56. Berlinale - Teil 5

Versinken in Gewalt

Unter den deutschen Beiträgen zur 56. Berlinale ragten zwei Filme heraus. Knallhart (Regie: Detlev Buck, Buch: Zoran Drvenkar/Gregor Tessnow) und Der Kick von Andres Veiel zeigen in ungewohnt schockierender Deutlichkeit, wie Armut und Perspektivlosigkeit eine Spirale von blinder, rückständiger Gewalt unter den Schwächsten der Gesellschaft in Gang setzen. Der erste Film spielt in einem Berliner Stadtbezirk mit hohem Ausländeranteil, der zweite in einem Dorf in Ostdeutschland.

Die Story von Knallhart nach dem gleichnamigen Jugendroman von Gregor Tessnow ist einfach. Der 15-jährige Michael sitzt in einem Polizeirevier. Er hat gerade einen Mord begangen, sich selbst gestellt und erzählt seine Geschichte: Vor nicht langer Zeit war er mit seiner labilen Mutter, die von ihrem reichen Liebhaber fallen gelassen wurde, aus dem wohlhabenden Wohnbezirk Berlin-Zehlendorf in den sozialen Brennpunkt Berlin-Neukölln gezogen.

In der Schule wird er das tägliche Opfer von Demütigungen und Erpressungen. Am schlimmsten treibt es eine türkische Gang, was sich ändert, als Michael beginnt, für den Araber Hamal als Drogenkurier zu arbeiten. Da Michael zuverlässig ist, wird ihm ein größerer Auftrag anvertraut. Durch seinen alten Peiniger Erol verliert er aber das erhaltene Geld, 80.000 Euro, und wird von Hamal vor die Entscheidung gestellt, Erol oder sich selbst zu töten.

Seit der Film im Kino ist, wird über den Realismus der beunruhigenden Bilder diskutiert, über die aggressiven und kriminellen Jugendlichen, denen sich Schule und Polizei nicht recht gewachsen zeigen. Der Film, so der SPD-Bürgermeister von Berlin-Neukölln Heinz Buschkowsky, zeige eine Vorstufe der Verhältnisse von Paris. "Er zeigt Menschen, die sich nicht als Teil der Gesellschaft fühlen. (...) Nach den Ausschreitungen in Paris habe ich gesagt: Das ist der Blick ins Schlüsselloch, in unsere Zukunft, wenn wir so weitermachen."

Man müsse endlich etwas tun. Die Hauptfehler lägen vor allem in einer falschen Bildungspolitik: "Wer Bildung hat, prügelt nicht. (...) Die bildungsorientierten Mittelschichten (...) werden diese Quartiere weiter in Scharen verlassen. Und damit wird der Boden bereitet für solche Kulturen der Bildungsferne. Die Entmischung der Bevölkerung in diesen Gebieten ist ihr Tod. Asoziale, Kriminelle, Fanatiker - das gibt’s in jeder Community. Das Problem entsteht, wenn sich dieser Bevölkerungsanteil zu einer Monokultur entwickelt."

Die Warnung vor einer "Monokultur", die sich aus "Asozialen, Kriminellen und Fanatikern" zusammensetzt, zeigt Unbehagen vor dem unberechenbaren Gewaltpotential der Armut, von dem der Film eine Ahnung gibt. Gleichzeitig spricht aus den Worten jene soziale Arroganz, die der französische Innenminister Sarkozy im letzten Jahr in dem Wort "Abschaum" zusammenfasste.

Dazu passt die wenig nachvollziehbare Behauptung, in dem Film sei ein "kritisch zu diskutierendes Klischee" enthalten: "Deutscher Junge wird aus Zehlendorf vertrieben und gerät in Neukölln in die Gewalt von Ausländern." Die Unterstellung, der Film hätte eine rassistische Tendenz, die von der Presse teilweise geteilt wurde, soll wohl eher von seinem sozialen Inhalt ablenken.

