Krise der parlamentarischen Herrschaft in Sri Lanka

Wichtige Fragen für die Arbeiterklasse

Die anhaltende Krise der parlamentarischen Herrschaft in Sri Lanka hat sich dramatisch verschärft, nachdem Präsidentin Chandrika Kamaratunga am 26. Juni grünes Licht für die Unterzeichung eines Abkommens mit den Befreiungstigern von Tamil Eelam (LTTE) gab, das die gemeinsame Verwaltung der Hilfsgelder für die Tsunamiopfer vom 26. Dezember regelt.

Die Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) reagierte mit dem Austritt aus der regierenden United Peoples Freedom Alliance (UPFA). Die Regierung verfügt damit im Parlament nur noch über eine Minderheit von 79 der 225 Sitze. Die JVP hatte gemeinsam mit anderen Organisationen, die einen singhalesischen Chauvinismus vertreten, seit Wochen gegen die Regelung zur Verwaltung der Hilfsgelder (P-TOMS; Post Tsunami Operational Management Structure) agitiert und sie als inakzeptables Zugeständnis an die LTTE sowie als Verrat an der Nation bezeichnet.

Früher hätte die Opposition im Parlament mit einem Misstrauensantrag zum Sturz der Regierung auf eine derartige Entwicklung reagiert. Doch das war aber bisher nicht der Fall, und keine der großen Parteien tritt für eine Neuwahl des Parlaments ein. Sie wissen alle sehr genau, dass eine Neuwahl nicht zur Lösung der hartnäckigen Probleme beitragen würde, vor denen die herrschende Elite Sri Lankas steht.

Die Krise dreht sich um ein grundlegendes Dilemma. Führende Wirtschaftskreise drängen mit Unterstützung der Großmächte auf ein Ende des verheerenden Bürgerkriegs im Land. So sollen die Voraussetzungen für eine Umstrukturierung der Wirtschaft und die Verwandlung des Landes in eine Niedriglohnplattform geschaffen werden. Diese Strategie wird jedoch ständig von der kommunalistischen Politik durchkreuzt, die den Krieg ursprünglich ausgelöst hat.

Die Tsunami-Katastrophe hat zu einer Verschärfung der gesellschaftlichen und politischen Spannungen geführt. Sechs Monate nachdem die Welle die Küstengebiete überflutete, müssen Zehntausende, die ihre Häuser, Einkommen und Angehörigen verloren haben, immer noch mit wenig oder ohne Hilfe in unzureichenden provisorischen Unterkünften auskommen. Frustration und Verzweiflung kochen über und die Entfremdung großer Teile der arbeitenden Bevölkerung vom politischen Establishment hat sich vertieft.

Kamaratunga hat das P-TOMS-Abkommen in der Hoffung unterzeichnet, die internationalen Geldgeber würden 3 Milliarden Dollar versprochene Hilfe freigeben. Sie hofft, die Regierung könne sich mit dieser Unterstützung, die zur Behebung der Tsunami-Schäden völlig unzureichend ist, aus den schlimmsten finanziellen Engpässen befreien. Die USA und andere Großmächte haben ihrerseits auf das P-TOMS-Abkommen gedrängt, um die zum Erliegen gekommenen Friedensgespräche wieder in Gang zu setzen. Nachdem Washington den Bürgerkrieg jahrelang ignoriert hatte, betrachtet es ihn nun als potentielle Bedrohung seiner wirtschaftlichen und strategischen Interessen auf dem indischen Subkontinent.

Andererseits haben zwei Jahrzehnte Krieg mächtige Interessengruppen in der Armeeführung, der Staatsbürokratie, der buddhistischen Hierarchie und der Wirtschaft hervorgebracht, die sich hartnäckig jedem Zugeständnis an die tamilische Minderheit des Landes widersetzen. Sie sehen die buddhistische Vorherrschaft bedroht, wenn der LTTE auch nur ein beschränktes Mitspracherecht bei der Verteilung der Hilfe zugestanden wird. Die JVP bemüht sich außerdem, die weitverbreitete Unzufriedenheit in die Sackgasse einer spalterischen kommunalistischen Politik zu lenken.

