Merkel und Steinmeier an der Seite der imperialistischen Aggressoren

Warum sich die Bundesregierung hinter die blutige Kriegspolitik von Washington und Jerusalem stellt

Die Entscheidung der Bundesregierung die Kriegspolitik der amerikanischen Regierung und deren Verbündete in Israel uneingeschränkt zu unterstützen, kennzeichnet einen deutlichen Rechtsruck der Großen Koalition, der nicht auf die Außenpolitik beschränkt bleibt.

Die Berliner Regierung macht sich damit zum Komplizen und Erfüllungsgehilfen des militärischen Terrors den die US-Streitkräfte im Irak geschaffen haben und der nun von der israelischen Armee auf den Libanon und die Palästinensergebiete ausgedehnt wird. Die Politik von Angela Merkel (CDU) und Außenminister Steinmeier (SPD) stärkt damit die reaktionärsten Kräfte der internationalen Politik und ermutigt die US-Regierung zu weiteren militärischen Abenteuern gegen Syrien und vor allem gegen den Iran, mit noch weitaus blutigeren Konsequenzen als bisher.

Als vor gut drei Jahren der US-Angriffskrieg gegen den Irak begann, übte die damalige Bundesregierung unter Gerhard Schröder (SPD) und Außenminister Joschka Fischer (Grüne) gemeinsam mit ihren Amtskollegen in Paris, Moskau und einigen anderen europäischen Städten Kritik. Zwar war diese Kritik von Anfang an doppelbödig und verlogen, weil die Regierung nichts unternahm, um die amerikanischen Militärbasen auf deutschem Boden zu schließen, den Luftraum zu sperren und den Bruch des Völkerrechts juristisch zu ahnden, sondern stattdessen auf Geheimdienstebene eng mit der amerikanischen Militärführung zusammenarbeitete und die US-Streitkräfte wo immer sie konnte unterstützte und entlastete.

Dennoch war die Kritik aus mehreren europäischen Hauptstädten zu Beginn des Irakkriegs vor drei Jahren durchaus deutlich. Jetzt, nachdem die damaligen Warnungen vor einer völligen Destabilisierung des gesamten Nahen Osten sich in schlimmster Weise bewahrheitet haben und Kriegsverbrechen in Form von Terror gegen die Zivilbevölkerung und Folter täglich stattfinden, schwenkt die Bundesregierung um und stellt sich ohne wenn und aber hinter die amerikanische und israelische Kriegspolitik.

Wobei der Schmusekurs zwischen Merkel und Bush - mit Küsschen links und Küsschen rechts - abgeschmackter kaum sein könnte. Am selben Tag, als die israelische Armee die Verschleppung von zwei ihrer Soldaten durch die Hisbollah zum Vorwand nahm, um eine seit langem vorbereitete Militäroperation gegen den Libanon zu starten und den wichtigsten Flughafen des Landes zerstörte, empfing Angela Merkel den amerikanischen Präsidenten mit überschwänglicher Herzlichkeit.

Wie ein Brautpaar auf einer Hochzeitsfeier hielten Merkel und Bush gemeinsam das Messer, um den Wildschweinbraten auf dem Grillfest in Trinwillershagen nahe Stralsund anzuschneiden. Strahlend nahm Merkel die Einladung zu einem Besuch auf der Bush-Ranch in Texas an, was einer Art Ritterschlag und Aufnahme in den persönlichen Freundeskreis des US-Präsidenten bedeutete. Gegenüber der Presse betonte Bush bei jeder Gelegenheit seine "guten Gespräche" mit und seine Hochachtung vor der Kanzlerin und auf dem G8-Gipfel bezeichnete er Merkel als "herausragende Politikerin in Europa".

Dass der amerikanische Präsident der Kanzlerin den Hof macht und die Zusammenarbeit mit ihr als "außerordentlich bedeutsam" bezeichnet, hat guten Grund. Denn der bisherige Hauptverbündete der Washingtoner Kriegspolitik in Europa, Britanniens Premier Toni Blair, befindet sich im fortgeschrittenen Stadium des politischen Niedergangs. Aber noch wichtiger als das, ist die Tatsache, dass mit dem Sinneswandel in Berlin in allen europäischen Hauptstädten die amerikanische Flagge gehisst wurde.