In Knallhart geht es nicht um ethnisch-kulturelle Befindlichkeiten. Der Hass, der Michael in der neuen Schule entgegenschlägt, ist nicht einfach der Hass "gewalttätiger Ausländer" auf den "deutschen Jungen", sondern ein "knallharter", sadistischer Hass der Armut auf die Reichen, die nicht weit von hier in ihren Villen leben. Soziale Wut treibt Erol an, er will Rache nehmen an dem vermeintlich wohlhabenden Michael, ihn als hilfloses Opfer am Boden sehen. Michael seinerseits wird nicht auf Grund eines niedrigen Bildungsniveaus zum Gewalttäter. Jahrelang hatte er in Zehlendorf gute Lernbedingungen. Anders als viele seiner türkischen Mitschüler ist er ein sehr guter Schüler.

Bucks Film ist acht Jahre nach Kurz und schmerzlos (1998) von Fatih Akin entstanden, der im Migrantenmilieu von Hamburg spielt. Es gibt auch hier Gewalt, kleine und große Gauner, und ganz normale Leute. Aber die Prügeleien und die Kleinkriminalität werden als etwas betrachtet, was man hinter sich lässt, wenn man erwachsen wird, heiratet und - arbeiten geht. Die wirklich harten Kriminellen genießen keine Achtung in der einfachen Bevölkerung. Und die aggressive Brutalität des albanischen Waffenhändlers, mit dem sich der junge Serbe Bobby zum großen Teil aus menschlicher Unreife einlässt, hat auch ein irrationales, psychopathisches Element. Akins Figuren sind in dem Hamburger Stadtteil Altona verwurzelt, sie sind hier aufgewachsen. Man hilft sich auch gegenseitig, es gibt so etwas wie Freundschaft und eine starke Sehnsucht nach Liebe.

Acht Jahre später, dazwischen liegt die Zeit der rot-grünen Regierung mit ihrem forcierten Sozialabbau, zeigt Knallhart eine veränderte, wesentlich brutalere Welt. Da ist ein insgesamt von Kälte geprägtes Klima, und die allgegenwärtige Gewalt folgt einer unerbittlichen sozialen Logik. Während Akins Figuren in einem nach außen relativ geschlossenen Milieu agieren, was auch Schutz bedeutet, fehlt dies bei Buck. Michael und seine Mutter sind keine Migranten. Und nicht nur sie sind unfreiwillig in ihre missliche Situation reingeschlittert. Der eher lächerliche Ganove mit sächsischem Akzent gehört nicht wirklich hierher.

Unter den Jugendlichen gibt es keine wirkliche Lebensfreude, keine Freundschaften, man hängt höchstens noch gemeinsam ab, trinkt stumpfsinnig, setzt andere unter Druck oder wird selbst unterdrückt. "Du Opfer" ist das bezeichnende Schimpfwort in dieser Szene, und jeder, der Schwäche zeigt, wird gnadenlos niedergemacht.

Verbrechen ist eine akzeptierte Form des Broterwerbs. Der arabische Drogenboss Hamal ernährt eine große Familie. Begrenzte Möglichkeiten haben seine Berufswahl bestimmt. Allseits verachtet werden eher diejenigen, die sich hängen lassen, wie der an der Schule gefürchtete Erol, der nichts auf die Reihe kriegt. Nicht jugendliche Unreife lässt Michael zum Verbrecher und Mörder werden, sondern beginnende Reife. Michael, der seinen beiden Kumpanen vorwirft, das Leben nur als Party zu sehen, fängt an, sein Leben in die eigene Hand zu nehmen, die Initiative zu ergreifen für sich und seine passive Mutter, die nichts anderes kann, als sich von anderen Männern aushalten zu lassen. Michaels ganz normales Bestreben wird unter den asozialen Bedingungen der Armut zum Beginn einer Abwärtsspirale. Am Ende steht ein abscheulicher Mord.

Es dauert quälend lange, bis Michael abdrückt. Er muss sich entscheiden, hat aber keine Wahl. Ein ganz gewöhnlicher Jugendlicher muss zum Mörder werden. Die erbarmungslose Logik dieser Entwicklung Schritt für Schritt zu erfahren, macht die Sogwirkung des Films aus.