Diese politischen Entwicklungen sind die Ursache für die Lähmung des Parlaments. In den vergangenen fünf Jahren wurde das Parlament dreimal neu gewählt - 2000, 2001 und 2004. Aber keine Wahl hat etwas gelöst, sondern nur die Voraussetzung für eine weitere Krise geschaffen. Die großen politischen Parteien können sich weder auf eine gemeinsame Strategie einigen, noch Unterstützung bei der Bevölkerung finden, indem sie deren Bedürfnisse und Bestrebungen ansprechen. Sie versuchen daher, mit Hilfe außerparlamentarischer Maßnahmen einen Ausweg aus der gegenwärtigen Sackgasse zu finden.

Vorbereitung auf autokratische Herrschaftsformen

Kumaratunga stützt sich immer stärker auf ihre präsidialen Machtbefugnisse. Sie traf die Entscheidung, das P-TOMS-Abkommen zu unterzeichnen, ohne Debatte oder Abstimmung im Parlament und ohne Kabinettssitzung. Das Dokument selbst wurde der Öffentlichkeit erst zugänglich gemacht, nachdem es bereits unterschrieben war. Der unmittelbare Grund für diese Geheimniskrämerei liegt darin, dass Kumaratunga im Parlament keine Mehrheit hat und sich selbst der Unterstützung ihrer eigenen Sri Lanka Freedom Party (SLFP) nicht sicher ist. Der tiefere Grund ist, dass eine öffentlich Debatte über die Tsunami-Tragödie unweigerlich soziale und politische Fragen aufwerfen würde, auf welche die herrschende Klasse Sri Lankas keine Antwort hat. Deshalb wird sie durch derart undemokratische Methoden unterdrückt.

Kumaratunga hat bereits zu erkennen gegeben, dass sie ein Misstrauensvotum des Parlaments ignorieren würde. Am Tag nach dem Regierungsaustritt der JVP rief sie in einer Fernsehansprache alle Parteien auf, die Regierung und ihre Tsunami-Wiederaufbaupläne zu unterstützen. Dann warnte sie unverblümt, dass in Situationen wie der jetzigen oft "Diktaturen und Militärdiktaturen" entständen. Später sagte sie in einem Interview, sie habe "die Präsidialvollmacht, alle Ministerien meiner Zuständigkeit zu unterstellen" - anders gesagt, eine Einfraudiktatur zu errichten.

Im November 2003 hatte Kumaratunga einen Präzedenzfall für einen derartigen Staatsstreich geschaffen. Die SLFP befand sich damals in der Opposition und die Präsidentin, gemeinsam mit der JVP und der Armeespitze, warf der United National Front (UNF)-Regierung vor, sie "gefährde die nationale Sicherheit", weil sie sich um eine Wiederaufnahme der Gespräche mit der LTTE bemühte. Auf dem Höhepunkt dieser Kampagne unterstellte sie drei Ministerien ihrer eigenen Kontrolle - Verteidigung, Inneres und Information - und schickte sich an, den Notstand auszurufen. Unter dem Druck von Washington und Delhi musste sie schließlich den Rücktritt antreten. Doch im Februar 2004 entließ Kumaratunga die gesamte Regierung, obwohl die UNF über eine parlamentarische Mehrheit verfügte, und setzte Neuwahlen an.

Teile der herrschenden Elite, die über die festgefahrene Situation zutiefst frustriert sind, hegen offensichtlich Sympathien für eine Präsidialdiktatur. Der Daily Mirror veröffentlichte am 16. Juni einen Offenen Brief, unterzeichnet mit "der wahre Patriot", der Kumaratunga vorwarf, das P-TOMS-Abkommen nicht energisch genug durchzusetzen. "Wenn Präsidentin Kumaratunga als zweite Vihara Maha Devi in die Geschichte eingehen möchte, als wirkliche Führerin, die das Land vor einem politischen Tsunami gerettet hat, muss sie energisch, ernsthaft und vor allem unbeirrbar vorgehen. Ist ein Notstand notwendig, rufen Sie ihn aus. Muss eine Ausgangssperre verhängt werden, tun Sie es. Müssen die Gesetzesbrecher in Verwahrung genommen werden, tun Sie es. Bringen sie die Medien zum Schweigen, indem sie deren Zusammenarbeit verlangen... Sie sind eine allmächtige Präsidentin. Handeln sie energisch", heißt es darin.

