Widersprüche, Merkwürdigkeiten und offene Fragen um die britische Terrorhysterie

Ein britisches Gericht hat am Mittwoch die Haftbefehle gegen die dreiundzwanzig seit dem 10. August inhaftierten Personen verlängert, die angeblich vorhatten, Linienflüge von England in die Vereinigten Staaten durch Explosionen zum Absturz zu bringen. Zudem ist am Dienstag eine weitere Person verhaftet worden. Der Richter gab seine Entscheidung erst am späten Abend bekannt, nach einer Anhörung hinter verschlossenen Türen, die fast den ganzen Tag gedauert hatte.

Unter den neuen britischen Antiterrorgesetzen können Terrorverdächtige bis zu 28 Tage ohne Anklage festgehalten werden. Es sieht immer mehr danach aus, als hätten die Behörden kaum aussagekräftige Beweise für ihren Vorwurf, die verhafteten Männer und Frauen wollten in naher Zukunft einen Terroranschlag vom Ausmaß des 11. September 2001 verüben. In der Presse waren schon Spekulationen laut geworden, zumindest einige der Gefangenen würden wieder frei kommen.

Schließlich räumte der Richter der Polizei mehr Zeit für die Befragung der Verdächtigen ein, weigerte sich aber gleichzeitig, die Haftbefehle auf das im Antiterrorgesetz vorgesehene Maximum zu verlängern. Die Polizei erklärte, für einundzwanzig der Verdächtigen seien die Haftbefehle bis zum 23. August und für zwei weitere bis zum 21. August verlängert worden.

Die ungewöhnlich lange Dauer der Anhörung und die nicht übermäßige Verlängerung der Haftbefehle legt die Vermutung nahe, dass die Beweislage der Behörden bei weitem nicht für eine hieb- und stichfeste Anklage ausreicht.

Eine Woche nach dem Terroralarm scheint sich abzuzeichnen, dass er dem Muster früherer "Terrorverschwörungen" ähnelt, die sich als viel heiße Luft entpuppt hatten und bei denen der größte Teil der angeblichen "Beweise" den Aktivitäten von Polizeiinformanten entstammten, die sich als Agents Provocateurs betätigt hatten.

Bei diesem Fall wird langsam deutlich, dass nicht nur keine Bomben gebaut worden sind, sondern auch kein einziger der verhafteten britischen Muslime überhaupt Flugtickets gekauft hat. Einige verfügen nicht einmal über einen Pass. Obwohl die Polizei seit Tagen an 46 verschiedenen Schauplätzen das Unterste zuoberst kehrt, wurde keine Spur von Chemikalien entdeckt, die als Sprengstoff hätten benutzt werden können.

Trotzdem behauptete Innenminister John Reid am 10. August, die Sicherheitsdienste hätten kurz vor der Ausführung eine terroristische Verschwörung vereitelt, "mehrere Flugzeuge während des Fluges durch Explosionen zum Absturz zu bringen". Paul Stephenson, stellvertretender Chef der Metropolitan Police, sagte: "Hier sollte ein Massenmord von unvorstellbaren Ausmaßen begangen werden."

In den Vereinigten Staaten erklärte der Minister für Heimatschutz, Michael Chertoff, auf einer Pressekonferenz, die Verschwörung sei "sehr raffiniert geplant" gewesen. Die Verdächtigen hätten sich "die nötigen Fertigkeiten angeeignet, und die Vorbereitungen waren schon weit fortgeschritten". Präsident George Bush erklärte, es handele sich um "eine deutliche Erinnerung daran, dass diese Nation im Krieg mit islamischen Faschisten steht"

Als die Terroralarmstufe in Großbritannien auf "kritisch" heraufgesetzt und Flughäfen im ganzen Land lahm gelegt wurden, wodurch Zehntausende Passagiere festsaßen, machten weitere Behauptungen und Gerüchte ungeklärter Herkunft die Runde. In einem Bericht wurde die Vermutung geäußert, zwei der Verhafteten, angeblich Eheleute, hätten vorgehabt, ihr sechs Monate altes Baby bei der Selbstmordmission über dem Atlantik zur Tarnung zu nutzen.

