PSG-Wahlkampf findet starkes Medienecho

Seit die Partei für Soziale Gleichheit (PSG) vom Bundeswahlausschuss zugelassen wurde und auch die Landeswahlleiter in allen vier Bundesländern in denen die PSG antritt - Hessen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Berlin - die Landeslisten bestätigt haben, häufen sich Anfragen nach Interviews, Kurzreportagen und Gesprächsterminen von verschiedenen Zeitungen sowie Fernseh- und Radiosendern.

Das Medieninteresse am gegenwärtigen Wahlkampf der PSG ist deutlich größer, als bei früheren Wahlen. Selbst bei den Europa-Wahlen im vergangenen Jahr, als die PSG bundesweit kandidierte, waren die Anfragen nach Interviews weit geringer. Es gibt dafür verschiedene Gründe. So haben die vorgezogenen Wahlen die Fristen für das Sammeln der Unterstützungsunterschriften stark verkürzt, was zur Folge hat, dass einige der vom Bundeswahlausschuss zugelassenen Parteien nicht in der Lage waren, die notwendige Anzahl beglaubigter Unterschriften zusammenzubringen. Das führte dazu, dass in mehreren Bundesländern weniger Parteien als früher zur Wahl antreten.

Doch wichtiger als dieser formale Grund ist etwas anderes. Auf allen politischen Ebenen und auch in den Redaktionsbüros der Zeitungen und Sender herrscht eine politische Orientierungskrise und Ratlosigkeit. Es ist längst klar geworden, dass diese Regierung keine tragfähige Antwort auf die großen gesellschaftlichen Probleme hat. Trotz drastischer Reallohnsenkung und Sozialabbau ist die Arbeitslosigkeit auf Rekordhöhe gestiegen.

Nicht nur in der Innenpolitik steht die Schröder-Regierung vor einem Scherbenhaufen. Auch ihre außenpolitischen Initiativen sind gescheitert. Die EU-Osterweiterung hat die soziale Spaltung Europas verschärft. Die EU-Verfassung ist abgelehnt worden. Auf dem Balkan und in Afghanistan nehmen die Konflikte zu und der angestrebte Platz im UN-Sicherheitsrat steht in den Sternen.

Schröder und Fischer sind durchaus bereit, die politische Macht an die Union zu übergeben, doch diese hat auch keine anderen Antworten. Sie vertritt dieselbe Politik in verstärkter und aggressiverer Form. Wachsende gesellschaftliche Konflikte sind damit vorprogrammiert. Die kommende Regierung wird von großer politischer Instabilität geprägt sein.

Das gestiegene Medieninteresse an der PSG ist damit auch Ausdruck einer Suche nach politischen Antworten. Das zeigt sich in der Art und Weise, wie einige Mediengespräche verlaufen sind. Vor allem die einfachen Beschäftigten der Medienkonzerne - Kameraleute, Tontechniker und Journalisten - sind oft politisch interessiert. Die Unterhaltung geht noch lange weiter, nachdem Kamera und Mikrophon längst abgeschaltet sind. Dieses Interesse ändert aber nichts daran, dass die Verantwortlichen in den Redaktionsleitungen dafür sorgen, dass oft nur wenige, nicht selten auch aus dem Zusammenhang gerissene Sätze gesendet werden.

Ein typisches Beispiel war eine Aufnahme mit einem Reporterteam des Rundfunks Berlin-Brandenburg. Der RBB ist Teil der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten und plante in der halbstündigen Abendschau einen kurzen Bericht über die vom Berliner Landeswahlleiter zugelassenen Kleinparteien. Das Reportageteam des Senders führte mit den Vertretern der PSG ein langes und interessantes Interview. Am Ende zeigte sich der Tontechniker überrascht, dass es eine Verbindung zwischen der World Socialist Website und der PSG gäbe. Er kenne die Website seit einiger Zeit und habe bereits mehrere Artikel darauf gelesen.

