Jahr die Möglichkeiten zur Anstrengung eines Widerrufsverfahrens stark ausgeweitet. Zudem übt sein Ministerium seit einigen Monaten Druck auf das BAFl aus, vermehrt Widerrufsverfahren zu eröffnen, um so angesichts der sinkenden Flüchtlingszahlen auch weiterhin eine Auslastung der Asylentscheider zu gewährleisten. Im Klartext heißt das, dass die Bundesamtsmitarbeiter "Beschäftigungssicherung auf Kosten der Flüchtlinge" betreiben sollen, wie Pro Asyl kommentierte.

Seit Sommer hat das BAFl daher die Beweislast für die Widerrufsverfahren umgekehrt und verschickt Fragebögen an anerkannte Asylbewerber, in denen die Betroffenen Stellung dazu nehmen müssen, warum immer noch genügend Voraussetzungen für ein Abschiebeverbot bestehen.

Betroffen sind derzeit unter anderem tamilische Flüchtlinge aus Sri Lanka, denen bei einer Rückkehr immer noch Verhaftung und Folter drohen. Das BAFl begründet die Aberkennung des Asylstatus lapidar damit, dass der Bürgerkrieg in Sri Lanka vorbei sei.

Demnächst werden von der Ausweitung der Widerrufsverfahren vor allem Flüchtlinge aus dem Irak und Afghanistan betroffen sein, die nach dem Willen der Innenminister der Länder ab dem Frühjahr 2004 vermehrt in ihre Herkunftsstaaten abgeschoben werden sollen. Mit den Widerrufsverfahren sollen dafür die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Denn mit der Aberkennung des Asylstatus wird die Verantwortung den kommunalen Ausländerbehörden zugespielt, die über den weiteren Aufenthaltsstatus entscheiden. Von einer baldigen Abschiebung bedroht sind dann die Schwächsten und Ärmsten: die Flüchtlinge, die ohnehin nur eine befristete Aufenthaltsbefugnis haben oder von Sozialhilfe leben.

Weder das Bundesamt noch das Bundesinnenministerium geben Zahlen heraus, wie viele Widerrufsverfahren in den letzten fünf Jahren angestrengt worden sind, aber die Widerrufung und Rücknahme von über 8.000 anerkannten Asylanträgen zwischen 1998 und 2002 dient als weitere "Erfolgsmeldung" in der Asylbilanz des Innenministers.

Schilys Zuwanderungsgesetz sieht sogar eine Umgehung der Ausländerbehörden vor. In seinem Entwurf ist eine routinemäßige Überprüfung anerkannter Flüchtlinge nach drei Jahren vorgesehen. Mit einem Widerruf der Asylgewährung wird dann umgehend auch die Aufenthaltserlaubnis erlöschen und der Flüchtling wird zur Ausreise gezwungen.

Die Zukunft des Bundesamtes

Daneben werden der obersten Flüchtlingsbehörde immer weitere Zuständigkeiten zugewiesen. So beherbergt es die Zentralstelle zur Verwaltung des europäischen Flüchtlingsfonds in Deutschland. Da dieses Programm ohnehin schon mehr die Rückführung von Flüchtlingen als den Aufbau einer Existenz in der neuen Ersatzheimat fördert, ist abzusehen, wie das Bundesamt die zur Verfügung stehenden Gelder verteilen wird.

Hinzu kommt die Zuständigkeit für die "Integrationsförderung von Zuwanderern", worunter zum Beispiel Sprachkurse oder soziale Eingliederungshilfen fallen. Dass eine Behörde, die ihren Auftrag in der Abwehr von Zuwanderung sieht und das Asylrecht so restriktiv wie möglich auslegt, auch hier rigoros aussieben wird, ist mehr als wahrscheinlich. Nicht durch das Sieb rutschen werden nur die Migranten, "die uns nützen", wie Schilys Busenfreund Günter Beckstein (CSU) polemisiert. Den Anderen wird wohl unter Verweis auf "mangelnde Integrationsfähigkeit" die Ausweisung drohen.

Schily wird sich dabei auf die "effiziente" Verwaltungsarbeit der BAFl verlassen können. Nicht zu Unrecht hat er das BAFl als eine "moderne und innovative Bundesbehörde" gepriesen. Schließlich hat unter der rotgrünen Bundesregierung der seit Juli 2000 amtierende Leiter Albert Schmid (SPD) das System elektronischer Datenerfassung und -weitergabe (einschließlich der Einrichtung des EU-weiten Fingerabdruckidentifizierungssystems EURODAC) perfektioniert. Die vollständige Überwachung und Registrierung der Flüchtlinge wird zusammen mit dem regen Datenaustauch mit Sozialämtern, Einwohnermeldeämtern, Bundes- und Landeskriminalämtern und den Behörden anderer EU-Staaten dazu benutzt, dem Flüchtling Asyl oder Abschiebeschutz vorzuenthalten.

Gleichzeitig kennt der Erfindungsreichtum keine Grenzen mehr, wenn es darum geht, Asylanträge mit standardisierten Bescheiden abzulehnen oder Anerkennungsbescheide nachträglich zu widerrufen. Die Behörde hat in ihrer Willfährigkeit gegenüber den politischen Vorgaben das erreicht, was Schily von ihr erwartet: Abschreckung von Asylbewerbern und Erzeugung von Vertreibungsdruck. Auf der Strecke bleibt dabei der Flüchtling, dessen Schicksal nicht mehr zur Kenntnis genommen wird und dem unmissverständlich klar gemacht wird, dass er unerwünscht ist.

Siehe auch:
Die tödlichen Folgen deutscher Flüchtlingspolitik
(24. Dezember 2003)
Zahl der Asylsuchenden und anerkannten Asylbewerber auf niedrigstem Stand seit 1987
( 15. Januar 2003)
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