Die etablierten Medien wiederholten diese und ähnlich sensationslüsterne Behauptungen, als seien es Tatsachen, ohne sie im geringsten zu überprüfen. Selbstzensur spielte eine große Rolle bei Medien; etwa wenn der Guardian seine Leser informierte, dass man "den genauen Ort" von Terrorlagern auf dem Land zwar kenne, "aber nicht enthüllen darf".

Mittlerweile fühlen sich wenigstens einige Medien verpflichtet, weit verbreitete Zweifel am Wahrheitsgehalt solcher Behauptungen einzuräumen. Gestern berichtete der Guardian, die Bekanntgabe der angeblichen Verschwörung habe dazu geführt, dass Fernsehreporter und Zeitungsjournalisten "mit einer Flut skeptischer Äußerungen... tausender einfacher Menschen" konfrontiert worden seien. Am selben Tag leitete NBC ihr Morgenmagazin "Today" mit der Frage ein: "Gibt es wirklich einen Fall?" Reporterin Lisa Myers erklärte unverblümt: "Es gibt keinen Beweis, dass eine Bombe in England ausgetestet oder Sprengsätze vorbereitet worden sind."

Mit gutem Grund distanzieren sich einige nach und nach von den wilden Behauptungen der britischen und amerikanischen Behörden. Nicht nur fehlt es an konkreten Beweisen, es gibt auch zahlreiche unbeantwortete Fragen, nicht zuletzt die, warum die Terroralarmstufe erst angehoben wurde, als eine große Zahl Menschen schon verhaftet worden waren.

Von Tag zu Tag verlieren die spektakulären Behauptungen der vergangenen Woche an Überzeugungskraft.

Am 15. August brachte der britische Channel 4 in den Nachrichten ein Exklusivinterview mit Amjad Sarwar, dessen Bruder Assad zu denen gehört, die am 10. August in High Wycombe von der Polizei verhaftet wurden. Tagelang hatten die Medien berichtet, Amjad sei ebenfalls in Haft, und sein Foto war in vielen Zeitungen abgedruckt. Aber Amjad war nie verhaftet, geschweige denn verhört worden. Er fragte scharf: "Wenn sie das schon falsch berichteten, was haben sie sonst noch alles falsch berichtet?"

Amjad betonte, dass auch die Verhaftung seines Bruders ein Fehler war. "Sie haben alles falsch gemacht. Er ist ein unschuldiger Junge.... Auf keinen Fall hat er was mit Terrorismus zu tun. Er ist gegen Terrorismus." Die Polizei habe "sich eine unschuldige Person gegriffen, nur weil er einen Bart hat", sagte er.

Ein Nachbar der Familie sagte der Zeitung Daily Mirror : "Das sind ideale Nachbarn."

Andere Informationen weisen darauf hin, dass das "Terrorkomplott" auf Drängen der Vereinigten Staaten ausgeheckt wurde, die sich die Beflissenheit der pakistanischen Regierung und ihrer Sicherheitsdienste zunutze machten, die bekanntermaßen selbst gute Beziehungen zu verschiedenen Terrororganisationen unterhalten.

Am 13. August stellte der Observer den zeitlichen Ablauf bis zu den Terroranschlägen auf einem Zeitstrahl dar .. Wenn man diesem Bericht Glauben schenken darf, waren der Chef der Abteilung Special Operations bei der Metropolitan Police und der britische Verkehrsminister erst im letzten Moment vor einem "unmittelbar bevorstehenden" terroristischen Anschlag informiert worden

Laut Observer war Verkehrsminister Douglas Alexander im Urlaub in Schottland, als ihn am 7. August ein Vertreter seines Ministeriums kontaktierte, um ihm mitzuteilen, es gebe "etwas, was Sie wissen sollten". Ein Beamter wurde offensichtlich nach Schottland geschickt, um den Minister über "eine bedeutende terroristische Bedrohung" zu informieren - auch wenn sie "zu diesem Zeitpunkt nicht als unmittelbar bevorstehend eingeschätzt" wurde.

