US Truppen veranstalten Gemetzel in Falludscha

Es ist durchaus angebracht, den Sturm der USA auf Falludscha mit der faschistischen Bombardierung der spanischen Stadt Guernica vom 27. April 1937 zu vergleichen: Sie wurde von Hitlers Gegnern als Warnung verstanden, was der gesamten internationalen Arbeiterklasse bevorsteht, wenn der imperialistische Militarismus nicht besiegt und überwunden wird.

Über 10.000 US-Soldaten sind am Montag aus verschiedenen Richtungen auf Falludscha vorgestoßen, nachdem sie am Sonntag bereits mehrfach in die westlichen Stadtteile vordrangen, mehrere Brücken über den Euphrat sicherten und das Zentralkrankenhaus der Stadt einnahmen. Vor dem Bodenangriff attackierten amerikanische Düsenflugzeuge tagelang die Stadt und warfen 1000-Pfund- und 500-Pfund-Bomben ab. Die äußeren Stadtbezirke standen unter dem Sperrfeuer von 155mm-Kanonen und Panzern.

In Falludscha erklärte ein Iraker der Londoner Times vor Beginn des Angriffs vom Montag: "Die Zerstörung ist so gewaltig, dass die Vorstädte wie nach einem Erdbeben ausschauen."

Ein Korrespondent von Agence France Press, der die Schlacht vom Stadtrand aus verfolgte, berichtete: "Der Himmel über Falludscha färbte sich rot, als Artillerie, Kampfflugzeuge und Panzer die irakische Rebellenhochburg angriffen.... Raketen schlugen wahllos überall in der Stadt ein, aber am schlimmsten betroffen waren das Askari-Viertel im Nordosten und Jolan im Nordwesten. ‚Dieser Stadtteil wird gerade dem Erdboden gleichgemacht’, sagte ein Einwohner von Jolan."

In irakischer Journalist, der sich noch immer in der Stadt aufhält, berichtete Al Jazeera über heftige Kämpfe in Jolan. "Die Verteidiger der Stadt erwidern die US-Angriffe mit allem, was ihnen zur Verfügung steht", sagte er.

Es gibt keine verlässliche Schätzung, wie viele irakischen Kämpfer und Zivilisten oder US-Soldaten bereits gefallen oder verwundet sind. Außer vereinzelten und bruchstückhaften Berichten existiert so gut wie keine unabhängige Medienberichterstattung über die Offensive oder das Verhalten der amerikanischen Soldaten. Eine Handvoll Journalisten befinden sich in der Stadt oder nicht weit davon entfernt, aber der größte Teil dessen, was die Zeitungen veröffentlichen, stützt sich auf Presseberichte und Erklärungen der US-Armee oder auf die zensierten Berichte der bei den Streitkräften "eingebetteten" Journalisten. Fast alles, was das Fernsehen bringt, besteht aus Material, das das US-Militär ausdrücklich freigegeben hat.

Der wichtigste Grund, warum das Krankenhauses von Falludscha noch vor dem Hauptsturm eingenommen wurde, war Zensur: Das amerikanische Militär will in der Lage sein, die irakischen Ärzte zu kontrollieren, damit sie nicht etwa den Medien mitteilen können, wie viele zivile Opfer bei ihnen eingeliefert werden.

Die Bush-Regierung und ihr irakisches Marionettenregime von Premierminister Ijad Allawi behaupten, Falludscha werde gestürmt, weil die Stadt "von Terroristen und ausländischen Kämpfern befreit" werden müsse, die angeblich unter dem Kommando des mit al-Qaida verbündeten Extremisten Abu Mussab al-Sarkawi stehen.

Das ist eine üble Verleumdung, die nur Verachtung verdient. Nachdem amerikanische Politiker monatelang behaupteten, gesicherte Informationen darüber zu besitzen, antwortete gestern Verteidigungsminister Donald Rumsfeld auf die direkte Frage, ob er Sarkawis Aufenthalt in Falludscha sicher bestätigen könne, mit den Worten: "Ich habe keine Ahnung, ob er dort ist." Die Iraker haben immer bestritten, dass sich Sarkawi in der Stadt aufhält. Was die Kämpfer aus benachbarten arabischen Staaten betrifft, so sind es in erster Linie Menschen, die nach Falludscha gekommen sind, um den Irakern bei der Verteidigung gegen die wirklichen ausländischen Eindringlinge - die US-Soldaten - beizustehen.

