G8-Mächte billigen israelische Aggression im Libanon

Als der G8-Gipfel am Montag zum Abschluss kam, gingen die brutalen israelischen Luftangriffe auf den Libanon schon in den sechsten Tag. Die Führer der imperialistischen Großmächte hatten praktisch grünes Licht für die Pulverisierung dieses kleinen Landes durch einen bis an die Zähne bewaffneten Vasallenstaat der USA gegeben. Während von den USA gelieferte Bomben und Raketen, abgeschossen von Kampfflugzeugen aus den USA, auf libanesische Dörfer und Städte niedergingen, sorgte die Bush-Regierung dafür, dass selbst eine rein formale Aufforderung zum Waffenstillstand verhindert wurde.

Zwar stellen die amerikanischen Medien die aktuelle Krise so dar, als würden beide Seiten gleichermaßen leiden: Israelische Zivilisten werden von Hisbollah-Raketen getroffen, und libanesische Zivilisten von israelischen Bomben. Aber die Realität sieht völlig anders aus. Mehr als zweihundert Libanesen wurden bisher getötet, und ihr Land hat bereits Schäden in Höhe von einer Milliarde Dollar erlitten. Auf der anderen Seite fanden 24 Israelis den Tod, die Hälfte davon Soldaten, die in direkten Gefechten mit Hisbollah-Kämpfern umkamen.

Die Raketen der Hisbollah sind relativ primitiv, ungenau und wesentlich schwächer als die israelischen, lasergesteuerten 500-Pfund Präzisionsbomben, die Straßen, öffentliche Gebäude, Kraftwerke, Hafenanlagen und Flughäfen, ja die gesamte moderne Infrastruktur des Libanon zerstören. Israelische Politiker haben öffentlich gelobt, den Libanon zwanzig Jahre zurückzuwerfen - d.h. in die Zeit des Bürgerkriegs, der das Land fast zerstört hatte.

Die vom G8-Gipfel am Sonntag verabschiedete Resolution machte Hamas und Hisbollah für die aktuelle Nahostkrise verantwortlich, weil sie drei israelische Soldaten entführt und Israel mit Raketen aus dem Gazastreifen und Südlibanon beschossen hätten. Das Gerede über eine solche Provokation ist Unsinn. Israel hat sich seit Jahren auf eine neue massive Militärintervention im Libanon vorbereitet, und die Angriffe der Hisbollah dienen der israelischen Regierung lediglich als Vorwand für die Durchführung ihrer lang gehegten Pläne.

Durch die Militäroperation werden zwei zusammenhängende Ziele verfolgt: Das eine liegt im Interesse der herrschenden Elite Israels, das andere verfolgt die Regierung gemeinsam mit ihren amerikanischen Beschützern.

Wie immer rechtfertigt Israel sein militärisches Vorgehen mit der Behauptung, es übe nur Selbstverteidigung und reagiere auf eine schwere Bedrohung seiner Sicherheit. Doch dies ist für Israel gleichbedeutend mit der völligen Unterwerfung aller anderen Staaten in Nahost, gar nicht zu reden von der Unterdrückung der Palästinenser, deren wirtschaftliche und/oder militärische Entwicklung den regionalen Hegemonialambitionen des Zionismus Grenzen setzen könnte.

Weil die Hisbollah der Verwandlung des Libanon in ein gefügiges Werkzeug der israelischen Politik im Wege steht, soll sie vernichtet werden. Deswegen lehnt Ministerpräsident Ehud Olmert auch die Stationierung einer UN-Friedenstruppe an der libanesisch-israelischen Grenze ab.

In einer Rede vor der Knesset erklärte Olmert am Montag, sein Ziel sei es, die Hisbollah von der Grenze zurückzudrängen. Das kann nur unter Einsatz der israelischen Truppen erreicht werden, und vielleicht noch mit Unterstützung einzelner Einheiten der christlich dominierten libanesischen Armee, welche die von den USA unterstützte Regierung, die im vergangenen Jahr in Beirut an die Macht kam, entsenden könnte. Das würde eine Rückkehr zur Lage von vor 2000 bedeuten, als die von Israel unterstützte südlibanesische Armee, ein Überbleibsel der faschistischen Falange-Miliz, die Polizeiarbeit für Israel im Grenzgebiet verrichtet hatte.

