Berliner Mahnwache gegen die israelische Aggression im Libanon

Am vergangenen Freitagabend hatten die Palästinensische Gemeinde und andere arabische Organisationen in Berlin zu einer Mahnwache aufgerufen, um gegen die israelische Gewalt im Libanon und Palästina zu protestieren.

Zu Beginn der Veranstaltung wurden Schweigeminuten abgehalten und zahlreiche Kerzen entzündet, um der vielen zivilen Opfer zu gedenken, die durch die israelische Bombardierung zu beklagen sind. Angesichts der großen Teilnehmerzahl von über 500 Menschen hatte die Mahnwache im Zentrum Berlins eher den Charakter einer Kundgebung. Zu Anfang verlasen die Veranstalter die umfangreichen Auflagen und Verbote, mit denen sie belegt worden waren und kritisierten insbesondere die Zensur jeglicher Äußerungen oder Symbole, die als Sympathie für die libanesische Hisbollah hätten ausgelegt werden können. Außerdem verlangten die Auflagen, dass das "Existenzrecht Israels" in Wort und Schrift nicht in Frage gestellt werde.

Bei einer Demonstration eine Woche zuvor hatten einige Teilnehmer Fahnen der Hisbollah und Porträts von Scheich Hassan Nasrallah gezeigt, der als Generalsekretär an der Spitze der Hisbollah steht, auch wurden Parolen zu ihrer Unterstützung skandiert. Daraufhin begann eine wütende Hetzkampagne von Politikern und Teilen der Medien, die versuchten die Teilnehmer der Demonstration und die Hisbollah - die durch ihren Widerstand gegen die israelische Invasion in der ganzen arabischen Welt an Unterstützung gewonnen hat - zu kriminalisieren und zu dämonisieren.

Der CDU-Spitzenkandidat zur Berliner Landtagswahl, Friedbert Pflüger, stellte sich an die Spitzte dieser maßlosen Hetze gegen eine angebliche "Hass-Demo" von "Terroranhängern". Es dauerte nicht lange, dann solidarisierte sich auch der Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) mit dieser Hetzkampagne. Er beauftragte seine Behörde, umgehend eine strafrechtliche Verfolgung der Demonstranten zu prüfen. Körting beschimpfte außerdem alle Flüchtlinge aus dem Südlibanon, die vor den israelischen Bomben und Raketen fliehen, als "potenzielle Terroristen der Hisbollah", die er nicht in Berlin aufnehmen wolle.

Wie zu erwarten war, kam bei der "strafrechtlichen Prüfung" nicht das Geringste heraus. Die Hisbollah gilt in Deutschland offiziell weder als terroristische noch als kriminelle Organisation und ist nicht verboten. Ungeachtet dessen hat Körting jede Art von Sympathiekundgebung für die Hisbollah und ihren Führer verboten. Diese stünden "für die Forderung nach der Vernichtung des Staates Israel".

Vor diesem Hintergrund fand die Mahnwache am Freitag statt. Die meisten Teilnehmer kamen aus den verschiedenen Gebieten der arabischen Welt, vor allem aus dem Libanon und Palästina. Oft waren sie mit ihren ganzen Familien anwesend. Aber auch einige Deutsche und eine Gruppe von US-Amerikanern drückten ihre Solidarität mit dem Kampf gegen die israelischen Angriffe aus.

Auf schockierenden Fotos und in Redebeiträgen machten die Teilnehmer der Mahnwache deutlich, dass es nicht Israel, sondern ganz im Gegenteil der Libanon und seine Bevölkerung ist, deren Existenz von Vernichtung bedroht ist. Trotzdem war die Stimmung zwar von Entsetzen und Zorn über die israelischen Massaker geprägt, aber nicht von Aggressivität.

Wohl aus diesem Grund gab es diesmal - wenn überhaupt - allenfalls kurze Randnotizen in den Medien, in denen meist über den Protest nichts berichtet wurde, außer der lapidaren Feststellung, die Demonstranten hätten "sich an die Auflagen der Polizei gehalten" und die Zensurauflagen aus dem Ministerium Körting akzeptiert. Einen Ansatzpunkt zu einer erneuten Hetzkampagne haben die Journalisten offenbar nicht gefunden.

Auffallend war die Abwesenheit aller großen Parteien, einschließlich die, der offiziellen Linken. Weder die Linkspartei.PDS, die mit Körting zusammen in der Berliner Regierung sitzt, noch die Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG), die in Berlin angeblich deshalb zu den Abgeordnetenhauswahlen im September kandidiert, um die PDS in eine fortschrittliche Richtung zu lenken, beteiligten sich auch nur mit einem einzigen Plakat oder Flugblatt an der Kundgebung.

Mitglieder der Partei für Soziale Gleichheit (PSG) verteilten eine Erklärung der amerikanischen Socialist Equality Party "Wie weiter im Kampf gegen den Krieg?" (http://www.wsws.org/de/2006/aug2006/liba-a03.shtml), als Flugblatt, das größtenteils auf sehr reges Interesse stieß und sprachen mit Teilnehmern der Demonstration. Viele drückten ihre Fassungslosigkeit über den Unwillen der westlichen Regierungen aus, die sich trotz allem Gerede über Demokratie strikt weigern, etwas gegen die Verbrechen Israels und der USA zu unternehmen. Vor allem jüngere Demonstranten begegneten internationalen sozialistischen Perspektiven oftmals mit großem Interesse.

Christoph Vandreier, PSG-Kandidat für die Berliner Abgeordnetenhauswahl, sprach zu den Kundgebungsteilnehmern und verlas Teile der SEP-Erklärung am Rednermikrophon. Am Schluss der stellenweise von Beifall begleiteten Rede betonte er: "Es reicht nicht, das Töten zu verabscheuen, das täglich im Irak und Libanon stattfindet, und die Lügen zu hassen, mit denen es gerechtfertigt wird. Es genügt auch nicht, gegen diese Verbrechen zu protestieren. Eine neue politische Kraft muss geschaffen werden, die ihnen Einhalt gebietet.

Dies kann nur durch den Aufbau einer neuen politischen Bewegung der Arbeiterklasse erreicht werden, die unabhängig von den existierenden Parteien der Großkonzerne ist. Ihre Perspektive muss darin bestehen, die arbeitenden Menschen weltweit - auch die arabischen und jüdischen Arbeiter im Nahen Osten - in einem gemeinsamen Kampf für die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft zu vereinen."

Siehe auch:
Wie weiter im Kampf gegen den Krieg?
(3. August 2006)
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