Für solch eine mörderische Politik, wie sie die USA jetzt gegen Falludscha betreibt, hatten die Nazis zur Zeit des Zweiten Weltkriegs in Europas besetzten Gebieten eine Bezeichnung: Sie nannten es "exemplarische Bestrafung". Die Bush-Regierung will die Stadt dem Erdboden gleichmachen - und die Demokraten und die amerikanischen Medien helfen ihr dabei -, sie will ihre Verteidiger töten oder gefangen nehmen, um an Falludscha ein Exempel für alle rebellischen Gebiete zu statuieren, mit welchen Konsequenzen der Widerstand gegen die Besatzung zu rechnen hat.

Falludscha ist ein Symbol für die weitverbreitete und legitime irakische Auflehnung gegen den amerikanischen Versuch, den Irak zu einem Vasallenstaat zu machen. Die Einwohnerschaft der Stadt steht in vorderster Front des bewaffneten Widerstands gegen die repressive US-Besatzung.

Im April 2003, nur wenige Tag bevor Bagdad an die Invasionstruppen fiel, massakrierten amerikanische Fallschirmjäger Dutzende unbewaffneter Jugendlicher in Falludscha, die in einer Schule der Stadt gegen die Präsenz der US-Truppen demonstrierten. Viele Einwohner Falludschas, die in der früheren irakischen Armee ausgebildet worden waren, rächten sich mit einem Guerillakampf, der die US-Armee schließlich zwang, sich Ende 2003 aus der Stadt zurückzuziehen.

Im April diesen Jahres wurde die Tötung von vier amerikanischen Söldnern in der Stadt zum Vorwand für eine massive US-Offensive genommen, deren Ziel es war, die Kontrolle der Besatzungstruppen wieder herzustellen. Die Kämpfer und Zivilisten in der Stadt erlitten grauenhafte Verluste, waren jedoch in der Lage, den Angriff abzuwehren, weil die US-Armee gleichzeitig im gesamten südlichen Irak mit einem Aufstand der Schiiten unter dem Geistlichen Moktada al-Sadr konfrontiert war. Um ihre Kräfte gegen die schiitische Rebellion zu konzentrieren, wurde in Falludscha ein Waffenstillstand geschlossen, der die Stadt einstweilen unter der Kontrolle eines Stadtrats aus Aufständischen und Stammesführern beließ, die keine Besatzungstruppen - weder amerikanische noch andere - in der Stadt duldeten.

In den sechs Monaten seither bereitete das US-Militär seine Rache für die Niederlage im April vor und versuchte seit Juni, die Stadt mit Luftschlägen zu zermürben. Mit der Bodenattacke wurde bis zur Unterdrückung des Schiitenaufstand im Süden gewartet, und vor allem bis nach den Wahlen in den Vereinigten Staaten, denn man befürchtete, dass die vermutlich hohen amerikanischen Opferzahlen die Wiederwahl der Bush-Regierung gefährden könnten.

Nachdem die Wahlen vorüber sind, bildet der Sturm auf Falludscha jetzt den Auftakt für eine Offensive, die das Ziel hat, noch vor den irakischen Parlamentswahlen Ende Januar 22 irakische Städte und Gemeinden, darunter die schiitische Vorstadt Sadr-City in Bagdad, unter amerikanische Kontrolle zu zwingen. Vor dem Angriff wurde ein 60-tägiger Ausnahmezustand über den gesamten Irak mit Ausnahme der drei nördlichen Kurden-Provinzen verhängt. Allawi hat jetzt die Vollmacht, Sperrstunden zu verhängen, Straßenkontrollen anzuordnen und unter dem Vorwand der Bekämpfung von Sympathisanten des Widerstands wahllos Verhaftungen vorzunehmen.

Die US-Offensive und das Kriegsrecht sollen sicherstellen, dass die Wahlen in einem Klima der Repression stattfinden und der Widerstand gegen die Besatzung zerschlagen oder bis zur Unterwerfung terrorisiert wird, damit die verhassten Amerika-freundlichen Elemente, die mit der Interimsregierung zusammenarbeiten, die einzigen Kandidaten sind.