Nicht eine einzige europäische Regierung wagte es der amerikanischen und israelischen Kriegspolitik die Stirn zu bieten, oder auch nur einige offensichtliche Wahrheiten auszusprechen und den Bombenterror gegen die Zivilbevölkerung im Libanon und 1,5 Millionen Palästinenser im Gazastreifen als Kriegsverbrechen anzuklagen. Stattdessen wiederholen alle die Propagandalügen des Pentagon und der israelischen Regierung, wonach die systematische Zerstörung von Wohnsiedlungen, wahllose Tötung ganzer Familien samt Frauen, Kindern und Alten, Zerstörung der Straßen, Flugplätze, Kraftwerke, das heißt der Lebensgrundlagen für ein ganzes Land, das selbstverständliche Recht der israelischen Regierung auf Selbstverteidigung sei.

Die europäische Elite hat eine Entscheidung getroffen, dass sie ihre eigenen wirtschaftlichen und politischen Interessen am besten in Zusammenarbeit mit Washington und dessen Waffenbruder in Jerusalem vertreten kann.

Von Angela Merkel wusste man, dass sie Bushs Kriegspolitik von Anfang an unkritisch gegenüber stand. Sie unterscheidet sich nicht von der Führungsschicht, in den osteuropäischen Ländern, die während dem Zusammenbruch der stalinistischen Regime politisiert wurde und deren Begeisterung für den Kapitalismus eng mit einer Faszination der hemmungslosen Bereicherung in den USA und der daraus resultierenden Weltmachtpolitik verbunden war. Zu den demokratischen Grundrechten der Bevölkerung hat sie ebenso wenig eine Beziehung wie zum Völkerrecht.

Doch auch im sozialdemokratisch geleiteten Außenministerium fand ein Umschwung statt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Man könnte annehmen, dass das Desaster, das die amerikanisch Kriegspolitik im Irak und im ganzen Nahen Osten angerichtet hat - und wovor einige europäische Regierungen anfangs gewarnt hatten - die Rolle der Europäer stärken werde. Doch das Gegenteil ist der Fall. Angesichts der explosiven Situation und der Gefahr eines militärischen Flächenbrands im Nahen Osten rufen die Europäer den Brandstifter zu Hilfe. Am deutlichsten wird das in einem Interview das der Sozialdemokrat Karsten Voigt der als Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen zuständig ist, dem Deutschlandradio gegeben hat.

Am Tag als die israelische Armee in Absprache mit Washington und mit Waffen "made in USA" den internationalen Flughafen in Beirut weitgehend zerstörten, sagte Voigt dem Sender: "Zuerst einmal ist eines richtig, dass der Nahe Osten ein Gebiet ist, wo wir nicht weniger USA möchten, sondern mehr USA möchten. Und das sagen auch normale Kritiker der USA, weil ohne die USA die Lage dort nicht zu beruhigen ist." Mit demselben Argument hätte man 1933 dem Ermächtigungsgesetz der Nazis zustimmen können, weil die Probleme des Landes nur durch eine starke Regierung gelöst werden könnten.

Es gehört nicht viel dazu die europäischen Regierungen einzuschüchtern. Nicht nur der brutale Bombenterror in Bagdad, Fallujah, Basra und nun auch in Beirut und Gaza, morgen vielleicht schon in Damaskus und Teheran, haben das erreicht. Auch die Art und Weise wie die US-Regierung in Europa eingegriffen hat, illegale Gefangentransporte durchführt, Foltergefängnisse unterhält und sich verächtlich über jeden Untersuchungsausschuss hinwegsetzt, hat Eindruck gemacht und die reaktionärsten politischen Elemente gestärkt.

Dazu kommt noch, dass sich in den europäischen Hauptstädten, wenige Monate vor den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der "Römischen Verträge" mit denen im Frühjahr 1957 die Europäische Union aus der Taufe gehoben wurde, die Einsicht breit macht, dass trotz gemeinsamer Währung die europäische Einheit nicht nur stockt, sondern bereits begonnen hat wieder auseinander zu brechen. Die EU-Osterweiterung ist gescheitert und an allen Ecken und Enden nehmen die nationalen Egoismen und Gegensätze zu.