Gesendet wurden am Abend aber nur knapp zwei Minuten, und dieser Kurzbericht war zwischen zwei ziemlich abstoßende Spaß-Parteien eingebettet. Das Berliner Satire-Magazin Titanic hat eine Satire-Partei namens Die Partei ins Leben gerufen und fordert die Wiedererrichtung der Berliner Mauer, um "das Merkel" wieder hinter die Mauer zu bringen. Und unmittelbar nach der PSG folgte ein Bericht über die Anarchistische Pogo Partei Deutschlands, die sich für mehr Alkoholismus einsetzt.

Hier der vollständige Text des Interviews mit dem RBB:

Ein nicht gesendetes Interview

RBB: Warum beteiligt sich die PSG an der Bundestagswahl?

PSG: Unser Ziel ist es eine neue internationale Arbeiterpartei aufzubauen, die uneingeschränkt die Interessen der Bevölkerung vertritt - natürlich auch die Interessen der Arbeitslosen, Rentner und Jugendlichen. Alle anderen Parteien, die im Bundestag vertretenen sind, bilden eine große Koalition des Sozialabbaus. Sie alle haben nur eine Antwort auf Arbeitslosigkeit und die großen Probleme der Gesellschaft: Bereichert die Reichen, auf Kosten der Armen.

RBB: Neue Arbeiterpartei - warum dann nicht mitmachen bei der neuen Linkspartei?

PSG: Die Linkspartei von Oskar Lafontaine und Gregor Gysi vertritt ein völlig nationalistisches Reformprogramm, das sich auf den Rahmen der bestehenden kapitalistischen Gesellschaft beschränkt. Wir dagegen vertreten ein internationales sozialistisches Programm, das die Arbeiter an allen Standorten und in allen Ländern vereint und die Überwindung des Kapitalismus anstrebt.

Lafontaines Behauptung, dass es möglich sei die SPD nach links zu drücken, ist falsch. Unter dem Druck von unten rückt die SPD immer weiter und immer deutlicher nach rechts. Als im vergangenen Jahr Tausende jeden Montag gegen Hartz IV und die Agenda 2010 demonstrierten, antworteten Schröder und Müntefering: "Wir lassen uns von der Straße nicht unter Druck setzen." Auch die gegenwärtige Bundestagswahl ist ein Ultimatum an die Bevölkerung. Die SPD gibt eher die politische Macht an Angela Merkel und die Union ab, als nach links zu rücken.

Im Übrigen führen wir dieses Gespräch hier in Berlin. Hier ist die Linkspartei bereits seit mehreren Jahren an der Regierung und stellt Landesminister, beziehungsweise Senatoren. Hat der so genannte rot-rote Senat irgendwelche Verbesserungen für die Bevölkerung gebracht? Nein - ganz im Gegenteil! Die soziale Lage hier in Berlin hat sich katastrophal verschlechtert. Die Arroganz und Rücksichtslosigkeit, mit der die Minister der PDS - jetzt Linkspartei - vorgehen, egal ob sie Heide Knake-Werner oder Harald Wolf heißen, wird nur noch von ihrer Inkompetenz übertroffen.

Das Argument, angesichts von Sachzwängen könne man nicht anders handeln, ist nicht nur feige, sondern falsch. Niemand zwingt diese Senatoren, die rechte Wowereit-Politik mitzumachen. Sozialisten haben gesellschaftliche Zwänge nie vom Standpunkt aus betrachtet, sich anzupassen, sondern diese Zwänge zu überwinden und die Gesellschaft zu ändern.

RBB: Was sind ihre drei wichtigsten Forderungen?

PSG: Wir sind keine Partei wie alle anderen. Wir treten nicht auf und sagen: "Hier sind unsere drei Zauberworte, wählt uns, dann wird alles besser!" Das ist völlig unernsthaft. Wir scheuen uns nicht, den Menschen zu sagen: Die Probleme sind viel grundlegender, als sie auf den ersten Blick aussehen. Bereits am Anfang unseres Wahlmanifests sagen wir, dass die Bevölkerung in diesen Wahlen nicht nur mit dem Bankrott der rot-grünen Regierung konfrontiert ist, sondern mit einer historischen Krise des kapitalistischen Systems. Es geht nicht nur um Massenarbeitslosigkeit und Sozialabbau, sondern auch um wachsenden Militarismus und Krieg.

