Michael Moore unterstützt General Clark: die erbärmliche - und vorhersehbare - Logik der Protestpolitik

Die Entscheidung des unabhängigen amerikanischen Filmemachers und radikalen Publizisten Michael Moore, Ex-General Wesley Clark als Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei zu unterstützen, ist zwar bedauerlich, doch kaum erstaunlich. In diesem Schritt liegt eher eine gewisse Unvermeidbarkeit. Er macht deutlich, dass eine ganze Strömung des zeitgenössischen linksliberalen Denkens in Amerika an ihre Grenzen gestoßen ist.

Moore ist nur einer unter vielen in diesem Milieu, die zur Zeit die angeblichen Tugenden von Clark, von Ex-Gouverneur Howard Dean aus Vermont, des Abgeordneten Dennis Kucinich aus Ohio oder des Senators John Kerry aus Massachusetts entdecken.

Die Begründung, die der Filmemacher in der Erklärung "Ich werde Wesley Clark wählen / Good-Bye, Mr. Bush" vorbringt, ist pragmatisch und ziemlich kindisch. Moore erklärt, er habe Clark "mehrmals" getroffen, und: "Ich muss euch sagen, er ist die richtige Wahl... ein ehrlicher, anständiger, ehrenhafter Mann, der frischen Wind ins Weiße Haus bringen wird."

Sein wichtigstes Argument lautet: "Clark hat die besten Chancen, Bush zu besiegen.... Ich bin überzeugt, der sicherste Siegtreffer, um Bush zu entfernen, ist ein Vier-Sterne-Spitzengeneral-West-Point-Absolvent-Freiheits-Medaillen-Gewinner-Gewehr-Besitzer-aus-dem-Süden - der zufällig außerdem noch für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch, für die Umwelt und gegen Krieg ist. Ein solches Geschenk erhält man nicht alle Tage. Ich hoffe, die Liberale/Linke ist klug genug, es anzunehmen.... Clark stellt die beste Chance - vielleicht die einzige Chance - dar, um jene Süd- und Mittelwest-Staaten zu gewinnen, die wir gewinnen MÜSSEN, um Bush los zu werden. Und wenn wahr ist, was ich gerade sagte, dann haben wir keine andere Wahl, als den zu unterstützen, der das ermöglichen kann."

Danach schildert Moore ziemlich vollmundig Clarks dürftiges Programm und behauptet, der Ex-General werde es "den Reichen besorgen", indem er die Steuern für Einkommen über eine Million um fünf Prozent erhöhen werde. Außerdem sei er "zu 100 Prozent gegen die Wehrpflicht", er sei "Kriegsgegner", er werde "den Patriot Act [Anti-Terrorismus-Gesetz] umkrempeln und überholen und unsere verfassungsmäßigen Rechte auf Privatsphäre und Meinungsfreiheit wieder herstellen", etc.

Moore stützt, wie viele andere in den Protestkreisen der amerikanischen Mittelklasse, seine politische Einschätzung weitgehend auf oberflächliche Eindrücke. Insofern diese mit Sympathie für die Arbeiterklasse oder Mitleid mit deren Leid einhergehen oder solches mit einschließen, kann er wertvolle Werke hervorbringen. Sowohl Roger & Me als auch Bowling for Columbine enthalten trotz ihrer Grenzen einige wirklich lohnende Momente und Einsichten.

Es zeugte zweifellos von Mut, als er während der Oskar-Preisverleihung letztes Jahr Bush öffentlich vorwarf, er habe die Wahlen 2000 gestohlen. Aber individuelles Heldentum kann eine gründliche Analyse der modernen amerikanischen Gesellschaft, ihrer Triebkräfte oder ihres Platzes in der Geschichte nicht ersetzen. Moore hat keine Zeit für ein solches Unterfangen; für solche Erwägungen hat er nur Spott und Hohn übrig. Er würde sicher mit Henry Fords Aussage übereinstimmen, Geschichte sei ziemlicher Müll.

Alles wird auf unmittelbare und praktische Erwägungen reduziert und so der Rahmen der amerikanischen bürgerlichen Politik unkritisch akzeptiert. Auf diese Weise bleibt Moore vollkommen in den gegebenen politischen Verhältnissen gefangen und ist gezwungen, sich für den einen oder anderen Teil des Establishment zu entscheiden. Es ist bezeichnend, dass seine Wahl auf einen General a.D. fällt, der 1998 den brutalen 79-tägigen Bombenkrieg gegen das frühere Jugoslawien befehligte, ein Krieg, der so einseitig war, dass die US-Armee dabei nicht einen einigen Mann verlor.