Der Hisbollah eine Niederlage zuzufügen, ist vor allem unter strategischem Gesichtspunkt Teil des amerikanisch-israelischen Projekts, den gesamten Nahen Osten zu unterwerfen. Die Bush-Regierung bereitet sich offen auf Krieg gegen den Iran vor und nutzt dazu die Internationale Atomagentur und die Überweisung des iranischen Atomprogramms an den UN-Sicherheitsrat auf die gleiche Weise, wie ehedem die erfundenen "Massenvernichtungswaffen" gegen das Hussein-Regime im Irak.

Washington sieht den Iran als das zentrale Hindernis für die Konsolidierung seiner Eroberung des Irak und die Stabilisierung seines Marionettenregimes in Bagdad. Vor Militäraktionen gegen den Iran, egal ob es dabei um Luftschläge gegen vermutete iranische Atomanlagen oder um eine regelrechte Bodenoffensive geht, ist es entscheidend, pro-iranische Widerstandsnester in der Region auszutrocknen. Deswegen der Angriff auf die Hisbollah, die seit langem Verbindungen zum Iran hat, und deswegen potentielle Militärmaßnahmen gegen Syrien, dass seit dem iranisch-irakischen Krieg der 1980er Jahre militärisch mit dem Iran verbündet ist.

Diese Kriegsvorbereitungen standen hinter der Kampagne im vergangenen Jahr, die syrischen Truppen aus dem Libanon zu drängen. Die Ermordung des ehemaligen Ministerpräsidenten Rafik Hariri, deren Urheber bis heute unbekannt sind, war dafür nur ein willkommener Vorwand. Damals schloss sich der französische Präsident Jacques Chirac dem Kreuzzug der Bush-Regierung an, die angebliche Souveränität des Libanon durch den erzwungenen Abzug der syrischen Truppen wiederherzustellen.

Der Zynismus dieser Kampagne wird in der Position Bushs und Chiracs beim St. Petersburger Gipfel augenfällig. Heute weisen sie die Bitten der libanesischen Regierung zurück, den Überfall der Israelis zu stoppen, der schon bei weitem größere Schäden angerichtet hat, als Jahrzehnte syrischer Besatzung.

Der G8-Gipfel beschwor den Geist der 1930er Jahre herauf, als die Großmächte ihre eigenen Interessen auf Kosten kleiner und schwacher Länder verfolgten und tatenlos zuschauten, als Japan die Mandschurei eroberte, Mussolini in Äthiopien einmarschierte und Hitler Österreich und die Tschechoslowakei besetzte.

Das politische Klima ist sehr ähnlich, bis hin zu der grobschlächtigen und einschüchternden Diktion des heutigen führenden imperialistischen Kriminellen namens George W. Bush, der zu seinem Hauptkomplizen, Großbritanniens Tony Blair, eine obszöne Bemerkung machte, als er Syrien kritisierte, weil es zögerte, die Hisbollah unter Druck zu setzen. Offensichtlich glaubt Bush, dass Syrien die Hisbollah in gleicher Weise unter Kontrolle habe, wie seine eigene Regierung die Fäden zieht, an denen das irakische Marionettenregime in Bagdad hängt. Die Tatsache, dass Israel ein Kriegsverbrechen begeht, wenn es die Bevölkerung eines angeblich souveränen Staates kollektiv bestraft, wird bequemerweise ignoriert.

Seit der Zeit der Vorbereitung der Invasion des Irak, als es scharfe Gegensätze über die beispiellose internationale Aggression der Bush-Regierung gab, hat sich die europäische Elite mit der US-Politik im Nahen Osten arrangiert und ist zum Schluss gekommen, dass es ihren Interessen am Besten dient, wenn sie Washington gegen Syrien und den Iran unterstützt.

Trotz Meinungsverschiedenheiten über die Details von Israels Palästinenserpolitik war nicht eine der europäischen Mächte bereit, ein Ende der massiven Bombardierung des Libanon zu fordern, die ein krasser Verstoßes gegen internationales Recht darstellt. Auch der UN-Sicherheitsrat hatte nichts zu der Aggression gegen ein souveränes Land und Mitglied der Vereinten Nationen zu sagen.

Nicht einmal die Aussicht, dass Bürger der G8-Länder, die im Libanon arbeiten oder Urlaub machen, getötet oder von israelischen Bomben und Raketen zerfetzt werden könnten, veranlasste die Großmächte zu einer Reaktion. Ca. 25.000 US-Bürger und Tausende Menschen aus Frankreich, Italien, Großbritannien und anderen Ländern sitzen im Libanon fest und sind wegen Israels Luft- und Seeblockade und der Bombardierung der Straßen nach Syrien nicht in der Lage das Land zu verlassen.

