Druba Jyoti Majumdar: Nachruf auf einen indischen Trotzkisten

Am Morgen des 16. Januars starb Druba Jyori Majumbar, der zu den ersten Trotzkisten in Indien gehörte, in seinem Heimatort Katwa in Westbengalen an Asthma. Er wurde 75 Jahre alt.

Majumdar, der von seiner Familie und seinen Genossen Durbo genannt wurde, schloss sich 1946 im Alter von 17 Jahren der Bolschewistisch-Leninistischen Partei Indiens (BLPI) an, der damaligen Sektion der Vierten Internationale auf dem indischen Subkontinent. Seit dieser Zeit verstand er sich als revolutionärer Sozialist und Trotzkist. Aber Durbos politische Entwicklung wurde über Jahrzehnte hinweg unterbrochen, als sich der indische Teil der BLPI 1948 in der kleinbürgerlichen Sozialistischen Kongresspartei auflöste.

Erst Anfang der 1990-er Jahre erfuhren Durbo und eine Gruppe von Sozialisten aus Kalkutta, mit der er zusammenarbeitete und die größtenteils aus ehemaligen BLPI-Mitgliedern bestand, von dem jahrzehntelangen Kampf, den das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) gegen den Pablismus geführt hatte, eine opportunistische Tendenz, die unter dem Druck der erneuten Stabilisierung des Kapitalismus nach dem Zweiten Weltkrieg in der Vierten Internationale entstanden war. Diese Tendenz stand unter der Führung von Michel Pablo und Ernest Mandel und behauptete, dass objektive Kräfte die stalinistische Sowjetbürokratie, ihre Ableger im Ausland, die Sozialdemokraten sowie die nationale Bourgeoisie in imperialistisch unterdrückten Ländern dazu zwingen würden, eine progressive und sogar revolutionäre Rolle zu spielen. Die Aufgabe der Trotzkisten sollte demnach nicht darin bestehen, diesen feindlichen Klassenkräfte die Führung der Arbeiterklasse streitig zu machen, sondern Druck von links auf sie auszuüben.

Die Kritik des IKVI am Pablismus warf ein völlig neues Licht auf die Auflösung der BLPI - für die sich Pablo nachdrücklich eingesetzt hatte - und auf die bitteren politischen Erfahrungen, die die Mitglieder der Kalkutta-Gruppe später als Unterstützer der internationalen pablistischen Organisation, des Vereinigten Sekretariats, gemacht hatten. Nach langen Diskussionen mit dem Internationalen Komitee schloss sich die Kalkutta-Gruppe, darunter Durbo, Dulal Bose, Ganesh Dutta, Nirmal Samajpathi und Dinesh Sanyal, der Socialist Labour League (SLL) an, der indischen Organisation, die in politischer Solidarität zum Internationalen Komitee steht.

Neben Dulal Bose spielte Durbo hiernach eine führende Rolle dabei, die Arbeit der SLL in Westbengalen zu entwickeln, einem der Haupteinflusssphären der stalinistischen Kommunistischen Partei Indiens (Marxisten). Obwohl ihn sein Asthma behinderte, schrieb er in großem Umfang für die bengalische Zeitung der SLL Anthrajathik Shramik (Internationaler Arbeiter) und ihre Vorgängerin Shramiker Path (Arbeiterweg). Er sprach auf öffentlichen Meetings der SLL in Katwa und Kalkutta, übersetzte auf der World Socialist Web Site erschienene Artikel ins Bengalische und wirkte mit an der bengalischen Übersetzung von David Norths Das Erbe, das wir verteidigen - Ein Beitrag zur Geschichte der Vierten Internationale.

Durbo war Philosophielehre am Katwa College und zeichnete sich durch einen scharfen Verstand und ein weites Spektrum an intellektuellen Interessen aus. Er hatte die marxistischen Klassiker ebenso wie die antike und moderne indischen Philosophie studiert. Er sprach fließend Bengalisch, Hindi und Englisch und war Amateur-Philologe. Wenn Genossen aus anderen Teilen Indiens oder aus dem Ausland ihn besuchten, liebte er es, Verwandtschaften zwischen Worten verschiedener Sprachen zu entdecken und zu diskutieren, unter anderem Verbindungen zwischen dem Singhalesischen und dem Bengalischen.