Der Schwerpunkt von Knallhart liegt im Deutlichmachen sozialer Perspektivlosigkeit. Das überzeugt, legt aber die Schlussfolgerung nahe, dass Armut zwangsläufig immer zu rückständigen Gewaltausbrüchen führt. Blinder, selbst zerfleischender Hass ist jedoch vor allen ein Ergebnis politischer Perspektivlosigkeit. Buck erklärte in der Berliner Zeitung, den Jugendlichen würde die egoistische Brutalität von den großen Konzernen, die massenhaft Menschen entlassen, vorgelebt. Es stimmt. Auch Drogenboss Hamal schützt mit der brutalen Aufforderung an Michael zu töten lediglich sein "Unternehmen". Bucks Kritik an der kapitalistischen Wolfsmentalität ist aber zu allgemein, um irgendjemandem weh zu tun.

Interessant ist der Lehrer der Jugendlichen, ein Streetwoker-Typ, streng, kumpelhaft und zynisch. Als die Klasse wieder einmal verrückt spielt, sagt er zu einem der Jugendlichen: "Beim nächsten Mal wirst du abgeschoben." Der zynische Scherz zeigt einen Lehrer, dessen Herz für die Jugendlichen schlägt, aus dem aber Frustration und Ohnmacht sprechen, der keinerlei Idealismus und keine Hoffnung mehr hat. Leider bleibt diese Figur schemenhaft.

Die Beteuerung des Neuköllner SPD-Bürgermeisters, laut Kriminalstatistik sei die Gewalt in seinem Stadtbezirk rückläufig, täuscht nicht darüber hinweg, dass der Film ins Schwarze getroffen hat. Schließlich diskutieren Politiker in der Regel nicht über den Realitätsgehalt von Kunstwerken. Noch im letzten Jahr war man bemüht, sich nach den sozialen Unruhen In Frankreich gegenseitig zu beruhigen, ähnliches sei in Deutschland undenkbar. Regisseur Buck sah, dass diese Entwicklung längst begonnen hatte. Die jüngsten Ereignisse an der Neuköllner Rütli-Schule sind eine Bestätigung davon. Buck erklärte, sein Film könnte in jeder größeren Stadt Deutschlands spielen.

Der Schwachpunkt von Knallhart, seine politische Verschwommenheit machen es möglich, dass sich SPD-Politiker wie Buschkowsky oder auch der Berliner Grünenpolitiker Özcan Mutlu zu Wort melden und fordern, dass etwas getan werden müsse. In Wirklichkeit hat die langjährige Politik ihrer Parteien zu den erschreckenden Tendenzen geführt, die der Film so eindringlich schildert.

Der Kick

Der Filmemacher Andres Veiel (Blackbox BRD) hat sein Theaterstück Der Kick erst im Berliner Maxim Gorki-Theater inszeniert und dann verfilmt. Der Stoff geht zurück auf eine wahre Begebenheit. In dem brandenburgischen Dorf Potzlow, unweit Berlins, richteten rechtsgerichtete Jugendliche im Juli 2002 einen ihrer Kumpel, nachdem sie ihn eine zeitlang gequält hatten, regelrecht hin. Stück wie Film stützen sich auf Interviews und Protokolle.

Der Bürgermeister begreift das Geschehene so wenig wie der örtliche Pfarrer. Potzlow sei ein ganz normales Dorf mit Vereinen und freiwilliger Feuerwehr. Der Geistliche spricht von "bestialischen Kreaturen" und davon, dass Glatzenträger "den Ungeist in unsere Dörfer getragen" hätten. Die juristische Seite bescheinigt den Tätern "dumpfes rechtes Gedankengut" und dem Dorf - es gab Mitwisser, die ihr Wissen für sich behielten - das Fehlen von "zivilisatorischen Standards".

Veiel erklärt, zunächst ähnlich gedacht zu haben. Mit der Zeit hätte sich das geändert.