Moore begründet seine Unterstützung für Clark mit einer fast hysterischen Angst vor George W. Bush. Diese Haltung verleiht dem heutigen Inhaber des Weißen Hauses ironischerweise eine Größe, die diesem kaum zukommt. Bushs Präsidentschaft ist ein Symptom für den kranken Zustand des amerikanischen Kapitalismus. Bush ist das Sprachrohr der raubgierigsten, brutalsten Schicht des amerikanischen Großkapitals. Sein Regime, zweifellos das reaktionärste der modernen US-Geschichte, ist jedoch nicht vom Himmel gefallen. Es ist der schärfste Ausdruck einer Rechtswende, die Republikaner wie Demokraten angesichts der Krise des Profitsystems eingeschlagen haben. Niemand, der sich ernsthaft mit der amerikanischen Gesellschaft befasst, könnte zum Schluss kommen, dass Bush die Quelle oder das Zentrum ihrer Probleme sei. Dass Moore Bush derart aufbläht, ist letztlich ein Ergebnis seines eigenen Fußfalls vor dem politischen Establishment der USA.

Die Dämonisierung Bushs wird zur Rechtfertigung für eine opportunistische Politik. Nach seiner Argumentationslinie zählt bei der Wahl nur eins: dass Bush besiegt wird. "Warum Kaft auf die Vergangenheit [d.h. Clarks Bilanz] verschwenden, wenn wir in der Gegenwart und in naher Zukunft vor einer so großen Gefahr stehen?" schreibt Moore. In den USA werden ganze Scharen linksliberaler Gruppen und Individuen versuchen, in den nächsten neun Monaten Argumente wie dieses als Keule gegen sozialistische Gegner des Zweiparteien-Systems zu schwingen.

Moores Erklärung schließt jede Erwägung von Clarks Rolle im Krieg gegen das ehemalige Jugoslawien oder als enthusiastischer Anhänger der Invasion des Irak im letzten Frühjahr aus. Am 10. April 2003 hatte der General eine Gastkolumne in der Londoner Times veröffentlicht. Sie stand unter der Überschrift: "Wie ein großer Sieg vollendet werden kann", und begann mit den Worten: "Gibt es etwas Bewegenderes als die fröhliche Menge, die durch die Straßen von Bagdad schwärmt? Erinnerungen an den Fall der Berliner Mauer und die Niederlage von Milosevic in Belgrad kehren zurück. Statuen und Bilder von Saddam werden zerschlagen und zerstört. Die Befreiung ist fassbar. Die Befreiung - der mächtige Balsam, der schmerzliche Opfer rechtfertigt, nagende Zweifel beseitigt und zu mutiger Aktion bestärkt. Der Duft des Sieges liegt schon in der Luft."

Clarks Artikel gesteht noch anhaltende Schwierigkeiten zu, fährt aber fort: "Dennoch können die unmittelbaren Aufgaben im Irak nicht die Bedeutung des Augenblicks schmälern. Das Regime scheint zusammengebrochen zu sein - und damit ist das oberste militärische Ziel erreicht, und auf diesen Erfolg können Verteidigungsminister und Generäle, Soldaten und Piloten stolz sein.... Auch die politischen Führer selbst, Präsident Bush und Tony Blair, sollten stolz auf ihre Entschlossenheit angesichts so vieler Zweifler sein." Das ist Moore’s Anti-Kriegs Kandidat. Das ist schon ein Element von Farce dabei.

Es sei daran erinnert, dass Moore im Gegensatz zu vielen anderen Liberalen in den USA und anderswo die von den USA geführte Nato-Intervention auf dem Balkan nicht unterstützte, bei der Clark eine führende Rolle spielte und die dieser auch heute noch entschieden verteidigt. Als das International Workers Bulletin, einer der Vorläufer der WSWS, Moore im September 1995 in Zusammenhang mit seinem Film Canadian Bacon interviewte, stellte es ihm auch Fragen über die "zweijährige Kampagne, die Serben als Monster hinzustellen", und über die "selektive Berichterstattung von Gräueltaten" auf dem Balkan.

Moore antwortete, dass "die Liberalen so etwas wieder einmal unterstützen. Ich finde das interessant. Die Leute sehen nicht, was hier wirklich vorgeht. Ich denke, die Medien in diesem Land bestehen aus einer einzigen Lüge, die immer und immer wieder wiederholt wird.... Wie lautet das alte Klischee? Gib einer Lüge 24 Stunden Vorsprung, und die Wahrheit wird sie niemals einholen. Man sagt einmal X über die Serben, und schon ist es raus.... Wenn man eine andere Meinung darüber verbreiten will, hat man eine Menge zu tun, um die Lüge einzuholen."

