Proteste in Israel und weltweit gegen den Krieg im Libanon

In den vergangenen Tagen fanden in Israel, dem gesamten Nahen Osten und weltweit Proteste gegen den von Israel geführten und von den Vereinigten Staaten unterstützten Krieg im Libanon statt. In den arabischen Ländern verurteilten die Demonstranten ein weiteres Mal die Zustimmung der arabischen Staaten zu dem Angriff. Ansonsten fanden die größten Demonstrationen mit tausenden Teilnehmern in den Vereinigten Staaten und jenen Ländern statt, die Washingtons Kriegsziele in der Region am stärksten unterstützen - Großbritannien, Australien und Kanada.

In Israel selbst nahmen am Samstag rund 2.500 Menschen an einer Demonstration teil, die in Tel Aviv am Rabin-Platz begann und mit einer Kundgebung am Cinemateque Plaza endete. Es war der zweite größere Protest innerhalb einer Woche. Doch anders als bei vorherigen Antikriegsprotesten in Israel, waren arabische Organisationen - unter ihnen Hadash und Balad - mit vielen Teilnehmern bei der Demonstration vertreten.

Unter den Demonstranten waren auch Menschen, die Raketenangriffe der Hisbollah erlebt hatten, aber die israelische Regierung verantwortlich machten. Tehiya Regey aus Carmiel, in deren Nachbarschaft zwei Menschen durch einen Katjuscha-Angriff starben, sagte gegenüber der israelischen Tageszeitung Haaretz : "Dieser Krieg führt nicht in die richtige Richtung. Die gefangenen Soldaten sind schon längst vergessen, also bin ich gekommen, um ein sofortiges Ende dieses dummen und grausamen Kriegs zu fordern."

Anders als andere Antikriegsdemonstrationen in Israel richtete sich der Protest auch gegen Washington. Es waren nicht nur Rufe nach Rücktritt des israelischen Ministerpräsidenten und seines Verteidigungsministers sondern auch Parolen zu hören, die sich gegen den amerikanischen Präsidenten George W. Bush richteten. Neben den Sprechchören "Wir werden nicht töten, wir werden nicht sterben im Namen des Zionismus" hieß es außerdem "Wir werden nicht sterben und töten im Auftrag der Vereinigten Staaten".

Demonstranten riefen: "[Der israelische Ministerpräsident Ehud] Olmert und Bush haben beschlossen, die Besetzung fortzuführen". Andere forderten die israelischen Soldaten auf, sich dem Krieg zu verweigern.

Auch in anderen Teilen Israels fanden mehrere Antikriegsproteste statt. In der nördlichen Hafenstadt Haifa, die schon zahlreiche Raketenangriffe erlebt hat, versammelten sich etwa 50 Demonstranten unter den strengen Blicken der Grenzpolizei. Die Demonstranten, einige von ihnen Teenager, trugen Transparente und riefen Parolen wie "Bedingungsloser Waffenstillstand jetzt!" und "Raus aus Libanon!" Vorbeikommende Autofahrer beschimpften die Kriegsgegner und hupten, um sie zurechtzuweisen.

Viele führende Gestalten der traditionellen Friedensbewegung in Israel, so wie die Gegner des Siedlungsbaus von Peace Now, wandten sich gegen die Protestkundgebungen, einige bezeichneten sie als "Randerscheinung". Doch wie ein Sprecher auf der Demonstration bemerkte, dauerte es bei der Invasion im Libanon im Jahre 1982 mehr als 10 Tage, bis so viele Menschen auf die Straße gingen und dadurch die ersten Risse im offiziellen "Konsens" der Kriegsbefürworter sichtbar wurden.

Viele tausende Demonstranten gingen am Donnerstag und Freitag in den arabischen Ländern auf die Straße. In Kairo kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten, die sich nach dem Freitagsgebet an der Al-Azhar-Moschee versammelt hatten. Tausende riefen antiisraelische Parolen und verurteilten die Anerkennung Israels durch arabische Regierungen. Einige Polizisten und Demonstranten wurden bei den Zusammenstößen verletzt.