Er sei überrascht gewesen: "Es gibt bei solchen Taten oft auch Gewalt in den Familien, Missbrauch, Alkoholismus, Demütigungen. Doch bei den Eltern der Täter Marcel und Marko trifft das nicht zu." Insgesamt passten auf die Jugendlichen nicht die griffigen Klischees über Rechtsradikale. Im Bemühen, mehr über die Ursachen des Mordes herauszubekommen, bezog Veiel gegenwärtige und historische Entwicklungen mit ein.

Der Vater der Brüder berichtet, wie gut er zu DDR-Zeiten verdient hätte. Durch zusätzliche Schwarzarbeit mit Zimmermannsarbeiten kam er monatlich auf 3.000 Mark. (Das untere Durchschnittseinkommen betrug weniger als 600 Mark). Man hätte den Kindern viele Wünsche erfüllen können, sei oft mit ihnen in Berlin gewesen. Jetzt berufsunfähig, spüre er die Demütigungen durch Arbeitsamt und Sozialamt. "Da komm ich nicht drüber weg, dass man weg ist vom Fenster."

Der alkoholkranke Achim, eine Art väterlicher Freund der Clique, erklärt, das Dorf hätte früher aus lauter Rinder- und Schweinezüchtern bestanden, jetzt gäbe es nur noch Alkoholiker. Auch andere stellten fest, vor der Wende sei es besser gewesen. Es gab Arbeit und eine Infrastruktur, mehrere Läden, einen Friseur, Sparkasse. Inzwischen ist das alles dicht.

Aus verschiedenen Äußerungen geht hervor, dass auch die Jugendlichen ständig tranken, auch kifften. Marcel erklärt, schon mit 12/13 Jahren hätte das begonnen, mit einem halben Kasten Bier pro Tag und einer Flasche Schnaps. Der Vater trank zu dieser Zeit selbst, und gab dem Sohn noch Geld für Alkohol.

Die Eltern von Marinus, dem Opfer, sind wütend auf die Politik. Sie erklären, sie hätten auf das Mitgefühl des SPD-Politikers Matthias Platzeck, zur Zeit des Mords Ministerpräsident des Landes Brandenburg, verzichten können. Dieser fahre in der Welt umher, lege Kränze vor Mahnmalen bei Ausländern nieder. Warum machen sie nichts für die Deutschen im eigenen Land? Kurz nach dem Tod ihres Sohnes, berichtet die Mutter, habe das Sozialamt erklärt, da sie jetzt eine Person weniger seien, hätten sie kein Anrecht mehr auf die jetzige Anzahl Quadratmeter in der Wohnung.

Sandra, Markos Freundin singt: "Steh auf du deutsches Volk, Deutschland braucht dich jetzt in deiner Not." Bezeichnend sind die Zukunftsträume der beiden: Arbeit und die Fahrerlaubnis.

Berechtigte aber ohnmächtige Wut kann umschlagen in Wut gegenüber Schwächeren. Verschiedenen Äußerungen ist zu entnehmen, dass unter den Jugendlichen eine spannungsgeladene Atmosphäre herrschte. Während sich die Jugendlichen in Knallhart ständig belauern und als Opfer beschimpfen, waren in Potzlow die ständig benutzten Schimpfwörter "Penner" und "Jude", beides klassische Opfer.

"Jeder hätte das Opfer gewesen sein können", erklärt eine Mutter. Jeder, der Schwächen zeigte, der tauglich war zum Opfer, hätte der nächste sein können, jeder von ihnen. Auch Marcel sei im selben Jahr im Suff krankenhausreif geschlagen worden. Am Tatabend entlud sich der aggressive Sadismus an dem leicht sprachgestörten 16-jähringen Marinus. Man urinierte ihn an, zwang ihn, sich als Juden zu bezeichnen. Sie brachten ihn in den Schweinestall, um ihm "Angst einjagen". Man habe ihn nicht umbringen wollen, so Marcel, "nur quälen und ärgern". Das andere habe sich einfach aus der Situation ergeben.

Der Film deutet an, dass ohnmächtige Angst und Wut in der Familie schon früher eine Rolle gespielt haben. So musste der Großvater als Kind mit ansehen, wie sowjetische Soldaten seinen Vater strangulierten. Als sich die aus Schlesien vertriebene Bauernfamilie in Ostdeutschland mit viel Arbeit einen Hof aufgebaut hatte, wurde sie von der Ulbricht-Regierung enteignet.