Bis Mittwoch, den 9. August, abends - also nur wenige Stunden, bevor die Polizeirazzien und Massenverhaftungen begannen - hatten, wie die Zeitung weiter berichtet, außer einer "Elite" nur wenige die geringste Ahnung, dass "etwas in der Luft lag". Zu den Ahnungslosen gehörte auch Andy Hayman, Chef der Abteilung Special Operations bei der Metropolitan Police, der laut Observer mit seiner Familie in Spanien weilte. Am späten Abend "riefen ihn Kollegen an und empfahlen ihm, sofort nach Hause zu kommen. Sein Flugzeug landete Donnerstag kurz nach drei Uhr früh, als die meisten Verdächtigten gerade festgenommen worden waren".

Präsident Bush hingegen hätte "seit einiger Zeit von der Verschwörung gewusst", ebenso wie "Vertreter der Stadt New York" die "schon vor mehrere Monaten... informiert worden waren, dass in Großbritannien größere Ermittlungen im Gange seien".

Der Observer erklärte, Premierminister Tony Blair habe am Sonntag, den 6. August, mit Bush über das angebliche Komplott gesprochen, und ein weiteres Mal am Tag vor den Razzien. Seltsam nur, dass dies Blair nicht davon abhielt, am Dienstag, den 8.August, in die Karibik in Urlaub zu fahren, während zur gleichen Zeit sein Verkehrsminister aus den Ferien zurückgeholt wurde.

Ebenso ungewöhnlich ist auch die Tatsache, dass seit diesem Zeitpunkt der Premierminister, außer einigen lobenden Worten über die Sicherheitsdienste, zu diesen Tagen, die nach verbreiteter Darstellung zu den "bedrohlichsten" der britischen Geschichte gehören, keine Erklärung mehr abgegeben hat. Auch seitdem die Fluggesellschaften, die Millionen Verluste gemacht haben, reihenweise die "unsinnigen" Sicherheitsmaßnahmen kritisierten und eine unabhängige Untersuchung über den Umgang mit der angeblichen Terrorgefahr forderten, schwieg Blair beharrlich.

Ein Sprecher des Premierministers sagte nur: "Wenn er Montagnacht gewusst hätte, was er Mittwochnacht wusste, wäre er wohl nicht in Urlaub gefahren."

Das heißt entweder, die frühere Behauptung, Blair sei unterrichtet gewesen und habe die USA informiert, war falsch, oder aber, der Premierminister hatte Grund zur Annahme, dass keine größere Bedrohung vorlag, und/oder er rechnete nicht damit, dass eine größere Polizeioperation innerhalb von 48 Stunden nach seiner Abreise stattfinden werde.

Die angebliche Pakistan-Connection

Wenn überhaupt eine Erklärung dafür gesucht wird, dass führende Mitlieder der britischen Regierung und der Polizei von den Entwicklungen offenbar überrascht wurden, dann im Zusammenhang mit der Verhaftung des Briten Raschid Rauf in Pakistan.

Es wird behauptet, Raschid, angeblich der "Kopf" der Verschwörung, sei am Mittwochabend, den 9. August, verhaftet worden. Das habe einen Komplizen veranlasst, "hektisch einen britischen Verdächtigen anzurufen, und ihn anzuweisen, den Flugzeuganschlag auszuführen", wie es in mehreren Berichten hieß. Regierung und Polizei mussten sofort aktiv werden, um eine Katastrophe abzuwenden.

Es gibt aber zahlreiche, sich widersprechende Darstellungen über den Zeitpunkt von Raschids Verhaftung. In mehreren Berichten heißt es, er sei schon seit mehr als einem Monat in den Händen der pakistanischen Sicherheitskräfte. Auch der Ort seiner Festnahme wird mal mit Karatschi angegeben, mal mit Lahore, Bahawalpur oder der afghanischen Grenze.

Pakistanische Behörden geben an, bis gestern sei noch kein Ersuchen Großbritanniens für die Überstellung Raschids eingegangen. Großbritannien und Pakistan haben kein Auslieferungsabkommen, aber die Bitte könnte entsprechend internationaler Abkommen vorgebracht werden.

Die so genannte Pakistan-Connection wirft noch weitere Fragen auf.