Moore sieht auch keine Notwendigkeit, seine eigene politische Geschichte zu erklären oder zu rechtfertigen. 2000 hatte er noch den Präsidentschaftskandidaten der Grünen, Ralph Nader, unterstützt und den Kandidaten der Demokraten, den damaligen Vizepräsidenten Al Gore, in deutlichen Worten verurteilt. In seinem Buch Stupid White Men empfiehlt er den Demokraten und Republikanern, sich einfach zusammenzuschließen und ihre gespielte Gegnerschaft fallen zu lassen; an anderer Stelle fordert er die "echten" Demokraten auf, zu ihren "Wurzeln" zurückzukehren.

Moore verurteilte regelmäßig und völlig zu Recht die rechte Außen- und Innenpolitik der Clinton-Regierung, aber ignoriert einfach die offensichtliche Tatsache, dass Clark als Vertreter des Lagers des Ex-Präsidenten in der Demokratischen Partei gesehen wird. Noch im Oktober 2003 bezeichnete er die Demokraten als einen "miesen Abklatsch einer Partei". Unbeständigkeit und Eklektizismus sind das Kennzeichen dieses politischen Milieus.

Moore schreibt in seiner Unterstützungserklärung für Clark: "Es gibt Zeiten, in denen man mit seiner Stimme eine Aussage machen muss, solche, in denen man für den Underdog stimmen, und solche, in denen man das Land vor der Katastrophe retten muss." Weiter erklärt er, die "Liberale/Linke" müsse "die große Mehrheit erreichen, die von diesen Rechten in die Enge getrieben wurde.... Wir haben im November eine bessere Siegeschance, wenn sie einer der ihren ins gelobte Land führt."

Diese Denkungsart, ein besonders krasser Ausdruck des Arguments zu Gunsten des "kleineren Übels", ist aber gerade einer der Faktoren, die die Vorherrschaft der extremen Rechten im politischen Leben der USA erst ermöglicht haben. Moore kann sich einen ehrlichen und direkten Appell an die amerikanischen Arbeiter mit einem antikapitalistischen Programm überhaupt nicht vorstellen - er geht davon aus, dass sie sich unter dem Einfluss der Rechten befinden.

Er verfolgt seine eigene Strategie, das amerikanische Volk "in die Enge zu treiben", indem er es ermutigt, sich der politischen Führung eines ehemaligen (oder nicht so ehemaligen) Rechten anzuvertrauen, um sich in das "gelobte Land" führen zu lassen. Wesley Clark gibt zu, für Ronald Reagan gestimmt zu haben. Solche ausgeklügelte, verzweifelte, opportunistische Manöver scheitern immer. Sie verstärken lediglich den Einfluss bürgerlicher Politik und Illusionen in weiten Teilen der Bevölkerung.

Warum ist es der Linken nicht gelungen, in den Vereinigten Staaten eine Massenbewegung aufzubauen? Natürlich hat die Stärke des amerikanischen Kapitalismus dabei eine Rolle gespielt. Aber auch die offensichtliche und zunehmende Krise des Systems hat das Problem nicht erledigt. Das Fehlen einer zusammenhängenden, durchdachten und ausgearbeiteten Ideologie, ja, die Verachtung für Theorie, die Moore und andere an den Tag legen, spielen dabei eine große Rolle. Die Rechte in den USA ist an sich weder besonders mächtig noch populär, ihre relative Vorherrschaft ist teilweise eine Funktion des intellektuellen Bankrotts dieser Art von "linkem" Pragmatismus, der völlig unfähig ist, sich an den historischen Bedürfnissen der Arbeiterklasse und dem Aufbau einer auf Prinzipien gegründeten Massenbewegung zu orientieren.

Moore nimmt sich nicht die Zeit zum Nachdenken; er hat, offen gesagt, nur Zeit für dumme, gedankenlose Entscheidungen. Wenn Ex-General Clark gewählt werden sollte, was wäre in Amerika dann anders? Statt der rücksichtslosen unilateralistischen Politik der Bush-Regierung hätten wir eine klügere, vielleicht besser gemanagte Ausbeutung breiter Massen in Zusammenarbeit mit den europäischen und anderen herrschenden Eliten. Kurz gesagt, eine Rückkehr zu Clinton. Diese Perspektive ist überhaupt keine Perspektive.

Siehe auch:
Iraq war dominates 75th Academy Awards - Filmmaker Michael Moore denounces Bush
(25. März 2003)
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