Oppositionsführer Ranil Wickremasinghe und seine rechte United National Party (UNP) vertreten die gleiche Perspektive. Unter dem Druck von Wirtschaftsführern und der US-Botschaft hat Wickremasinghe das P-TOMS-Abkommen und erneute Gespräche mit der LTTE unterstützt - ein Kurs, den er früher selbst verfolgt hatte. Aber nachdem er 2004 durch einen offenen Bruch parlamentarischer Normen abgesetzt worden war, ist der UNP-Führer zum Schluss gelangt, dass seine Partei das Präsidentenamt selbst übernehmen müsse.

Die UNP führt zur Zeit eine Kampagne "Operation Volksmacht". Sie verlangt, dass die Präsidentenwahlen zum vorgesehenen Zeitpunkt im November stattfinden. Kumaratunga behauptet dagegen, Wahlen seien erst in einem Jahr fällig. Sie begründet dies mit dem fadenscheinigen Argument, sie sei erst ein Jahre nach der Präsidentenwahl von 1999 durch eine geheime Vereidigungszeremonie formal ins Amt eingeführt worden. Auch Wickremasinghes Kampagne dient nicht der Verteidigung demokratischer Rechte. Die UNP, die die präsidialen Vollmachten selbst notorisch missbraucht hat, will sich als effektiveres Instrument zur Durchsetzung der Interessen der Bourgeoisie darstellen.

Die JVP wirbt offen um die Unterstützung jener Teile der herrschenden Elite, die sich einem Abkommen mit der LTTE unnachgiebig widersetzen. Die JVP wird von den Medien zwar gewohnheitsmäßig als "marxistisch" bezeichnet, tatsächlich handelt es sich aber um eine kleinbürgerlich nationalistische Formation, die sich ursprünglich an unzufriedene Jugendliche auf dem Lande wandte und für die bankrotte Perspektive eines bauerngestützten Guerillakampfs und des singhalesischen Kommunalismus eintrat. Mittlerweile hat sie ihre "sozialistische" und "antiimperialistische" Demagogie so gut wie aufgegeben und vertritt eine extreme Form des patriotischen Chauvinismus.

Bei der Wahl 2004 erreichte die JVP ihren Gipfel. Beträchtliche Wählerschichten, besonders auf dem Land, wandten sich erbittert von den beiden großen Parteien - Kumaratungas SLFP und UNP - ab und unterstützten die JVP in der Hoffnung, sie werde ihre sozialen Bedingungen verbessern. Aber die JVP-Minister, die sich erstmals an einer Koalitionsregierung beteiligten, brachen ihre Wahlversprechen bald und die Partei verlor schnell an Einfluss. Nach dem Austritt aus der Regierung rief die JVP zu einer großen Protestkampagne auf, aber sie hatte damit keinen Erfolg. Viele Arbeiter lehnen die kommunalistische Agitation der JVP gegen das P-TOMS-Abkommen aus dem offensichtlichen Grund ab, dass alle - Tamilen, Singhalesen und Muslime - gleichermaßen von der Tsunami-Katastrophe betroffen wurden.

Die JVP wendet sich aber weniger an die Massen, als an die herrschende Klasse. Sie hat zur Bildung einer patriotischen Allianz aufgerufen, der sich die unzufriedenen Abgeordneten aller Parteien, einschließlich der SLFP und der UNP, anschließen sollen. Bisher wird sie von der Jathika Hela Urumaya (JHU) unterstützt, einer Partei, die von buddhistischen Mönchen und anderen chauvinistischen Organisationen geführt wird und für die Vorherrschaft der Singhalesen eintritt. Sie hat vor dem Obersten Gericht gegen das P-TOMS-Abkommen geklagt. Gleichzeitig spielt die JVP auch mit dem Gedanken einer Machtergreifung.

Am 29. Juni appellierte JVP-Führer Somawansa Amarasinghe offen an die Streitkräfte, "Befehle der Obrigkeit zu verweigern, die dem nationalen Interesse zuwiderlaufen". Er versprach, alle, die sich patriotisch verhalten, würden "unter einem eigenen Regime gut belohnt werden". Die JVP ist sich bewusst, dass es in der Militärhierarchie und dem gesamten Staatsapparat eine tiefsitzende Abneigung gegen jegliches Abkommen mit der LTTE gibt - selbst gegen ein zeitlich beschränktes zur Verteilung der Hilfe. Die Differenzen im Staatsapparat wurden deutlich sichtbar, als der von Kumaratunga ernannte Richter Sarath Nanda Silva am 15. Juli im Namen des Obersten Gerichts gegen die Präsidentin entschied und auf Antrag der JVP eine einstweilige Verfügung gegen wichtige Bestandteile des P-TOMS-Abkommens erließ.