Der Film zeigt, dass nicht einfach "Glatzenträger den Ungeist in die Dörfer tragen", sondern dass aufgezwungene asoziale Lebensbedingungen mächtige Faktoren für die Entwicklung einer genauso asozialen Brutalität sein können, die wild um sich schlagend auch vor dem grässlichen Mord an einem Wehrlosen nicht zurückschreckt. Nicht allein die Erfahrungen mit dem sozialen Kahlschlag des Kapitalismus auf dem Lande, sondern die genauso unaufgearbeiteten Erfahrungen mit dem Stalinismus davor haben ein Klima enttäuschter Wut geschaffen, dass rechte Gedanken begünstigt.

Dem Regisseur fiel bei seinen Besuchen der Dorfbewohner eine allgemeine Abgrenzung gegenüber dem "Westen" auf. In einem Interview erklärt er, es hätte einen Sinnverlust für die Zeit nach 1990 gegeben. "Ich habe bei vielen in Potzlow eine typische Trotzhaltung gegen den Westen gespürt. Einer hat mal gesagt: ‚Wenn jemand zusammengeschlagen wird, greife ich nicht ein.’ Das hieß übersetzt: Die kläglichen Wertereste von Zivilcourage, die ihr uns neben eurer gnadenlosen Konkurrenz verordnen wollt, könnt ihr behalten."

Kurz gesagt: Das "Fehlen zivilisatorischer Standards" erweist sich als verbitterte, dumpfe Ablehnung des Kapitalismus und seiner Politiker.

Veiel bemüht sich, viele Dinge zusammen zu bringen. Er ist sich der Komplexität dieses Verbrechens bewusst, spricht von vielen Widersprüchlichkeiten, auf die er bei den Recherchen stieß, und weigert sich, obwohl die Täter das Opfer zwangen, sich als Juden zu bezeichnen, das Verbrechen auf die einfache Formel "Neonazismus", zu bringen. Die Schilderungen des sozialen Desasters seit dem Zusammenbruch der DDR, die soziale und geistige Verwahrlosung der Täter, und der Vergleich mit der sozialen Sicherheit in der DDR bleiben am stärksten im Gedächtnis. Anderes ist nur bruchstückhaft angedeutet, als solle sich der Zuschauer ein eigenes Bild zusammenzusetzen, da, wo es dem Filmemacher selbst schwer fiel.

Die etwas abstrakte Art der Inszenierung, die Gesten und Haltungen der Figuren erinnern etwas an die Formelhaftigkeit Brechtscher Lehrstücke. Es dominiert kühle bläuliche Beleuchtung, in dem sparsamen Bühnenbild. Sämtliche Figuren werden von zwei Schauspielern gespielt, wobei egal ist, ob ein Mann eine Frau spielt oder umgekehrt, ob Kind oder Erwachsenen. Persönliches sollte nicht von den mündlichen Inhalten ablenken, so Veiel. Das Bild sollte im Kopf des Zuschauers entstehen, nicht von der Leinwand vorgegeben werden.

Ob eine andere filmische Umsetzung des Projekts angemessener gewesen wäre, als im Wesentlichen eine Abfilmung der Theaterinszenierung, sei dahingestellt. Begrüßenswert ist aber, dass ein Filmregisseur sich hier für das Wort stark gemacht hat. Eine Reihe neuerer deutscher Regisseure vernachlässigt seit Jahren das gesprochene Wort mit der Begründung, ein Film solle alles durch Bilder sagen. Die Ergebnisse überzeugen nicht. Ebenso ermüdend wie nichts sagendes Geschwätz ist eine Kamera, die auf jede Banalität gerichtet wird. Veiels Film, der das visuelle Element stark heruntergefahren hat und sich damit leider einer Ausdrucksmöglichkeit beraubt, zeigt, wie fesselnd das gesprochene Wort im Film sein kann, wenn es wirklich etwas zu sagen gibt.

Siehe auch:
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