Berichte über die Zahl der in Pakistan Festgenommenen schwanken zwischen sieben und siebzehn. Der Independent bemerkte: "Erstaunlich wenige Informationen waren aus Pakistan über die Verhaftungen zu bekommen. Journalisten mit gewöhnlich guten Verbindungen klagen, ihre üblichen Quellen seien ausgetrocknet. Das ist für Pakistan ungewöhnlich, weil die Sicherheitsdienste normalerweise gern vor Journalisten mit ihren Erfolgen prahlen."

Alle "Details" aus Pakistan müssen mit Vorsicht genossen werden. Das Land ist für die Anwendung von Folter berüchtigt und ist eins der Lieblingsziele für die "Auslieferungs"-Flüge der CIA. Der Guardian zitierte Ali Hasan, der für Human Rights Watch recherchiert, mit den Worten: "Folter ist dort Standard, und es besteht kein Zweifel, dass Mr. Rauf gefoltert wurde."

Pakistan versucht seine Rolle in der angeblichen Terrorverschwörung zu nutzen, um sich bei Washington einzuschmeicheln. Ministerpräsident Shaukat Aziz sagte in einer Rede zum 59. Unabhängigkeitstag Pakistans, die Rolle seiner Regierung bei der Aufdeckung der angeblichen Verschwörung beweise, dass sie "gemeinsam mit der Weltgemeinschaft" gegen den Terrorismus kämpfe.

Das hat aber Regierungen und Sicherdienste verschiedener Länder nicht davon abgehalten, widersprüchliche Darstellungen abzugeben. Pakistanische Vertreter legten zum Beispiel Wert auf die Feststellung, dass Raschid beim Grenzübertritt nach Afghanistan ergriffen wurde. Das wird von afghanischen Behörden und Quellen aus dem britischen Sicherheitsapparat rundheraus bestritten, die den Independent warnten, manche Aussagen pakistanischer Sprecher müssten mit Vorsicht genossen werden.

Großbritannien und Pakistan machen auch unterschiedliche Angaben über die angebliche Finanzierung der Terrorverschwörung aus Spendenmitteln für die Opfer des verheerenden Erdbebens in Nordpakistan vom vergangenen Oktober.

Britain and Pakistan are also at odds over allegations that the terror plot was to be financed through charitable donations for the victims of last October’s devastating earthquake in northern Pakistan.

Berichte in Großbritannien haben unterstellt, dass Gelder zur Finanzierung terroristischer Aktivitäten, getarnt als Spenden für Erdbebenopfer, von Großbritannien nach Pakistan geflossen seien. Raschid und sein Bruder Tayib, der zu den am vergangenen Donnerstag in Birmingham Verhafteten zählte, sollen in die Hilfsorganisation Crescent Relief (Halbmond-Hilfe) involviert sein, die Geld für die Erdbebenopfer gesammelt hat.

Wenn sich das bestätigen sollte, wäre es keine Überraschung. Pakistanische Einwanderer in Großbritannien stammen überwiegend aus der Region Kaschmir, und das war das am stärksten von dem Erdbeben betroffene Gebiet. Zahntausende gaben Spenden und organisierten Sammlungen für die Opfer. Hunderte reisten in die Region, um direkt zu helfen.

Die britische Presse hat erklärt, es gebe "keine Hinweise", dass Crescent Relief "von dem eventuellen Missbrauch von Geldern gewusst haben könnte". In Hinblick auf eine andere Erdbebenhilfsorganisation, Jamaat ud Dawa, war sie allerdings weniger zurückhaltend. Diese Organisation beschrieb der Independent " als den Wohlfahrtsarm der Terrorgruppe Laschkar-e-Taiba in Kaschmir, die von der pakistanischen Regierung auf Druck der USA verboten wurde.

Yahya Mujahid, ein Sprecher von Jamaat ud Dawa, dementierte verärgert: "Wir haben mit dieser angeblichen Terrorverschwörung nichts zu tun, wir haben dazu keine Verbindung. Das Vorgehen der USA ist unverständlich."

Am 15. August nannte Tasnim Aslam vom pakistanischen Außenministerium den Vorwurf gegen die Hilfsorganisation "absurd". Er sagte: "Das sind alles absurde Geschichten, die nur dazu dienen, Pakistan schlecht zu machen und die Hilfe Pakistans bei der Aufdeckung dieser Terrorverschwörung in Zweifel zu ziehen."