Es ist in höchstem Maße bezeichnend, dass mitten in der gegenwärtigen politischen Krise alle großen politischen Parteien die traditionelle Forderung nach Abschaffung der Exekutivvollmachten des Präsidenten aufgegeben haben. Seit der Ergänzung der Verfassung im Jahr 1978 gehörte es zur Standardpraxis jeder Oppositionspartei, den undemokratischen Charakter der präsidialen Vollmachten zu verurteilen. Jetzt überlegt sich jede Partei, wie sie diese am besten ausnutzen könnte.

Eine historische Sackgasse

Die gegenwärtige politische Sackgasse in Sri Lanka ist ein besonders scharfer Ausdruck globaler politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen, die sich während der letzten zweieinhalb Jahrzehnte in jedem Land vollzogen haben. Während dieser Periode wurde die Globalisierung der Produktion von einem zunehmend erbitterten Wettkampf zwischen rivalisierenden transnationalen Unternehmen begleitet, die den Globus nach billigen Rohmaterialien und Arbeitskräften absuchen. Das war mit einem pausenlosen Angriff auf die soziale Stellung der Arbeiterklasse und einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich verbunden. Als Reaktion darauf wuchs wiederum die Feindschaft der Bevölkerung gegen das offizielle politische Establishment. Die herrschenden Kreise reagierten darauf mit einem beispiellosen Angriff auf demokratische Grundrechte, der im "Krieg gegen den Terror" der Bush-Regierung gipfelte.

Als die Koalitionsregierung unter Führung der UNP 2001 die Macht übernahm, entwickelte sie einen grandiosen Plan "Sri Lanka zurückgewinnen". Damit sollte die durch zwei Jahrzehnte Bürgerkrieg zerstörte Wirtschaft der Insel instandgesetzt werden. Sri Lanka sollte in eine südasiatische Version Hongkongs, in ein Investitionstor für die boomende indische Wirtschaft, verwandelt werden.

Zentraler Bestandteil dieser Strategie war ein Friedensabkommen mit der LTTE, das es den singhalesischen, tamilischen und muslimischen herrschenden Eliten ermöglichen sollte, die Arbeiterklasse gegenseitig auszubeuten. Auf dieser Grundlage schlug die Regierung ein umfassendes wirtschaftliches Restrukturierungsprogramm vor: Die Sozialausgaben sollten zusammengestrichen und Staatsunternehmen privatisiert werden, um die heruntergekommene Infrastruktur der Insel wieder aufzubauen und durch finanzielle Reize Investoren anzuziehen.

Nach vier Jahren liegt dieser Plan in Trümmern. Das Waffenstillstandsabkommen von 2002 ist zwar immer noch in Kraft, es hängt aber an einem Faden. Im Osten kommt es regelmäßig zu Mordanschlägen und kleineren Zusammenstößen zwischen der LTTE und einer abtrünnigen Fraktion, die mit heimlicher Unterstützung der srilankischen Armee operiert. Die Friedensgespräche kamen im April 2003 zum Stillstand und sind nicht wieder aufgenommen worden. Als Ergebnis werden Investitionen und ausländische Hilfe zurückgehalten. Kumaratungas Bemühungen, den sogenannten Friedensprozess wieder aufzunehmen, wurden durch den Widerstand ihres Koalitionspartners JVP behindert. Bisher wurden keine bedeutenden Infrastrukturprojekte in Angriff genommen und die Bemühungen der UPFA, Privatisierung und Restrukturierung voranzutreiben, stieß auf heftigen Widerstand der arbeitenden Bevölkerung.

In diesem Jahr wurde die srilankische Wirtschaft, der "kranke Mann Asiens", nicht nur von dem physischen Tsunami verwüstet, der geschätzte 1,3 Milliarden Dollar Schaden verursachte und einen großen Teil der Fischerei- und Tourismusindustrie zerstörte, sondern auch von zwei ökonomischen Flutwellen getroffen. Während der letzten sieben Monate schossen die Lebenshaltungskosten in die Höhe. Die Inflationsrate beträgt über 12 Prozent jährlich und im Mai und Juni strich die Regierung die Ölsubventionen, was zu einem Anstieg der Diesel- und Benzinpreise um 20 Prozent führte. Als zweites droht das Auslaufen des internationalen Exportquotensystems, des sogenannten Multifaserabkommens (MFA), die Textilexporte aus Sri Lanka zu treffen, die nun der heftigen Konkurrenz wesentlich größerer Produzenten in Ländern wie China ausgesetzt sind.