Durbo beschäftigte sich umfassend mit dem Studium der Psychologie und versuchte, psychologische Probleme von einem materialistischen Standpunkt aus zu erhellen. Er veröffentlichte seine Ergebnisse in dem bengalischen Journal Manabman (Menschlicher Geist) und dem zweibändigen Werk Manabik Chetanar Sawrup Sandhane (Dem menschlichen Bewusstsein auf der Spur), das in den Jahren 2003/04 erschien. Die westbengalische Regierung gab sein innovatives psychologisches Wörterbuch English-Bengali dictionary of Abnormal Psychology and Psychopathology heraus.

Bis zum Ende seines Lebens haftete Durbo ein jugendlicher Enthusiasmus an. Obwohl ihm sein Asthma das Reisen erschwerte, war er immer bereit, sich für die Socialist Labour League zu engagieren. Seine Sorge um die Gesundheit und das Wohlergehen seiner Genossen zeugte von seiner wohlwollenden, freigiebigen Art und seinem Verständnis dessen, was vom revolutionären Kader verlangt wird und welche zentrale Bedeutung ihm zukommt.

Durbo und die BLPI

Durbo wurde am 3. März 1929 in Bapna geboren, im Distrikt Rangpur, der heute zu Bangladesch gehört. Er war das zweite von fünf Kindern einer privilegierten Bramahnen-Familie. Sein Vater war ein Stellvertretender Richter, der die Justiz der britischen Kolonialmacht vertrat.

Unter dem Einfluss der antiimperialistischen Massenbewegung in Indien, den zunehmenden Kämpfen der Arbeiterklasse und den Schrecken des Faschismus, des Weltkriegs und der von Großbritannien provozierten Hungersnot in Bengalen 1943/44 rebellierte Durbo gegen seine Erziehung. Im Alter von 13 Jahren schloss er sich der "Quit India"-Bewegung an, der spontanen landesweiten Rebellion, die nach der Verhaftung von Führern der Kongresspartei im August 1942 ausbrach.

Etwa zu dieser Zeit durchtrennte Durbo seinen "heiligen" Faden, das Symbol des männlichen Brahmanen, das die Beachtung religiöser Gebote und die Überlegenheit seiner Kaste anzeigt. Später widersetzte er sich der indischen Tradition der arrangierten Ehe.

Durbo kam mit der BLPI zum ersten Mal 1947 in Kalkutta in Kontakt, wo er am Presidency College Wirtschaft studierte. Die zwei Jahre zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Auflösung des britischen Kolonialreichs Indien waren voller gewaltiger Kämpfe, die im Keim einen revolutionären Charakter aufwiesen, darunter Streiks, Bauernaufstände, antifeudale Bewegungen in den Fürstenstaaten und Massendemonstrationen gegen die Einkerkerung von Mitgliedern der Indischen Nationalarmee von Subhas Chandra Bose. Obwohl Indien und Bengalen im August 1947 entlang religiös-ethnischer Linien geteilt werden sollten, waren an diesen Kämpfen Hindus, Muslims, Sikhs und Christen unterschiedslos beteiligt.

Durbo hatte zu diesem Zeitpunkt aufgrund seiner Lektüre und seines Studiums der Ereignisse bereits für sich entschieden, ein Marxist zu werden. Er verstand sehr wohl den bürgerlichen Charakter des Indischen Nationalkongresses. Unter Gandhis Führung veranstaltete der Kongress kontrollierte Massenversammlungen, um Indiens Kolonialherrscher unter Druck zu setzen und dazu zu bewegen, ihre Kontrolle über den Staatsapparat aufzugeben. Gleichzeitig stellte sich der Kongress unerbittlich gegen jede unabhängige Handlung der Arbeiterklasse und gegen jedes Infragestellen des kapitalistischen Eigentums.

Durbo lernte auch die stalinistische Kommunistische Partei Indiens (CPI) einschätzen. Im Namen der Verteidigung der Sowjetunion hatte sich die CPI von 1942 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs offen an die Seite des britischen Kolonialregimes gestellt, ebenso hatte sie den "Quit India"-Aufstand verurteilt und gegen ihn agitiert. Während der Kämpfe und Aufstände 1945-47 ordnete die CPI die Arbeiterklasse dann den rivalisierenden Parteien der nationalen Bourgeoisie unter und rief die Arbeiter auf, Druck auf den Kongress und die Muslim League auszuüben - deren Führer miteinander auf Kriegsfuß standen -, damit diese Organisationen ihre "Verantwortung" erkennen sollten, sich zu vereinigen und eine antibritische Nationale Front anzuführen.