Sie sagte bei einer Presseinformation: "Raschid Rauf hat nichts mit Erdbebenhilfsorganisationen, oder überhaupt mit Hilfsorganisationen, zu tun. Es gibt hier überhaupt keine Verbindung." Anderen Berichten zufolge versuchen die britischen Geheimdienste festzustellen, ob es eine Verbindung der am vergangenen Donnerstag Verhafteten zu den Bombenanschlägen vom 7. Juli 2005 in London gibt. Wiederum wird nicht erklärt, wie es sein kann, dass die Polizei imer noch eine solche Verbindung "nachzuweisen versucht", nachdem angeblich ein Jahr lang intensiv die Emails, Telefongespräche und Internetaktivitäten der Festgenommenen überwacht und ausgewertet worden sind.

Journalisten der Los Angeles Times fiel eine weitere Ungereimtheit auf. Angesichts der Behauptung, die Verschwörung habe zwanzig Selbstmordattentäter für zehn Flugzeuge eingeplant, schreiben sie: "Einige Geheimdienstanalysten in den USA und Europa stellen sich die Frage, ob die angeblichen Täter, zu denen ein 21jähriger gehört, der erst vor sechs Monaten zum Islam konvertierte, überhaupt in der Lage gewesen wären, unter Stress einen so schwierigen Anschlag durchzuziehen."

Details der Persönlichkeit der Festgenommenen scheinen in der Tat nicht zu den Behauptungen von Regierung und Polizei zu passen, die von den Medien unkritisch wiederholt wurden.

Abgesehen von ihrem jugendlichen Alter - der älteste ist 35, der jüngste 17 - und der Tatsache, dass sie alle in Großbritannien geborene Muslime pakistanischer Abstammung sind, scheint es nicht eine einzige eindeutige Verbindung zwischen ihnen zu geben. Und in vielen Fällen haben Freunde, Verwandte und Bekannte kategorisch die Vorstellung einer terroristischen Verstrickung zurückgewiesen.

Tayib Rauf arbeitet im Kuchengeschäft seines Vaters. Am Dienstag veröffentlichte Mohammed Nazam ein Videoband, das Tayib nur wenige Stunden vor seiner Verhaftung zeigt. Man sieht ihn in Nazams Laden, über geschäftliche Angelegenheiten diskutierend. Nazam gibt an, am Tag der Festnahme Tayibs bis 2.30 Uhr morgens mit ihm zusammen gewesen zu sein.

"Er hatte wahrscheinlich noch meinen Scheck in der Tasche, als er um vier Uhr morgens in seinem Haus aufgegriffen wurde. Wenn er Mitglied einer Bande war, hätte er wohl kaum mit mir herumgesessen und palavert, oder?"

Umar Islam, 28 (Geburtsname Brian Young), konvertierte vor zwei oder drei Jahren zum Islam. Er ist verheiratet und hat ein kleines Kind. Die Sun berichtete, dass Umar während der Londoner Bombenanschläge "geholfen hat, die Öffentlichkeit zu schützen". Er half als Busschaffner bei der Suche nach weiteren Bomben.

"Sein Verhalten steht in völligem Gegensatz zu den Vorwürfen, er sei an einer Verschwörung beteiligt, Flugzeuge vom Himmel zu bomben", räumte die Sun ein. Die Zeitung zitierte einen Arbeitskollegen mit den Worten: "Er war ohne Frage überzeugt von dem, was er tat. Niemand kann ihm etwas vorwerfen. An dem Tag versuchte er Leben zu retten, nicht zu zerstören."

Waheed Zaman, 22 Jahre, Student der Biomedizin, ist Vorsitzender der Islam-Gesellschaft an der Londoner Metropolitan Universität. Sein Jugendfreund Kamran Siddique beschrieb ihn als Fußballfan, der "davon träumte, Arzt zu werden". Er kleidete sich "gemischt westlich und islamisch" und hat "viele weiße, asiatische und schwarze Freunde". Er wurde "wegen seiner moderaten Anschauungen" zum Vorsitzenden der Islam-Gesellschaft gewählt.