In Jordanien zogen etwa 2.000 Menschen nach dem Freitagsgebet durch die Hauptstadt Amman, um den Libanon und die Palästinenser zu unterstützen und folgten damit einem Aufruf von islamistischen Gruppen und Gewerkschaftsführern. Auch in Syrien verurteilten hunderte Demonstranten die Angriffe.

Hunderte irakischer Schiiten versammelten sich, nachdem Imame in den wöchentlichen Gebeten Israel, die USA und viele arabische Regierungen verurteilt hatten. Unter den Demonstranten fanden sich auch etwa 300 Mitglieder der Bewegung von Muktada al-Sadr, die durch den Bagdader Vorort Sadr City zogen.

Am Donnerstag kamen im Jemen mehr als 100.000 Menschen zu einem Protest zusammen, um die libanesische und palästinensische Bevölkerung angesichts des israelischen Vorgehens zu unterstützen.

Nordamerika

Zahlreiche US-amerikanische und kanadische Städte waren in den vergangenen Tagen Schauplätze von Demonstrationen. Eine der größten fand in Dearborn statt, einem Vorort von Detroit, in dem viele arabischstämmige Amerikaner leben. Etwa 10.000 Menschen trugen Transparente mit der Forderung "Stoppt den israelischen Terrorismus", wandten sich in Sprechchören gegen den Krieg und forderten von der amerikanischen Regierung, Druck auf Israel auszuüben und somit den Angriffen auf den Libanon Einhalt zu gebieten.

Einer der Sprecher, Osama Siblani vom Dachverband arabisch-amerikanischer Organisationen, sagte, wenn Israel Kinder töte und unschuldige Zivilisten bombardiere, "dann ist dies Terror". Die versammelte Menge antwortete darauf mit dem lautstarken Ruf: "Sie sind Feiglinge!"

Mehrere hundert Demonstranten kamen am Samstag im Zentrum von Chicago zusammen. Sie trugen Schilder und Transparente mit Aufschriften wie "Das Recht zu kämpfen oder die Macht totzuschlagen" oder "Nicht mit unserem Geld, nicht in unserem Namen". Dale Lehman, ein 60-jähriger jüdischer Bürger Chicagos erklärte: "Als Amerikaner und als Mensch bin ich aufgebracht angesichts dessen, was mit den Menschen im Libanon passiert."

In San Fransisco versammelten sich am 13. Juli etwa 700 Demonstranten vor dem israelischen Konsulat und forderten ein Ende der Bombardements von Gazastreifen und Libanon. In Sprechchören forderten sie "Freiheit für Palästina" und eine Anklage von Bush und Olmert wegen Völkermordes.

Vier Tage später, am 17. Juli, kamen jüdische Friedensgruppen aus der Region San Fransisco ebenfalls am israelischen Konsulat zusammen. Nach einer kurzen Kundgebung wurden 18 jüdische Demonstranten wegen zivilen Ungehorsams verhaftet. Die Demonstranten wurden in Polizeiwagen verfrachtet, zum Gefängnis gefahren, vorgeführt und wieder entlassen.

In New York versammelten sich am 18. Juli circa 1.500 Menschen vor der israelischen Vertretung bei den Vereinten Nationen. Die Menge. In der sich viele junge Araber und Kinder befanden, forderte "Freiheit für Palästina, Freiheit für den Libanon!"

In Kanada fanden es am Wochenende Proteste in Montreal, Toronto, Vancouver, Edmonton, Winnipeg und Ottawa statt. In Toronto marschierten die Demonstranten vom israelischen Konsulat zum US-amerikanischen Konsulat und forderten einen sofortigen Waffenstillstand.

Europa und die asiatisch-pazifische Region

In ganz Großbritannien schlossen sich zehntausende Menschen Demonstrationen in London, Birmingham, Bristol, Edinburgh, Exeter, Glasgow, Kirkcaldy, Manchester, Newcastle, Sheffield und York an.

Der britische Premierminister Tony Blair lehnt jede Kritik am israelischen Bombardement des Libanons ab und weigert sich gegenüber Washington und Tel Aviv die Forderung nach einem Waffenstillstand zu vertreten.

Die Proteste wurden von der Stop the War Coalition, der britischen Muslimvereinigung, der Palestine Solidarity Campaign und verschiedenen libanesischen Organisationen getragen und richteten sich gegen Israels "Verbrechen gegen die Menschlichkeit".