Mitte der 1940-er Jahre verstand sich Durbo eine Zeit lang als Anhänger der Sozialistischen Kongresspartei (CSP), die bei der "Quit India"-Rebellion eine führende Rolle gespielt hatte. Die CSP war eine Fraktion der Kongresspartei, die den Anspruch hatte, Gandhis Ideen mit denen der britischen Fabianer und dem Marxismus zu verbinden. Doch spätestens 1947 misstraute Durbo der Nachgiebigkeit der CSP gegenüber den Kongressführern, die sich um eine Einigung mit dem britischen Imperialismus bemühten, nach der der Kongress die Kontrolle über den kolonialen Staatsapparat übernehmen würde.

Gegen den Kongress, die radikalen Nationalisten der CSP und die Stalinisten vertrat allein die BLPI eine revolutionäre Perspektive. Auf Initiative der Lanka Sama Samaja Party (LSSP) in Ceylon (Sri Lanka) 1942 gegründet, vereinigte die BLPI Trotzkisten in allen Teilen von Indien und Ceylon, die unter der Kontrolle von Großbritannien und diversen Fürsten standen.

Die Entwicklung einer gesamtindischen revolutionären Arbeiterpartei war eine Strategie, die der Verbundenheit der LSSP zur Vierten Internationale entsprang, und ein Versuch, das Programm der permanenten Revolution zu entwickeln. Die BLPI betonte in ihrem Gründungsdokument, dass die Aufgaben der demokratischen Revolution nur dann gelöst werden könnten, wenn die Arbeiterklasse in ganz Südasien der Bourgeoisie die Führung im Kampf gegen die britische Kolonialherrschaft entreißen, die Bauernmassen auf Grundlage eines revolutionären Programms gegen den Großgrundbesitz mobilisieren und den antiimperialistischen Kampf zu einem Bestandteil des sozialistischen Kampfes der internationalen Arbeiterklasse machen würde.

Diese Perspektive gewann starke Unterstützung und die BLPI übernahm die Führung von größeren Arbeiterkämpfen in Kalkutta, Bombay und Madras. Die Presse verunglimpfte die BLPI wegen der führenden Rolle, die sie dabei gespielt hatte, Arbeiter in Bombay zum Streik und Barrikadenbau zu mobilisieren, um die Meuterei von Matrosen der Royal Indian Navy (RIN) im Februar 1946 zu unterstützen. Die RIN-Rebellion wurde schließlich durch die gemeinsame Anstrengung britischer Truppen und der Kongress- und Muslim League-Führer gebrochen, die die meuternden Matrosen aufriefen, klein beizugeben.

Angst vor zunehmenden Kämpfen der Arbeiter und Bauern und ihren Folgen auf die britisch-indischen Streitkräfte veranlassten den Kongress, sich intensiv um eine schnelle Einigung mit dem britischen Imperialismus zu bemühen.

Die destruktiven Auswirkungen des pablistischen Opportunismus

In den Jahren 1947/48, als Durbo sich zum Führer der BLPI-Jugendorganisation entwickelte, nahm seine Partei einen mutigen und prinzipiellen Standpunkt ein, der auch heute noch von großer Bedeutung ist. Die BLPI wandte sich gegen die Übergabe der politischen Macht vom britischen Imperialismus in die Hände der nationalen Bourgeoisie und die Schaffung dreier "unabhängiger" kapitalistischer Staaten in Südasien, die von Anfang an ethnisch-religiöse Spaltungen hervorgebracht und verstärkt hat. Während der Kongress und die Muslim League die blutige Teilung des britischen Indiens in ein muslimisches Pakistan und ein hinduistisches Indien überwachten, bestand die erste Tat der srilankischen Bourgeoisie in ihrem neuen Staat darin, den "indischen" tamilischen Plantagenarbeitern, die nicht zufällig den stärksten Teil der Arbeiterklasse auf der Insel stellten, die Staatsbürgerrechte zu verweigern.

Aber die BLPI vertiefte ihre Analyse nicht. Anstatt der südasiatischen und internationalen Arbeiterklasse die zentralen Lehren aus der Erfahrung zu vermitteln, wie die Bourgeoisie den antiimperialistischen Kampf erstickt hatte, widmete der indische Teil der BLPI seinen Kongress im Jahre 1948 - der erste, auf dem Durbo zugegen war - der Frage, ob sich die Partei in der Sozialistischen Kongresspartei auflösen sollte.