Waheed Arafat Khan, 24 Jahre, wird ebenso als "scheinbar völlig in die westliche Gesellschaft integriert" beschrieben. Nachbarn beschreiben ihn als "nachdenklich, rücksichtsvoll und höflich".

Ibrahim (Geburtsname Oliver) Savant, auch erst kürzlich zum Islam konvertiert, ist Sekretär bei einer Ostlondoner Musikfirma. Er wird als begeisterter Fan der englischen Fußballmannschaft beschrieben und lebt mit seiner Frau, seiner englischen Mutter Marilyn und seinem iranischen Vater Ibrahim zusammen, dessen Namen er bei seinem Übertritt angenommen haben soll. Sein Bruder, Direktor in einer Firma, zeigte sich über die Verhaftung "empört, schockiert und zornig".

Abdul Waheed (Geburtsname Don Stewart-Whyte), 21 Jahre, ist der Sohn eines Angestellten der Konservativen Partei, der vor neun Jahren starb. Als Student hatte er den Ruf eines Playboys, bis er vor etwa sechs Monaten zusammen mit seiner Schwester zum Islam übertrat und ein muslimisches Mädchen heiratete.

Zwei verhaftete Brüder, Shazad Khuram Ali, 27 Jahre, und Haider Ali, 30 Jahre, haben ein eigenes Geschäft und importieren Sportwagen. Sie sollen enge Freunde des 29jährigen Waseem Kayani sein, einem Taxifahrer, der auch verhaftet wurde. Ein Freund sagte: " Unter keinen Umständen würde er sich in die Luft sprengen. Er hat gerade geheiratet."

Osman Adam Khatib, 20 Jahre, wurde von seinen englischen Nachbarn als "gutherzig" beschrieben.

Solche schreienden Widersprüche führen inzwischen zu offenen Spekulationen, ob es nicht einen anderen Grund für den Alarm vom Donnerstag gegeben haben könnte.

Craig Murray war britischer Botschafter in Usbekistan bis zu seiner Ablösung im Jahre 2004, die nach seinen Worten wegen seiner Kritik an den Menschenrechtsverletzungen der usbekischen Regierung erfolgte. In einem Kommentar auf der Webseite Global Research schreibt er: "Dann haben wir die außergewöhnliche Situation, dass Bush und Blair die möglichen Verhaftungen am Wochenende diskutieren. Warum? Ich denke die Antwort liegt auf der Hand. Beide sind innenpolitisch in einer verzweifelten Lage. Sie lechzten nach einem neuen 11. September. Die Geheimdienstinformationen aus Pakistan, selbst wenn sie nicht verläßlich waren, gaben ihnen einen neuen 11. September, den sie den Medien verkaufen konnten. Und die Medien haben den ganzen Mist, mit dem sie gefüttert wurden, einfach übernommen."

Er wies darauf hin, dass der britische Innenminister John Reid nur Stunden vor den Razzien eine Rede gehalten hatte, in der er " uns alle vor einem drohenden schlimmen Unheil warnte und sich beklagte, dass ‚einige nicht kapieren’, dass wir all unsere traditionellen Freiheiten aufgeben müssten. Seiner eigenen Propagandamaschine zufolge blieb er dann die ganze Nacht auf, um die Verhaftungen minutiös zu leiten. Es kann keinen klareren Beweis geben, dass unsere Polizei zu einem politischen Instrument verkommen ist."

In der Daily Mail sorgte sich Stephen Glover über die Folgen, "falls sich herausstellen sollte, dass die Verschwörung doch weit weniger fortgeschritten und weniger apokalyptisch in ihren Folgen war, als Dr. Reid uns glauben machen wollte".

Wenn es tatsächlich so war, dann bedeute das nicht nur, dass "die schon erschütterte Glaubwürdigkeit dieser Regierung endgültig zerstört ist", sondern auch, dass "die Wirkung dieses falschen Alarms auf die öffentliche Meinung mal wieder einmal katastrophal wäre".

Siehe auch:
Nach den Verhaftungen in Großbritannien: Was ist die Ursache für Terrorgefahr?
(15. August 2006)
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