Die herrschende Klasse Sri Lankas weiß, dass sie den Bürgerkrieg beenden muss, um ihre wirtschaftlichen Probleme zu lösen. Ihr Problem ist, dass sie organisch an die kommunalistische Ideologie gebunden ist, die seit der Unabhängigkeit 1948 die Grundlage ihrer Herrschaft bildet. In jeder politischen Krise haben sich UNP wie SLFP des antitamilischen Kommunalismus bedient, um die Bevölkerung zu spalten und die bürgerliche Herrschaft abzustützen. Das Schüren von singhalesischem Chauvinismus führte 1983, inmitten bösartiger Tamilenpogrome, zum Ausbruch des Bürgerkriegs.

Nach dem Tsunami im Dezember erklärte Kumaratunga scheinheilig: "Man kann mit einer Naturkatastrophe dieses Ausmaßes nicht getrennt als Singhalesen, Tamilen und Muslime umgehen. Wir müssen alle zusammenstehen." Diese Haltung fand ihr Echo in zahlreichen Kommentaren, die zynisch meinten, die Katastrophe beinhalte auch einen Lichtblick, weil sie zu politischer Einheit und Frieden führen werde. Sieben Monate nach der Tragödie, die 40.000 Opfer forderte und eine halbe Million Obdachlose zurückließ, hat der Wiederaufbau noch nicht begonnen und die Fehde innerhalb der herrschenden Kreise geht weiter.

Das P-TOMS-Abkommen ist selbst äußerst bezeichnend. Der Hilfsmechanismus ist ein Abkommen zur Aufteilung der Macht zwischen Colombo und der LTTE. Es kam völlig undemokratisch, ohne auch nur den Anschein von Beratungen zustande. Sein Hauptzweck besteht nicht darin, die Leiden der Massen zu lindern, sondern die Grundlage für ein umfassenderes Friedensabkommen zu legen. Die LTTE vertritt nicht die Interessen der gewöhnlichen tamilischen Arbeiter und Bauern, sondern einer kleinen Schicht der tamilischen Bourgeoisie, für die das P-TOMS-Abkommen und alle zukünftigen Friedensregelungen ein Mittel sind, um ihre Stellung als Juniorpartner Colombos zu festigen.

Auch die Opposition der JVP gegen das Abkommen wird nicht durch die Anliegen der Massen motiviert, sondern durch Teile der herrschenden Elite, die ihre Vorherrschaft über die tamilischen und muslimischen Rivalen um jeden Preis aufrecht erhalten wollen. Wimal Weerawansa, der Propagandasekretär der JVP, hat die Klassenorientierung der Partei in einem entlarvenden Kommentar deutlich gemacht, der am 17. Juli in der Sunday Times erschien. Er sagte, die Kampagne seiner Partei gegen das P-TOMS-Abkommens habe Vorrang vor jeder Berücksichtigung des Schicksals der Tsunami-Opfer. "Die von unseren Vorfahren beschützte Souveränität und Integrität unseres Landes ist wichtiger," sagte er. "Mit Fragen der Lebenshaltungskosten umzugehen ist dagegen nicht schwierig."

Auf die Frage, ob die JVP die LTTE mit ihrer Haltung nicht in den Krieg zurücktreibe, antwortete Weerawansa: "Sie hat den Krieg nie eingestellt". Er machte die LTTE auch für die Gewalt im Osten verantwortlich. Sein Kommentar unterstreicht die Logik der Haltung der JVP: Sie heizt den Bürgerkrieg wieder an.

Am 17. Juli warnte der Führer des politischen Flügels der LTTE, S.P.Thamilselvan, vor der Kriegsgefahr. Frustriert über die schleppende Entscheidung über den Hilfsmechanismus, der durch das Urteil des Obersten Gerichts noch weiter verzögert wurde, bezeichnete der die Lage vor Ort als "ernsthaft". Er sagte: "Ein verschärfter verdeckter Krieg [im Osten], bei dem der Geheimdienstflügel der srilankischen Armee LTTE-Kader tötet... könnte zum Scheitern des Waffenstillstandsabkommens führen."