Zweifellos trugen das Nachlassen der antiimperialistischen Massenbewegung und die verbreiteten Illusionen der Bevölkerung in die Kongresspartei und die neue politische Ordnung in Südasien maßgeblich zur politischen Verwirrung und Orientierungslosigkeit bei, die letztlich zur Auflösung der BLPI führte. Aber dem Vorschlag, die BLPI aufzulösen, hatte sich über mehrere Jahre hinweg die Mehrheit der BLPI-Führer und -Mitglieder widersetzt. Entscheidend für die politische Entwaffnung der BLPI war die opportunistische Perspektive, die von Pablo und Mandel entwickelt wurde. Sie ersetzte eine einheitliche revolutionäre Weltstrategie durch eine nationale taktische Orientierung auf jede beliebige Kraft, die in einem gegebenen Land gerade die Arbeiterbewegung dominierte.

Die Auflösung der BLPI hatte verheerende Folgen für die Entwicklung der Vierten Internationale in Südasien. Die trotzkistische Bewegung in Indien wurde effektiv liquidiert. In Ceylon ermunterte Pablo die örtliche BLPI, sich mit einer Renegatengruppe zu vereinigen, die sich 1942 gegen die Gründung der BLPI gewandt, den Namen der LSSP für ihre eigene Organisation gestohlen und für das ceylonesische Unabhängigkeitsabkommen 1948 gestimmt hatte. Die Verschmelzung der BLPI mit der gegnerischen LSSP war ein wichtiger Schritt im zentristischen Niedergang der trotzkistischen Bewegung Sri Lankas. Dieser erreichte seinen Höhepunkt, als die LSSP 1964 in eine bürgerliche Koalitionsregierung eintrat, die von der Sri Lanka Freedom Party angeführt wurde, und zu einem Bollwerk der kapitalistischen Ordnung wurde.

Durbo gehörte zu einer Gruppe in Westbengalen, deren wichtigster Führer Dulal Bose war und die sich der Auflösung der BLPI vehement widersetzte. Sie widersprachen all jenen, die behaupteten, der Anschluss an die Sozialistische Partei von Jaya Prakash Narayan und Ashoka Mehta brächte die Trotzkisten "näher an die Arbeiterklasse". Sie setzten dagegen, dass die CSP beim Verrat des antiimperialistischen Kampfes als linker Flügel der Kongresspartei gewirkt hatte, eine Partei von Gewerkschaftsfunktionären und radikalisierten Teilen der Mittelklasse sei und rasch zu einer reinen Wahlpartei degenerieren werde.

Später organisierten sich Durbo und andere in Westbengalen, die sich der Auflösung der BLPI widersetzt hatten, rund um die ehemalige bengalische Zeitung der BLPI Inqulab (Revolution). Aber sie waren vom Kampf innerhalb der Vierten Internationalen abgeschnitten, in dessen Verlauf die Gegner des pablistischen Opportunismus im Jahre 1953 das Internationale Komitee gründeten. Sie waren daher nicht in der Lage, die gesellschaftlichen Wurzeln des Opportunismus auszumachen, die zur Auflösung der BLPI geführt hatten. Ebenso wenig konnten sie die Schlüsselfragen in Hinblick auf die Rolle der revolutionären Führung und ihre Beziehung zur Arbeiterklasse klären, mit denen sich die pablistischen Beschwörungsformeln über das notwenige Aufgehen in Massenbewegungen entkräften ließen.

Der Führung der LSSP, der größten und politisch erfahrensten trotzkistischen Partei in Asien, kommt ein Großteil der Verantwortung dafür zu, dass die indischen Trotzkisten die Opposition des IKVI gegen den Pablismus ignorierten. Die LSSP-Führer widersetzten sich vielen von Pablos opportunistischen Formulierungen, besonders in Bezug auf das angebliche revolutionäre Potenzial der stalinistischen Sowjetbürokratie. Doch sie entschlossen sichnicht dazu, die wirklichen Trotzkisten in einer separaten Organisation zu sammeln, weil sie fürchteten, dass die politische Neugründung der Vierten Internationale durch das Internationale Komitee ihrer zunehmend parlamentarischen und gewerkschaftlichen Orientierung in die Quere käme.