Die größte Demonstration fand in London statt, wo Schätzungen zufolge 20.000 Menschen durch die Stadt zogen und unter anderem die US-amerikanischen Botschaft passierten. Menschen verschiedener Nationalität und Herkunft waren unter den Teilnehmern, darunter viele junge Libanesen und Palästinenser.

Die amerikanische Botschaft am Grosvenor Square wurde stark abgeschirmt: Etwa 50 Polizisten und Metallbarrieren verhinderten, dass die Demonstranten sich dem Haupteingang nähern konnten. Der Protestzug skandierte "George Bush, Terrorist" und "Nieder mit den USA".

Auf der Hauptkundgebung sprachen George Galloway von der Respect-Unity Coalition, Yasmin Ataullah von der British Muslim Initiative und ein Vertreter der Jewish Socialists. Betty Hunter, die Vorsitzende der Palestine Solidarity Campaign, erklärte: "Der Hauptzweck dieser Demonstration besteht darin, Tony Blair und unserer Regierung zu sagen, dass uns ihre Haltung beschämt, denn im Wesentlichen decken sie die Kriegsverbrechen Israels. [...] Wir sind hier, um zu fordern, dass die britische Regierung ihre Politik ändert."

Etwa 2.000 Menschen schlossen sich einer Demonstration vor der BBC-Zentrale in Manchester an, um gegen die einseitig proisraelische Berichterstattung zum Krieg im Libanon zu protestieren.

In Spanien nahmen tausende Menschen an Friedensmärschen für den Nahen Osten teil, die in verschiedenen Städten stattfanden, unter anderem in Madrid, Barcelona, Valencia, Zaragoza, Murcia und Valladolid. Auf mehreren Kundgebungen wurde die "unverhältnismäßige" Gewaltanwendung durch Israel verurteilt. Demonstranten trugen libanesischen und palästinensische Fahnen und Transparente mit Aufschriften wie "Israel raus aus dem Libanon", "Gegen Krieg und Besetzung! Frieden im Nahen Osten!".

In Stockholm versammelten sich 2.000 Menschen vor der israelischen Botschaft, wobei mehrere hundert Demonstranten mit der Polizei zusammenstießen. Zwei wurden verhaftet.

Andere Demonstrationen fanden in Genf, Paris, Straßburg, Warschau, Wien, Moskau und Amsterdam statt. In Genf zogen 500 Menschen in einem Schweigemarsch hinter einem Sarg her, der das verblichene Gewissen der Vereinten Nationen symbolisieren sollte.

Zahlreiche Proteste gab es auch in Südasien - im indischen Kaschmir, in verschiedenen pakistanischen Städten und in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch. In Malaysia verbrannten hunderte Demonstranten israelische Fahnen. Tausende marschierten in Indonesien und prangerten die Gräueltaten der israelischen Armee gegenüber Zivilisten an. In Makassar, der Hauptstadt der Provinz Sulawesi in Südindonesien, zogen 3.000 Menschen in einem Protestzug vor das Provinzparlament, berichtete die stattliche Nachrichtenagentur Antara.

Ein friedlicher Marsch von etwa 300 Menschen im neuseeländischen Auckland endete am Samstag in einer Auseinandersetzung mit der Polizei, die einen Demonstranten verhaften wollte, nachdem dieser die Flagge des amerikanischen Konsulats heruntergeholt hatte. Die Menge beschützte ihn, doch später wurde ein Mann verhaftet, dem vorgeworfen wird, sich dem Gewahrsam entzogen und durch sein Verhalten "zu Gewalt aufgestachelt" zu haben.

Auch in einer Reihe von australischen Städten fanden größere Proteste und Demonstrationen statt.

Siehe auch:
Die wirklichen Ziele des israelischen Kriegs im Libanon
(22. Juli 2006)
Europas Unfähigkeit der amerikanisch-israelischen Kriegspolitik entgegenzutreten
( 21. Juli 2006)
G8-Mächte billigen israelische Aggression im Libanon
( 19. Juli 2006)
Durch Israels Angriff auf den Libanon droht der Nahe Osten im Krieg zu versinken
( 18. Juli 2006)
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