Massenmord

Der Hauptzweck der Propaganda über den angeblichen Terrorismus besteht darin, die amerikanische Bevölkerung über die wahren Motive des Angriffs zu täuschen. Die gleiche Propaganda dient auch dazu, die amerikanischen Truppen aufzuwiegeln, die zum großen Teil erst vor kurzem im Irak angekommen sind und bisher noch nie an einem Kampf teilgenommen haben, und sie in einen blutrünstigen Taumel von Angst und Schrecken zu versetzen, ehe sie in die Schlacht geschickt werden.

Der Marinegeneralmajor John Sattler bezeichnete die Verteidiger von Falludscha als "Ganoven, Diebe, Mörder und Terroristen". Oberst Michael Shupp befahl seinen Soldaten, auf Iraker, die sich ergeben wollen, zu schießen, um "der Gefahr von Selbstmordattentätern" vorzubeugen. Der Armeeoberst Pete Newell erklärte: "Wir fangen an einem Ende der Stadt an und hören erst auf, wenn wir am andern Ende angekommen sind. Wenn dann noch welche übrig sind, drehen wir um und machen sie fertig."

Der Marineoberst Gary Bradl rief am offensten zum Massenmord auf und stellte ihn als christlich-fundamentalistische Pflicht dar. Er belehrte seine Truppen: "Der Feind hat ein Gesicht: Er nennt sich Satan. Er ist in Falludscha und wir werden ihn zerstören."

Die Schlacht, die jetzt in vollem Gange ist, wird von Marineoffizieren mit der Schlacht um die Stadt Hue in Vietnam 1968 verglichen. Der Vergleich könnte sich als zutreffend erweisen. Im Verlauf von 26 Gefechtstagen fielen über 600 US- und alliierte Soldaten und 3.164 wurden verwundet, während auf vietnamesischer Seite in der Stadt 5.000 Kämpfer getötet wurden. Über 10.000 Häuser wurden zerstört und vierzig Prozent der Stadt in Schutt und Asche gelegt.

Ein Beobachter schilderte auf der Internetsite GlobalSecurity.org das damalige Vorgehen: "Es war ein rasender Kampf - von Haus zu Haus durch die Straßen der Stadt - auf eine Art und Weise, wie sie Amerikanern seit dem zweiten Weltkrieg weitgehend unbekannt war. Der Boden wurde Zentimeterweise erkämpft, und jeder Häuserblock wurde teuer bezahlt: jede Gasse, jede Straßenecke, jedes Fenster und jeder Garten kostete einen hohen Blutzoll." ("Die Schlacht um Hue", 1969, Dr. James H. Willbanks)

Was es für junge amerikanische Soldaten bedeutet, in einen solchen Albtraum von Tod und Zerstörung geschleudert zu werden, drückt sich in den Erklärungen von Joseph Bowman aus, eines zwanzigjährigen Marinesoldaten aus Texas, der sagte: "Wir sind bereit loszuschlagen. Ich will das jetzt nur noch hinter mich bringen. Ich will losgehen und Leute töten, damit wir nach Hause kommen. Sie umbringen und dann nach Hause fahren, mehr können wir nicht tun."

Die Anweisungen, die US-Soldaten wie Bowman erhalten, werden in den kommenden Tagen und Wochen zu massenhaftem Töten führen. Eine 24-stündige "Ausgangssperre" wurde verhängt, was bedeutet, dass amerikanische Soldaten den Befehl haben, auf jedes männliche Wesen zwischen 15 und 50 Jahren zu schießen und jedes Fahrzeug, das sie auf den Straßen sehen, unter Feuer zu nehmen.

In Falludscha ist, militärisch ausgedrückt, das Feuer freigegeben. Jede Regierung und Organisation auf der Welt, die der US-Besatzung des Irak Unterstützung oder Legitimität verliehen hat, trägt politische Verantwortung für die jetzt stattfindenden Kriegsverbrechen.

Siehe auch:
Studie geht von 100.000 getöteten Irakern aus
(10. November 2004)
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