Durbo und die anderen BLPI-Genossen, die sich in den frühen 1990-ern dem IK anschlossen, erinnerten sich an die vorausgegangenen vier Jahrzehnte mit Bitterkeit und Scham. 1954 vereinigte sich die Inqulab -Gruppe mit dem Kommunistischen Bund, der indischen Sektion der pablistischen Internationale. Unter dem pablistischen Einfluss konzentrierten sich Durbo und seine Genossen in wachsendem Maße auf taktische Manöver, die den Zweck hatten, Einfluss zu gewinnen. Sie vernachlässigten die Klärung der zentralen politischen Probleme, mit denen die Arbeiterklasse konfrontiert war.

Mitte der 1960-er Jahre versuchte die Inqulab -Gruppe, der Kommunistischen Partei Indiens (Marxisten), einer Abspaltung der CPI, beizutreten. Die CPM verurteilte die Speichelleckerei der CPI gegenüber der Kongresspartei und plapperte die Kritik der chinesischen Regierung an der sowjetischen Führung nach, hielt aber an der stalinistischen Tradition fest - von der Zweistufentheorie der Revolution über den Sozialismusin einem Land bis hin zur Verteidigung der Moskauer Schauprozesse.

Nachdem die CPM-Führung den "konterrevolutionären Trotzkisten" verboten hatte, sich ihrer Partei anzuschließen, wurde Durbo als Einzelperson Mitglied der CPM. Er verließ die Partei jedoch kurze Zeit später wieder, als die CPM Hand in Hand mit dem kapitalistischen Staat die maoistisch-naxalitische Rebellion unterdrückte.

Politische Wiedergeburt

"Politisch gesehen", sagte Durbo gegenüber den Vertretern der SLL und der Socialist Equality Party von Sri Lanka, "wurde ich wiedergeboren, nachdem ich euch und andere Genossen des IKVI getroffen hatte. Aufgrund der nachdrücklichen und geduldigen Art der jungen Genossen und Führer des IKVI, Fragen zu erläutern, zu diskutieren und zu klären, konnten ich und andere Genossen von der BLPI, die einer früheren Generation angehören, die Verwirrung, Enttäuschung und Frustration überwinden, in die uns der liquidatorische Kurs der Pablisten über beinahe vier Jahrzehnte getrieben hatte. Wir fühlen uns in die alten und stolzen Tage der BLPI und der Vierten Internationale Trotzkis zurückversetzt. Dank des IKVI und seiner Führung sind wir glücklich, klar in unserem Denken und blicken mit Zuversicht auf die Zukunft unserer trotzkistischen Weltbewegung. Nach all diesen Jahrzehnten sind wir endlich mit unseren trotzkistischen Überzeugungen im Reinen."

Die langen Jahre der politischen Verwirrung und Isolation hatten Durbo gesundheitlich mitgenommen. Hätte er je einen bequemen Weg gesucht, so hätten ihm die Stalinisten in Westbengalen, die seit 1977 die Regierung des indischen Bundesstaats stellen, einen Platz in ihrem Apparat gegeben, denn sie glaubten, dass seine politische Vergangenheit und intellektuelle Stärke ihnen Glanz verleihen würden. Aber Durbo war für solche Schmeicheleien nicht zu haben. 1965 wurde er zum Generalsekretär der Collegelehrergewerkschaft Westbengalens gewählt, doch im folgenden Jahr ließ er sich nicht noch einmal als Kandidat aufstellen und verließ stattdessen die Gewerkschaft, weil er die stalinistische Gewerkschaftsleitung ablehnte.

Aufgrund seiner politischen Unnachgiebigkeit wurde Durbo von den Stalinisten an seinem Arbeitsplatz und in intellektuellen Zirkeln geächtet. Er stand auch unter Polizeibeobachtung und seine Wohnung wurde von bewaffneten Kommandos gestürmt, weil er angeblich ein Unterstützer der Naxaliten gewesen sein sollte. In Wirklichkeit hatte sich Durbo in Diskussionen mit Studenten, die sich an den Maoisten orientierten, nachdrücklich gegen die naxalitischen Theorien des individuellen Terrors gewandt und ihren blutrünstigen Ruf nach "Klassenauslöschung", d.h. Mord an örtlichen Großgrundbesitzern, scharf verurteilt. Aber er sprach sich auch laut und deutlich gegen die erbarmungslose Staatsrepression und die Verfolgung derNaxaliten aus, weswegen er und seine Familie lange unter Polizeischikane litten.