Die politische Unabhängigkeit der Arbeiterklasse

Die Arbeiter und Jugendlichen Sri Lankas reagierten auf den Tsunami vom 26. Dezember ganz anders als die herrschenden Eliten der Insel. Kaum hatten sie von der Katastrophe gehört, gingen viele Leute in die am schlimmsten betroffenen Regionen, um den Opfern zu helfen. Oder sie spendeten Geld und Waren für freiwillige Hilfsteams. Angehörige akademischer Berufe, darunter viele Ärzte und Krankenschwestern, arbeiteten freiwillig stundenlang unter schrecklichen Bedingungen, um den Kranken und Verletzten zu helfen. Dabei spielte es kaum eine Rolle, ob die Opfer Singhalesen, Tamilen oder Muslime waren. Es war klar, dass alle im selben Boot saßen.

Diese gesunden Reaktionen - die Zurückweisung des Kommunalismus und ein tiefes Misstrauen gegen die Regierung - ergeben jedoch noch keine politische Alternative für die Arbeiterklasse. Alle großen Parteien haben sich als völlig unfähig erweisen, auf die Bedürfnisse und Bestrebungen der arbeitenden Bevölkerung einzugehen, und überlegen sich nun offen, ob die zu diktatorischen Herrschaftsmethoden Zuflucht nehmen sollen.

Unter diesen Bedingungen muss sich die Arbeiterklasse von jedem Teil der Bourgeoisie vollkommen politisch unabhängig machen und eine politische Bewegung aufbauen, die für ihre eigenen Bedürfnisse und Bestrebungen kämpft. Eine solche Bewegung wird zu einem starken Anziehungspunkt für die städtischen und ländlichen Amen werden, die nach einem Ausweg aus ihrer verzweifelten Lage suchen. Ihr Ziel muss die völlige Reorganisation der Gesellschaft auf sozialistischer Grundlage sein: Die sozialen Bedürfnisse der Mehrheit müssen Vorrang vor den Profiteen der wenigen Reichen haben.

Diese Ziele können nicht durch Druckausüben auf das bestehende politische Establishment oder durch parlamentarische Manöver erreicht werden. Die Arbeiterklasse leidet immer noch unter den politischen Folgen des Verrats der Lanka Sama Samaja Party (LSSP), die 1964 in die bürgerliche Regierung von Frau Bandaranaike eintrat. Die Zurückweisung des sozialistischen Internationalismus durch die LSSP und ihr Eintreten für den Kommunalismus führte direkt zum Anwachsen des Einflusses der JVP und der LTTE und schließlich zum Bürgerkrieg. Heute sind die LSSP und die stalinistische Kommunistische Partei (CP) ausgebrannte Hüllen. Beide Parteien sind nur noch Hilfstruppen der SLFP. Sie ermutigen Kumaratunga, ihre Exekutivvollmachten einzusetzen, um das Wirtschaftsprogramm und die Politik der Regierung zu verwirklichen.

Die Nava Sama Samaja Party (NSSP) steht zwar formal außerhalb der herrschenden UPFA, hat aber Kumaratunga und das P-TOMS-Abkommen von ganzem Herzen unterstützt. Diese schamlos opportunistische Gruppe hat sich im Lauf ihrer Geschichte als Verteidigerin beider großen politischen Parteien betätigt. Ende der 1990er Jahre hatte die NSSP ein Bündnis mit der JVP geschlossen und behauptet, diese habe ihre chauvinistische Linie aufgegeben. Die einzige Konstante bei diesen Manövern ist die Unterstützung der NSSP für den sogenannten Friedensprozess. Als Folge unterhält sie Beziehungen zu zahlreichen Unternehmen und verschiedenen Nichtregierungsorganisationen, die für eine neues Abkommen zur Machtteilung eintreten.

Aufgrund ihrer Orientierung auf die jeweils Mächtigen hat die NSSP auf die gegenwärtige Sackgasse reagiert, indem sie die USA, Großbritannien und andere Großmächte direkt zur Hilfe aufrief. In der Zeitung Lakbima gab NSSP-Führer Wickrambahu Karunaratne am 26. Juni die folgende, außerordentliche Erklärung ab: "Der Weltkapitalismus gibt heute mehr Geld zur Entwicklung liberaler, demokratischer Bewegungen aus. Man kann korrekterweise sagen, dass sie das Geld, das sie früher für Propaganda und geheime Unterdrückungsmaßnahmen ausgegeben haben, jetzt zur Entwicklung freiheitlicher Bewegungen in Ländern wie dem unsrigen ausgeben."