Auch die Beziehung zu Russland hat sich verändert. Die Bundesregierung hätte gerne ein ausgewogenes Verhältnis nach West und Ost. Die hohe deutsche Energieabhängigkeit von Moskau erfordert das. Doch in dem Maße in dem sich die amerikanisch-russischen Spannungen verschärfen, wird der Spagat unmöglich. Dazu kommt noch, dass Putins Russland sich von dem Jelzins stark unterscheidet. Als zum Jahresbeginn die Kremlregierung der Ukraine den Gashahn zudrehte, löste das in Berlin einen gewissen Schock aus. Die Stimmen, die vor einer zu großen Abhängigkeit von Moskau warnten, wurden lauter und die Annäherung an Washington stärker.

Es gibt aber noch einen ganz anderen Faktor, der die Bundesregierung daran erinnert, dass sie den Zusammenbruch 1945 nur mit Hilfe der US-Regierung überstand und im Windschatten Amerikas ein halbes Jahrhundert stabile Verhältnisse geschaffen und gute Geschäfte gemacht hat: die wachsende soziale Krise und die Zunahme der sozialen Konflikte in Europa.

Die Große Koalition war von Anfang an mit einem Geburtsfehler behaftet. Sie war aus einer Wahl hervorgegangen, in der das so genannte "linke" Lager aus Sozialdemokraten, Grünen und Linkspartei zusammen mehr Stimmen erhalten hatte als das "rechte" Lager aus Union und FDP. Nur die Bereitschaft der SPD, eine Große Koalition zu bilden, bescherte Merkel schließlich doch noch die Kanzlerschaft.

Nicht lange nach der Regierungsbildung entwickelten sich in Frankreich Massendemonstrationen gegen den Versuch der französischen Regierung den Kündigungsschutz abzubauen und die Villepin-Regierung musste unter dem Druck der Proteste an denen sich Millionen beteiligten ihr Vorhaben zumindest vorübergehende zurückziehen.

Unter diesen Bedingungen agierte die Merkel-Regierung vorsichtig und geriet in immer stärkeren Konflikt zu einflussreichen Wirtschaftsverbänden, denen der Abbau der Sozialstandards nicht schnell und weit genug vonstatten ging.

Die Entscheidung sich im Nahostkrieg uneingeschränkt auf die Seite der imperialistischen Aggressoren zu stellen, kennzeichnet einen Wendepunkt. Dieselbe Rücksichtslosigkeit mit der die Regierung der libanesischen, palästinensischen oder irakischen Bevölkerung entgegentritt, wird sie künftig auch gegenüber der eigenen Bevölkerung an den Tag legen.

Um es mit einfachen Worten zu sagen: Der Irakkrieg und seine Ausweitung auf den Libanon und die Palästinensergebiete kennzeichnet die Wiederkehr imperialistischer Politik in ihrer aggressivsten und brutalsten Form. Das ist nicht auf die Außenpolitik beschränkt. Eine ganze historische Periode, als auf den Trümmern des Zweiten Weltkriegs internationale Vereinbarungen in Form der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts getroffen wurden, ist zu Ende.

In Europa war der äußere Frieden mit dem inneren in Form von Sozialpartnerschaft und einem weitgehenden gesellschaftlichen Ausgleich kombiniert. Die Rückkehr zur imperialistischen Gewaltherrschaft ist direkt damit verbunden alle noch bestehenden Reste des europäischen Sozialstaatssystems zu zerschlagen. Merkels Schmusekurs mit Bush wird die transatlantischen Spannungen nicht beseitigen, schon gar nicht auf Dauer. Er leitet aber ein neues Stadium heftiger Angriffe auf soziale und demokratische Rechte ein.

Siehe auch:
Durch Israels Angriff auf den Libanon droht der Nahe Osten im Krieg zu versinken
(17. Juli 2006)
Die Wiederbesetzung des Gazastreifens: Israel und die Große Lüge
( 11. Juli 2006)
Großmächte tragen Mitverantwortung für israelische Kriegsverbrechen
( 6. Juli 2006)
G8-Mächte billigen israelische Aggression im Libanon
( 19. Juli 2006)
G8-Erklärung beschuldigt Hisbollah und Hamas
( 19. Juli 2006)
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