Zu der Zeit, als er mit den Vertretern der SLL und der srilankischen SEP in Kontakt kam, hatten die physischen und emotionalen Strapazen Durbo zum Invaliden gemacht. Um sein Asthma in Schach zu halten, musste er einen Medikamentencocktail und u.a. Steroide einnehmen. Er konnte nur sehr begrenzt reisen, Besuche in Kalkutta bedeuteten wegen des Staubs und der Luftverschmutzung eine starke Belastung für ihn.

Doch Durbo gewann durch seine Verbindung mit dem IKVI an Kraft und Vitalität. Sein Wiedereintritt in die Reihen der Vierten Internationale fiel zeitlich zusammen mit der Auflösung der Sowjetunion, dem letzten Dienst, den die Sowjetbürokratie dem Imperialismus erwies. Gleichzeitig ging die stalinistische Bürokratie in China offen zur kapitalistischen Restauration über und die indischen Stalinisten übernahmen das neoliberale Wirtschaftsreformprogramm der Bourgeoisie. Durbo war bereit, sich auf allen Ebenen mit der stalinistischen CPM anzulegen.

"Viele Leute rund um die stalinistische Bewegung versuchten ihre Unterstützung für die Politik der stalinistischen Partei damit zu begründen, dass die Arbeiterklasse angeblich nicht reif für eine revolutionäre Politik sei", sagte er in einer Diskussion. "Doch sie verheimlichen eine entscheidende Tatsache: Diese Unvorbereitetheit, hinter der sich die stalinistische Partei und die pablistischen Revisionisten verstecken, ist das Ergebnis eben jener Politik, die von ihnen selbst betrieben wird."

Durbo, seine Frau Jarana und ihre gemeinsamen Töchter luden Genossen, die Katwa besuchten, immer gerne ein, bei ihnen zu übernachten und zu essen. In seiner Heimatstadt wurde Durbo wegen seines politischen Wissens und Engagements geschätzt.

Wie die WSWS bereits 2001 im Nachruf auf Dulal Bose bemerkte, spiegelten sich in seinem Leben und dem der anderen ehemaligen BLPI-Mitglieder, die in den frühen 1990-ern zum IKVI kamen, nicht nur die politischen Schwierigkeiten, denen die trotzkistische Bewegung in der Nachkriegszeit gegenüberstand, sondern auch die tiefen Wurzeln, die diese Bewegung in der indischen Arbeiterklasse geschlagen hatte.

Eine neue Generation revolutionärer Arbeiter, Jugendlicher und Intellektueller in Indien wird aus Durbos Beharrlichkeit, Mut und seinem leidenschaftlichen Glauben an die Emanzipation der Arbeiterklasse Kraft ziehen. Er selbst würde von ihnen verlangen, dass sie die politischen Lehren aus den Irrwegen seines Lebens ziehen, die ihm und seiner Generation so viel Kraft abverlangten: Es gibt keine Abkürzungen im langen Kampf für die Unabhängigkeit der Arbeiterklasse, Taktiken müssen einer revolutionären Weltstrategie entspringen und ihr untergeordnet sein, die Marxisten bevorzugen die zeitweilige Isolation gegenüber kurzfristigen Vorteilen, die auf Kosten der politischen Klarheit in der Arbeiterklasse gewonnen werden, denn sie verstehen, dass die Verwandlung der Arbeiterklasse in eine revolutionäre Kraft nur durch den Kampf für eine politische Linie stattfinden kann, die ihre unabhängigen, historischen Interessen als Klasse zum Ausdruck bringt.

Die SLL in Indien, die SEP in Sri Lanka und die WSWS sprechen der Familie von Genossen Druba Jyoti Majumdar ihr tiefstes Mitgefühl aus.

Siehe auch:
50 Jahre Internationales Komitee der Vierten Internationale
(4. Dezember 2003)
Ein Beitrag zur Neubewertung von Vermächtnis und Stellenwert Leo Trotzkis in der Geschichte des 20. Jahrhunderts
( 6. Juli 2001)
Sabaratnam Rasendran (1947-2002): Veteran der trotzkistischen Bewegung in Sri Lanka verstorben
( 5. März 2002)
Dulal Bose 1918-2001: Veteran Indian Trotskyist dies in Calcutta
( 31. März 2001)
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