Das Leben dieser Menschen, viele von ihnen Einwanderer libanesischer Abstammung, die ihre Verwandten besuchen, wird nicht von Hisbollah-Kämpfern bedroht, sondern von einer von den USA hochgerüsteten und finanzierten Kriegsmaschine, die mit Billigung der Bush-Regierung in Bewegung gesetzt wurde.

Am Montag wurden die israelischen Luftangriffe über angebliche Hisbollah-Positionen hinaus ausgedehnt. Neben Beirut, wo wiederum das Stadtzentrum und der Hafen angegriffen wurden, bombardierten israelische Kampfflugzeuge den Fischereihafen Abdeh und Tripoli im Norden des Libanon, ein hauptsächlich von Sunniten bewohntes Gebiet, das beim besten Willen keine Verbindung zu der schiitischen Hisbollah hat, sowie auch Baalbek im Osten des Landes.

Libanesische Vertreter sagten, am Montag seien mindestens 43 Menschen getötet worden, womit die Zahl der Opfer auf mindestens 209 angestiegen ist. Die jüngsten Zahlen schließen zwölf Zivilisten ein, die getötet wurden, als ihr Kleinbus in der Küstenstadt Rmeileh, südlich von Beirut, unterwegs war und von einer israelischen Rakete getroffen wurde. Von den Hisbollah-Raketen, die auf mehrere Ortschaften im Norden Israels niedergingen, wurde niemand getötet, sechs israelische Zivilisten wurden allerdings verwundet.

In einer Ansprache an das libanesische Volk verurteilte Ministerpräsident Fouad Siniora am Montag die israelischen Angriffe. Sinioras Amtsübernahme war damals von der Bush-Regierung als Sieg der libanesischen Unabhängigkeit begrüßt worden. "Israel beschuldigt andere des Terrorismus und übt ihn selbst gleichzeitig in der krassesten Form aus", erklärte er.

Israelische Bodentruppen werden an der libanesischen Grenze zusammengezogen und eine Einheit hat schon einen kurzen Vorstoß auf libanesisches Gebiet unternommen. Am Montag Abend berief die israelische Armee Tausende Reservisten für den Dienst im Westjordanland ein, was es ermöglicht, reguläre Einheiten aus den Palästinensergebieten an die libanesische Grenze zu verlegen.

Am Wochenende gab es mindestens einen Bericht in der Presse, dass Israel dem syrischen Präsidenten Assad ein Ultimatum von 72 Stunden gesetzt habe, um die Hisbollah zu veranlassen, ihre Raketenangriffe auf Israel zu stoppen. Andernfalls müsse er mit militärischen Maßnahmen bis hin zu Bombenangriffen auf Ziele in Syrien rechnen. Der Bericht in der in London erscheinenden arabischsprachigen Zeitung Al-Hayat, der von der israelischen Haaretz zitiert worden war, stützte sich auf Quellen im Pentagon. Solche Angriffe würden mit amerikanischen Besatzungstruppen im Irak koordiniert werden, von denen Tausende in der an Syrien grenzenden Provinz Anbar stehen.

Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die USA direkt im Libanon intervenieren. Etwa 2.200 Marines befinden sich an Bord der USS Iwo Jima und sie begleitender Schiffe, die aus dem Golf von Akaba kommen, wo sie mit jordanischen Kräften militärische Manöver durchgeführt haben. Sie werden mit ägyptischer Erlaubnis durch den Suezkanal fahren und schon am Dienstag vor der Küste des Libanon eintreffen. Hubschrauber der 24. Marineeingreiftruppe haben schon kleine Kontingente von Soldaten bei der amerikanischen Botschaft in Beirut und auf Zypern abgesetzt.

Die Passivität der G8 und die zynische Resolution, die die Großmächte verabschiedet haben, wird die Aggression Israels nur noch beflügeln und den Weg für eine noch größere Katastrophe für die Völker des Libanon, Israels, Palästinas und des gesamten Nahen Ostens bereiten.

Siehe auch:
Durch Israels Angriff auf den Libanon droht der Nahe Osten im Krieg zu versinken
(17. Juli 2006)
Die Wiederbesetzung des Gazastreifens: Israel und die Große Lüge
( 11. Juli 2006)
Großmächte tragen Mitverantwortung für israelische Kriegsverbrechen
( 6. Juli 2006)
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