Um die Probleme zu lösen, ist es notwendig, dass die große Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung politisch aktiv wird und selbst in die politische Entwicklung eingreift. So wie das bereits bei den Demonstrationen gegen Hartz IV und davor bei den großen Demonstrationen gegen den Irakkrieg, oder in jüngerer Zeit bei dem Referendum über die EU-Verfassung in Frankreich und Holland begonnen hat. Aber dieser Widerstand braucht ein Programm. Er darf nicht auf Protest im Allgemeinen beschränkt bleiben. Dieses Programm muss im Wesentlichen drei Bereiche umfassen:

Erstens - es muss international sein. Kein einziges Problem, vor dem die Arbeiter heute stehen, kann im nationalem Rahmen gelöst werden. Um globalen Konzernen entgegenzutreten, die einen Produktionsstandort gegen einen anderen ausspielen und Belegschaften erpressen, hilft nur eine internationale Zusammenarbeit und Strategie. Arbeiter hier in Deutschland dürfen sich nicht als Konkurrenten, sondern müssen sich als Verbündete der Arbeiter in Osteuropa und anderer Billiglohnländer verstehen.

Zweitens - ein solches Programm muss sozialistisch sein, das heißt, es darf sich nicht darauf beschränken, was im Rahmen der bestehenden kapitalistischen Verhältnisse möglich erscheint. Darüber gibt es immer noch große Verwirrung. Noch immer wird die stalinistische Diktatur in der früheren Sowjetunion und der DDR mit Sozialismus gleichgesetzt. Das grundlegende sozialistische Prinzip, das wir vertreten, lautet, dass unter allen Bedingungen die Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung höher gestellt werden müssen, als die Profitinteressen der Konzerne und Wirtschaftsverbände.

Drittens - muss eine solche Massenbewegung politisch unabhängig sein, das heißt, sie darf sich nicht an die SPD, die Linkspartei oder die Gewerkschaften anpassen, sondern muss sich auf die politischen Lehren und Erfahrungen des vergangenen Jahrhunderts stützen. Mit anderen Worten: Unser Ziel ist die politische Ausbildung der Arbeiterklasse, um ein selbstbewusstes Eingreifen der arbeitenden Bevölkerung in die politische Entwicklung vorzubereiten. Dazu dient auch die Veröffentlichung der World Socialist Web Site, einer sozialistischen Tageszeitung im Internet, die in mehr als zehn Sprachen erscheint.

RBB: Haben Sie eine besondere Zielgruppe, die Sie ansprechen?

PSG: Wir wenden uns an die große Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung und besonders an junge Menschen. Als wir in den vergangenen Wochen Unterstützungsunterschriften für die Wahlzulassung gesammelt haben, waren wir auch in Gebieten, in denen jeder zweite Jugendliche ohne Arbeit ist. Viele Jugendliche sind in einer völlig verzweifelten Situation. Sie machen tagtäglich die Erfahrung, dass diese Gesellschaft sie nicht will, kein Interesse an ihnen hat. Keine Tür der Gesellschaft lässt sich öffnen, Kreativität und Initiative werden zerstört. Es ist vielleicht die schlimmste Anklage gegen eine Gesellschaft, wenn sie ihre junge Generation derart verachtet und verwahrlosen lässt.

Wir wenden uns an diese jungen Menschen und sagen: Lasst Euch nicht einschüchtern! Es ist notwendig und möglich die Verhältnisse zu ändern. Aber dazu muss man sich ernsthaften politischen Ideen und Perspektiven zuwenden. Studiert die Geschichte! Lest Bücher von Trotzki und beteiligt Euch an der Arbeit der WSWS.

Siehe auch:
Wahlwebsite der PSG
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