Dieser Kommentar beschönigt nicht nur die Verbrechen, die von den USA und ihren Verbündeten im Irak und Afghanistan begangen werden, sondern schürt auch die verhängnisvolle Illusion, dieselben imperialistischen Mächte hätten ein Interesse an Frieden und Demokratie und am Schicksal der Tsunami-Opfer Sri Lankas. Während eine Verhandlungslösung des srilankischen Bürgerkriegs gegenwärtig die bevorzugte Option Washingtons darstellt, wäre es verrückt zu glauben, es würde vor dem Einsatz anderer, auch militärischer Mittel zurückschrecken, um Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die seinen strategischen und ökonomischen Zielen in der Region im Wege stehen. Und was die Tsunami-Opfer betrifft, so haben Bush und Blair erst von ihnen Notiz genommen, nachdem Millionen Menschen auf der ganzen Welt auf ihr Schicksal reagiert hatten.

Die Socialist Equality Party (SEP) warnt die Arbeiter: Sie können nicht politisch beiseite stehen, während die Bourgeoisie neue Herrschaftsmethoden vorbereitet. Um ihre Klasseninteressen durchzusetzen, benötigen sie ein politisches Programm, das die Masse der gewöhnlichen Leute zusammenschließt. Dazu muss jede Form von Kommunalismus und Chauvinismus zurückgewiesen und die gesamte arbeitende Bevölkerung im Kampf zum Umbau der Gesellschaft auf sozialistischer Grundlage zusammengeschlossen werden, unabhängig von Religion, Sprache und ethnischem Hintergrund. Aus diesem Grund tritt die SEP für eine Vereinigte Sozialistische Republik von Sri Lanka und Eelam als Bestandteil des umfassenderen Ziels Vereinigter Sozialistischer Staaten Südasiens ein.

Um ihre unmittelbaren wirtschaftlichen und sozialen Probleme anzugehen, muss die arbeitende Bevölkerung darauf bestehen, dass die Regierung die Hilfe an die Zehntausenden Tsunami-Opfer unmittelbar erhöht und die nötigen Gelder zur Verfügung stellt, um qualitativ gute Häuser, Schulen, Krankenhäuser und andere Einrichtungen aufzubauen, die durch die Katastrophe zerstört wurden. Man darf nicht auf den P-TOMS-Mechanismus vertrauen, um diese Aufgabe durchzuführen. Arbeiter müssen in jedem Wohngebiet und an jedem Arbeitsplatz die Initiative ergreifen, Aktionskomitees zu bilden, die Dienstleistungen und Einrichtungen für die Tsunami-Opfer organisieren und koordinieren. Diese Komitees müssen ihr eigenes nationales Organ bilden, um die Ausgabe der gesamten Tsunami-Hilfen zu überwachen.

Diese Initiativen und Forderungen sind Bestandteil eines Programms, dessen Ziel die Errichtung einer Arbeiter- und Bauernregierung ist. Damit die Arbeiterklasse die Macht übernehmen kann, muss sie in allen wichtigen Tagesfragen ihre eigene Klassenlösung vorbringen und propagieren. An allen Arbeitplätzen müssen Arbeiter für die Forderung nach einem sofortigen und bedingungslosen Abzug der Truppen aus dem Norden und Osten eintreten, die Abschaffung aller diskriminierenden und undemokratischen Gesetze verlangen und die Bildung einer frei gewählten, verfassungsgebenden Versammlung fordern. Diese muss eine neue Verfassung verabschieden, die für Alle grundlegende soziale und demokratische Rechte garantiert.

Die Socialist Equality Party tritt im Rahmen des Internationalen Komitees der Vierten Internationale für dieses Programm ein. Das IKVI kämpft dafür, die Arbeiter auf der ganzen Welt auf der Grundlage einer sozialistischen Perspektive zu vereinen. Wir fordern Arbeiter und Jugendlich dringend auf, unser Programm und unsere Politik zu studieren, die World Socialist Web Site zu lesen, der SEP beizutreten und diese aufzubauen.

Siehe auch:
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